Ökumenisches Heiligenlexikon

Wendelin von Tholey

auch: Wandel
irisch: Fionnalán, Findalán

1 Gedenktag katholisch: 21. Oktober
nicht gebotener Gedenktag im deutschen Sprachgebiet: 20. Oktober
Diözesankalender Trier
Übertragung der Gebeine: 5. Juli, 8. September

Name bedeutet: aus dem Stamm der Vandalen (althochdt.)

Einsiedler, Abt in Tholey, Nothelfer
* um 555 in Delvin (?) in Irland (oder Schottland)
617 (?) in Tholey im Saarland


Wendelin war der Überlieferung nach ein schottischer Königssohn, tatsächlich möglicherweise des Stammeshäuptlings O'Fionnaláin von Delvin. Aus Ärger über seine religiösen Neigungen verlangte sein Vater der Legende zufolge von ihm, Schafe zu hüten. Mit sechs Genossen wollte er im Alter von 20 Jahren nach Rom wallfahren, gelangte aber nur bis Trier - oder nach anderer Überlieferung auf der Rückreise von Rom nach dort erlangter Segnung durch den Papst in diese Stadt.

Johann Pfunner: Das Wendelin-Wunder, 1761, in der Wendelin-Kapelle bei Bottenau, heute Stadtteil von Oberkirch
Johann Pfunner: Das Wendelin-Wunder, 1761, in der Wendelin-Kapelle bei Bottenau, heute Stadtteil von Oberkirch

Wendelin übernahm Hirtendienste bei einem Edelmann und trieb das Vieh bis zu einem sieben Meilen entfernten Berg, wo er gerne betete, dem Bosenberg östlich von St. Wendel. Der als räuberisch geschilderte Herr der Herde kam unerwartet vorbei und war erzürnt, dass Wendelin sich so weit entfernt hatte und ihm das zum Verzehr bestimmte Tier nicht rechtzeitig werde bringen können. Doch als der Erboste in seinen Hof zurückkam, war Wendelin bereits dort.

Wendelinskapelle bei St. Wendel
Wendelinskapelle bei St. Wendel

Tief erschrocken bat der Herr Wendelin um Vergebung und baute ihm eine Zelle am Bosenberg - der Überlieferung zufolge an der Stelle der heutigen >Wendelinskapelle bei St. Wendel. Dort verkündete Wendelin den Menschen das Evangelium und stand ihnen bei mit Rat und Tat, in Krankheiten und bei Viehkrankheiten. Es bildete sich eine Gruppe von Laien, die gemeinsam wie in einem Kloster lebten. Die Mönche des in der Nähe liegenden Klosters in Tholey wählten Wendelin dann zum Nachfolger ihres verstorbenen Abtes, ohne dass Wendelin je Priester geworden war. Als Wendelin im Sterben lag, besuchte ihn der Erzbischof von Trier und sah, wie zwei Engel drei Kronen auf einen Baldachin legten; so wurde Wendelins königliche Abkunft offenbar.

Statue, 1757, in der Wendelin-Kapelle bei Bottenau, heute Stadtteil von Oberkirch
Statue, 1757, in der Wendelin-Kapelle bei Bottenau, heute Stadtteil von Oberkirch

Nach dem Tod bestatteten ihn seine Mönche, von vielen Kerzen umgeben, fanden aber am nächsten Morgen den Leichnam neben dem Grab. Sie nahmen dies als Zeichen, dass er woanders begraben sein wollte und spannten Ochsen vor einen Wagen; diese fuhren ihn, von selbst den Weg findend, an eine Stelle nahe seiner früheren Einsiedelei - dorthin, wo heute die Wendelinusbasilika steht. 950 hatte sich dort dann die Siedlung Basoneviliare gebildet, 1332 erhielt St. Wendel Stadtrechte, zugleich wurde an der Stelle der seitherigen Grabkapelle der Bau der heutigen Basilika begonnen.

Relief, um 1400, an der Tumba für Wendelin ist er damit in die Reihe der neben ihm dargestellten Apostel gestellt; in der Wendelinusbasilika in St. Wendel
Relief, um 1400, an der Tumba für Wendelin ist er damit in die Reihe der neben ihm dargestellten Apostel gestellt; in der Wendelinusbasilika in St. Wendel

Wendelin war wohl einer der vielen Iren, die als Missionare aufs Festland kamen. Er wurde erstmals in der von Eberwin, dem Abt im Martinskloster in Trier, um 1000 verfassten Lebensgeschichte des Trierer Bischofs Magnerich erwähnt: während Magnerichs Amtszeit habe ein frommer Einsiedler mit Namen Wendelin im Waldgebirge des Vosagus gelebt; zusammen mit Ingobert und Disibod zählte er ihn zu den Deo militantes, Gottesstreitern, Einsiedler und KoinobitenAls Koinobion (von griech.„κοινός&rdquo, &bdquogemeinsam” und „βιος”, „Leben”)bezeichnet man die Form klösterlichen Zusammenlebens, in der die Mönche die tägliche „Göttlichen Liturgie”, die Stundengebete und auch die Mahlzeiten gemeinsam vollziehen., die im 6./7. Jahrhundert im Gebiet des Pfälzer Waldes und des Hunsrücks gewirkt haben.

Das Kalendarium von Stablo - dem heutigen Stavelot - kannte schon im 10. Jahrhundert die Verehrung Wendelins in Basonis Villare, der aufgrund der immer stärker einsetzenden Verehrung des Ortsheiligen seit um 1050 nach ihm benannten Stadt St. Wendel. Drei lateinische Wendelins-Legenden entstanden im 14. und 15. Jahrhundert.

Georg Busch: Deckplatte der Tumba, 1924, in der Wendelinusbasilika in St. Wendel
Georg Busch: Deckplatte der Tumba, 1924, in der Wendelinusbasilika in St. Wendel

Am 5. Juli 1360 wurden Wendelins Reliquien in den Chor der erst 1465 völlig fertiggestellten Wallfahrtskirche in St. Wendel, der ihm geweihten Wendelinsbasilika, überführt. Im Spätmittelalter förderten die Bischöfe von Trier die Wallfahrten, aber durch die Reformation nahmen die Pilgerströme ab. Im 18./19. Jahrhundert kam es zu einer erneuten Blüte. Es gibt kaum einen Volksheiligen, der so weit verbreitet verehrt wird, sagte 2010 der St. Wendeler Pastor Anton Franziskus mit Blick auf die zahlreichen Wendelinuspfarreien in vielen Ländern der Welt.

Bis heute wird in St. Wendel am 5. Juli der Wendelinuskuchentag gefeiert; bis zur Französischen Revolution gab der Kirchenrat dabei Kuchen an die Bevölkerung aus. Am Pfingstmontag gibt es an der Wendelinskapelle eine Pferdeprozession mit Tier- und Fahrzeugsegnung. Im Rhein-Moselgebiet, aber auch im Elsass, in Bayern, Südwestdeutschland und der Schweiz ist Wendelins Verehrung bis heute weit verbreitet. Durch Auswanderer kam sie auch nach Nord- und Südamerika.

Statue am ehemaligen Kloster Rottenmünster in Rottweil
Statue am ehemaligen Kloster Rottenmünster in Rottweil

Bei der heute bedeutendsten Wendelinuswallfahrt führt alljährlich die Prozession mit rund 100 Pferden und 500 Gläubigen von der Pfarrkirche in Nussbach - einem Ortsteil von Oberkirch - durch die Weinberge hoch zur an der Stelle zweier Vorgänger errichteten und 1757 geweihten Wendelin-Kapelle bei Bottenau - heute ein Stadtteil von Oberkirch. An der Stelle von Wendelins Zelle wurde 1753 der schon in heidnischer Zeit als heilkräftig erachtete Brunnen neu gefasst und zwei Jahre später die Kapelle errichtet.

Der Berg Wendelstein bei Bayrischzell ist nach Wendelin benannt; direkt auf seinem Gipfel steht die kleine hölzerne, Wendelin geweihte Kapelle, die 1718 von einem Bauern als Votivkapelle für die Wiederauffindung seiner beiden im Nebel auf den Almweiden am Berg verloren gegangenen Pferde errichtet wurde und den Namen des Viehpatrons erhielt; der Name des Berges wird gelegentlich davon abgeleitet. 100 Meter unterhalb des Gipfels befindet sich zudem die höchste Kirche Deutschlands, die Maria, der Schutzpatronin Bayerns, geweiht ist. Eine bedeutende Wallfahrtstätte ist auch die Wendelinkirche in Obergermaringen, die eine Reliquie birgt.

Die Tradition vom Hirten Wendelin beruht wohl auf altem Wissen der keltischen Druiden über Viehhaltung und -gesundheit, das Wendelin mitbrachte. In jüngster Zeit wird Wendelin zunehmend auch als Patron für Natur- und Umweltschutz verehrt. Die 1460 geweihte Wendelinusbasilika in St. Wendel, die in einem 1506 gestifteten Hochgrab hinter dem Altar Wendelins fast komplett erhaltenen Gebeine birgt, wurde 1960 durch Papst Johannes XXIII. zur Basilika minor erhoben. Wallfahrten hierher gibt es bis heute an Pfingsten und zum Gedenktag im Oktober.

Andachtsbild, um 1930, nach H. Huber
Andachtsbild, um 1930, nach H. Huber

Attribute: als Hirte, mit Schafen und Schweinen, als Pilger, mit Keule
Patron von St. Wendel; der Hirten und Herden, Schäfer und Bauern; des Viehs; gegen Viehseuchen; für gedeihliche Witterung und gute Ernte; für Natur- und Umweltschutz
Bauernregel: St. Wendelin, verlass' uns nie, / schirm' unsern Stall, schütz' unser Vieh!

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Auf den Berg Wendelstein bei Bayrischzell führt von der Talstation aus eine Seilbahn, der Fahrpreis beträgt für Hin- und Rückfahrt 25 €; ebenfalls auf den Berg führt eine Zahnradbahn mit Talstation in Brannenburg, der Fahrpreis beträgt für Hin- und Rückfahrt 37 €. (2020)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 08.12.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 10. Herder, Freiburg im Breisgau 2001
• http://www.fnweb.de/regionales/hardheim_hoepfingen/20091017_srv0000004890029.html nicht mehr erreichbar
• http://www.dw-world.de/dw/article/0,,5208635,00.html nicht mehr erreichbar
• http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufmacher/Wendelinusjahr-Reliquienschrein-Wallfahrtskirche;art27856,3289917 nicht mehr erreichbar
• Pfarrkirche St. Sebastian Nußbach - Wallfahrtskirche St. Wendelin Bottenau. Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2007
• Anton Franziskus: Die St. Wendelinus-Basilika zu St. Wendel. Deutscher Kunstverlag, München 2007

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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