Ökumenisches Heiligenlexikon

Ägidius von Assisi

auch: Giles
italienischer Name: Egidio

1 Gedenktag katholisch: 23. April
nicht gebotener Gedenktag im Orden der Franziskaner-Observanten

Name bedeutet: der Schildträger (griech.)

Ordensmann, Mystiker
* 1190 in Assisi in Italien
22. April 1262 in Perugia in Italien


Bild (Ausschnitt) in der Basilika Santa Maria degli Angeli (<q>Portiuncula</q>) bei Assisi
Bild (Ausschnitt) in der Basilika Santa Maria degli Angeli (Portiuncula) bei Assisi

Ägidius war Bauer und Analphabet. Er wurde der dritte Gefährte, der sich Franziskus in Rivotorto bei Assisi anschloss, nachdem er schon vorher in Herzenseinfalt und Gottseligkeit gelebt hatte. Überliefert ist, dass er 1209 Franziskus um Aufnahme in seine Gemeinschaft bat und ihnen dabei eine arme Frau begegnete, die inständig um Hilfe flehte; Franziskus wies ihn an, ihr seinen Mantel zu geben, Ägidius gehorchte und wurde von Franziskus aufgenommen. Ägidius unternahm eine Wallfahrt zu Jakobus nach Santiago de Compostela, zu Michael auf den Gargano, zu Nikolaus von Myra nach Bari und ging dann nach Rom, um dort als Arbeiter und Missionar zu leben. Dann reiste er ins Heilige Land, um die Sarazenen zu bekehren.

Nach seiner Rückkehr wirkte Ägidius 1215 bis 1219 in Fabriano und in den Marken, in Rieti und 1219 / 1220 als Missionar in der von der muslimischen Almohaden-Dynastie beherrschten Provinz Ifriqiya - dem heutigen Tunesien / Algerien. Ägidius erlebte häufig Ekstasen, auch in Gegenwart von Papst Gregor IX.; er hatte die Gabe der Weissagung und besaß einen außerordentlichen Verstand, litt aber auch unter häufigen Versuchungen.

Fra Leone Bracaloni: Ölbild, 1921, im Kloster San Francesco del Monte bei Perugia
Fra Leone Bracaloni: Ölbild, 1921, im Kloster San Francesco del Monte bei Perugia

Ab 1229 lebte Ägidius als Einsiedler auf dem Monteripido - an der Stelle des späteren Klosters San Francesco del Monte bei Perugia. Neben seiner Demut und Geduld zeichnete Ägidius besonders die kompromisslose Liebe zur Armut aus; deshalb missbilligte er auch die Errichtung der Basilika di San Francesco in Assisi und hielt am Grundastz von Franziskus von Assisifest, den Lebensunterhalt durch eigener Hände Arbeit zu verdienen. Franziskus nannte Ägidius den reinsten Ritter der (franziskanischen) Tafelrunde, er starb im Ruf der Heiligkeit und galt den Nachfahren als Prototyp des Franziskanertums der Anfänge. Um zu verhindern, dass der verehrte Leichnam anderswohin verbracht wurde, ließen die Einwohner von Perugia Ägidius schon in seinen letzten Stunden von Soldaten bewachen.

Ägidius wurde in der Franziskanerkirche in Perugia bestattet; sein Grab wurde eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte. Sein Sarg wurde nach dem Auflassen der Kirche in das daneben stehende Oratorium des S. Bernardino überführt. Seine Lebensgeschichte verfasste der Franziskanerbruder Leone. Überliefert sind auch seine Goldenen Worte; diese mystischen Aphorismen waren in ganz Europa verbreitet und übten Einfluss aus auf die Theorie der Mystik.

Kanonisation: Ägidius' Verehrung wurde 1777 von Papst Pius VI. bestätigt.

Worte des Heiligen

Als Analphabet hat Ägidius nichts Schriftliches hinterlassen, doch sammelten seine Mitbrüder seine Aussprüche als Goldene Worte:

Die Liebe ist größer als alle anderen Tugenden.

Bruder Ägidius fragte einen Bruder, seinen Seelenfreund: Glaubst du, dass ich dich liebe? Der Bruder antwortete: Ja. Da sagte Bruder Ägidius zu ihm : Glaub nicht, ich liebte dich! Denn allein der Schöpfer ist es, der ein Geschöpf in Wahrheit liebt. Die Liebe des Geschöpfes ist nichts, gemessen an der Liebe des Schöpfers.

Ein anderer Bruder sagt: Bruder Ägidius, was meint der Prophet mit dem Wort: Jeder Freund geht auf Betrug aus (Jeremia 9, 4)? Bruder Ägidius gibt ihm zur Antwort: Ich übe deshalb Betrug an dir, weil ich dein Gutes nicht zu meinem mache. Je mehr ich dein Gut zu meinem machen würde, um so weniger wäre ich ein Betrüger an dir. Und je mehr einer froh wird am Guten des Nächsten, desto größer wird sein Anteil daran. Willst du daher am Gut aller beteiligt sein, so freue dich an jedermanns Gut. Du machst also das Gute anderer Menschen dir zu eigen, wenn du Gefallen daran findest, und aus dem Bösen andrer Menschen baust du dir eine Sperrmauer, wenn es dein Missfallen erregt. Das ist der Weg des Heiles: Sei froh über das Gute des Nächsten, und bedaure das Böse an ihm; glaub Gutes von den andern und von dir Schlechtes; halte andere in Ehren und dich selber in Argwohn!

Wer den andern keine Ehre erweisen will, wird selber keine Ehre finden; wer keine Anerkennung zollen will, wird auch keine Anerkennung ernten; wer nicht müde werden will, kann nicht die Ruhe genießen.

Was ohne Liebe und Interesse geschieht, löst nicht das Wohlgefallen Gottes und seiner Heiligen aus.

Menschenwirken macht arm, Gotteswirken reich. Also muss der Mensch die Werke Gottes lieben und seine eigenen Taten außer acht lassen.

Was gibt es Größeres, als dass man die Guttaten Gottes zu rühmen und sich selbst bei seinen eignen Übeltaten zu ertappen versteht?

Ganz treu müsstest du sein in der Liebe zu dem, der von allem Übel dich freimachen will, der alles Gute dir schenken will!

Niemals darf ein Sünder, solange er auf Erden weilt, an Gottes Barmherzigkeit verzweifeln. Gibt es doch wohl keinen Baum, der so knorrig und verkrüppelt wäre, dass Menschenhand ihn nicht schön glatt und stattlich machen und veredeln könnte. Erst recht gibt es keinen solch schweren Sünder auf der Welt, dass Gott nicht durch Gnade und Tugend einen ungeahnten Edelmenschen aus ihm zu machen vermöchte.

Keiner kann zur Erkenntnis Gottes kommen außer durch Demut: Der Weg zum Aufstieg heißt Abstieg.

Die Taten eines Menschen mögen noch so groß erscheinen - es kommt nicht auf die Einschätzung der Menschen an, sondern auf die Einschätzung und das Wohlgefallen Gottes.

Was der Mensch tut, Gutes oder Böses, tut er sich selber an.

Der junge Mensch, der die Arbeitslast ausschlägt, schlägt das Himmelreich aus.

Wer das Joch des Herrn sich erleichtert, macht es sich schwerer, und wer es sich schwer macht, erleichtert es sich.

Wer nicht zu beten weiß, erkennt Gott nicht.

Der Mensch macht sich einen Gott zurecht, wie er Ihn will. Er aber bleibt immer so, wie Er wirklich ist.

Ein Mensch, der vor Versuchungen flieht, flieht vor dem ewigen Leben.

Quelle: Leben und "goldene Worte" des Bruders Ägidius. Aus dem Lateinischen übertragen von Paul Alfred Schlüter. = Franziskanische Quellenschriften, Bd. 3. Werl 1953

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Catholic Encyclopedia





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 29.03.2024

Quellen:
• Vollständiges Heiligen-Lexikon …, 1. Band: A-D. Herausgegeben von Johann Evangelist Stadler und Franz Joseph Heim, B. Schmid'sche Verlagsbuchhandlung, Augsburg, 1858
• Friedrich-Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. I, Hamm 1990
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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