Ökumenisches Heiligenlexikon

Der Leichnam der Cäcilia


Susanne Frenzel, Kunsthistorikerin in Berlin (SusanneFrenzel@freenet.de) hat sich intensiv mit der Geschichte des Leichnams von Cäcilia befasst. Hier die Ergebnisse ihrer Recherchen:

Ich habe inzwischen selbst weitergeforscht und kann Ihnen mitteilen, dass das Datum der Sargöffnung definitiv nicht 1595 war. Anbei der von mir recherchierte Sachverhalt:

Die Hl. Cäcilia wurde wahrscheinlich ursprünglich in der Grabstätte ihrer Familie bestattet, in der Katakombe des Callistus an der Via Appia; später wurde ihr Leichnam in die Praetestatus-Katakombe überführt. (In der Praetextatus-Katakombe waren Valerianius, Tiburtius und Maximus neben Papst Urbanus beigesetzt.) 1 Auf Veranlassung von Papst Paschalis I. wurde für die durch ihn 817 - 824 vergrößerte und umgestaltete Kirche Santa Cecilia in Trastevere in Rom nach dem Körper der Heiligen gesucht. Der Leichnam der Heiligen Cäcilia wurde 819 unter dem Hochaltar begraben.

Kardinal Paolo Emilio Sfondrato veranlasste in seiner römischen Titelkirche Santa Cecilia in Trastevere Umbau- und Restaurierungsarbeiten, in deren Verlauf am 20. Oktober 1599 der Sarg der Heiligen frei gelegt und geöffnet wurde. Der Leichnam soll unverwest, wie schlafend auf der rechten Seite liegend, mit dem Gesicht zur Erde aufgefunden worden sein. Der Bildhauer Stefano Maderna erhielt den Auftrag eine Marmorskulptur der Heiligen in genau dieser Haltung anzufertigen. Die Heilige wurde in eine Seitenkapelle verbracht, dort sah sie auch Papst Clemens VIII., der eine nähere Untersuchung aber ablehnte. Nach einem Monat wurde sie endgültig beigesetzt.
Die Auffindung der Heiligen und deren Dokumentation durch Maderna fand direkten Nachhall in der Kunstwelt und führte zu deren wachsender Popularität, nicht zuletzt durch die Aufträge Kardinal Sfondratos mit der Darstellung der Heiligen. Der römische Kirchenhistoriker und Kardinal Cäsar Baronius und der Archäologe und Kenner der Katakomben Antonio Bosio, die beide zum gegenreformatorischen Kreis um Sfondrato gehören, beschreiben die Entdeckung der Heiligen Cäcilia.

Literatur (Auswahl):
• Aurenhammer, Hans: Lexikon der christlichen Ikonographie. Band 1. Wien, 1959 - 1967, S. 425 - 435
• Holst, Niels von: Die Cäcilienstatue des Maderna. Ihre Entstehung und ihre antiken Vorbilder. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 4. Bd., 1935, S. 35 - 46
• Kirsch, Johann Peter: Die heilige Cäcilia in der römischen Kirche des Altertums.Paderborn, 1910 (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums 4,2)
vLexikon der christlichen Ikonographie. Hrsg. v. Wolfgang Braunfels, begr. v. Engelbert Kirschbaum. Band 5. Freiburg [u. a.], 1994, S. 457 - 463

Die zeitgenösssischen Quellen zur Rekogniszierung der Leiche (nach Kirsch 1910, S.2):
• Bosio, Antonio: Historia passionis S. Caeciliae. Rom, 1600, 155 sqq., 170
• Baronio, Cesare (bzw. Baronius, Cäsar): Annales ecclesiatisci … ad annum 821, nn. XV, XVI

Zur Passio:
• Mombritius: Sanctuarium, I., fol. 188-193

Noch eine Bemerkung zur Halsstarrigkeit der Heiligen. Nach dem dritten Versuch musste die Enthauptung abgebrochen werden. Interessanterweise ist das tatsächlich bis in die Neuzeit hinein gängige Praxis gewesen. Ein Henker riskierte mitunter sein eigenes Leben, wenn er nach dem dritten Schlag noch weitermachte …

1 Dass außer Valerianius und Tiburtius auch Cäcilia von Rom in den Praetestatus-Katakombe gelegen habe, konnten wir vor Ort nicht bestätigt finden. Die Überlieferung, auch der römische Bischof Urban I. habe hier geruht, beruht auf einer Verwechslung mit einem sonst unbekannten Urbanus, der dort bestattet war.
J. Schäfer, 8. Juni 2017


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Autor: Susanne Frenzel - zuletzt aktualisiert am 19.06.2017
korrekt zitieren:
Susanne Frenzel: Artikel
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