Ökumenisches Heiligenlexikon

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Hedwig von Schlesien (von Andechs)


S. Hedwigis (Adwigis), Vid. (17. al. 15. Oct. 28. Juni, 16. Aug. 1. Sept.) Die hl. Hedwig, 1 frz. Ste- Havoie, Herzogin von Schlesien und Polen, wurde im J. 1174 vermuthlich zu Andechs in Bayern, Bisthums Augsburg, geboren. Bei den Neo-Bollandisten findet sich aus der Feder des ehrwürdigen Vorstandes derselben, P. Joseph van Hecke, der nach Bd. I. S. [32], Nr. 48 unser Unternehmen freundlichst unterstützte, eine sehr ausführliche, gründliche Bearbeitung ihres Lebens (Oct. VIII. 198 bis 270), und namentlich eine genaue Genealogie derselben, nach welcher die Verwandtschaft der hl. Hedwig mit dem bayerischen und österreichischen Herrscherhause, sowie auch mit den Bourbonen und mehreren andern Dynastien klar hervortritt. Ihr Vater war Graf Berthold von Andechs, welcher nach den Bollandisten (VIII. 204) zugleich Markgraf von Istrien, Herzog von Dalmatien und Meran war, nach den verschiedenen Berechnungen bald der III., bald der IV., bald der V., von ihnen selbst aber der XI. genannt wird und von dem bayerischen Herzoge Arnulph II. abstammte. Ihre Mutter Agnes war eine Tochter des Grafen Dedon von Rochlitz. Sie hatte noch vier Brüder und drei Schwestern, nämlich: Berthold, später Patriarch von Aquileja; Egbert, Bischof von Bamberg; Heinrich und Otto, welche die Erbschaft des Vaters unter sich theilten; dann Agnes, die Gemahlin des Königs Philipp August von Frankreich; Gertrudis, die den hl. König Andreas von Ungarn heirathete und die Mutter der hl. Markgräfin Elisabeth von Thüringen wurde; eine dritte Schwester, welche bei den Bollandisten (VIII. 205) Mathildis genannt wird, war Abtissin zu Kitzingen 2 in Franken, wo denn auch die hl. Hedwig erzogen wurde und von Jugend auf Gott fürchten und die Sünde meiden lernte. Die heil. Schrift war schon in den Jahren ihrer ersten Bildung ihr liebstes Buch, aus welchem sie die Gnade der Andacht und des innerlichen Trostes geschöpft hat. Als sie das 12. Jahr erreichte, wurde sie an Herzog Heinrich I. von Schlesien und Polen, welcher bei den Bollandisten der »Gebartete« (Barbatus) heißt, zur Ehe gegeben. Hier befliß sie sich, des Ehestands Recht und Gesetz unverbrüchlich zu halten. Sie gebar drei Söhne: Boleslaus, welcher als Herzog von Liegnitz im J. 1278 starb, dann Konrad, welcher Herzog von Glogau wurde, und Heinrich II., mit dem Beinamen »der Fromme«, welcher Herzog von Schlesien war und sich mit Anna, der Tochter des Königs Prismilans III. von Böhmen vermählte, aber schon im J. 1241 starb. Auch hatte sie drei Töchter, nämlich Agnes, Sophia und Gertrudis, welch Letztere später Abtissit von Trebnitz wurde. Schon früher hatte sie ihren Mann bewogen, aus Liebe zu Gott sich während des Advents, der Fastenzeit und zu mehreren andern Zeiten, namentlich an allen Freitagen, sowie an Sonn- und Festtagen des ehelichen Umgangs zu enthalten. Nach der Geburt ihrer sechs Kinder aber legten sie das Gelübde ihrer gegenseitigen Keuschheit vor dem Bischofe ab, der ihnen hiezu die Benediction ertheilte, und brachten so die übrigen 30 Jahre ihrer Ehe in beständiger Enthaltsamkeit zu. Auch Andere munterte sie zu dieser Tugendübung auf, während sie dagegen andere Jungfrauen in die Ehe brachte und ihnen dazu eine genügende Aussteuer gab. So viel sie konnte, beförderte sie bei ihrem Gemahl die Friedensliebe und die Ausübung des schönsten Rechtes eines Fürsten, des der Begnadigung. Auch bewog sie ihren Gemahl, das Kloster Trebnitz bei Breslau, wo jetzt eine Maschinenspinnerei ist, als eine Zufluchtsstätte für gottliebende Jungfrauen zu stiften. Der Grund dazu wurde im J. 1203 gelegt; während des Baues wurde allen zum Tode Verurtheilten ihre Strafe in Zwangsarbeit an diesem Baue verwandelt. Im J. 1219 erfolgte die feierliche Einweihung. Die ersten Nonnen wurden aus der Stadt und Diöcese Bamberg berufen, und stieg ihre Anzahl allmählig auf 1000. Streng war sie in der Wahl der Dienerschaft und beobachtete genau ihren Wandel. Sie war jederzeit standesgemäß gekleidet; nie aber suchte sie des Leibes Zierde, noch die Weichlichkeit. Darum enthielt sie sich jeglichen Schmuckes von Gold und Edelsteinen, den Brautring allein ausgenommen. In spätern Jahren kleidete sie sich nur in Grau, ganz arm und einfach. Demüthig von Herzen, nach dem Beispiele Jesu, hatte sie vor solchen, die sie für fromm hielt, die größte Hochachtung, empfahl sich in ihr Gebet und küßte oft den Ort, auf dem sie gestanden oder die Gegenstände, welche sie berührt hatten. Um sich nicht den Schein absonderlicher Frömmigkeit zu geben, da sie nach ihrem Dafürhalten von derselben weit entfernt war, betete sie gern an einsamen Orten. In Trebnitz hatte sie einst auf dem Chore, von einer Schwester heimlich beobachtet, sich vor U. L. Frauen Altar auf das Angesicht niedergeworfen. Da löste plötzlich das Bild des Heilandes am Kreuze den rechten Arm ab, segnete sie und sprach mit heller Stimme: »Dein Gebet ist erhört; du wirst erlangen, was du begehrt hast.« Oft wusch sie armen Frauen die Füße und küßte sie. Am Gründonnerstag erwies sie diese Liebe jedesmal einigen Aussätzigen, die sie auch neu kleidete. Immer hatte sie - und zwar, zur Erinnerung an Christus und seine 12 Apostel, meistens dreizehn - Arme an ihrem Tisch, denen sie auf den Knieen diente, aus Liebe zu Jesus, der für uns arm geworden. Dabei mußte immer der am übelsten Aussehende zuerst aus ihrem Becher trinken. Wenn ihr Uebles widerfuhr, so rächte sie sich mit den Worten: »Warum hast du dieß gethan? Verzeih dir's Gott!« Im J. 1238 verlor sie ihren Gemahl durch den Tod. Als darüber die Schwestern von Trebnitz heftig weinten, verwies sie es ihnen, nicht als ob sie ihren Mann nicht zärtlich geliebt hätte, sondern weil, wie sie sagte, »Alles was Gott mit uns und an uns thut, uns zu besonderm Troste seyn muß,« und weil sie auch in dem Schwersten dem Willen vollkommen untergeben seyn wollte. Sie war so enthaltsam, daß sie 40 Jahre lang ein ununterbrochenes Fasten beobachtete und sich aller Fleischspeisen gänzlich enthielt, bis ihr der apostolische Legat in Polen, Bischof Wilhelm von Modena, Fleisch zu essen befahl, was ihr aber größere Beschwerde als die gewohnte Enthaltung verursachte. Sonntags, Dienstags und Donnerstags genoß sie Fische und Mehlspeisen, Montags und Samstags trockenes Gemüse, Mittwochs und Freitags nur Wasser und Brod. Von dieser strengen Lebensweise gestattete sie sich nur an höhern Festtagen einigen Nachlaß. Einst, da ihr Gemahl noch lebte, wurde ihm verrathen, daß seine Gemahlin statt des Weins nur Wasser trinke. Er hielt dieß für eine Ursache ihrer beständigen Krankheit und Leibesschwäche. Da trank er unversehens aus ihrem Becher und spürte den besten Wein. Dasselbe Wunder begegnete denen, die nach aufgehobener Tafel Neugierde halber aus dem Becher tranken. Im Gebete und in der Kirche verweilte sie oft, auch in strenger Winterszeit, mit bloßen Füßen, suchte jedoch diese Abtödtung vor den Menschen sorgfältig zu verbergen. In Folge dieser Gewohnheit verursachte ihr der Frost große Risse an den Füßen, durch welche Blut hervordrang. Uebrigens war für sie jeder Ort ein Tempel, und Alles Veranlassung, das Herz zu Gott zu erheben. Bei Tisch mußte ihr, zur Nahrung des Herzens, vorgelesen werden. Bei der Arbeit durchdrang sie die Gegenwart Gottes; ohnehin bestand ein Theil ihrer Arbeit in der frommen Beschäftigung, kostbare Kirchengewänder mit Frauen, die in dieser Kunst Erfahrung befassen, zu verfertigen. Ihre Reden waren die lautere Andacht, Sanftmuth und Gelassenheit. In allen Ereignissen vernahm sie Gottes Stimme und betete seinen Willen an. So war auch ihr Bett zugerichtet, wie es einer fürstlichen Person gebühret; aber sie legte sich daneben auf den Boden und deckte sich mit einer Lederdecke zu. Wenn sie sich gütlich thun wollte, legte sie sich eine Zeit lang auf den Strohsack. Aber auf einem Bett hat sie nie liegen wollen, wie krank sie auch war. Als man ihr einst einen Polster unterlegte, hat sie ihn sogleich weggeschafft. Mit welchem Eifer sie Tag und Nacht dem Gebete obgelegen, bedarf keiner besondern Erwähnung. Gott bezeugte ihr öfter auf wunderbare Weise seine Gnade. Man sah sie im Gebete mit einem Lichtstrahle umgeben, in der Luft schwebend, außer sich. Jede Erinnerung an das Leiden unsers Herrn hielt sie hoch in Ehren, besonders aber war sie darauf bedacht, Altäre und Gotteshäuser zu schmücken und mit dem Nothwendigen zu versehen. Was sie den Armen, Kranken, Nothleidenden, Wittwen und Waisen gethan, davon ist schon oben Einiges berührt worden. Ihre Schwiegertochter, die Prinzessin Anna, Hedwigs gewöhnliche Begleiterin und Zeugin ihrer Thaten, sagte von ihr: »Ich kenne das Leben vieler Heiligen, aber niemals habe ich darin etwas so Hartes und Strenges gelesen, was ich in Hedwig nicht in gleichem oder noch höherm Grade bemerkt und gesehen habe.« Damit verband sie eine Andacht, die eher dem Himmel, als der Erde eigenthümlich zu seyn schien. Herbord, einer ihrer Beichtväter, pflegte zu sagen: »Kein Sterblicher kann es erklären, mit welchem Glauben und mit welcher Andacht sie die heil. Messe und das Sacrament des Leibes Christi verehrte!« Daher auch ihr außerordentliches Verlangen, so viele Messen als möglich zu hören und celebriren zu lassen. Auch die Wundergabe verlieh der Herr seiner Dienerin. Einst befand sie sich mit einer Frau, die sie ausgeheirathet hatte, im Gespräche. Plötzlich sagte sie: »Katharina, was denkst du so viel an das Zeitliche, da der Tod vor deiner Thüre ist?« Als diese heftig erschrack, sprach sie: »Du wirst sterben, aber wieder leben.« Bald darauf genas die Frau eines Mädchens, welches starb; die Mutter war zwei Tage scheintodt, dann aber kam sie wieder, durch das Gebet der hl. Hedwig, zum Leben. Ein andermal kam Mileiza, eine edle Matrone, zu ihr. Als sie gehen wollte, sprach sie zu ihr: »Mileiza, geh zu mir, daß ich dich küsse; denn du wirst Hedwig in diesem Leben nie mehr sehen.« Nicht lange hernach entschlief auch wirklich die hl. Hedwig selig im Herrn. Es war den 15. Oct. 1243. Ihr Leichnam glich einem Lebenden, so schön und frisch lag er da. Papst Clemens IV. setzte sie am 15. Oct. 1267 unter die Zahl der Heiligen. Es haben zu verschiedenen Zeiten Translationen ihres heil. Leibes stattgefunden. Auf Abbildungen erscheint die hl. Hedwig (nach Hack, S. 352) als Königin mit dem Modelle einer Kirche im Arme etc., manchmal auch im Nonnenkleide mit der Königskrone, obwohl sie nie die Ordensgelübde abgelegt hat, als Stifterin von Trebnitz. Oefter sieht man die Heilige vor dem Bildnisse des Gekreuzigten, welcher eine seiner Hände losgemacht hat, um sie zu segnen, oder auch, wie sie den Kranken dient und Arzneien reicht. Das Volk, dem Hedwig eine Mutter gewesen, vergaß derselben nie; zahlreiche Wallfahrten zu ihrem Grabe bis auf die Gegenwart herab sind dafür ein sprechender Beweis. Im Mart. Rom. steht ihr Name am 17. October, und deßwegen behandeln sie auch die Bollandisten an diesem Tage mit dem Beifügen, daß der 17. October für ihr Fest deßwegen gewählt worden sei, weil am 15. October als an ihrem Sterbetage das Fest der hl. Theresia und am 16. Oct. das des hl. Gallus gefeiert wird. In Schlesien und Polen aber wird ihr Fest am 15. Oct. begangen. 3 Auch im röm. Brevier steht das Fest der hl. Hedwig am 17. Oct. und zwar sub ritu semid., während es im Proprium der Diöcese Augsburg sub ritu dupl. gehalten wird. (VIII. 198.)

1 Dieser Name, welcher im Altdeutschen Haduwic heißt, leitet sich ab vom Altd. hadu = Hader, Streit, und wic oder wig = Kampf etc., und bedeutet nach Einigen so viel als »die Kriegerische«, besser aber wohl »eine, um welche gekämpft wird«, die der »Kampf der Streitenden«, d. i. der Gegenstand ihres Kampfes ist, welche Erklärung namentlich für weibliche Namen - im Hinblick auf das alte Turnier- und Ritterwesen - geeigneter zu seyn scheint und hier vielleicht zum Erstenmale gewagt wird; wenigstens haben wir diese Erklärung noch nirgends gefunden.

2 Bei Butler (XV. 267), sowie auch bei Surius u. A. heißt dieses Kloster »Lutzingen in Franken« und in W. W. »Kirchen-Lexikon« (IV. 924), dessen Angaben sonst mit denen der Bollandisten so ziemlich übereinstimmen, und das wir daher in dieser unserer Bearbeitung auch öfter benützten, heißt es, »Lutzinger in Franken«; aber abgesehen davon, daß wir ein »Lutzingen in Franken« gar nicht finden konnten, und zu Lutzingen in Schwaben nie ein Kloster war, wird das fragliche Kloster, wo später auch die dt. Elisabeth nach dem Tode ihres Gemahls eine Zufluchtsstätte fand, bei den Bollandisten ausdrücklich »Kitzingen am Main« genannt (VIII. 205), welches Benedictiner-Nonnenkloster nach Bruschiuz (p. 278) im J. 745 von Adelheid oder Adeloga, einer Tochter des Königs Pipin (?) von Frankreich, auf den Wunsch des hl. Bonifacius7 gestiftet wurde. (S. S. Hadeloga.) Bei Lechner, wo die hl. Hedwig am 15. Oct. erwähnt wird, steht richtig »Kitzingen«.

3 Das Nähere hierüber, sowie über manches Andere, sehe man in der neuesten »Lebensbeschreibung der hl. Hedwig von A. Knoblich (Breslau, 1860)«, welche auch noch andere Quellen vor sich hatte als den Bollandisten zu Gebote standen, die aber uns leider zu spät zugekommen ist, um sie bei der Bearbeitung selbst benützen zu können. Gleich im Anfange derselben findet sich eine schöne Beschreibung des Geburtsortes der hl. Hedwig, des »heil. Berges Audechs«, wo an der Stelle der ehemaligen Stammburg der Grafen von Andechs im J. 1227 von dem Markgrafen Heinrich von Istrien, einem Bruder der hl. Hedwig, das Benedictinerkloster Andechs gegründet wurde. Diesem fügen wir bei, daß seit einigen Jahren wieder Benedictiner dort wirken, indem eine Filiale der Benedictiner-Abtei zum hl. Bonifacius in München dort besteht. - Ueber die Verwandtschaft vgl. S. Mathildis (31. Mai).




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zuletzt aktualisiert am 19.10.2018
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