Ökumenisches Heiligenlexikon

Coelestin V.

Taufname: Peter / Pietro Angelerio
auch: Peter von Morrone

1 Gedenktag katholisch: 19. Mai
gebotener Gedenktag im Silvestrinerorden
nicht gebotener Gedenktag im Benediktiner- und Zisterzienserorden Gedenktag III. Klasse      Im alten Messbuch entspricht die III. Klasse einem gebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Die Feste III. Klasse sind außerhalb der geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit, Osteroktav) immer zu feiern, wenn sie nicht von einem Fest I. oder II. Klasse verdrängt werden. Innerhalb der geprägten Zeiten können sie in der Regel nur kommemoriert, aber nicht gefeiert werden.

Tag der Heiligsprechung: 5. Mai
Erscheinnug in Aquileia: 11. Juni
Ordensgründung: 10. Oktober

Name bedeutet: der Himmlische (latein.)

Mönch, Einsiedler, Papst
* um 1215 in Sant'Angelo Limosano bei Campobasso (?) in den Abruzzen in Italien
19. Mai 1296 im Kastell in Fumone bei Frosinone


Mit zwölf Jahren trat der ohne Schulbildung aufgewachsene Bauernsohn Peter Angelerio ins 1134 gegründete Kloster Santa Maria di Faifoli der Benediktiner nahe Montagano bei Campobasso ein. Schon 1231 beschloss er, ein Leben als Einsiedler zu führen; ab 1235 lebte er an einer Maria von Morrone geweihten Kapelle an der Stelle der späteren Abtei Santo Spirito del Morrone bei Sulmona und nannte sich nun Pietro de Morrone.

Kirche und Kloster Santo Spirito a Majella bei Roccamorice
Ripa Rossa nahe Kirche und Kloster Santo Spirito a Majella bei Roccamorice, wohl Ort der ersten Einsiedelei von Petrus von Morrone

1246 gründete Petrus von Morrone die Einsiedelei Santo Spirito a Majella bei Roccamorice nahe Sulmona. Viele Gleichgesinnte folgten ihm und bildeten die Urzelle des Cölestinerordens, den Peter nach dem Vorbild der Zisterzienser organisierte.

Petrus erwies sich als fähiger Leiter der Gemeinschaft in Santo Spirito a Majella und erwirkte viele Schenkungen, er erbaute die Kirche und das Kloster Santo Spirito, wurde Abt weiterer Klöster und gab seinem Orden eine straffe Organisation; der Orden breitete sich aus bis nach Rom und Apulien.

Im Winter 1273/74 ging Peter zu Fuß nach Frankreich, um vor dem Zweiten KonzilSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. von Lyon bei Papst Gregor X. die Anerkennung seiner Ordensgemeinschaft zu erbitten.

Auf der Rückreise von Lyon erhielt Peter an der Stelle der späteren Kirche Santa Maria di Collemaggio in L'Aquila eine Vision von Maria, die ihm auf einer goldenen Treppe, und umringt von Engeln erschien; 1288 bis 1289 ließ er dort dann die Basilika errichten. Schon 1282 übernahm er mit seinem neuen Orden das im 10. Jahrhundert von Benediktinern gegründete Kloster Santissima Annunziata in Ripalimosani bei Campobasso, das nach Coelestins Heiligsprechung 1313 ihm geweiht wurde.

das heute Coelestin geweihte Kloster in Ripalimosani
das heute Coelestin geweihte Kloster in Ripalimosani

Trotz seiner Popularität - von mehreren wunderbaren Heilungen wird berichtet - blieb Peter ein unpolitischer, einfacher Bauernsohn mit starkem Hang zum Mystizismus. 1286 verzichtete er auf die Würden als Abt und Prior und lebte wieder als einfacher Eremit; dennoch hatte sich sein Ruf der Heiligkeit und des wirkungsvollen Organisators in der vatikanischen KurieAls römische Kurie (von lateinisch curare = „pflegen, sich kümmern”) werden seit dem 11. Jahrhundert die Leitungs- und Verwaltungsorgane der katholischen Weltkirche in Rom genannt. Die Kurie ist für die Gesamtkirche zuständig, nicht für die Regierung des Staates Vatikan. und am Königshof in Neapel verbreitet.

Gemälde aus Frankreich: Cölestin V. wird zum Papst gekrönt, 16. Jahrhundert
Gemälde aus Frankreich: Coelestin V. wird zum Papst gekrönt, 16. Jahrhundert

Noch während seiner Zeit als Einsiedler wurde Peter am 5. Juli 1294 in Perugia auf Betreiben des neapolitanischen Königs Karl II. von Anjou als fast 80-jähriger zum Papst gewählt; seine Wahl beendete harte Auseinandersetzungen im nur zwölfköpfigen Kardinalskollegium und eine zweijährige Vakatur. Als ihn die Nachricht von der Wahl erreichte, wollte er mit einem Mönchsbruder in die Wildnis fliehen. Ich schaffe es nicht, mich selbst zu retten; wie soll ich da die ganze Welt retten?, soll er ausgerufen haben. Doch seine Anhänger umlagerten seine Zelle und überzeugten ihn: es sei eine Todsünde, die Wahl auszuschlagen. Am 28. Juli 1294 zog Peter - dem Beispiel Jesu Christi folgend - auf einem Esel in L'Aquila ein, wo er in seiner Kirche Santa Maria di Collemaggio gekrönt und geweiht wurde. Viele in der Menschenmenge meinten, die Wiederkunft Christi zu erleben - oder zumindest den Einzug des Engelpapstes: dieser sollte nach den Verheißungen des Joachim von Fiore das Zeitalter des Heiligen Geistes einleiten und die Kirche in eine Epoche der Ruhe und des Glücks führen.

Tapisserie: Petrus de Muranos Wahl zum Papst, Vatikanische Museen in Rom
Tapisserie: Petrus de Muranos Wahl zum Papst, Vatikanische Museen in Rom

Doch Coelestin besaß keinerlei Erfahrungen auf dem Gebiet der Verwaltung der KurieAls römische Kurie (von lateinisch curare = „pflegen, sich kümmern”) werden seit dem 11. Jahrhundert die Leitungs- und Verwaltungsorgane der katholischen Weltkirche in Rom genannt. Die Kurie ist für die Gesamtkirche zuständig, nicht für die Regierung des Staates Vatikan. und ließ sich seine Politik schon bald vom neapolitanischen König Karl II. diktieren. Unter dessen Druck musste er im Oktober 1294 seinen Amtssitz an den Königshof im damals neuen Castel Nuovo nach Neapel verlegen. Auch Coelestin war wohl durch Joachim von Fiores Einteilung der Zeitalter beeinflusst: im September 1294 ernannte er zwölf neue Kardinäle und unter ihnen viele Mönche - möglicherweise wollte er das verheißene Zeitalter des Heiligen Geistes und mönchischen Lebens einleiten. Gleichzeitig breitete sich in der Kirchenleitung Chaos und Korruption aus.

Niccolò di Tommaso: Fresko, um 1360, im Museum im Castel Nuovo in Neapel
Niccolò di Tommaso: Fresko, um 1360, im Museum im Castel Nuovo in Neapel
Foto: Marie-Lan Nguyen

Coelestin bemerkte, dass es ihm nicht gelingen würde, die Kirche selbst zu führen. Sein Entschluss zur Abdankung wurde wohl auch durch Kardinal Benedikt Caëtani gefördert, der die Abdankungsurkunde verfasste - und als Papst Bonifatius VIII. schon nach elf Tagen Vakanz Coelestins Nachfolger wurde. Das Volk war entsetzt, als es von der Absicht des Kirchenfürsten erfuhr, sein Amt niederzulegen; vor dem päpstlichen Quartier versammelte sich eine Menschenmenge, die die Demission verhindern wollte.

Coelestin verzichtete auf die Abdankung, aber sieben Tage später, am 13. Dezember 1294, war es soweit: Nachdem er die Frage nach der Möglichkeit einer Abdankung durch Erlass einer Konstitution darüber selbst beantwortet hatte, legte Coelestin vor dem Kardinalskollegium in Neapel die päpstlichen Insignien nieder, zog die prunkvollen Gewänder aus, streifte wieder seine Mönchskutte über und zog sich zurück in die von ihm ein Jahr zuvor gegründete Einsiedelei Sant'Onofrio al Morrone oberhalb der Abtei Santo Spirito del Morrone bei Sulmona - in der seit 1293 der leitende Abt des Cölestinerordens residierte; die Abtei wurde 1809 unter napoleonischer Herrschaft geschlossen, heute beherbergt sie ein Museum.

Eingang zum Kastell in Fumone
Eingang zum Kastell in Fumone

Der am 24. Dezember 1294 als Nachfolger gewählte Papst Bonifatius VIII. wollte den Abgedankten unter Aufsicht haben, Coelestin aber floh auf dem Weg von Neapel nach Rom erst in seine alte Mönchszelle in der Abtei Santo Spirito del Morrone bei Sulmona, dann nach Apulien, von wo aus er nach Griechenland fliehen wollte; dort wurde er gefasst, gefangen genommen und im Juni 1295 zum neuen Papst in dessen Sommerresidenz in Anagni gebracht. Um zu verhindern, dass die Anhänger Coelestins ein Schisma auslösten, hielt Bonifatius ihn bis ans Lebensende in der Festung Kastell in Fumone bei Rom gefangen.

Seine Mitbrüder, die Coelestin als Engelgleichen verehrten, Teile des Franziskanerordens und die französischen Gegner von Papst Bonifatius VIII. betrieben die rasche Heiligsprechung, die durch Papst Clemens V. 1313 in Avignon vorgenommen wurde. Die Gebeine Cölestins werden in der Basilika Santa Maria di Collemaggio in L'Aquila verehrt; der Sarg ist nun aus Panzerglas, nachdem Unbekannte die Reliquien 1988 gestohlen hatten. Der Schrein wurde nach dem Erdbeben von 2009, bei dem die Basilika zerstört wurde, der Schrein aber unversehrt aus den Trümmern geborgen werden konnte, in die Krypta der Kathedrale in Sulmona übertragen.

In L'Aquila wird am 28. August das große Fest Perdonanza, Vergebung zur Erinnerung an Coelestins Papstweihe gefeiert, verbunden mit einem Sündenerlass; es zählt bis heute zu den größten Festen der Region. Coelestin verfügte 1294 mit der Bulle Inter sanctorum solemnia, Feier mit den Heiligen, den Ablass für Büßer, die am 28. oder 29. August die Kirche Santa Maria di Collemaggio durch die Heilige Pforte betreten. Diese Feier wurde sechs Jahre vor den von Papst Bonifatius VIII. eingeführten und seitdem gefeierten Heiligen Jahren begangen und ist damit der Ursprung der Vergebungswallfahrten. Die Basilika Santa Maria di Collemaggio ist die einzige katholische Kirche weltweit, die eine Heilige Pforte für einen jährlichen Ablass besitzt.

Den Cölestinerorden gliederte Papst Gregor X. 1275 in den Benediktinerorden ein. 1785 schloss das letzte Coelestinerkloster seine Pforten.

Coelestin war - bis zum Rücktritt von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013 - der einzige Papst der Kirchengeschichte, der auf eigenen Entschluss auf das Amt verzichtete. 1 Manche Interpreten halten ihn für einen heiligen Narren nach dem Urbild der Narren um Christi willen, andere loben sein Beispiel als das eines Kirchenfürsten ohne Machtambitionen, manche verbinden mit dem Engelpapst Endzeit-Spekulationen. Dante, der italienische Dichterfürst, verdammte den Coelestin ob seines feigen Verzichts in die Hölle.

Liegefigur in der Basilika Santa Maria di Collemaggio in L'Aquila
Liegefigur in der Basilika Santa Maria di Collemaggio in L'Aquila

Kanonisation: Schon am 5. Mai 1313 erfolgte Coelestins Heiligsprechung durch Papst Clemens V.
Patron von L'Aquila; der Buchbinder; der Diözese Sulmona

Wortlaut der Demission von Coelestin V.

Bullen von Coelestin gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.

1 In der Kirchengeschichtsforschung wird die Zahl der zurückgetretenen Päpste gelegentlich auf bis zu 10 geschätzt, wirklich belegbar ist aber nur der Amtsverzicht von Coelestin. Gregor XII. trat 1415 als Folge der Auseinandersetzungen um die Gegenpäpste jener Zeit auf dem Konstanzer Konzil auf Druck seiner Gegner zurück.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Das Museum an der Kirche des ehemaligen Klosters Santa Maria di Faifoli nahe Montagano ist ohne weitere Angaben geschlossen.
Die Kirche und das Kloster Santo Spirito a Majella bei Roccamorice sind im Juni und von September bis Anfang November mittwochs bis sonntags von 10 Uhr bis 18 Uhr, im Juli und August täglich von 10 Uhr bis 19 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt in die Kirche ist frei, jener ins Kloster beträgt 5 €. (2023)
Das Castel Nuovo in Neapel ist werktags von 8.30 Uhr bis 19 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 6 €. (2022)
Die Abtei Santo Spirito del Morrone bei Sulmona ist dienstags und freitags von 14.30 Uhr bis 19.30 Uhr, an dern anderen Wochentagen außer montags von 9 Uhr bis 13.30 Uhr zur Besichtigung geöffnet. (2023)
Das Kastell in Fumone, in dem auch Coelestins Zimmer zu sehen ist, ist täglich von 9.30 Uhr bis 13 Uhr und von 15 Uhr bis 19 Uhr - sonntags durchgehend - im Rahmen von Führungen zu besichtigen, die Gebühr beträgt 12 €. (2023)
Die Kathedrale in Sulmona ist täglich von 8.15 Uhr bis 12.30 Uhr und von 16 Uhr bis 19.30 Uhr geöffnet. (2023)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 19.03.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. Tübingen, 1976
• Michael Trauthig: Der Engelpapst dankt ab. Stuttgarter Zeitung, 29. Januar 2000
• http://www.tagesspiegel.de/kultur/L-Aquila;art772,2774284 nicht mehr erreichbar
• Newsletter von Radio Vatikan – 28. April 2009
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 2. Herder, Freiburg im Breisgau 1994
• https://de.wikipedia.org/wiki/Santa_Maria_di_Collemaggio - abgerufen am 19.05.2023
• https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/wochenheiliger/19-mai-der-heilige-papst-coelestin-v;art4876,208284 - abgerufen am 19.05.2023
• Infotafel am Kloster in Ripalimosani

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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