Ökumenisches Heiligenlexikon

Elisabeth von Schönau

1 Gedenktag katholisch: 18. Juni
nicht gebotener Gedenktag im Bistum Limburg: 19. Juni

Name bedeutet: Gott ist Fülle (hebr.)

Äbtissin von Schönau, Mystikerin
* 1129 in Bingen (?) in Rheinland-Pfalz
18. Juni 1165 in Strüth bei Nastätten in Rheinland-Pfalz


Altarbild und Schädelreliquier in der Kirche des ehemaligen Klosters Schönau
Altarbild und Schädelreliquie in der Kirche des ehemaligen Klosters Schönau

Elisabeth, Tochter einer rheinischen Adelsfamilie, wurde ab 1141/42 im Doppelkloster Schönau der Benediktiner in Strüth im Taunus erzogen und trat dort 1147 in den Orden ein, wo sie 1157 Vorsteherin des Frauenkonvents wurde. Sie war schon als Kind kränklich, tiefe Schwermut beschwerte ihr Leben zusätzlich. Gebet und Askese mit Fasten und einer Eisenkette als Gürtel prägten ihren Tagesablauf. Am Pfingstfest 1152 wurden ihr erstmals Visionen zuteil, weitere Gnadenbeweise folgten, so konnte sie eines Tages fließend lateinisch sprechen, ohne die Sprache je erlernt zu haben. Die von ihrem Bruder Egbert - er war Abt im Männerkloster von Schönau - erstellten Niederschriften ihrer mystischen Erlebnisse waren im Mittelalter weit verbreitet, auch wenn diese nie offiziell anerkannt wurden. In dem 1152 bis 1155 entstandene Buch Visiones werden die Erscheinungen der Tagesheiligen an ihren Gedenktagen und zu den Herrenfesten des Kirchenjahres die Geschehnisse aus dem Leben Jesu dargestellt.

Elisabeths Liber viarum Dei, Buch der Wege Gottes, von 1156, das allegorisch die unterschiedlichen Wege der Menschen zum ewigen Heil thematisiert, enthält Kritik und Belehrung für die verschiedenen Stände und einige Briefe; im Liber revelationum de sacro exercitu virginum Coloniensium, Buch der Offenbarungen über das Wirken der heiligen Kölner Jungfrauen schilderte Elisabeth die Visionen, die die Echtheit der in Köln Anfang des 12. Jahrhunderts aufgefundenen Reliquien bestätigten.

Weil ihr Bruder Egbert seine Schwester Elisabeth beeinflusste und besonders das Buch der Gotteswege nach dem Vorbild des Scivias der Hildegard von Bingen redaktionell bearbeitete, bleibt offen, welche Teile ihres Werks ihre authentische Gottesschau und welche seine Bearbeitung sind. Die Entwicklung in Elisabeths Visionen von anfänglichen Teufelserscheinungen über die Begegnung mit Himmelsbewohnern und Heiligen hin zu prophetischen Bildern war wohl angeregt wohl durch Hildegards Scivias. Mit den am Kirchenjahr orientierten Visionen und der Allegorese des Geschauten war Elisabeth typisch für die Frauenmystik des späteren Mittelalters, an deren Beginn sie stand. Nur selten erscheint Christus als Leidender, das Minnethema fehlt. Der ständige Wechsel von Erlebnissen der Freude mit solchen der Angst und die strenge Kasteiung schwächten Elisabeth, die im Alter von 35 Jahren nach langem, visionsreichem Todeskampf starb.

ehemaliges Kloster Schönau
ehemaliges Kloster Schönau

Im Mittelalter war Elisabeth wesentlich bekannter als Hildegard von Bingen. Sie wurde in der Klosterkirche Schönau bestattet. Im 30-jährigen Krieg besetzten 1631 bis 1635 schwedische und hessische Soldaten das Kloster, vertrieben die Mönche, erbrachen Elisabeths Grab und verstreuten ihre Gebeine; nur die Schädeldecke wurde gerettet, sie wird heute in einem Reliquiar inder Kirche aufbewahrt. Nachdem der Frauenkonvent schon 1606 aufgelöst worden war, wurde die Benediktinerabtei der Männer 1803 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst.

Kanonisation: Elisabeth wurde 1584 heiliggesprochen.

Worte der Heiligen

In einem Brief an Hildegard von Bingen berichtet Elisabeth ihr über eine Engelsvision:
Wie Ihr durch andere gehört habt, hat der Herr sein Erbarmen mit mir über jedes Maß hinaus verherrlicht, das ich verdient habe oder je irgendwie verdienen könnte, und zwar so weit verherrlicht, dass er sich herabließ, mir öfters gewisse himmlische Geheimnisse zu offenbaren. Auch bezeichnete er mir häufig durch seinen Engel, was über sein Volk in diesen Tagen kommen werde, wenn sie nicht Buße täten über ihre Ungerechtigkeiten; und er befahl mir, ich sollte dies öffentlich verkündigen. Ich aber strebte, soviel ich vermochte, dies alles zu verheimlichen, um den Anschein von Anmaßung zu vermeiden und nicht als Urheberin von Neuerungen zu erscheinen. Als ich nun an einem Sonntag nach gewohnter Weise in Geistesentrückung war, da trat der Engel des Herrn zu mir und sprach: Warum verbirgst du das Gold im Kot? Ich meine das Wort Gottes, welches durch deinen Mund auf die Erde gesandt ist, nicht um verborgen zu werden, sondern um verkündet zu werden zum Preis und Ruhm unseres Herrn und zum Heile seines Volkes. Nach diesen Worten schwang er eine Geißel über mich und schlug mich damit wie in großem Zorne fünfmal überaus schmerzhaft, so dass ich infolge dieser Schläge drei Tage lang an meinem ganzen Körper krank war. Dann legte er mir seinen Finger auf den Mund und sprach: Du wirst stumm sein bis zur neunten Stunde, wo du offenbaren wirst, was der Herr an dir gewirkt hat. Und so blieb ich stumm bis zur neunten Stunde. Dann bedeutete ich der Oberin, sie möge mir das Büchlein bringen, das ich in meiner Schlafstätte versteckt hatte und das zum Teil das enthielt, was der Herr an mir getan hatte. Als ich es in die Hände des Herrn Abtes legte, der mich zu besuchen gekommen war, ward meine Zunge gelöst und sprach diese Worte: Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib die Ehre! Dann eröffnete ich ihm auch gewisse andere Dinge, die ich dem Pergament nicht hatte anvertrauen wollen, nämlich über das große Strafgericht des Herrn, das in kurzem über die ganze Welt kommen sollte, wie ich vom Engel erfahren hatte. Ich bat den Herrn Abt dringendst, er möge diese Mitteilungen bei sich verborgen halten. Er aber befahl mir, ich sollte dem Gebete obliegen und vom Herrn verlangen, dass er mir zu verstehen gebe, ob er meine Mitteilungen mit Stillschweigen bedeckt wissen wolle oder nicht. Als ich nun eine Zeitlang mich in dieser Angelegenheit mit eifrigem Gebete abgequält hatte, fiel ich in der Adventszeit, am Feste der hl. Barbara, nachts in der ersten Vigil, in Ekstase; der Engel des Herrn trat zu mir heran und sprach: Rufe laut und sprich Wehe! zu allen Völkern, weil die ganze Welt in Finsternis verwandelt ist. Und du wirst sprechen: Gehet hinaus! Jener hat euch gerufen, der euch aus Erde bildete, und er spricht: Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahe! … Durch diese Rede ermutigt, ging also der Herr Abt an den Ort, wie er geplant hatte, und ermahnte das Volk, das seine Ankunft erwartete, zur Buße. Er verkündete, der Zorn Gottes würde über alle kommen, wenn sie nicht durch Früchte der Buße ihn abzuwenden strebten. …
Wenn nun auch aus diesem Anlasse von den Törichten über uns gespottet wurde, so haben doch, wie ich hörte, die Verständigen diese Nachricht ehrerbietig vernommen und es nicht verschmäht, Gott durch Früchte der Buße zu ehren. Es geschah aber am Mittwoch vor dem Ostertag, als ich nach großen körperlichen Leiden in Ekstase kam, da erschien mir der Engel des Herrn, und ich sprach zu ihm. Herr, was wird aus dem Worte, das du zu mir geredet hast? Er antwortete: Sei nicht traurig und beunruhige dich nicht, wenn meine Voraussagung nicht an dem von mir bestimmten Tage eintrifft; denn der Herr ist durch die Genugtuung vieler versöhnt worden.

In einem Brief an ihren Bruder Ekbert schreibt sie ihm nach 1155 über ihre Zweifel, ob sie von ihren inneren Erfahrungen schweigen oder reden soll:
Auch das vermehrt meine Ängste nicht wenig, dass der Herr Abt beschlossen hat, meine Worte sollten schriftlich aufgezeichnet werden. Was bin ich denn, dass das dem Gedächtnis überliefert werden soll, was von mir handelt? Kann nicht auch dies als Anmaßung ausgelegt werden? Aber gewisse weise Männer sagen mir, dass der Herr mir diese Dinge nicht um meinetwegen allein getan hat, sondern dass er damit auch für die Erbauung anderer vorgesorgt hat, indem es sich einigermaßen auf die Stärkung des Glaubens zu beziehen scheine sowie auf die Tröstung derer, die um des Herrn willen betrübten Herzens sind. Und aus diesen vorgenannten Gründen glauben sie, die Werke Gottes dürften nicht mit Schweigen übergangen werden. … Manches Mal, wenn ich mir in meinem Herzen vorgenommen hatte zu verschweigen, was mir vom Herrn erzeigt worden war, da wurde ich von solcher Qual der Eingeweide erfasst, dass ich mich dem Tod ganz nahe glaubte. Aber sobald ich meiner Umgebung eröffnete, was ich geschaut hatte, wurde mir sofort leichter. Ich gestehe jedoch, dass ich nicht einmal dadurch völlig gewiss bin, was ich tun soll. Denn einerseits erkenne ich, dass es gefährlich für mich ist, die Großtaten Gottes zu verschweigen, anderseits aber fürchte ich, dass es noch gefährlicher sein wird, davon zu sprechen.

Quelle: Wolf Brixner: Die Mystiker. Leben und Werk. Weltbild Verlag, Augsburg 1987, S. 180 - 185

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Eine Übertragung der erhaltenen Schriften hat Peter Dinzelbacher erstellt mit dem Titel (Link mit Vergütung) Die Werke der heiligen Elisabeth von Schönau, begleitet von einem Sachkommentar, der die religiöse Welt der jungen Benediktinerin zugänglich macht.

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 24.01.2021

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 3. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
• http://www.bps-trier.de/77-vortrag-elisabeth-von-schoenau-eine-unbekannte-trierer-heilige
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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