Ökumenisches Heiligenlexikon

Gorgonius


Gorgonius war Märtyrer in Rom, wohl in den Verfolgungen unter Kaiser Diokletian. Er wurde in den Katakomben von Marcellinus und Petrus an der Via Labicana beigesetzt und schon vor 354 mit einem Fest verehrt. In der Katakombe ist er auf einem Fresko aus dem 4. Jahrhundert dargestellt.

Kirche San Silvestro in Capite in Rom
Kirche San Silvestro in Capite in Rom

Gorgonius' Gedenktag nannten schon das Depositio Martyrum im 4. Jahrhundert und das Martyrologium des Hieronymus. Ende des 6. Jahrhunderts verlor sich seine Verehrung in Rom. Reliquien kamen um 763 in die dann nach ihm benannte Benediktinerabtei St-Gorgon in Gorze bei Metz, von dort ein Teil im 10. Jahrhundert nach Minden in Westfalen. 1 Im 8. Jahrhundert übertrugen Päpste Reliquien auch in die Kirche San Silvestro in Capite und in den Petersdom. Weitere Reliquien sind in Cluny und es gab solche im ehemaligen Kloster Marmoutier in Tours - wobei diese eher zu Gorgonius von Rom gehören.

Gorgonius ist vielleicht identisch mit Gorgonius von Rom.

Attribute: Ritter in Plattenpanzer mit Schwert und Schild
Patron von Minden in Westfalen
Bauernregeln: Ist's Wetter an Gorgon sonnig, / bleibt's die nächsten Tage wonnig.
Ist`s St. Gorgon schön, / so wird man 40 schöne Tage sehn.
Bringt St. Gorgon Regen, / folgt ein Winter mit wenig Segen.
St. Gorgon / treibt die Lerchen davon.

1 Der französische Benediktinermönch und Kirchengeschichtler Jean Mabillon berichtete 1698, dass Milo, von 969 bis 996 Bischof von Minden, diese Reliquien erhielt bei einem Besuch in Gorze von Abt Immo. Da Immo erwähnt hatte, dass es in Gorze keine Schriften über die Leidensgeschichte von Gorgonius und die von ihm gewirkten Wunder gibt, sandte Milo dem Abt eine Abschrift der Leidensgeschichte von Gorgonius. Das Begleitschreiben Milos dazu ist noch erhalten; es zeigt, dass Milo sich erst auf die Suche nach schriftlichen Zeugnissen über Gorgonius gemacht hatte und dabei in einem Buch einen Bericht über das Martyrium von Gorgonius und Dorotheus - mit damaligem Gedenktag am 9. September - gefunden hat und diesen nach Gorze schickte. Milo hatte also den römischen Märtyrer Gorgonius mit Gorgonius von Nikomedia - dem heutigen Ízmit - verwechselt. Noch heute gibt die Internetseite des Mindener Domschatzes zur Reliquie von Gorgonius die Lebensgeschichte von Gorgonius von Nikomedia wieder.
Da Milos' Brief aber keine Schenkung der Reliquien erwähnt, sondern Gorgonius nur unseren gemeinsamen Vater nennt, geht der Bearbeiter Daniel in Brockhaus' Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (74. Theil, Leipzig 1862) davon aus, dass die Kirche von Minden Gorgonius schon zuvor als ihren Patron verehrte und Reliquien von ihm besaß. Diese Vermutung wird durch einen Bericht von Johannes von Vandières gestützt, wonach die Mönche von Gorze zur Zeit von Bischof Adalbero I. von Metz - der von 929 bis 964 amtierte - das Gerücht vernahmen, dass Gorze gar nicht den ganzen Leib von Gorgonius habe, sondern dass ein Bistum auf der anderen Seite des Rheins die Hälfte habe. Um diesem Gerücht auf den Grund zu gehen, habe man beschlossen, den Reliquienkasten zu öffnen, sei aber durch göttliche Weisung davon abgehalten worden.
Gorgonius' Reliquien in Minden und die vieler anderer Heiliger scheinen beim dortigen Kirchenbrand 1062 vernichtet worden zu sein. Der Mindener Bischof Anno von Landsberg versuchte Ende des 12. Jahrhunderts, den Verlust zu ersetzen, indem er andere Kirchen um Reliquien bat; dabei könnte er von einem Besuch in Gorze auch Reliquienteile von Gorgonius mitgebracht haben, zumindest werden seit seiner Amtszeit wieder Reliquien von Gorgonius in Minden erwähnt.
Schon im 11. Jahrhundert verbreitete sich die Verehrung von Gorgonius in Sachsen und Westfalen immer weiter; Herzog Heinrich der Löwe stiftete in seiner Amtszeit von 1142 bis 1180 für den Arm von Gorgonius ein goldenes, mit Edelsteinen besetztes Reliquiar, das heute in der Domschatzkammer von Minden ausgestellt ist.
Die Verwechslung von Gorgonius mit Gorgonius von Nikomedia fand sich schon bei Ado von Vienne. Er hatte irrtümlich angenommen, die Reliquien von Gorgonius von Nikomedia seien nach Rom übertragen worden und berichtete dies in seinem Martyrologium am 9. September. Zwar hatte der französische Historiker Louis-Sébastien Le Nain de Tillemont schon im 17. Jahrhundert in seinen Memoires pour servier a l’histoire ecclesiastique, Bd. V, Zweifel begründet und das Messbuch von Anselm Schott enthält mindestens seit 1937 den Hinweis, dass zwischen Gorgonius von Nikomedia und dem Gorgonius, dessen Reliquien im Petersdom in Rom liegen, zu unterscheiden sei. Dennoch schrieb noch das Martyrologium Romanum von 1956/1962 diese Reliquien Gorgonius von Nikomedia zu. Erst in der KalenderreformNach Abschluss und im Auftrag des => 2. Vatikanischen Konzils wurde im Jahr 1969 eine Liturgiereform in der römisch-katholischen Kirche durchgeführt; in diesem Rahmen wurden auch Änderungen im Römischen Generalkalender vorgenommen; der erneuerte wurde mit dem 1. Januar 1970 in Kraft gesetzt. von 1970 wurde der 9. September, der bislang als Gedenktag von Gorgonius von Nikomedien gegolten hatte, nun Gorgonius zugewiesen, während der Gedenktag von Gorgonius von Nikomedien auf den 12. März festgelegt wurde, an dem bereits zuvor das Gedenken seines Leidensgefährten Petrus begangen worden war.
Möglicherweise stammen auch die Reliquien des in Tours verehrten Gorgonius von Rom tatsächlich von Gorgonius, so dass die beiden also identisch wären. Letzte Klarheit könnte wohl nur eine medizinisch-naturwissenschaftliche Untersuchung der Reliquien geben, um festzustellen, ob diese von derselben Person stammen oder nicht.

Catholic Encyclopedia

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Die Katakomben von Marcellinus und Petrus sind nach Voranmeldung im Pfarrbüro unter Tel. 06 2 41 94 46 täglich außer sonnntags um 10 Uhr, 11 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr oder 16 Uhr mit Führung zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt beträgt 8 €. (2017)
Der Petersdom - die Basilika Sancti Petri in Vaticano - in Rom ist täglich von 7 Uhr bis 19 Uhr, mittwochs erst ab 13 Uhr geöffnet, der Eintritt ist wie in alle Kirchen Roms frei. Die Vatikanischen Grotten unter der Peterskirche mit dem Petrusgrab sind vom linken vorderen Vierungspfeiler des Petersdoms aus zugänglich und können von 8 Uhr bis 18 Uhr kostenfrei besucht werden. Der Besuch der darunter liegenden Nekropole ist nur nach Anmeldung unter scavi@fsp.va und mit Führung möglich, diese kostet 13 €. Der Besuch des Museums in der Sakristei ist von 8.30 Uhr bis 18.30 Uhr möglich, der Eintritt beträgt 5 €; der Besuch des Daches des Petersdoms, von dem man auch die Kuppel besteigen kann, kostet 6 €, bei der Fahrt mit dem Aufzug 8 €. (2017)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 25.11.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• http://www.bauernregeln.net/september.html nicht mehr erreichbar
• Ekkart Sauser. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XVI, Herzberg 1999
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
• https://www.tertullian.org/fathers/chronography_of_354_12_depositions_martyrs.htm - abgerufen am 08.09.2023
• https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-MDZ-00000BSB10808164?cq=Gorgonius - abgerufen am 08.09.2023
• C. S. nach langem Überlegen und mehrtätigen Recherchen, E-Mail vom 20. August 2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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