Ökumenisches Heiligenlexikon

Joseph Müller

1 Gedenktag katholisch: 11. September

Name bedeutet: Gott hat hinzugefügt (hebr.)

Priester, Märtyrer
* 19. August 1894 in Salmünster in Hessen
11. September 1944 in Brandenburg an der Havel in Brandenburg


Joseph Müller
Joseph Müller

Joseph Müller, Sohn des Kantors und Lehrers Damian Müller und seiner Frau Augusta, diente als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg und wurde schwer verwundet. Er entschloss sich - wie zwei seiner Brüder -, Priester zu werden und empfing 1922 die Weihe. Nachdem er als Seelsorger und Pfarrer in verschiedenen Gemeinden gewirkt hatte, und nach einer schweren Operation wurde er 1943 Pfarrer in der kleinen Gemeinde Groß Düngen bei Hildesheim. Seine menschliche Wärme und sein Engagement für die Jugend machten ihn allseits beliebt; deshalb wurde er von der GeStaPo überwacht. Weil er bei einem Krankenbesuch einen politischen Witz weitererzählte, wurde er von den Nationalsozialisten verhaftet. Er weigerte sich, den Namen des ursprünglichen Witzeerzählers preiszugeben, deshalb wurde er vom Volksgerichtshof in Berlin - im Gebäude des ehemaligen Wilhelms-Gymnasiums, das beim Luftangriff im Februar 1945 zerstört wurde und an dessen Stelle heute das Sony-Cewnter steht - unter Vorsitz von Dr. Freisler zum Tode verurteilt und dann im Zuchthaus in Brandenburg-Görden auf dem Schaffott hingerichtet.

Der politischen Witz, von Müller erzählt bei einem Krankenbesuch beim Vater des NSDAP-Ortsgruppenleiters:

Ein Verwundeter liegt im Sterben und will wissen, wofür er stirbt. Er lässt die Krankenschwester rufen und sagt ihr: Ich sterbe als Soldat und möchte wissen, für wen ich sterbe. Die Schwester antwortet: Sie sterben für Führer und Volk. Der Soldat fragt dann: Kann dann nicht der Führer an mein Sterbebett kommen? Die Schwester antwortet: Nein, das geht nicht, aber ich bringe Ihnen ein Bild des Führers. Der Soldat bittet dann, dass ihm das Bild zur Rechten gelegt wird. Weiter sagt er: Ich gehöre der Luftwaffe an. Da bringt ihm die Schwester das Bild von Reichsmarschall Göring und legt es zur Linken. Daraufhin sagt der Soldat: Jetzt sterbe ich wie Christus.

Am Anfang seiner Gefangenschaft war Joseph Müller tief verzweifelt und zerbrochen. Besuche des Generalvikars und seines Bischofs in der Todeszelle halfen ihm zur Erkenntnis, dass er als Zeuge für den Glauben seinen Tod als bewusstes Opfer darbrachte. Nach den Worten des späteren Hildesheimer Bischofs Heinrich Maria Janssen gehören Müllers Niederschriften im Gefängnis zu den schönsten, die man in Märtyrerberichten findet.

Jedes Jahr wird am 11. September um 13 Uhr in seiner Pfarrkirche in Groß Düngen zu seinem Andenken die Sterbeglocke geläutet.

Worte von Joseph Müller

Der Gedanke ans Kreuz gab Joseph Müller Kraft in der Haft. Er schrieb:

Ewiger, ich weiß, dass in dieser Welt nichts Großes sich verwirklichen lässt ohne die Welt der Leiden. Und wessen Seele Du schön machen willst, den schickst Du in die Welt der Schmerzen, der schmerzenden Selbstüberwindung und der mutigen Entsagung. Man hat mir gesagt, dass diese Welt der Leiden die Enge des eigenen, selbstsüchtigen, kleinen Ich-Raumes sprengt und ausfließen lässt in unendliche Räume. Man sagte mir, das sei der Schmelztiegel zur Läuterung. Weil ich dies wohl nicht recht, o Gott, auf dem geruhsamen Weg der Pflicht, der stillen beschaulichen Kirchenwelt erkannt habe, darum hast Du also mich gezwungen fortzugehen, um aus der Unruhe zur Ruhe der eigenen Seele zu gelangen.
Also geht es um mich! Habe ich Dir nicht einmal als ganz junger Priester in einer Predigt Folgendes gesagt – es fällt mir hier wieder ein: Herr, hier ist meine Hand, umschlinge sie mit der Deinen; hier ist mein Fuß, setze ihn auf den Deinen; hier ist mein Haupt, lehne es an das Deine! Herr, hier ist mein Herz, schließe es in das Deine. Was Du liebest, das will ich minnen [lieben], was Du gibst, das will ich fassen, und sei es auch das Kreuz!


Das Kreuz, das mich als Knabe schon so tief beeindruckt hat, wenn es daheim am Karfreitag hoch oben im Scheine der roten Lampen aufleuchtete. Das Kreuz, das ich auf dem Gipfel der Berge vorfand. Wenn nach ganz mühe- und gefahrvollem Aufstieg endlich das Ziel in die Nähe gerückt war, dann rücktest Du mit Deinem heiligen Zeichen an mich heran und entlocktest mir den Jubelruf: Ave Crux! Das Kreuz, unter dessen Zeichen ich Gottes Kind, Streiter Christi, Priester Christi geworden war. Das Kreuz, das den mir gelassenen Winkel der Welt, meine Wohnung, mit Inhalt erfüllte. Das Kreuz, das als Opferzeichen am Altare mich Priester an den opfernden Hohenpriester heranführte. Das Kreuz, von dem Du gesagt hast: Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle an mich ziehen. Das Kreuz, in dessen Schutz ich arbeitete am Tage und ruhte in der Nacht und am Morgen wieder neuen Mut schöpfte! Das hattest Du mir nun auf meinen vielseitigen Wunsch hin gebracht.

Zum Kreuz gehört - wie bei Jesus- auch die Erfahrung der Gottverlassenheit:
Ewiger Gott, Du bist doch wirklich in der Seele Deines Kindes, wohnst dort: Vater, Sohn und Geist. Aber selbst mein innigstes Abba-Rufen dringt nicht zu Dir. O komm doch! Ich klage, Ewiger, über Deine Ferne. Vater, ich möchte nach Deiner Hand greifen in meiner Angst, Hilflosigkeit und Liebebedürftigkeit, aber nicht einmal die Hand eines Deiner Menschenkinder schenkst Du mir. Ewiger, vergiss doch Deines Kindes nicht!
Vater, ich bin in blutender Angst; in ganz verzweifelter Not schreie ich aus übervollem Herzen zu Dir. Bist Du denn überhaupt je dagewesen: Ich schaue so fest zu Dir hin, aber ich sehe Dich nicht. Ich laufe zu Dir hin, aber Du gehst zurück. Ich schaue fest hin, aber Du verschwindest. Ich strecke meine Hand aus, Dich zu fassen, aber ich greife ins Leere. Bist Du denn niemals da, wenn man Dich braucht? Vater, nun hast Du mir auch noch den Liebenden am Kreuze ausgelöscht: Er hat Dir selbst seine Verlassenheit zugeschrien. Jetzt ist er bei Dir und bittet für mich. Sieh: Du hängst Dich schon an mich!

Quelle: Oskar Müller: Ein Priesterleben in und für Christus. Leben, Wirken, Leiden und Opfertod des Pfarrers Joseph Müller. Groß-Düngen / Celle 1948, S. 97f 58

Zitate von Joseph Müller:

Die Liebe ist doch das höchste Gesetz! Die Liebe, die bewahrend, belehrend, helfend, mitleidend wirken soll. Es muss auch Liebende unter den Menschen in der Welt geben, auch dann, wenn die Liebenden von den Lebenden verlacht und als Narren verachtet werden. Wo bliebe sonst die Liebe ohne die Liebenden?

Gott will uns nicht zu Puppen, er will uns zu Helden erziehen. Nicht der ist groß, der nie unter den Leiden seufzte, sondern der darin stark bleibt. Werden wir jetzt nicht mutlos wegen der Drangsale. Alles, alles geht vorüber. Am Abend des Lebens bleibt allein die Liebe!

Auch im Staate muss der Mensch M e n s c h bleiben, Seele bleiben, Gewissen bleiben, Liebe bleiben; muss der Einzelne hinauswachsen zur Liebe an [!] seinem Volke. Denn Volk ist mehr als Staat.

Quelle: Oskar Müller: Ein Priesterleben in und für Christus. Leben, Wirken, Leiden und Opfertod des Pfarrers Joseph Müller. Groß-Düngen / Celle 1948, S. 85f, 48

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Die im ehemaligen Kommandantenhaus des Zuchthauses eingerichtete Gedenstätte in Brandenburg-Görden ist donnerstags und freitags von 13 Uhr bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2023)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 08.10.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Ekkart Sauser. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XIV, Herzberg 1998
• http://www.joseph-mueller-schule.de/texte/seite.php?id=59122

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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