Ökumenisches Heiligenlexikon

Karl Leisner

1 Gedenktag katholisch: 12. August
nicht gebotener Gedenktag in den Erzbistümern Freiburg i.Br. und München-Freising sowie im Bistum Münster
nicht gebotener Gedenktag im Erzbistum München und Freising: 12. Juni

Name bedeutet: der Tüchtige (althochdt.)

Priester
* 28. Februar 1915 in Rees am Niederrhein in Nordrhein-Westfalen
12. August 1945 in Planegg bei München in Bayern


Karl Leisner, aufgewachsen in Kleve, machte sein Abitur in Münster und studierte dort ab 1934 Philosophie und Theologie; 1936 setzt er das Studium in Freiburg fort, 1937 wieder in Münster, bis er 1939 zum Diakon geweiht wurde. Zuvor hatte er sich nach schweren inneren Kämpfen für den Beruf als Priester und gegen die Heirat mit einer jungen Frau entschieden, die er in Freiburg kennen und lieben gelernt hatte. Im November 1939 weilte er zu einer Kur im Lungensanatorium Fürstabt-Gerberthaus - der heutigen Feldbergklinik - in St. Blasien im Schwarzwald, wo er vom missglückten Attentat des Georg Elser auf den Diktator Adolf Hitler erfuhr; sein Kommentar Schade! wurde von einem Mitpatienten denunziert, Karl Leisner am nächsten Tag verhaftet.

Haupteingang zum Gefängnis in Mannheim
Haupteingang zum Gefängnis in Mannheim

Karl Leisner kam ins Gefängnis nach Freiburg, dann ins Gefängnis nach Mannheim, wo seine Tuberkulose-Krankheit wieder aufbrach, schließlich ins Konzentrationslager Sachsenhausen - im heutigen Stadtteil von Oranienburg - und im Dezember 1940 ins KZ nach Dachau. Dort wurde er im Dezember 1944 vom Mithäftling Bischof Gabriel Piquet von Clermont-Ferrand zum Priester geweiht; die heiligen Öle hatte zuvor die 20-jährige Schwesternschülerin Josefa Mack aus Freising bei Kardinal Michael Faulhaber besorgt und ins Lager schmuggeln lassen, Bischofsgewand, Bischofsstab, Ring und Mitra waren heimlich von KZ-Häftlingen unter Lebensgefahr hergestellt worden.

Kapelle, eingerichtet im Block 26, Messe nach der Befreiung, Foto in der Ausstellung im Konzentrationslager Dachau
Kapelle, eingerichtet im Block 26, Messe nach der Befreiung, Foto in der Ausstellung im Konzentrationslager Dachau

Die Priesterweihe von Karl Leisner war die einzige, die in einem Konzentrationslager stattgefunden hat. Seine erste - und einzige - Messe als Priester zelebrierte Leisner am Tag des Erzmärtyrers Stephanus, am 26. Dezember 1944, in der Kapelle des Priesterblocks. Leisner beherrschte mehrere Fremdsprachen, im KZ lernte er noch Russisch, um Kontakt zu den Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion aufbauen zu können.

Die letzten Monate verbrachte Leisner im Krankenlager. Die Befreiung durch die Amerikaner im April 1945 überlebte er ob seiner Krankheit nur um wenige Wochen im Waldsanatorium der Barmherzigen Schwestern in Planegg bei München. Die letzten Worte seines Tagebuches waren: Segne auch, Höchster, meine Feinde.

Waldsanatorium</a> in Planegg
Waldsanatorium in Planegg

Leisner wurde in Kleve bestattet. 1966 wurden seine Gebeine erhoben und in die Märtyrerkrypta im Dom in Xanten übertragen. Im Waldsanatorium in Planegg wurde 1998 eine Gedenkstätte für den seligen Karl Leisner eingerichtet: das Zimmer 76, in dem er starb, wird im ursprünglichen Zustand erhalten.

Kanonisation: Karl Leisner wurde am 23. Juni 1996 im Olympiastadion in Berlin von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen; der Heiligsprechungsprozesses wurde 2007 eröffnet. Das Verfahren ist 2016 ins Stocken geraten, weil eine ihm zugeschriebene Heilung von einer Krebserkrankung sich leider nicht als anhaltend erwiesen hat.

Worte des Seligen

Leisner führte auch im Gefängnis und im KZ - verbotenerweise Tagebuch. Einige Aufzeichnungen sind erhalten. Sie geben einen Einblick in seine innere Situation:

Dienstag, 14. November 1939
Sogenannte Vorführung. … Ich bin vollkommen ruhig, ja froh; denn ich bin mir meines reinen Gewissens und sauberer Gesinnung bewusst. Und wenn ich vor Gottes klarem Richterblick bestehen kann, was können Menschen mir dann schon antun! Gott, ich danke Dir für alle Wohltaten, die Du so reichlich über mich ausgegossen. Ja, ich danke Dir für die Tage der schweren Krankheit und jetzt wiederum für die Tage der Unfreiheit und Gefangenschaft. Alles hat seinen Sinn, Du meinst es überaus gut mit mir. Aus ganzem Herzen bitte ich Dich für alle, die mir nicht gut gesinnt, und bitte Dich um Verzeihung für sie. Vor allem aber verzeihe mir armem Sünder alles, was ich je Dir oder einem Menschenbruder zuleide tat. Reinige mich von aller Schwachheit und Sünde!

Samstag, 18. November 1939
Die Samstagabendglocken läuten mir die Heimat ins Gemüt. O, liebe liebe Heimat, wann sehen wir uns wieder! Ob ich am Stefanstag als Priester das heilige Opfer bei Dir, für Dich feiern kann? Gott allein weiß es. Sein heiliger guter Wille geschehe! Gestern Abend begann ich eine Novene zur Mta [Mater ter admirabilis: Dreimal wunderbare Mutter] um liebevolles Sich-Lösen von den Dingen als Opfer für unsere Jugend, unser Deutschland und das Reich Gottes. Adveniat! [Er kommt!]

Sonntag, 19. November 1939
Wie schnell sind die 10 Tage bisher verflogen! Privatunterricht beim Lieben Gott möchte ich diese Tage nennen. Höchste Schule!

Sonntag, 29. April 1945 [im KZ Dachau]
Morgens in der Bettruhe. Einschläge schwerer Artillerie in der Nähe. Maschinengewehr- und Gewehrfeuer. Die Nacht zuvor schon gute Schießerei. Große Hoffnung! Der Tag für Freiheit und für Brot bricht an - singe ich spaßhaft und doch ernst. Es wird so. Die weiße Fahne auf Kommandantur etc. - Was wird geschehn? Um 17.30 Uhr die ersten amerikanischen Soldaten. (Vorher Gerücht, das Lager sei übergeben). Riesiger Jubel im Lager, Freudenausbrüche bis an die Grenze des Möglichen. Die amerikanischen Soldaten werden zerdrückt. Polen stürmen Jourhaus [das Einganshaus des KZ], zertrampeln das Hitlerbild, zerschmettern die SS-Gewehre. Eine Stimmung, unbeschreiblich. In zehn Minuten flattern die Fahnen der befreiten Nationen. Herrlich! Ich liege schwer krank da. Höre das alles nur von weitem und vom Erzählen. Ziehe mir die Decke übers Gesicht und weine zehn Minuten vor überwältigender Freude. Endlich frei von der verdammten Nazityrannei! Bis auf zehn Tage waren's fünfeinhalb Jahre hinter Gittern [9. November 1939 bis 29. April 1945]. Ich bin überglücklich. Heil unseren Befreiern! Die Aufregung auf der Tbc-Station ist groß. Jeder Halbgesunde rennt ins Lager und erzählt hinterher. Die Turmbesatzungen hatten weiße Fahne gehisst. Trotzdem zieht noch einer seine Browning. Alle werden prompt umgelegt. Das ist Recht!

Samstag, 5. Mai 1945 (Maria, Patrona Bavariae)
Mit Dankes- und Freudentränen war ich eingeduselt. O wie wohl ist mir. Wie ist Gott so unendlich gut. Wenn die Not am größten, hilft Er. Nur die Ganzhingabe wollte Er vorher. …
Die Dachauer düsteren Bilder fallen langsam von der Seele. Ich bin freier Mensch, Alleluja! Wiedergeboren! Wieder zur Menschenwürde gelangt. … Ich schaue, döse, träume, danke, streife Dachau ab. - Wie wonnig. Hier kann sich Leib und Seele erholen. Ich kann wieder recht beten. - Aus der Stille spricht Gott - obwohl ich so schlapp bin.

Quelle: Hans-Karl Seeger (Hrsg.): Karl Leisners letztes Tagebuch - Zeugnis eines vollendeten Lebens. Butzon & Bercker, Kevelaer 2007

Zitate von Karl Leisner:

Christus, meine Leidenschaft, dir gehöre ich ganz und ungeteilt.
Zur Freiheit hat Christus euch befreit; werdet nicht Knechte des Menschen!
Die Tage äußerer Unfreiheit sind herrliche Tage des inneren Freiwerdens für Gott, der allein der Hort und die die Burg der Freiheit ist.
Diene - und du wirst Meister! Liebe - und du wirst groß! Hoffe - und du siegst! Glaube - und du bist in Gott!
Das Hohelied der Liebe [1. Korintherbrief 13] ist doch das Schönste. Die Liebe allein ist fruchtbringend für Zeit und Ewigkeit. Sie allein baut auf. Sie ist die wahrhaftige göttliche Macht. Ihr will ich mich in priesterlicher Gesinnung anheimgeben, ganz!
Kein Weg ist leicht; aber mit Gott sind alle Wege schön.
Vertraue, bete und sei mutig! Fürchte Gott und sonst niemand!

Quelle: Hans-Karl Seeger (Hrsg.): Karl Leisners letztes Tagebuch - Zeugnis eines vollendeten Lebens. Butzon & Bercker, Kevelaer 2007

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Martyrologium Romanum Flori-Legium

Der Internationale Karl-Leisner-Kreis e.V. stellt auf seiner Homepage Leben und Werk dar, enthält eine Bibliographie und einen Bericht über die Haft.

Die Gedenkstätte Konzentrationslager Sachsenhausen im heutigen Stadtteil von Oranienburg ist täglich von 8.30 Uhr bis 18 Uhr - im Winter nur bis 16.30 Uhr - zur Besichtigung geöffnet; montags sind dort die Museen aber geschlossen; der Eintritt ist frei. (2023)
Die 1965 eröffnete Gedenkstätte Konzentrationslager Dachau ist täglich von 9 Uhr bis 17 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt ist frei. (2020)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 30.09.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• http://hpd-online.de/node/1906 nicht mehr erreichbar
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 5. Herder, Freiburg im Breisgau 1996
• http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/gedenken-kz-dachau-priester-karl-leisner-100.html nicht mehr erreichbar
• Newsletter von Radio Vatikan - 9. Januar 2015
• Ekkart Sauser. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz † (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XIV, Herzberg 1998
• Infoblatt des Internationalen Karl-Leisner-Kreises, Kleve 2018

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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