Ökumenisches Heiligenlexikon

Peter Lucian Claverie
und die Märtyrer in Algerien

französischer Name: Pierre-Lucien

1 Gedenktag katholisch: 1. August

Name bedeutet: P: der Fels (latein.)
L: der Leuchtende (latein.)

Ordensmann, Bischof von Oran, Märtyrer
* 8. Mai 1938 in Bab El Oued in Algerien
1. August 1996 in Oran in Algerien


Peter Lucian Claverie war Sohn einer französischen Familie, die seit vier Generationen in der französischen Kolonie Algerien lebte. Als Schüler hatte er keinen Kontakt zu muslimischen oder arabischsprechenden Algeriern, was er später als koloniale Seifenblase bezeichnete. Er studierte zunächst an der Universität in Grenoble Mathematik, Physik und Chemie. Dies befriedigte ihn nicht, zunehmend entwickelte sich seine religiöse Berufung und das Bedürfnis, denen am unteren Rand zu geben; 1958 trat er deshalb in Lille dem Dominikanerorden bei und wurde 1965 zum Priester geweiht. Nach Abschluss des Algerienkriegs kehrte er 1967 auf eigenen Wunsch in sein Geburtsland zurück, das seine Eltern beim Ausbruch des Krieges verlassen hatten. Er lernte Arabisch und studierte den Islam. 1973 übernahm er die Leitung des Diözesanzentrums in Algier, wo Priester und Ordensleute sich auf ihren Einsatz in Algerien vorbereiteten mit einer Sprachschule für Arabisch, einer der am besten sortierten Bibliotheken des Maghreb, einem Institut für Islamologie und einer monatlichen Presseschau. 1981 wurde er zum Bischof von Oran ernannt; bei seiner Weihe in der Kathedrale in Algier gab es begeisterten Applaus vieler muslimischer Gäste, weil Claverie schon damals als Pionier des christlich-islamischen Dialogs geschätzt wurde. In der Diözese Oran gab es bei 5 Millionen Menschen nur 1500 Katholiken und zehn Pfarreien mit neun Diözesanpriestern, 13 Ordenspriestern und 45 Nonnen.

Peter Lucian Claverie:

Das Gleichnis vom Weizenkorn, das stirbt, ist die zentrale Achse meines gesamten christlichen Lebens.

Europa wird sein Gesicht verändern: Wir müssen daher zusammenleben und wenn möglich einen Raum beibehalten, der nicht von einer Religion, einer Kultur, einer Art Ideologie monopolisiert wird.

Nachdem 1991 mit einem Militärputsch das Ergebnis der Parlamentswahlen annuliert und die Wahlsieger der Islamischen Heilsfront verboten wurden, folgte ein Guerillakrieg verschiedener islamistischer Gruppen gegen den algerischen Staat. Auch die katholische Kirche in Algerien wurde verschiedentlich bedroht, aber Claverie weigerte sich, Ratschlägen aus Europa zum Verlassen des Landes nachzukommen: Die Kirche erfüllt ihre Berufung und ihre Mission, wenn sie in den Spaltungen anwesend ist, die die Menschheit in ihrem Fleisch und in ihrer Einheit kreuzigen. Wir sind hier wie am Bett eines Freundes, eines kranken Bruders, schweigend, schütteln ihm die Hand und trocknen seine Tränen. Wir sind hier wegen Jesus, weil er hier leidet in dieser Gewalt, die niemanden verschont, wieder gekreuzigt im Fleisch tausender unschuldiger Menschen.

Claverie äußerte sowohl an der Islamischen Heilsfront als auch an der Regierung Kritik und sagte: Dialog ist die einzige Möglichkeit, den Fanatismus in uns und in dem anderen zu entwaffnen … weil wir durch Dialog aufgerufen sind, unseren Glauben an die Liebe Gottes auszudrücken, der das letzte Wort über alle Kräfte der Teilung und des Todes haben wird. Die fanatischen Islamisten töteten dann - oft ältere - Priester und Nonnen; Claverie erklärte: Dass sie mich als Ziel nehmen, das würde ich verstehen … Als Bischof bin ich vielleicht eine abscheuliche oder gefährliche Einrichtung in den Augen einiger Menschen … Aber diese älteren Missionare anzugreifen, das verstehe ich nicht. Auch viele Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle, viele Frauen, Männer, die sich nicht den Islamisten anschlossen, viele Polizisten sowie 99 Imame, die sich geweigert haben, die Gewalttaten zu rechtfertigen, wurden getötet.

In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1996 wurden sieben französische Trappistenmönche aus dem 1938 gegründeten Kloster Notre-Dame de l'Atlas in Tibhirine entführt. Die Mönche lebten dort unter der lokalen muslimischen Bevölkerung, suchten den Dialog und stellten den Einheimischen Arbeitsplätze, medizinische Versorgung und Bildungsmittel zur Verfügung. Zu der Tat bekannte sich eine terroristische Splittergruppe, die die Freilassung eines ihrer Anführer verlangte. Am 30. Mai wurden die abgetrennten Köpfe der Mönche gefunden; ihre Körper blieben bis heute verschwunden; bis heute ist auch unklar, ob sie von ihren Entführern oder aber vom algerischen Militär oder Geheimdienst getötet wurden.

Die sieben französischen Trappisten waren:
Christian de Chergé, geboren am 18. Januar 1937 in Colmar im Elsass als Sohn eines Berufssoldaten, zunächst auch Soldat, ab 1956 bei den Karmelitern in Paris ausgebildet und 1964 in der Kirche Saint-Sulpice zum Priester geweiht, 1969 dem Trappistenorden beigetreten, 1971 ins Kloster nach Tibhirine gekommen und dort 1984 Prior geworden;
Luc Dochier, geboren am 31. Januar 1914 in Bourg-de-Péage bei Valence, 1941 dem Trappistenorden beigetreten, Arzt, 1941 ins Kloster nach Tibhirine gekommen - also 50 Jahre dort lebend -, der die Kranken umsonst behandelte;
Christophe Lebreton, geboren am 11. Oktober 1950 in Blois, 1974 dem Trappistenorden beigetreten, Priester, 1987 ins Kloster nach Tibhirine gekommen;
Michel Fleury, geboren am 21. Mai 1944 in St-Anne-sur-Brivet bei Nantes, 1971 bis 1976 Bruder im Institut von Prado, einer Einrichtung für Seelsorge an Arbeitern, Gewerkschafter in der CGT, 1981 dem Trappistenorden beigetreten, 1985 ins Kloster nach Tibhirine gekommen und dort als Koch und Gärtner tätig;
Bruno Lemarchand, Taufname Christian Charles Joseph, geboren am 1. März 1930 in St-Maixent-l'École bei Poitiers, 1981 dem Trappistenorden beigetreten, Priester, 1989 ins Kloster nach Tibhirine gekommen, 1990 bis 1996 am Aufbau eines Tochterklosters in Fès beteiligt, das 2000 nach Midelt verlegt wurde;
Célestin Ringeard, geboren am 27. März 1933 in Touvois bei Nantes, 1983 dem Trappistenorden beigetreten, Priester, 1987 ins Kloster nach Tibhirine gekommen;

Paul Favre-Miville, geboren am 17. April 1939 in Vinzier bei Évian-les-Bains, 1984 dem Trappistenorden beigetreten, 1989 ins Kloster nach Tibhirine gekommen, verantwortlich für die Bewässerung des Klostergartens.

Nach einem Gedenkgottesdienst für die sieben Ermordeten wurde auch Peter Lucian Claverie zusammen mit seinem 21-jährigen Chauffeur, dem algerischen Muslim Mohamed Bouchikhi, bei einem Attentat getötet durch eine Bombe, die den Eingang seiner Bischofskirche in dem Moment zerstörte, als er sie kurz vor Mitternacht betreten wollte.

Im Bürgerkrieg in Algerien wurden zwischen 1994 und 1996 auch weitere elf Ordensleute in Algerien ermordet:

• Am 8. Mai 1994 in Algier:
Henri Vergès, geboren am 15. Juli 1930 in Matemale bei Perpignan in Frankreich, Ordensmann der Maristen-Schulbrüder, getötet in Algier, und
Paul-Hélène Saint-Raymond, geboren am 24. Januar 1927 in Paris, Ordensfrau der Petites Sœurs de l'Assomption, der kleinen Schwestern von der Himmelfahrt (Mariä).

• Am 23. Oktober 1994 in Bab El Oued:
Esther Paniagua Alonso, geboren am 7. Juni 1949 in Izagre bei León in Spanien, Ordensfrau der Sœurs Augustines Missionnaires, der augustinischenen Missionsschwestern, und
Caridad Álvarez Martín, geboren am 9. Mai 1933 in Santa Cruz de la Salceda bei Burgos in Spanien, Ordensfrau in derselben Gemeinschaft.

• Am 27. Dezember 1994 in Tizi Ouzou:
Jean Chevillard, geboren am 27. August 1925 in Angers in Frankreich, Ordensmann der 1868 von Charles-Martial-Allemand Lavigerie gegründeten Gesellschaft der Missionare von Afrika, genannte Weiße Väter, Priester,
Alain Dieulangard, geboren am 21. Mai 1919 in St-Brieuc in Frankreich, Ordensmann der Weißen Väter, Priester,
Charles Deckers, geboren am 26. Dezember 1924 in Antwerpen in Belgien, Ordensmann der Weißen Väter, Priester, und
Christian Chessel, geboren am 27. Oktober 1958 in Digne - dem heutigen Digne-les-Bains - in Frankreich, Ordensmann der Weißen Väter, Priester.

• Am 3. September 1995 im Stadtteil Belouizdad / Hamma Annassers in Algier:
Angèle-Marie Littlejohn, geboren am 22. November 1933 in Tunis in Tunesien, Ordensfrau der 1876 gegründeten Sœurs missionnaires de Notre-Dame des Apôtres, der Schwestern Unserer Lieben Frau von den Aposteln, und
Bibiane Leclercq, geboren am 8. Januar 1930 in Gazeran bei Rambouillet in Frankreich, Ordensfrau der Schwestern Unserer Lieben Frau von den Aposteln.

• Am 10 November 1995 in Algier:
Odette Prévost, geboren am 17 Juli 1932 in Oger bei Épernay in Frankreich, Ordensfrau der 1933 gegründeten und von der Spiritualität von Charles de Foucauld inspirierten Petites Sœurs du Sacré-Cœur, der kleinen Schwestern des Heiligsten Herzens.

Wegen Beteiligung am Attentat auf Peter Lucian Claverie wurden 1998 sieben Personen zum Tode verurteilt.

Kanonisation: Peter Lucian Claverie und diese weiteren 18 Märtyrer im Bürgerkrieg in Algerien zwischen 1994 und 1996 wurden am 8. Dezember 2018 in der Basilika Notre-Dame de Santa Cruz in Oran im Auftrag von Papst Franziskus durch den Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Kardinal Giovanni Angelo Becciu, in Anwesenheit von Mohamed Aïssa, dem algerischen Minister für religiöse Angelegenheiten und Fromme Stiftungen, und 1200 Teilnehmern seliggesprochen.





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 02.02.2024

Quellen:
• https://en.wikipedia.org/wiki/Pierre_Claverie - abgerufen am 16.07.2023
• https://www.santiebeati.it/dettaglio/95847 - abgerufen am 16.07.2023
• https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2018-12/algerien-seligsprechung-tibhirine-terrorismus-islamismus-becciu.html - abgerufen am 16.07.2023
• https://de.catholicnewsagency.com/story/algerische-martyrer-werden-im-dezember-seliggesprochen-3638 - abgerufen am 16.07.2023
• https://fr.wikipedia.org/wiki/Martyrs_d%27Alg%C3%A9rie - abgerufen am 16.07.2023
• https://carrefours.alsace/11737/frere-christian-de-cherge-colmarien-moine-de-tibhirine-et-martyr-en-algerie/?doing_wp_cron=1544342175.2601060867309570312500 nicht mehr erreichbar
• https://www.moines-tibhirine.org/de/les-7-freres/biographies/174-frere-michel.html - abgerufen am 16.07.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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