Ökumenisches Heiligenlexikon

Wenzeslaus von Böhmen

Kurzform: Wenzel
tschechischer Name: Václav

1 Gedenktag katholisch: 28. September
nicht gebotener Gedenktag
gebotener Gedenktag in Polen
Gedenktag III. Klasse      Im alten Messbuch entspricht die III. Klasse einem gebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Die Feste III. Klasse sind außerhalb der geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit, Osteroktav) immer zu feiern, wenn sie nicht von einem Fest I. oder II. Klasse verdrängt werden. Innerhalb der geprägten Zeiten können sie in der Regel nur kommemoriert, aber nicht gefeiert werden.

nicht gebotener Gedenktag im Erzbistum Mailand und im Ambrosianischen      Die Ambrosianische Liturgie entstand im 8. Jahrhundert unter orientalischem Einfluss, sie wird auf Ambrosius von Mailand zurückgeführt, von dem wohl die meisten Texte auch stammen. Sie wird v. a. in der Kirchenprovinz Mailand und im Bistum Lugano benutzt. Karl Borromäus förderte diese Sonderform, im Mittelalter wurde aus ihr auch die Gleichwertigkeit des Mailänder Erzbistums gegenüber Rom abgeleitet. Teil des Bistums Lugano: 27. September
Übertragung von Reliquien in die Jesuitenkirche São Roque nach Lissabon: 25. Januar
Übertragung der Gebeine: 4. März
in Prag: Sammlung seiner Gebeine: 27. Juni

1 Gedenktag orthodox: 28. September
Übertragung der Gebeine: 4. März

Name bedeutet: der bekränzte Berühmte (slawisch)

Fürst von Prag und Böhmen, Märtyrer
* um 907 in Altbunzlau an der Elbe, heute Stará Boleslav in Tschechien
28. September 935 oder 929 daselbst


Wenzel, Sohn des christlichen Herzogs Wratislaw I. von Böhmen aus der Přemysliden-Dynastie, wurde von seiner frommen Großmutter Ludmilla am Fürstenhof in Tetín christlich erzogen. Um 915 soll er durch einen Bischof - möglicherweise Nother II. von Verona - die Tonsur erhalten haben. 921 wurde er nach dem Tod seines Vaters Herzog von Böhmen, aber seine Mutter Drahomíra wurde Regentin für den noch Minderjährigen. Sie unterstützte die kirchenslawische Tradition und ließ auch heidnische Praktiken gewähren - wohl fürchtend, dass mit dem lateinischen Christentum das Deutsche Reich die böhmische Unabhängigkeit gefährden könnte. Darüber geriet sie in Streit mit der Schwiegermutter Ludmilla, die durch sie den Märtyrertod erlitt.

923/924 übernahm der inzwischen mündig gewordene Wenzel die Macht, nachdem er 922 das Land erfolgreich gegen einen Angriff des Herzogs Arnulf von Bayern verteidigt hatte. Drahomíra wurde auf der Burg Budec bei Zákolany interniert, Wenzel betrieb nun energisch die Christianisierung seines Landes, holte Priester und Reliquien ins Land und ließ auch Ludmilas Gebeine nach Prag überführen. In den Burgen ließ er Kirchen errichten. Er wurde gerühmt ob seines Gerechtigkeitssinnes und seiner Frömmigkeit; die Todesstrafe wurde abgeschafft. Zwar ist nichts von einer Ehefrau überliefert, die Legende von Wenzels Keuschheit ist aber nicht haltbar: er hatte einen Sohn.

Nach dem Einfall von König Heinrich I. dem Vogler im Jahr 929 erkannte Wenzel die Oberherrschaft des sächsischen Königs an und verpflichtete sich zur regelmäßigen Tributzahlung; Damit hatte sich auch das lateinische Christentum durchgesetzt; Symbol dafür war die Gründung der ersten Veitskirche in Prag. Dies stärkte die Opposition mit Wenzels Bruder Boleslav I. an der Spitze, die sich zum offenen Widerstand ausweitete. Wenzel wollte eigentlich demissionieren und seinem Bruder Boleslaw I. die Macht überlassen, um ins Kloster zu gehen; schon 915 hatte er sich ja die Haare scheren lassen. Aber noch bevor er sein Vorhaben kund tat wurde er auf der Burg seines Bruders in Altbunzlau - dem heutigen Stará Boleslav -, wohin man ihn zur Taufe von Boleslavs Sohn eingeladen hatte, während des Gottesdienstes vom eigenen Bruder erschlagen und von anderen in Stücke gehauen. Seine Anhänger wurden verfolgt und erschlagen, die ihm ergebenen Priester des Landes verwiesen.

Schon bald nach Wenzels Tod begann die Verehrung als Märtyrer und Nationalheiliger Böhmens. Berichte über Wunder an seinem Grab und wohl auch das Bestreben, die dem Christentum feindliche gesonnene Partei zurückzudrängen, veranlassten Boleslaw I. 938 zur Überführung der Reliquien in die von Wenzel erbaute Veitskirche in Prag; heute ruhen sie in der Wenzels-Kapelle des Veits-Doms. Reliquien sind auch in Bamberg, Trier, Erfurt und in der Klosterkirche in Tegernsee.

Die reiche Legendenüberlieferung beginnt schon kurz nach seinem Tod. Eine zuverlässige altkirchenslawische Legende ist - allerdings nur in drei späteren Fassungen aus Kroatien und Russland - überliefert, spätere lateinische Biografien wurden vom Ende des 10. bis zum 14. Jahrhundert verfasst, so 980 im Auftrag von Kaiser Otto II. durch Bischof Gumpold von Mantua. Nach Boleslaws Tod 970 wurde die Einrichtung eines Bistums in Prag angestrebt, die Verbreitung von Legenden und Verehrung Wenzels sollte dieses Ziel befördern. Im 11. Jahrhundert wandelten sich seine Darstellungen vom fürbittenden und segnenden Heiligen zum ritterlichen Fürsten.

Wenzel spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der böhmischen Staatsidentität. Er wurde zum Patron des Landes und darüber hinaus zum ewigen Herrscher, der seine Macht den jeweiligen Herrschern überträgt, sowie zum Schlachtenhelfer der böhmischen Truppen. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich die Verehrung Wenzels zum Staatskult, er wurde zum Garanten der Existenz Böhmens. Kaiser Karl IV. wollte Wenzels Verehrung dann für sein gesamtes Reich nützen, er verfasste selbst die Hystoria nova de sancto Wenceslao; im Dom in Aachen wurde 1368 ein Wenzels-Altar errichtet, im Prager Dom die ihm geweihte Kapelle.

Eine wichtige Rolle spielte Wenzel auch in der Zeit der Hussiten, als er sowohl von diesen als auch von den Katholiken als Beschützer und Patron bezeichnet wurde. Auf den Hussitenschilden war Wenzel unter dem Abendmahlskelch abgebildet, mit einem neu verfassten Wenzelslied zogen die Hussiten in die Schlachten. Das neuzeitliche tschechische Nationalbewusstsein berief sich auf Wenzel, 1848 wurde der zentrale Platz in Prag nach ihm benannt, 1912/13 das Denkmal errichtet. Der Platz wurde dann auch Ort der großen Demonstrationen im Prager Frühling 1968 und bei der Wende von 1989. Seit dem Jahr 2000 ist der Namenstag des Heiligen in Tschechien wieder offizieller Staatsfeiertag; in ganz Europa gibt es keinen anderen Heiligenkult, der so stark auch in der nichtkatholischen und atheistischen Bevölkerung verankert ist. Schon während der Zeit der Ersten Republik galt Wenzel als ein Staatssymbol, heute ist der Kult um den Landespatron aber sehr viel stärker ausgeprägt.

Reiterstandbild von 1912/13 vor dem Nationalmuseum auf dem Wenzelsplatz in Prag
Reiterstandbild von 1912/13 vor dem Nationalmuseum auf dem Wenzelsplatz in Prag

Zur Interpretation des Wirkens von Wenzel gibt es in Tschechien zwei völlig entgegengesetzte Positionen: Die eine sieht Wenzel als den vorbildlichen Christen und weisen Staatsmann, die andere jedoch als Schwächling und Symbol der tschechischen Untertanenmentalität, da Wenzel König Heinrich huldigte und ihm jährlich Tribut zahlen ließ. Wenzel als Symbol der Schwäche hat seine Wurzeln wohl in der Nazi-Zeit; während der Zeit des Protektorats spendeten die Nazis den Heiligen-Wenzels-Adler als Verdienstorden für tschechische Kollaborateure. Die Sichtweise auf Wenzel als weiser Staatsmann ist die seit dem 10. Jahrhundert verbreitete. Die kritische Geschichtswissenschaft tut sich schwer, weil seine Gestalt vor allem von der Legende gezeichnet ist.

Denkmal auf dem Marktbrunnen in Naumburg
Denkmal auf dem Marktbrunnen in Naumburg

Kanonisation: Wenzel wurde 1729 als der erste Tscheche heiliggesprochen.
Attribute: Schild, Schwert, Lanze
Patron von Böhmen, von Naumburg
Bauernregeln: Kommt Wenzeslaus mit Regen an, / werden wir Nüsse bis Weihnachten han.
Wie viele Fröste vor Wenzeslaus fallen, / so viel werden nach Jakobi folgen.

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

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Der Dom in Erfurt ist täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. (2023)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 29.10.2023

Quellen:
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• http://home.zcu.cz/~kkoudelk nicht mehr erreichbar
• http://www.bauernregeln.net/september.html nicht mehr erreichbar
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 10. Herder, Freiburg im Breisgau 2001
• https://www.radio.cz/de/rubrik/spezial/die-atheisten-und-ihr-heiliger-der-tschechische-wenzelskult - abgerufen am 18.07.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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