Ökumenisches Heiligenlexikon

Prädestination


Prädestination - lateinisch: Vorherbestimmung bezeichnet die Auffassung, dass das Schicksal eines Menschen von Gott vorherbestimmt ist. Die Prädestination verneint nicht die Möglichkeit eines freien menschlichen Willens: in der Regel geht die Lehre von der Prädestination davon aus, dass zwar das endgültige Schicksal eines Individuums vorherbestimmt ist, nicht jedoch seine einzelnen Handlungen, die seinem freien Willen unterworfen sind.

Man unterscheidet die einfache und die doppelte Prädestinationslehre:

Herrad von Landsberg: Hortus Deliciarum (Garten der Lust, d. i. die Hölle), 12. Jahrhundert, in der Staatsbibliothek in Hamburg
Herrad von Landsberg: Hortus Deliciarum (Garten der Lust, d. i. die Hölle), 12. Jahrhundert, in der Staatsbibliothek in Hamburg
  • Einfache Prädestination ist die weniger absolute Form der Vorherbestimmung. Sie gründet sich auf der Erfahrung der Gegenwart Gottes und seiner Liebe und dem Glauben, dass Gott den Menschen das Geschenk seiner Gnade gewährt. Dieses Geschenk Gottes geschieht aus freien Stücken, unabhängig von einem bestimmten Verhalten des Menschen, es hängt allein von Gottes ewigem Willen ab, der bereits vor der Entstehung der Welt vorhanden gewesen ist.
    Diese Auffassung findet sich im Neuen Testament im Römerbrief 8, 29 - 30: Denn alle, die er im voraus ersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, gleichgestaltet zu sein dem Bilde seines Sohnes teilzuhaben … Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; und die er berufen hat, die hat er auch gerechtgesprochen; die er aber gerechtgesprochen hat, denen hat er auch die himmlische Herrlichkeit geschenkt.
    Diese Verse beschreiben eine einfache Prädestination, da sie nur davon sprechen, dass die Geretteten zum ewigen Leben bestimmt sind, und nicht davon, was mit den anderen Menschen geschieht. Ähnlich finden wir es in anderen Briefen von Paulus.
  • Die doppelte Prädestination ist eine Weiterentwicklung dieser Auffassung. Wenn manche Menschen durch Gottes Gnade zum ewigen Leben bestimmt sind, müssen andere durch dieselbe Wahl auf Ewigkeit von Gott getrennt sein. Der erste Theologe, der diese Auffassung vertrat, war Augustinus im 5. Jahrhundert. Der bekannteste Vertreter der doppelten Prädestination war der Reformator Johannes Calvin, der sagte: Unter Vorsehung verstehen wir Gottes ewige Anordnung, vermöge deren er bei sich beschloss, was nach seinem Willen aus jedem einzelnen Menschen werden sollte! Denn die Menschen werden nicht alle mit der gleichen Bestimmung erschaffen, sondern den einen wird das ewige Leben, den anderen die ewige Verdammnis vorher zugeordnet. (Institutio Christianae Religionis 3. 21. 5).
    Viele katholische Theologen widersprachen Augustinus' Auffassung von einer doppelten Prädestination. Ihrer Ansicht nach gibt es keine Vorherbestimmung zum Bösen: wer zur Verdammnis verurteilt wird, trägt dafür selbst die volle Verantwortung. Dieselbe Ansicht wurde von der Anglikanischen Kirche geteilt.

Liberale protestantische Theologen neigten dazu, sowohl die einfache wie die doppelte Prädestination abzulehnen. Eine Neuformulierung der Prädestination wurde im 20. Jahrhundert von Karl Barth unternommen. Ausgehend von Calvins Lehre der doppelten Prädestination kommt Barth zum Schluss, dass sich Gottes Wille in Jesus Christus offenbart hat; wie er ist die ganze Menschheit zu Kreuz und Auferstehung vorherbestimmt, durch ihn sind alle Menschen auserwählt. In dieser Form der Lehre ist die Prädestination universell, allen Menschen ist die Erlösung versprochen.





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 04.11.2018

Quellen:

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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