Ökumenisches Heiligenlexikon

Heilige im Islam ?


Der Islam kennt keine Mittler zwischen dem Gläubigen und Allah und deshalb keine fürbittenden Heiligen.

Aber die Volksfrömmigkeit in der islamischen Welt hat das seit den Anfängen seiner Ausbreitung immer anders gesehen, denn wo immer der Islam Anhänger fand, waren dies Menschen, die zuvor auf anderem Wege einen Gott verehrt und ihm gedient hatten, und diese alten Glaubensüberzeugungen sind in die neue Religion eingeflossen.

Vor der Ankunft der ersten Türken vor annähernd 1000 Jahren war das Gebiet der heutigen Türkei mehr als ein halbes Jahrtausend christlich. Schon das byzantinische Christentum hatte vorchristliche Elemente aufgenommen und integriert; und die nun zur neuen Religion des Islam übergetretene Bevölkerung bewahrte, was ihren Vorvätern heilig gewesen war, und passte es an. Aus dem heiligen Georg wurde so der muslimische Hidrellez, dessen Fest man bis heute feiert am 6. Mai - nach orthodoxem Kalender also auch noch immer derselbe Gedenktag. Besonders bei den Sufis bot sich der einfachen Bevölkerung Hilfe auf dem mühsamen Weg der Erkenntnis durch Heilige oder heiligmäßige Personen, die in den Nöten des Alltags halfen.

Seit der Eroberung Konstantinopels 1453 sind in der Stadt ungezählte Stätten der Verehrung entstanden: zunächst wohl als Umwidmung bestehender Kultorte, weitere entstanden aus der Volksfrömmigkeit, teilweise auch durch Initiativen der Staatsführung. Während bis ins späte 19. Jahrhundert Friedhöfe und Gräberfelder als unverletzlich galten, fallen heute große Flächen Baumaßnahmenzum Opfer. Aber es gab und gibt immer wieder Fälle, wo in einer Baulücke oder aus Pietät eines Bauherren einzelne Gräber erhalten bleiben; über kurz oder lang erklären die Bewohner der Umgebung diese Gräber mit ihren Inschriften in den heiligen Buchstaben des Koran zu Gräbern von Heiligen. Heute hat jedes Istanbuler Wohnquartier, das etwas auf sich hält, sein eigenes Heiligengrab, meist eingezwängt in einem Winkel zwischen den Apartement-Blöcken. Das Grab besteht in der Regel aus einer Turban-bekrönten osmanischen Grabstele und ist von einer niedrigen Mauer und einem darüber angebrachten Gitter eingefasst; Zaun und Grabstein sind mit grüner Ölfarbe angestrichen. Auf der Mauer finden sich Wachsreste oder Kerzen. Ist es das Grab eines populären, viel besuchten Heiligen, weist eine Tafel der offiziellen Religionsbehörde darauf hin, dass das Abbrennen von Kerzen an Heiligengräbern unislamisch ist.

Dr. Hans-Peter Laqueur: Heilige Narren - Närrische Heilige. Artikel in der deutschsprachigen Istanbul Post vom 27. Juni 2005





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Autor: Dr. Hans-Peter Laqueur - zuletzt aktualisiert am 08.09.2016
korrekt zitieren:
Dr. Hans-Peter Laqueur: Artikel
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