Ökumenisches Heiligenlexikon

aus dem Lateinischen von Richard Benz Hinweise zur Legenda Aurea

Von Sanct Thomas dem Apostel


Thomas ist soviel gesprochen als ein Abgrund; oder ein zwiefältiger, das heißt auch auf griechisch didimus; oder es kommt von thomos, das ist Teilung oder Scheidung. Abgrund heißt er, weil er die Tiefe der Gottheit hat durchgründet, da Christus ihm auf seine Frage antwortete "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben". Er ist geheißen zwiefältig, da er die Auferstehung unsres Herrn zwiefältig hat bewährt, nicht nur mit dem Gesicht, wie die anderen, sondern durch Sehen und Greifen. Er heißt Teilung oder Scheidung, weil er sein Herz von der Liebe dieser Welt schied; oder weil er im Glauben an den Auferstandenen von den andern Jüngern sich schied. Oder Thomas ist soviel wie totus means: einer, der gänzlich wandelt, nämlich in Gottes Liebe und in seinem Anschauen. Denn es waren sonderlich drei Dinge in ihm, so diese Gottesliebe bezeugen; davon spricht Prosper in dem Buche De vita contemplativa "Was ist Gott lieben anders, denn in der Seele sein Anschauen inniglich begehren, die Sünde hassen, und die Welt verachten?" Oder Thomas kommt von theos, das ist Gott, und meus, mein, und heißt also: mein Gott; darum daß er sprach "mein Herr und mein Gott", als er für wahr befand, daß Christus erstanden war.


Thomas der Apostel war zu Caesarea in der Stadt, da erschien ihm unser Herr und sprach: "Gundoforus der König von Indien hat seinen Schaffner Abbanes ausgesendet, daß er ihm suche den besten Baumeister. Darum steh auf, ich will dich zu ihm senden". Sprach Sanct Thomas "Herr, sende mich wohin du willst, allein nach Indien sende mich nicht". Da antwortete unser Herr und sprach "Thoma, geh und fürchte dich nicht, ich will dein Hüter sein; und wenn du die von Indien bekehrt hast, so sollst du zu mir kommen mit der Märtyrer Palme". Sprach Sanct Thomas "Du bist mein Herr, ich bin dein Knecht, dein Wille geschehe". Da nun der Schaffner des Königs auf dem Markte ging, sprach zu ihm unser Herr "Jüngling, was suchest du?" Er antwortete "Mein Herr hat mich gesandt, daß ich ihm suche die besten Meister der Baukunst, daß sie ihm einen Palast machen nach der Römer Weise". Da gab ihm unser Herr Sanct Thomam als einen großen Meister in der Kunst. Also stiegen sie miteinander zu Schiff und fuhren über Meer. Und kamen von ungefähr zu einer Stadt, da hielt ein König seiner Tochter Hochzeit, und hatte ausrufen lassen. wer zu dieser Hochzeit nicht käme, der fiele in des Königs Ungunst; darum gingen Abbanes und Sanct Thomas auch zu der Hochzeit. In dem Palast war eine ebräische Jungfrau, die trug eine Flöte in ihrer Hand und sagte jeglichem Menschen etwas zu Lobe. Da sie den Apostel ansah, merkte sie, daß er ein Ebräer sei, darum daß er nicht aß, sondern seine Augen aufgerichtet hatte gen Himmel. Da sang sie ihm auf ebräisch zu "Es ist ein Gott im Himmel, der Ebräer Gott, der hat alle Dinge geschaffen und das Meer". Da bat Sanct Thomas daß sie es zum andern Male singe. Unter dem sah der Mundschenk, daß Sanct Thomas weder aß noch trank, sondern seine Augen allein gen Himmel hielt aufgerichtet: da hub er seine Hand auf und schlug ihn auf den Backen. Sprach zu ihm der Apostel "Es ist besser, daß dir Vergebung werde im künftigen Leben, und der Schlag dir vergolten werde hier in dieser Welt. Darum werde ich nicht aufstehen von dieser Statt, es tragen denn die Hunde die Hand hieher, die mich geschlagen hat". Und siehe, da der Mundschenk hinausging, Wasser zu schöpfen, zerriß ihn ein Löwe und trank sein Blut. Die Hunde aber zerzerreten den Leichnam und trug ein schwarzer Hund die rechte Hand für den Tisch, da die Gäste saßen; davon erschraken sie gar sehr. Die Jungfrau aber sagte ihnen die Worte, die Sanct Thomas zuvor gesprochen hatte, warf ihre Flöte hin, und fiel zu des Apostels Füßen nieder.

Die Rache, die hier geschah, tadelt Sanct Augustinus in dem Buch, das er wider Faustum hat gemacht, und spricht, solches sei fälschlich hinzugeschrieben, darum auch die Erzählung zum mehrern Teile für unwahr gehalten wird. Doch mag man sprechen, der Apostel habe es nicht gemeint als eine Bitte um Rache, sondern als eine Prophezeiung. Schauen wir aber Sanct Augustini Worte des näheren an, so scheint es, als ob er die Tat doch nicht gänzlich verwerfe. Denn er spricht in dem vorgenannten Buche also "Es lesen die Manichäer etliche apokryphe Bücher, die sind von unbekannten Fabeldichtern gemacht unter der Apostel Namen; sie waren wohl zur Zeit ihrer Schreiber von der Kirche angenommen und bestätigt worden, so die heiligen und weisen Männer sie für wahr gehalten hatten, welche damals lebten und sie wohl prüfen mochten. Da lesen sie denn, daß der Apostel Thomas, da er unerkannt als Pilger auf einer Hochzeit gegenwärtig war, von einem Diener mit der Hand geschlagen ward, und von Stund an um strenge Rache bat über diesen Menschen. Denn da der Mensch zu einem Brunnen ging, daß er Wasser schöpfe für die Gäste, stürzte ein Löwe sich auf ihn und erwürgte ihn; die Hand aber, die den Apostel mit leichtem Schlag getroffen hatte, ward von Hunden von dem Leibe gerissen und es trug sie ein Hund in den Saal, da der Apostel zu Tische saß, nach des Apostels Wort und auf seinen Wunsch und Gebet. Was mag grausamer sein als dieses? Aber, so ich nicht irre, steht daselbst auch geschrieben, daß der Apostel dem Menschen zugleich Vergebung erbat im künftigen Leben; also ward die Strafe aufgewogen durch eine höhere Wohltat; Gott wollte die Fremden schrecken und ihnen zeigen, wie teuer ihm sein Zwölfbote war, und jenem Menschen, der doch einmal sterben mußte, ward Rat für das ewige Leben. Sei diese Geschichte nun wahr oder nicht, das gilt mir gleich. Eines ist gewiß: die Manichäer, welche diese Geschichten für wahr und wirklich hielten, die der kirchliche Canon achtet, mußten zugestehen, daß die Geduld, die der Herr lehrt, so er spricht "Wenn jemand dich auf deine rechte Wange schlägt, so biete ihm auch die linke dar" auch bestehen könne allein im Herzen, ohne sich kund zu tun in Wort und Gebärde: denn der Apostel, da er geschlagen ward, bat lieber den Herrn, daß er dem bösen Menschen im künftigen Leben verzeihe und seine Bosheit nicht ungestraft lasse im gegenwärtigen, als daß er dem Schlagenden die andre Wange bot, oder ihn mahnte, daß er zum zweiten Male schlüge: innerlich war er voll Liebe und Mildigkeit, äußerlich wollte er ein Beispiel geben zur Besserung. Mag dies wahr sein oder erdichtet: war nicht Moyse, dem Knecht Gottes, sein Sinn auch also gestellt, da er die mit dem Schwerte schlug, so Bilder machten und anbeteten? Siehest du die Strafe an, so ist es gar gleich, wenn man mit dem Schwerte gerichtet oder von wilden Tieren zerrissen wird; denn auch unsere Richter verdammen nach gemeinem Gesetz die großen Übeltäter zum Tode durch wilde Tiere oder durch das Schwert". Solches schreibt Augustinus.

Darnach bat der König Sanct Thomas, daß er den Vermählten seinen Segen gebe. Das tat er und sprach "Herr, ich bitte dich, daß du diesen zwei jungen Gemahlen gebest den Segen deiner rechten Hand, und in ihr Herze säest den Samen des ewigen Lebens". Und als Sanct Thomas von ihnen schied, da sah man in des Jünglings Hand einen Dattelzweig, der hing voll Früchte. Von diesen Früchten versuchten Braut und Bräutigam; da entschliefen sie beide und hatten beide denselben Traum: wie sie umfinge ein wohlgezierter König und spreche "Mein Apostel hat euch gesegnet, daß ihr des ewigen Lebens teilhaftig seiet". Als sie erwachten und sich den Traum einander sagten, ging Sanct Thomas zu ihnen ein und sprach "Mein König ist euch erschienen und hat mich durch verschlossene Türen her zu euch geführt, daß mein Segen über euch fruchtbar werde. Behaltet die Reinigkeit eurer Leiber: Jungfräulichkeit ist eine Königin aller Tugenden und eine Frucht des ewigen Heiles, sie ist eine Schwester der Engel, eine Besitzung allen Gutes, eine Überwindung der Begierden, ein Sieg des Glaubens, ein Widerstehen den Teufeln, und eine Sicherheit der ewigen Freuden. Von leiblicher Begierde aber kommt eine Unordnung des Leibes, die ziehet zur Unreinigkeit, davon kommet die Sünde, aus der wird geboren Mißfallen Gottes". Unter diesen Reden erschienen zwei Engel, die sprachen "Wir sind zwei Engel, euch zu Hute gesandt; wollet ihr die Ermahnung des Zwölfboten halten, so tragen wir all eure Bitten vor Gottes Angesicht". Da empfingen sie die Taufe von Sanct Thoma, und er lehrte sie mit Fleiß den heiligen Glauben. Die Braut, Pelagia mit Namen, weihte sich mit dem heiligen Schleier dem Dienst des Herrn; und ward über lange Zeit darnach gemartert. Dionysius aber, ihr Gemahl, ward ein Bischof in der Stadt.

Hiernach kamen Abbanes und Sanct Thomas zu dem König von Indien; und Sanct Thomas zeichnete ihm einen herrlichen Palast, den er ihm bauen wollte; dazu gab ihm der König einen großen Schatz Goldes und fuhr in ein ander Land. In der Zeit teilte Sanct Thomas den Schatz unter die Armen, und zwei ganze Jahre, dieweil der König aus war, predigte er dem Volk und bekehrte unzählig viel Volks zum Christenglauben. Als der König wieder kam und vernahm, wie Thomas gelebt hatte mit seinem Gut, da warf er ihn samt Abbanes in den tiefsten Kerker und gedachte, wie er sich an ihnen räche, und wollte sie beide lebendig schinden und darnach mit Feuer verbrennen. Zu der Zeit starb Gad, des Königs Bruder; dem ward ein Grab mit großer Pracht bereitet. Aber am vierten Tage erstand der Tote; da erschraken und flohen alle, die gegenwärtig waren. Der tote Gad aber sprach zu seinem Bruder "Wisse, daß der Mensch, den du Willen hattest zu schinden und zu brennen, ist ein Freund Gottes, und dienen ihm alle Engel: die führten mich auch in das Paradies und zeigten mir einen Palast, der war wunderbarlich gewirkt von Gold und von Silber und von edelem Gestein; und da ich mich der Gezierde verwunderte, sprachen sie zu mir 'Dies ist der Palast, den Thomas deinem Bruder hat gemacht'. Da sprach ich 'Wollte Gott, daß ich Pförtner da möchte sein'. Sie antworteten 'Dein Bruder hat sich unwürdig gemacht dieser Wohnung, darum, begehrst du hierinnen zu wohnen, so wollen wir Gott für dich bitten, daß er dir das Leben wiedergebe, damit du deinem Bruder seinen Palast abkaufest und ihm das Geld wiedergebest, das er wähnet verloren zu haben'." Mit dem so lief Gad in den Kerker und bat Sanct Thomas, daß er seinem Bruder wolle verzeihen, und löste ihm seine Fesseln, und bat ihn, daß er ein köstlich Leid von ihm nähme. Aber Sanct Thomas sprach "Weißt du nicht, daß die nichts leibliches noch weltliches begehren, so Gewalt wollen haben in dem Himmel?" Als Sanct Thomas aus dem Kerker ging, lief ihm der König entgegen, warf sich ihm zu Füßen und bat um Gnade. Da sprach der Apostel "Gott hat euch sonderliche Gnade getan, daß er euch seine Heimlichkeit hat erzeigt. Darum glaubet an ihn und lasset euch taufen, damit ihr teilhaftig werdet des ewigen Reiches". Sprach zu ihm Gad, des Königs Bruder "Ich sah den Palast, den du meinem Bruder hast gebaut, und hab erworben, daß ich den kaufen dar"<. Antwortete Sanct Thomas "Das steht in deines Bruders Willen". Da sprach der König "Der Palast ist mein, und soll Sanct Thomas dir einen sonderen bauen, und mag er das nicht tun, so soll dieser Palast uns beiden gemeinsam sein." Der Apostel antwortete "Es sind unzählige Paläste in dem Himmel von Anbeginn der Welt bereit, die man kaufet mit dem Glauben und mit Almosen. Also mögen euch eure Schätze nütze sein, so sie vor euch her gehen zu den himmlischen Wohnungen; denn nachfolgen mögen sie euch nimmermehr".

Hiernach über einen Monat ließ Sanct Thomas die Armen des Landes alle zusammenkommen; und führte die Schwachen und die Kranken alle beiseite, und betete über sie, und alle, die es wußten, sprachen "Amen". Da kam ein Lieht vom Himmel und schlug den Zwölfboten und die gebresthaften Menschen zu Boden nieder bei einer halben Stunde, also daß sie meinten, sie seien vom Blitz getroffen. Da richtete sieh Sanct Thomas auf und sprach "Steht auf, mein Herr ist kommen gleich dem Blitz und hat euch alle gesund gemacht". Und sie stunden alle auf gesund, und lobten Gott und Sanct Thomas. Da fing der Apostel an, das Volk zu lehren, und sagte ihnen von den zwölf Stufen der Tugenden: "Die erste ist, glaubet an Gott, der eins ist in dem Wesen und dreifaltig in der Person" und zeigte ihnen in dreierlei merklichem Beispiel, wie drei eins waren und sprach "Die Weisheit des Menschen ist eine, aus der gehet Vernunft, damit findest du, was du nicht gelernt hast; Gedächtnis, damit bewahrst du, was du gelernt hast; Verstand, damit verstehst du die Dinge, so man dir zeigen mag oder lehren. Auch sind am Weinstock Holz, Blätter und Frucht, und ist doch nur ein Weinstock. Und im Haupt des Menschen sind vier Sinne, Gesicht, Gehör, Geruch und Geschmack; und ist doch nur ein Haupt. Die andere Stufe ist, daß ihr euch lasset taufen. Die dritte, hütet euch vor Unkeuschheit. Die vierte, meidet den Geiz. Die fünfte, lasset Fressen und Saufen. Die sechste, tuet Buße. Die siebente, verharret in diesen Tugenden. Die achte, habt lieb die Barmherzigkeit. Die neunte, suchet in allen euren Werken Gottes Willen und lebet allein darnach. Die zehnte, meidet die Dinge, die wider Gott sind. Die elfte, liebet Feinde und Freunde. Die zwölfte, wachet, daß ihr dieses alles erfüllet". Nach dieser Predigt ließen sich taufen neuntausend Mann, ungezählt die Weiber und Kinder.

Darnach fuhr Sanct Thomas in das obere Indien und wirkte dort unzählige große Wunder. Er bekehrte auch die Sentice, die war ein Gespiel der Migdonia, die mit Carisius vermählt war, einem von des Königs nächsten Freunden. Da sprach Migdonia zu Sentice "Wie mag es geschehn, daß ich Sanct Thomas sehe?" Sentice riet ihr, daß sie ihr Kleid verwandele und mit den armen Frauen zur Predigt gehe. Dies tat Migdonia. Da hörte sie, wie der Apostel von der Unseligkeit dieses Lebens predigte und sprach "Dieses Leben ist gar elend, und allen Zufällen preisgegeben, und ist also betrüglich, daß es vergeht und flieht, so man es meint zu halten". Darnach mahnte er sie, Gottes Wort gern zu hören aus vier Ursachen; und verglich das Wort Gottes mit vier Arten von Dingen: einer Augensalbe, denn es erleuchtet die Augen unsres Geistes; einem Trank, denn es reinigt unsern Willen von allen fleischlichen Begierden; mit einem Pflaster, denn es heilt die Wunden unsrer Sünden; mit einer Speise, denn es speist uns mit göttlicher Liebe; und gleichwie diese vier Dinge dem Kranken nicht nützen, er nehme sie denn mit Fleiß an sich, so mag auch der kranken Seele das Wort Gottes nicht helfen, so sie es nicht mit Andacht höret". Von der Predigt ward Migdonia gläubig und verschmähte fortan ihres Mannes Bette. Da erwarb Carisius von dem Könige, daß er Sanct Thomas ins Gefängnis lege. Migdonia ging zu ihm in den Kerker und bat ihn, er möchte ihr vergeben, daß er um ihretwillen in den Kerker wäre geschlossen. Er aber tröstete sie mit sanftmütigen Worten, und sprach "Ich leide es alles williglich". Carisius bat den König, daß er die Königin zu ihr sende, die war seines Weibes Migdonia Schwester: ob sie ihren Sinn wenden möchte. Die Königin ging zu ihrer Schwester, aber die sie zu bekehren wähnte, von der ward sie bekehrt; und da sie die großen Zeichen sah, die Sanct Thomas wirkete, sprach sie "Verflucht sind die von Gott, die solchen Werken und Zeichen nicht glauben". Da lehrte Sanct Thomas alle, die gegenwärtig waren, drei Dinge: daß sie die Kirche lieb hätten, daß sie die Priester ehrten, und daß sie gerne kämen Gottes Wort zu hören. Als nun die Königin wieder heim kam, sprach zu ihr der König "Was hast du so lange verzogen?" Sie antwortete "Ich wähnte, daß Migdonia eine Törin sei, und habe befunden, daß sie über die Maßen weise ist, denn sie hat mich geführt zu dem Apostel Gottes, und hat mir den Weg der Wahrheit gezeiget; töricht sind, die nicht an Christum glauben". Und wollte hinfort dem König nicht mehr zu Willen sein. Der König erschrak und sprach zu Carisio "Da ich dein Weih wieder bringen wollte, hab ich das meine verloren, denn die meine ist mir böser und widerspenstiger worden, denn dir die deine". Darnach ließ der König Sanct Thomas mit gebundenen Händen vor sich führen und sprach, er sollte den Frauen raten, daß sie wieder zu ihren Männern gingen. Da erzeigte Sanct Thomas in drei Beispielen, als von dem König, von dem Turm und von dem Brunnen, daß sie es nicht tun dürften, solange die Männer im unrechten Glauben wären, und sprach "Du bist ein König, und willst nicht unreine Dienste haben von Knechten noch von Mägden; so denke, wieviel mehr Gott begehrt lautere und reine Dienste! Warum strafest du nun mich, da ich predige, daß Gott begehrt und lieb hat an seinen Dienern, das auch du lieb hast an deinen Dienern? Auch hab ich einen hohen Turm gebauet, nun heißest du mich, ich solle ihn wieder zerstören? Ich habe tief in die Erde gegraben und einen Brunnen geleitet aus dem Grunde: und du gebietest mir, daß ich den solle verschütten? Da ward der König zornig, und ließ glühende eiserne Platten bringen, und hieß den Apostel mit bloßen Füßen darauf stehn. Aber von Gottes Gewalt entsprang an derselben Stelle ein Quell, der verlöschte die glühenden Bleche. Darnach ließ ihn der König auf des Carisius Rat in einen feurigen Ofen stoßen; aber der Ofen ward so kühl, daß Sanct Thomas am anderen Tage gesund daraus ging. Da sprach Carisius zum König "Laß ihn dem Sonnengott opfern, so wird sein Gott wider ihn erzürnt, der ihn bis jetzt von dieser Pein erlöst hat". Also wollte man Sanct Thomas zum Opfern zwingen, da sprach er zu dem Könige "Du bist besser, denn die Werke, die du gemacht hast, warum verschmähst du den wahren Gott und betest dieses Bild an? Du wähnest, daß mein Gott über mich zürne, wenn ich deinen Gott anbete, als Carisius spricht, aber du sollst sehen, daß er mehr über deinen Gott zürnen wird und ihn verderben. Wohlan, ich will deinem Gotte opfern, und zerstöret ihn mein Gott nicht, da ich ihn anbete, so will ich an ihn glauben, zerstöret aber mein Gott den deinen, so sollst du meinen Gott anbeten". Sprach der König "Willst du aber mit mir in Gleichem reden?" Da gebot Sanct Thomas dem Teufel, der in dem Bilde war, auf ebräisch, alsobald er vor dem Bilde das Knie beugte, so sollte er es zerstören. Und knieete vor dem Abgott und sprach "Sehet, ich bete an, aber nicht diesen Abgott, dieses Erz, dieses Bild, sondern meinen Gott und Herrn Jesum Christum: in des Namen gebiete ich dir, böser Geist, der du in dem Bilde wohnest, daß du diesen Abgott zerstörest". Zustund zerging der Abgott recht als ob er von Wachs wäre. Da schrieen die heidnischen Priester über Sanct Thomas, und der oberste Priester des Tempels hub sein Schwert und durchstach den Apostel, und rief "Also räche ich meinen Gott". Der König aber und Carisius flohen, denn sie sahen, daß das Volk den Apostel rächen wollte und den Oberpriester lebendig verbrennen. Darnach nahmen Christen den Leichnam des heiligen Thomas und begruben ihn mit großen Ehren.

Hiernach über lange Zeit, von Christi Geburt über zweihundcrt und dreißig Jahre, bat das Volk von Syrien den Kaiser Alexander, daß er den heiligen Leichnam in die Stadt Edessa führen ließe, die bei den Medern einst Rages hieß. Also geschah es auch. Es kann aber in dieser Stadt kein Heide, kein Jude noch Ketzer leben, noch ein Tyrann ihr Schaden tun. Denn dem König derselben Stadt, Abgarus mit Namen, ward ein Brief gesandt von Christo selbst geschrieben; und wann Feinde vor die Stadt ziehen, so stellt man ein getauft Kindlein über das Stadttor und läßt es den Brief lesen, den unser Herr geschrieben hat: so fliehen die Feinde desselbigen Tages oder machen Frieden, von der Kraft des Briefes und Sanct Thomas Gnaden.

Isidorus spricht von Sanct Thomas in dem Buch "De vita et obitu sanctorum" also: "Er war der Jünger des Herrn, der ihm gleich sah, im Hören ungläubig, im Schauen gläubig. Er predigte das Evangelium den Parthern, Medern, Persern, Hircanern und Bactrianern, und kam ins Morgenland und drang in das innerste Land der Heiden, und predigte ihnen, bis er das Martyrium erlitt; er starb von Speeren durchbohrt". Chrysostomus erzählt auch, als Sanct Thomas in das Land kam, da die heiligen drei Könige wohnten, die gekommen waren Christum anzubeten, da taufte er sie; und sie waren fortan gute Helfer des Christenglaubens.




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Aus: Jacobus de Voragine: Legenda Aurea, Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, 13. Aufl. Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 1999 - zuletzt aktualisiert am 09.09.2016
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Jacobus de Voragine: Legenda Aurea: Artikel
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