Ökumenisches Heiligenlexikon

Pankratius - Legende und Historie


Die Basilika minor und Titelkirche San Pancrazio an der Piazza di San Pancrazio im Park der Villa Pamphilij in Rom erinnert bis in unsere Tage an den Märtyrer und Heiligen Pankratius, der im deutschsprachigen Raum als Eisheiliger verehrt wird.
Sein Kult ist nach dem Martyrologium des Hieronymus bereits im 5. Jahrhundert bezeugt.
Pankratius gilt als Patron der Ritter und Adeligen, deshalb wurden ihm zahlreiche Burgkapellen geweiht.

Pankratius' Beliebtheit im deutsprachigen Raum geht auf den König von Italien und Kaiser des römisch-deutschen Reiches Arnulf von Kärnten zurück, der die ihm im Jahr 896 geglückte Eroberung Roms der Hilfe des hl. Pankratius zuschrieb.
In einigen Berichten wird als Tag der Eroberung der 12. Mai - sein heutiger Gedenktag- genannt. Allgemein dürfte die um die Person des Pankratius entstandene Legende aus dem 6. Jahrhundert bekannt sein.

Die Legende

Pankratius wurde um 290 als Sohn des vornehmen und wohlhabenden römischen Bürgers Cleonios und seiner Ehefrau Cyriada in Synnada, in der weitgehend griechischsprachigen Provinz geboren. Seine Mutter starb bald nach seiner Geburt, sein Vater ein Jahr oder einige Jahre danach. Pankratius wurde von seinem Onkel Dionysios, dem Bruder seines Vaters, aufgenommen und erzogen. Zwischen 295 und 303 reiste Dionysios mit seinem Neffen nach Rom, um für einige Zeit auf den Familiengütern auf dem mons caelius / Monte Celio - einem der sieben Hügeln Roms - zu leben.
In der Nähe der Güter soll sich auch Bischof von Rom Caius aus Angst vor der Christenverfolgung in einem Versteck aufgehalten und viele Menschen der Umgebung zum Christentum bekehrt haben. Pankratius und sein Onkel waren von den Worten und Taten des Bischofs angetan, begaben sich zu ihm und erhielten nach einer 20-tägigen Unterweisung die Taufe.
Dionysios starb bald darauf. Pankratius unterstützte mit dem ererbten Vermögen in Not geratene Christen und bekannte sich öffentlich zu seinem neuen Glauben. Aufgrund des allgemeinen
Verfolgungsbefehls des Kaisers Diokletian wurde der Jüngling, der kurz zuvor sein Hab und Gut verschenkt hatte, verhaftet. Da er von vornehmer Abstammung war, wurde er dem Kaiser, der Pankratius’ Vater gut gekannt haben soll, vorgeführt. Diokletian versprach Pankratius für den Fall, dass er vom Christenglauben abschwören sollte, alle Vorteile des Lebens. Der inzwischen etwa vierzehnjährige Jüngling ließ sich jedoch nicht von seinem Glauben abbringen. Rasend vor Wut über die Standhaftigkeit und den Mut eines solch jungen Burschen ließ Diokletian schließlich das Todesurteil über ihn fällen.

Am 12. Mai des Jahres 304 wurde Pankratius öffentlich enthauptet.

Bis zum letzten Augenblick pries der mutige Christ seinen Herrn Jesus Christus. Den Leichnam des jungen Märtyrers ließen die Schergen zum Fraß für die Hunde liegen. Unter Lebensgefahr barg die Senatorengattin Octavilla (auch Oldanilla) die sterblichen Überreste und trug sie zur Via Aurelia zu den dortigen Katakomben, wo sie eine Gruppe Gläubiger beisetzte.

Die Legende reizt zur Kritik und zum Versuch, zur historischen Wahrheit zu kommen.

Religion und Kult im Römischen Reich

Die römische Religion stellt kein geschlossenes theologisches System dar, wie wir das etwa vom Christentum oder Islam her kennen, sie hat keinen Stifter, kein heiliges Buch und ihre Anfänge liegen im Dunkel der Geschichte.
In der Frühzeit verehrten die Römer – wie auch die ihnen verwandten Ethnien in der Nachbarschaft – vor allem Naturgottheiten, die elementare Gewalten verkörperten und so den einfachen Vorstellungen der Landbau betreibenden Bevölkerung entsprachen. Neben diesen Hauptgottheiten glaubte man an eine unpersönlich wirkende Kraft eines göttlichen Wesens (numen). Im Lauf der Entwicklung wurden die Kräfte einer bestimmten Arbeit oder einem Naturvorgang zugeordnet, wodurch sie zu Gottheiten wurden und Namen erhielten.
So entwickelte sich aus dem alten Donnergott Iuppiter der Schutzgott des latinischen Bundes, der zusammen mit Mars und Quirinus die älteste Götterdreiheit bildete. An der Spitze der Götterhierarchie trat bald eine Veränderung ein und die Staatsgötter Iuppiter, Iuno und Minerva waren die obersten im römischen Pantheon. Eine weitere Trinität bildeten Ceres, Liber und Libera.
Neben einer Vielzahl weiterer Gottheiten, die über Heim und Acker wachten, und so die alten agrarischen Verhältnisse widerspiegeln, wurden auch Laren, Genien und Penaten verehrt.
Vom Ende des dritten vorchristlichen Jahrhunderts an begannen orientalische Gottheiten einzudringen, deren Kulte zur Zeitenwende eine entscheidende Rolle spielten.
In der Endzeit der Republik setzte ein allgemeiner religiöser Verfall ein. Die von griechischen Philosophen vorgetragene Religionskritik, die auch in Rom überzeugte Anhänger – wie z. B. Marcus Tullius Cicero – hatte, trug dazu bei, den Glauben der Volksmassen an die alten Götter aufzulösen.

In der Kaiserzeit wurde die Aufnahme fremder Götter immer stärker betrieben und neue orientalische Kulte wurden eingeführt. Als unter Kaiser Caracalla (211 – 217) allen Göttern des Reiches gleiche Rechte zugestanden wurden, stellte sich bei immer mehr Menschen das Gefühl der Unsicherheit ein. Die Mysterienreligionen und Geheimkulte konnten keine Antworten auf die bewegenden Lebensfragen anbieten, und so ist es nicht verwunderlich, dass sich eine immer größere Personenzahl vom Christentum angesprochen fühlte, das von der Bruderliebe und von einer Gotteshilfe für die Armen und Beladenen sprach.

Christentum und Staat

Die Verbreitung der unterschiedlichsten Religionen im Kaiserreich war nur dadurch möglich, dass sie der Staat agieren ließ. Verbote und Verfolgungen außerhalb der Stadt Rom kamen kaum vor, und auch nur dann, wenn eine politische Gefahr drohte.
Die Anhänger der diversen Religionen ihrerseits machten dem Staat auch keine Schwierigkeiten, sie anerkannten die staatlichen Götter und den Kaiserkult und nahmen die vorgeschriebenen Verpflichtungen widerspruchslos auf sich. Eine Ausnahme bildete das Judentum, das aber trotzdem zum kaiserlichen Staat ein gutes Verhältnis hatte. Die ersten durchgreifenden antijüdischen Gesetze wurden erst von christlichen Kaisern erlassen.

Das Verhältnis des römischen Staates zu den gegebenen Religionsgemeinschaften war besonders für das Christentum einschneidend und bestimmend.
Die ersten Schwierigkeiten, auf die die christliche Missionstätigkeit stieß, waren nur von lokaler Bedeutung. Die Schwierigkeiten, die zunächst auf Auseinandersetzungen mit den Juden und dann mit lokalen Kulten beruhten, vergrößerten sich in dem Maße, wie Auseinandersetzungen mit städtischen Behörden und Provinzverwaltungen gesucht wurden, bis der Staat schließlich selbst Stellung beziehen musste.
Die oft maßlose Polemik der christlichen Prediger gegen die städtischen und staatlichen Kultformen sowie die Verachtung der Tempel und Götter ließen die Christen als Atheisten erscheinen, was Greuelgeschichten über unverstandene Vorgänge in christlichen Gemeinden zu bestätigen schienen; zudem machte der Fanatismus der Menge, die in jeder Krise den Zorn der beleidigten Götter sah, die Christen dafür verantwortlich. Für den Staat musste die Ablehnung jeder Form des Herrscherkultes gefährlich werden, denn auf diesen beruhte vielfach die göttliche Legitimation von Staat und Kaisertum.
Der römische Staat hatte vier juristische Handhaben, um gegen die Christen vorzugehen: das senatus consultentum de bacchanlibus, Bacchanaliendekret aus dem Jahr 186 v. Chr., die lex Iulia de collegis illicitis, das Gesetz gegen unerlaubte Gemeinschaften, das von Tiberius erneuerte Gesetz gegen die crimina laesae maiestatis, Majestätsbeleidigung, und schließlich eine Klassifizierung als crimen extraordinarium, außerordentliches Verbreachen. Aber nur wenige Kaiser machten von diesen juristischen Möglichkeiten Gebrauch.
Zwischen den Jahren 60 und 200 war es nur zu örtlich begrenzten Christenverfolgungen gekommen. Mit dem Beginn des 3. Jahrhunderts wurden die Christen im ganzen Reichsgebiet gezielt verfolgt. Von wesentlicher Bedeutung sind die Edikte der Kaiser Septimius Severus, Decius und Valerianus. Aber schon 260 hob Kaiser Gallienus alle Edikte wieder auf. Sein Neuplatonismus, seine bewusste Erneuerung hellenistischen Geistes – er war einer der letzten Kaiser, der sich in Eleusis einweihen ließen – duldete keinerlei Gewaltpolitik.
In den nächsten Jahrzehnten schwelte der Konflikt weiter.
Solange eine starke Zentralgewalt fehlte, war eine Lösung der in den Provinzen immer brennender werdender Fragen nicht möglich. Als sie zur Zeit des Kaisers Diokletian noch immer vorhanden waren, gab es nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder musste noch einmal versucht werden, das Christentum als götter- und reichsfeindliche Bewegung radikal zu bekämpfen und womöglich auszurotten, oder die alten Götter mussten bekämpft, der Absolutheitsanspruch der Christen anerkannt und das Reich verchristlicht werden. Diokletian ging den ersten Weg, allerdings nach langem Zögern.

Die Christen ihrerseits bekämpften außer den heidnischen Göttern und den damit verbundenen Kulten die Juden und verteufelten sich gegenseitig.
Schon in der Urgemeinde rivalisierten mindestens zwei Fraktionen, Hellenisten und Hebräer. Auch zwischen Paulus und den Uraposteln kam es zu heftigem Streit.
In der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts konstituierte sich die Kirche Marcions, die das ganze römische Reich umspannte und wahrscheinlich internationaler war als die in der zweiten Jahrhunderthälfte sich bildende altkatholische Kirche, die mit Ausnahme des religiösen Grundgedankens fast alles von Marcion übernahm.
Im späten 2. Jahrhundert höhnte der heidnische Philosoph Celsus, seit die Christen zur Menge angewachsen seinen, entstünden unter ihnen Spaltungen und Parteien, und jeder wolle sich – denn danach trachteten sie von Anfang an – einen eigenen Anhang schaffen. Im frühen 3. Jahrhundert kannte Bischof Hippolyt von Rom 32, Ende des 4. Jahrhunderts Bischof Philaster von Brescia 128 konkurrierende christliche Sekten.
Doch da politisch machtlos, tobte sich die vorkonstantinische Kirche, wie gegenüber den Juden, im Ketzer-Kampf vorerst nur verbal aus. Es kam zu stets schwerer werdenden Zerwürfnissen mit der Synagoge und zu gleichfalls immer gehässiger werdenden Konfrontationen mit allen andersgläubigen Christen. Für die Kircheväter war ja jede Abweichung vom Glauben die schlimmste Sünde. Das brachte nämlich Spaltung, Anhängerschwund und Machteinbußen. So suchte man bei der Polemik weder den anderen Standpunkt wirklich kennen zu lernen noch klärte man - weil oft unmöglich oder gefährlich - ganz über den eigenen auf. Vielmehr war es das Ziel, den Gegner mit allen verfügbaren Mitteln zu schlagen (Olof Gigon). Die antike Gesellschaft hatte wegen ihres sehr anderen, undogmatischen Religionsverständnisses solche Glaubensstreitigkeiten vorher nicht gekannt (Norbert Brox).

Diokletian

Der Kaiser, der das römische Imperium zu seinem letzten Höhepunkt führte, wurde um das Jahr 243 (manchmal wird behauptet, am 22. Dezember 245) in Dalmatien als Sohn eines Freigelassenen geboren.
Der aus einfachen Verhältnissen stammende Mann, der auf den Namen Caius Valerius Diocles hörte, lief von der Feldarbeit davon, um das Kriegshandwerk zu erlernen. Der Soldat, dessen militärische Laufbahn ganz alltäglich gewesen sein dürfte, nannte sich in der latinisierten Form Diokletian. Dem römischen Staatsgebilde, von dem er allerdings nur die Kriegstradition wirklich kannte, war er treu ergeben. Von der militärischen Disziplin, die ihn geformt hatte, war ihm der Gehorsam ohne Widerrede geblieben, den sich ein Soldat in einer starren Hierarchie zu Eigen machen muss. In der Religion des Mithras, den er später zum Patron des Reiches machte, hatte er unerschütterliche Gewissheit und feste Zuversicht gefunden. Die unbesiegbare Sonne sol invictus, die er verehrte, war die Gottheit der Armeen, aber auch der allgegenwärtige Gebieter und Garant einer für die Ewigkeit errichteten Ordnung, deren Geheimnisse die Astrologen zu deuten hatten.

Eine militärische Verschwörung in Chalkedon- dem heutigen Stadtteil Kadıköy in Ístanbul – offenbar am 18. September 284 - machte den inzwischen zum General gewordenen Diokletian zum Kaiser.

Büste des Kaisers Diokletian in den Kellergewölben des Diokletianpalastes in Split
Büste des Kaisers Diokletian in den Kellergewölben des Diokletianpalastes in Split

Dem neuen Kaiser – Caius Aurelius Valerius Diocletianus - stellte sich Carinus, der Bruder des bei der Verschwörung ermordeten Kaisers Numerianus, entgegen; er wurde um den 1. April 285 am Margos (Morava) auf dem Balkan geschlagen und ermordet.
Diokletian konnte nun daran gehen, seine Macht zu sichern. Er bestellte seinen Freund und Mitstreiter Marcus Aurelius Maximianus im März 286 zum Mitregenden und zeichnete ihn mit dem Caesarentitel aus, womit dieser als Kaisernachfolger designiert und von einer etwaigen Machtergreifung abgehalten worden war. Schon im September des gleichen Jahres erhob Diokletian seinen Freund zum Augustus. Nun gab es also zwei Kaiser, die den selben Titel trugen; dieses Imperatorenkollegium war allerdings nichts grundsätzlich Neues. Ungewöhnlich und neuartig war, dass Diokletian am 1. März 293 zwei Caesaren, also Kaisernachfolger, ernannte: Galerius Valerius Maximianus als seinen Nachfolger und Marcus Flavius Valerius Constantius Chlorus als den Nachfolger Maximians.
Diokletian verwaltete den Osten mit der Residenz in Nikomedia - dem heutigen Ízmit in der Türkei, Maximian Italien und Africa mit der Residenz in Mailand, Gallerius Illyrien, Macedonien und Griechenland mit der Residenz in Sirmium - ihre Ruinen befinden sich im heutigen Sremska Mitrovica an der Save in Serbien, und Constantius Chlorus verwaltete Spanien, Gallien sowie Britannien mit einer Residenz in Trier und einer in York.
Die römische Welt war dadurch nicht auf vier Kaiser aufgeteilt. Es steht fest, dass die beiden Caesaren und - wie es scheint - auch Maximianus ständig Diokletians Befehle ausführten. Faktisch herrschte im Rahmen der Tetrarchie ein einziger Kaiser, das berichtete auch ein Zeitgenosse, der Philosoph Porphyrios, dessen enge Beziehungen zum Hof von Nicomēdeia sicher belegt sind.
Die Berechtigung dieser Regelung musste durch eine göttlich-hierarchische Ordnung weithin sichtbar gemacht werden. Damit der Ausschluss des Usurpators Carausius - er war Gegenkaiser in Britannien von 286 bis 293 - aus dem Kollegium der wahren Kaiser deutlich hervortreten konnte, wurde bei einer Epiphanie, die in sämtlichen Garnisonen und Provinzen schon am 21. Juli 287 gefeiert wurde, Diokletian zum Sohn des Iuppiter mit dem Titel Iovis und Maximianus zum Sohn des Hercules mit dem Titel Herculius erhoben. Constantius und Galerius, die, ob sie wollten oder nicht, zu Schwiegersöhnen der Augusti hatten werden müssen, erhielten später als Kaiser die selben Titel.

Man kann am Gekünstelten und Naiven des tetrarchischen Systems durchaus Anstoß nehmen, unbestreitbar ist aber, dass es mit der Unbeständigkeit der politischen Institutionen aufgeräumt, den Frieden an allen Grenzen des Reiches gesichert und mit der Wiederherstellung der Staatsautorität große Reformen ermöglicht hat.
Einige dieser Reformen und die damit verbunden Maßnahmen sind für die Auseinandersetzung mit Pankratius von besonderer Bedeutung.

Diokletian drehte nun das Rad der Zeit wieder zurück. Dem neuen Herrschaftsverständnis entsprechend wurde die Verehrung der alten Götter forciert und damit ging der Beginn einer neuen Christenverfolgung einher. Unterstützt von Galerius beendete Diokletian eine fast vierzigjährige Toleranzphase. Interessant daran ist, dass Diokletians Frau Prisca selbst Christin war und auch ihre Umgebung keineswegs behelligt wurde.
Schon 297/298 mussten alle Beamten und Soldaten den alten Göttern opfern. Jene, die sich weigerten, wurden entlassen. Damit hatte sich die Sache vorerst für die nächsten sechs Jahre erledigt. 297 begann Diokletian auch die Manichäerzu bekämpfen.

Die echte Verfolgung der Christen begann am 23. Februar 303 mit der Herausgabe eines Erlasses der befahl, die Kirchen zu zerstören, die Schriften zu vernichten und führende Christen zu bestrafen. Neu daran war, dass der Kaiser daran dachte, das Christentum endgültig auszurotten. Normalerweise wäre dies eine Denkart, die man gegenüber Verschwörern anwendet. Es könnte durchaus so gewesen sein, dass sich manche Christen bedroht fühlten und in geheimen Zirkeln über den Sturz des Systems nachdachten. 
Im Osten des Reiches gab es dann im gleichen Jahr zwei weitere Dekrete, die Priester mit Haftstrafen bedrohten, wenn sie nicht den alten Göttern opferten.
Ein viertes Edikt vom April 304 dehnte die Anwendung schließlich auf alle Christen in allen Provinzen aus und verschärfte es durch die Androhung der Todesstrafe.

Die Große Verfolgung griff um sich, war aber in ihren Auswirkungen von verschiedener Schärfe. Im Osten war sie mitunter grausam (Diokletian und Galerius), im Westen Maximians war lediglich Afrika betroffen, da es als Hochburg des Christentums galt. Die Zahl der Blutzeugen blieb doch verhältnismäßig klein. In Gallien und Britannien dagegen, wo die christliche Minderheit schwach war, war sie oberflächlich und von kurzer Dauer.
Namentlich in Afrika waren traditores, Überbringer, die Kultgegenstände an die Behörden ablieferten, und lapsi, Gefallene, die ihren Glaubensverzicht mit heidnischen Opfern bekundeten, viel zahlreicher als confessores, Bekenner, die in Gefängnissen und Bergwerken oder in den Hinrichtungsstätten für ihren Glauben Zeugnis ablegten.

Pankratius könnte im Jahr 303 schon eine längere Zeit in Rom verbracht haben, Diokletian hingegen war im Herbst dieses Jahres in Sirmium und kam am 20. November zum ersten Mal nach Rom, um gemeinsam mit Maximianus das zwanzigjährige Regierungsjubiläum zu feiern.
Am 20. Dezember verließ er Rom in Richtung Norden, weil er sich einige Zeit in Ravenna aufhalten wollte. Er erkrankte unterwegs derart schwer, dass er in einer Sänfte getragen werden musste. Das darauffolgende Jahr konnte der Kaiser nur unter großen Anstrengungen meistern und Dezember 304 erlitt er in seinem Palast in Nicomēdeia einen Zusammenbruch. Die Krankheit hinderte ihn nun an der vollen Ausübung seiner Regierungsgeschäfte, aber wider Erwarten verstarb der Kaiser nicht.
Nun beschloss Diokletian etwas, das vor ihm noch nie ein Kaiser gemacht hatte; seine Abdankung. Die Sache wäre nicht so reibungslos über die Bühne gegangen, wenn nicht auch Maximianus abgedankt hätte. Es ist aus heutiger Sicht erstaunlich, dass er seinen Mitregenten zu diesem Schritt überreden konnte. In diesem Sinne erfolgte der Machtverzicht am 1. Mai 305 für Diokletian in Nicomēdeia und für Maximianus in Mediolanum - dem heutigen Mailand.

Da auch Kaiser Maximianus im Jahr 304 nicht mehr in Rom weilte, konnte Pankratius vor keinen der beiden Herrscher gebracht werden.

Gaius / Cajus, Bischof von Rom

Der aus Dalmatien stammende Gaius war in der Zeit vom 17. Dezember bis zum 22. April 296 Bischof von Rom, also in einer Zeit, in der es keine Christenverfolgung gab. Sein Verstecken ist daher äußerst fragwürdig.

Mit der Legende, die sich um Pankratius rankt, haben wir die Lebens- und Leidensgeschichte eines Heiligen vor uns, die möglicherweise mit einer lehrhaften Absicht verfasst worden ist, mit der Realität aber nichts zu tun hat.

Bleibt noch die Frage zu klären, ob Arnulf von Kärnten tatsächlich am 12. Mai 896 Rom erobert und dies der Hilfe des hl. Pankratius zugeschrieben hat.

Arnulf von Kärnten

Der um 850 geborene Arnulf von Kärnten war der älteste außereheliche Sohn des Königs des Ostfrankenreiches in Bayern und Königs von Italien Karlmann aus seiner Beziehung mit Liutswind, wahrscheinlich einer Luitpoldingerin.
Der aus dem Geschlecht der Karolinger stammende Mann war von 876 bis 887 Markgraf von Karantanien / Kärnten - daher die Bezeichnung Arnulf von Kärnten -, 887 bis 899 ostfränkischer König, von 894 bis 899 König von Italien und von 896 bis 899 römisch-deutscher Kaiser.

In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts beherrschte Wido II. das Herzogtum Spoleto in Mittelitalien. Außenpolitisch nach Westfranken orientiert, familiär mit Toskana sowie Salerno verbunden und so der eigentliche Herrscher in Mittelitalien, suchte er in den Spuren seines Vorgängers sein Territorium vor allem nach Süden und nicht zuletzt auf Kosten des Kirchestaates auszudehnen und in Italien eine eigene Dynastie zu begründen.

Wie schon der Papst Johannes VIII. den Kaiser Karl III. um Hilfe gegen Wido, den er als den schlimmsten Feind der Kirche hasste, gebeten hatte, so war es im Jahr 895 Papst Formosus, der Arnulf um Hilfe anflehte. Nach Beratung mit den Bischöfen entschloss sich Arnulf zu einem neuen Romzug. Im Dezember 895 unterwarf er die Lombardei. Dann traf er, nach einem äußerst mühevollen, unter gewaltigen Stürmen, Regengüssen und schlimmem Pferdesterben erfolgten Marsch – nun zunächst auf Ochsen, die nach Art der Pferde gesattelt – durch Tuszien / Toskana, im Februar 896 vor Rom ein.
Dort aber hatten die Spoletiner - unter der Führung von Widos couragierter Witwe Ageltrude - überraschend die Tore schließen und die Stadt in Verteidigungszustand bringen lassen. So kam es zur ersten Belagerung Roms durch einen fränkisch-deutschen König.

Arnulf beriet sich – wahrscheinlich an einem der Tage zwischen dem 17. und 20. Februar - mit den Seinen und entschloss sich, am darauffolgenden Tag – höchstwahrscheinlich am 21. Februar – den Angriff zu wagen.
Alle feierten, berichteten die ostfränkischen Chronisten, die hl. Messe, beichteten ihre Sünden, fasteten, schwuren Arnulf unter Tränen Treue und erstürmten auf Gottes Wink im ersten Anlauf und mit Hilfe des hl. Pankratius - wie Arnulf glaubte - die heilige Stadt. Am folgenden Tag, am 22. Februar 896, krönte Papst Formosus Arnulf zum Kaiser des römisch-deutschen Reiches.

Arnulf blieb nur zwei Wochen in Rom, dann brach er Anfang März zur Eroberung von Spoleto auf.

So deckt sich die Schilderung bezüglich der Beliebtheit des hl. Pankratius im deutschsprachigen Raum mit den historischen Gegebenheiten, nur mit dem Datum der Eroberung Roms dürfte man bewusst geschwindelt haben.

Prof. Helmut Bouzek, E-Mail vom 13. Dezember 2011

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Autor: Prof. Helmut Bouzek - zuletzt aktualisiert am 01.05.2018
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Prof. Helmut Bouzek: Artikel
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