Ökumenisches Heiligenlexikon

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Franziskus von Assisi


S. Franciscus Seraphicus, Conf. et Ord. Min. Fund. (4. Oct.) Es war im J. 1182 (nicht 1181, wie Einige sagen), daß Pica, die Frau des reichen Kaufmannes Petrus Bernadone 1 zu Assisi in Umbrien, unter mancherlei wunderbaren Umständen ein Knäblein gebar, das in der heil. Taufe den Namen Johannes Evangelist erhielt. Die Mutter zog ihren Sohn mit treuer Liebe auf und übergab ihn später frommen Geistlichen der Pfarrei St. Georg zur weiteren Bildung. Als er herangewachsen war, bestimmte der Vater den lebhaften Knaben zum Kaufmannsstande, und da er sich bald so viele Kenntnisse erworben hatte, daß er den kaufmännischen Briefwechsel nach Frankreich führen konnte, erhielt er, wie man gewöhnlich annimmt, den Namen Franciscus, welchen er in Zukunft beibehielt, und nach welchem alle Anderen dieses Namens genannt sind. In seiner Jugend hatte er Freude an reichlichem Erwerbe und starken Hang zu den Vergnügungen dieser Welt; er liebte schöne Kleider und fröhliche Gelage. Doch ward er durch die Gnade Gottes, die ihn zu hohen Dingen ausersehen hatte, vor groben Ausschweifungen bewahrt. Hatte er gleich mancherlei Fehler an sich, so war er doch auch mit vielen guten Eigenschaften geziert; und besonders zeichnete ihn eine große Liebe zu den Armen aus. Als er einmal eine arme Person, die ihn um ein Almosen bat, unerhört von sich gelassen hatte, reute ihn dieß augenblicklich; er rief die Person zurück, beschenkte sie reichlich und machte das Gelübde, niemals mehr einen Armen ohne Almosen von sich zu weisen. Diese Liebe zu den Armen war der Anfang seiner künftigen Heiligkeit. Bald suchte ihn Gott auf mannigfache Weise heim. Neben großer Herzensgüte hatte er nämlich auch frischen Muth und oft zeichnete er sich durch Kühnheit aus, besonders in den Kämpfen, welche zwischen Assisi und dem benachbarten Perugia häufig stattfanden. In einem dieser Kämpfe wurde er nun mit mehreren Gefährten gefangen genommen und zu Perugia ein ganzes Jahr festgehalten. Bald nach seiner Entlassung fiel er in eine lange dauernde, gefährliche Krankheit. So lernte er immer mehr die Nichtigkeit der Freuden und Güter dieser Weit erkennen; doch hatte ihn sein irdischer Sinn noch nicht verlassen. Plötzlich kauft er sich reiche Kleider und Waffen und will dem heldenhaften Walter von Brienne nach Neapel folgen, um sich unter ihm Ehre und Ruhm zu erkämpfen. Doch schon in Spoleto kehet er wieder heim und feiert das Wiedersehen im Kreise seiner Freunde mit einem reichen Mahle. Alle sind heiter, er aber ist ernst und stille, und da Einige ihn scherzend fragen, eb er etwa eine Geliebte habe? ruft er hastig und bewegt: »Ja, ich habe eine Braut, adeliger, reicher und schöner als Ihr jemals eine gesehen habt.« Diese Braut war die heil. Armuth Jesu, nach welcher er ein heißes, aber noch dunkles Sehnen in seiner Beust fühlte. Da er nun den Armen immer reichlichere Almosen darreichte, auch die Aussätzigen, deren es damals viele gab, zu bedienen anfing, vielfach in den Spitälern verweilte und sich allmälig mehr in die Einsamkeit zurückzog, um dem Gebete und der Betrachtung obliegen zu können, so entstanden bald zwischen ihm und seinem Vater, der für solche Dinge keinen Sinn hatte, mancherlei Zwistigkeiten. Sein Vater suchte ihn durch Strenge von seinem gefaßten Vorsatze abzubringen; doch verfehlte sie hier gänzlich ihren Zweck. Um diese Zeit machte Franciscus seine erste Wallfahrt nach Rom. Hier brachte er sein ganzes Reisegeld zum Opfer, tauschte sein stattliches Gewand mit den Lumpen eines Bettlers und flehte an der Thüre einer Kirche in französischer Sprache die Vorübergehenden um Almosen für die Dürftigen an. Nach Assisi heimgekehrt, hatte er schwere Kämpfe zu bestehen; das alte Gelüsten nach Weltfreude versuchte ihn heftig, und Kleinmuth preßte ihm oft Thränen aus. Als er in solcher Noth in der Kirche zum hl. Damian, welche außerhalb dar Stadtmauern von Assisi lag und dem Verfalle nahe war, einmal betete, glaubte er eine Stimme zu vernehmen, welche von dem Crucifixe herab, vor dem er kniete, ihm dreimal wiederholte: »Franciscus! mache dich auf und stelle mein zertrümmertes Haus wieder her.« Er nahm diese Worte buchstäblich und meinte, er müsse die St. Damianskirche wieder herstellen. Schnell steht er auf, eilt in das Haus seines Vaters, nimmt mehrere Ballen Tuch, welche er in der Stadt Foligni verkauft, und bringt den Erlös dem Priester von St. Damian. Da dieser das dargebotene Geld nicht annehmen will, wirft es Franciscus auf ein Kirchenfenster. Als sein Vater dieses Alles vernommen, wurde er noch mehr erzürnt, und nach mehreren heftigen Auftritten, bei denen Franciscus viel zu leiden hatte, kam es endlich dahin, daß Bernardone seinen Sohn vor den Bischof der Stadt, Namens Guido oder Vidon, brachte. Hier verlangte er von demselben, daß er all das Geld, das er noch in Händen habe, zurückgebe und auf sein elterliches Erbgut Verzicht leiste. Franciscus, der die Armuth sehr liebte, that Alles, was der Vater von ihm verlangte. Schweigend legte er seine Kleider bis auf das Bußhemd ab und gab sie seinem Vater zurück, indem er dabei die schönen Worte sprach: »Bis jetzt nannte ich den Petrus Bernardoni meinen Vater; aber weil ich mir vorgenommen habe, Gott zu dienen, so gebe ich ihm das Geld zurück, das ihm so viele Unruhe machte, und alle Kleider, die ich von ihm habe, indem ich von nun an sagen will: »Vater unser, der du bist in den Himmeln,« und nicht mehr: »Vater Petrus Bernardoni.«« (II. 569 bis 570). Der Bischof ward dadurch sehr angegriffen, umarmte den Diener Gottes und ließ ihm ein Kleidungsstück reichen. Man gab dem Franciscus einen alten Mantel, den er mit Freude annahm und worauf er mit Mörtel ein Kreuz zeichnete. Dieses geschah im 25. Jahre seines Alters, nach Einigen im J. 1206, nach den Bollandisten (II. 572) aber richtiger im J. 1207, und zwar wahrscheinlich am 16. April. Von jetzt an lebte er einige Zeit lang nur dem Gebete und der Abtödtung seines Leibes, und bettelte selbst in seiner Vaterstadt, um sich in der Demuth zu üben. Dabei trug er das gewöhnliche Eremitengewand, welches ihm später ein Bekannter in Gubbio gegeben hatte, nämlich eine kurze Kutte, einen ledernen Gürtel und einen Stab. In den Jahren 1207 und 1208 stellte er, an die frühere höhere Mahnung sich erinnernd, die Kirchen von St. Damian wieder her, sowie auch eine alte Kirche von St. Peter, indem er die Mittel hiezu durch Almosensammeln gewann. Hierauf ließ er sich nieder bei einer kleinen, etwa eine halbe Stunde von Assisi entfernten Kirche, welche einer Benedictinerabtei zugehörte und von den Mönchen den Namen Portiuncula (d. i. ein kleiner Antheil) erhalten hatte, weil sie auf einem kleinen ihnen angehörigen Grundstücke lag. Man hatte sie verlassen, weil sie den Einsturz drohte; aber Franciscus wählte diesen Ort, theils wegen der dort herrschenden Einsamkeit, theils weil dieses Kirchlein den Titel »Santa Maria von den Engeln« (S. Maria Angelorum oder de angelis) trug, zu welchen er große Verehrung hegte. Auch diese Kirche stellte er im J. 1208 wieder her, verrichtete darin gewöhnlich sein Gebet und wurde außerordentlicher Gnaden von Gott gewürdigt. Hier war es auch, daß ihm durch die Verdienste Mariä, dieser mächtigen Fürsprecherin, das Glück zu Theil wurde, sein apostolisches Leben zu empfangen und zur Welt zu bringen. Als er nämlich eines Tages 2 bei der heil. Messe die Worte hörte: »Ihr sollt weder Gold noch Silber, noch anderes Geld in euern Gürteln haben, auch keine Tasche auf dem Wege, noch zwei Röcke, noch Schuhe noch Stab« (Matth. 10, 9. 10), warf er seinen Geldbeutel weg, zog seine Schuhe aus, vertauschte seinen ledernen Gürtel mit einem Stricke, und dachte an nichts Anderes mehr, als nur daran, das Gehörte auszuüben. »Dieses ist es ja, wonach ich suche,« rief er voll inniger Freude aus; »nach diesem sehne ich mich von ganzem Herzen.« (Hoc est, quod quaero; hoc est, quod totis praecordiis concupisco.) Das Eremitenkleid, das man ihm früher geschenkt hatte, erschien ihm nun zu weichlich; er vertauschte es daher mit einem rauhen ärmlichen Kleide, das er mit einem Stricke zusammengürtete, wie es die Hirten und die armen Bauern jener Gegend trugen. In der Folge that er noch einen kleinen Mantel hinzu mit einer Kapuze zur Bedeckung des Hauptes. (Im J. 1260 ließ der hl. Bonaventura als späterer General des Ordens diesen Mantel etwas verlängern, so daß er die Schultern bedeckte.) Von jetzt an begann er, den Sündern Buße zu predigen und zwar mit großem Erfolge, da er ja in seiner Armuth etc. selbst ein Muster der Buße war. Seine Predigten fing er immer mit den Worten an: »Der Herr sei mit euch,« oder: »Der Herr gebe euch den Frieden.« Und schon damals war er mit der Gabe der Wunder und Weissagung begnadigt. So heilte er einen Mann, der am Krebse schrecklich litt, durch einen Kuß, und als er die Kirche des hl. Damian herstellte, sagte er im prophetischen Geiste vorher, daß dieses Gebäude ein Kloster für gottgeweihte Jungfrauen werden würde, was auch wirklich geschah, indem die hl. Clara dort ihr Kloster erhielt. Ganz besonders verehrte der Heilige das bittere Leiden und Sterben des Herrn, und nahm gewöhnlich aus der Passion seinen Betrachtungsstoff. Sein heiliger Lebenswandel führte ihm mehrere Jünger zu. Der erste war Bernhard von Quintavalle (s. Bernardus60), ein reicher, sehr verständiger Mann aus Assisi. Der zweite war Petrus von Catania, 3 Domherr zu Assisi. Er legte Beiden sein Bußkleid an, und zwar nach den sichersten Quellen am 16. April (nach Andern am 16. August) 1209. Dieses Jahr zählt man deßhalb gewöhnlich als das erste des Ordens, obwohl von Einigen auch das Jahr 1208 angegeben wird, weil in demselben Franciscus sein Ordenskleid genommen haben soll, was aber die Bollandisten, wie oben bemerkt wurde, richtiger auf den 16. April 1207 setzen, mit dem Bemerken, daß nach den ältesten und sichersten Quellen seine volle Entäußerung aller Güter nicht auf das J. 1208 hinausgeschoben werden könne (II. 572). - Nachdem der hl. Franciscus bisher größtentheils bei dem Priester von St. Damian gewohnt hatte, wählte er nun für seine Jünger, die er die »Minderen Brüder« (Fratres Minores) nannte, eine verlassene Hütte in der Ebene von Rivo-Torto (so genanntwegen des vielfach gekrümmten Baches) zur Wohnung, wo er mit seinen Jüngern in Engelsfrieden lebte. Bald klopften andere Heilsbegierige an der Pforte an, und im J. 1210 hatte der Heilige schon 11 Brüder um sich versammelt. Von diesen schickte er nun, nach vorhergegangener Besprechung mit dem Bischofe von Assisi, Einige fort zum Predigen; er selbst begab sich in die Mark Ancona, kehrte jedoch bald wieder in die einsame Hütte am Rivo-Torto zurück. Als die auf Mission Gesandten wieder sich bei. Franciscus eingefunden hatten, und die Zahl seiner Schüler sich allmählig vergrößerte, entwarf er für sie nach anhaltendem Gebete eine Regel 4, die er mit seinen 11 Jüngern noch im nämlichen Jahre 1209 nach Rom trug zur Bestätigung. Papst Innocenz III. war anfangs nicht sehr geneigt, die verlangte Bestätigung zu gewähren; jedoch auf die Fürsprache des Cardinals Johann vom hl. Paulus, aus dem mächtigen Hause der Colonna, der ihn auf Empfehlung des eben damals in Rom anwesenden Bischofs Vido sogar in sein Haus aufgenommen hatte, und durch einen wunderbaren Traum 5 belehrt, genehmigte der Papst diese (anfangs von ihm und Anderen für allzu streng gehaltene) Regel, doch vorläufig nur mündlich (viva roce), und gab ihm auch die Vollmacht, überall zu predigen, und den Auftrag, auch seine Jünger Buße predigen zu lassen, während der genannte Cardinal Johannes, Bischof von Sabina, sowohl dem hl. Franciscus als auch seinen Jüngern die Tonsur (Clericam) geben ließ. Dieses geschah auch im J. 1209 (nicht 1210, wie Butler und nach ihm Andere haben) und zwar vermuthlich im Monate August; jedenfalls einige Wochen früher, als Kaiser Otto IV. nach Rom zog, um dort als römischer Kaiser gekrönt zu werden. Daß er jedoch von Papst Innocenz III. zur Diakonswürde erhoben worden sei, wie es bei Butler (XIV. 136) und nach ihm bei Andern heißt, wird von den Bollandisten (II. 645) in Abrede gestellt und durch Gründe wahrscheinlich gemacht, daß er später (jedenfalls aber vor dem J. 1223) von dem Bischof Vido von Assisi zuerst zum Subdiakon und dann zum Diakon geweiht worden sei, als welcher er einige Male das Evangelium in der Kirche sang. Zum Priester wollte er sich aus Demuth nicht weihen lassen. - Nachdem Franciscus auf solche Weise seine Absichten erreicht und den päpstlichen Segen empfangen hatte, begab er sich mit seinen Schülern wieder in die Hütte am Rivo-Torto (Rivus tortus) zurück. Zuweilen ging er auf das Land, um Unterricht zu ertheilen; auch predigte er häufig in der Domkirche zu Assisi. Nach einiger Zeit überließ ihm der Benedictiner-Abt vom Berge Sobazzo (de Monte Subasio) bei Assisi die Kirche »St. Maria von den Engeln«, auch Portiuncula genannt, die fortan als Ort der Entstehung des Ordens und als Hauptkloster betrachtet wurde. Diese Kirche nahm er aber nicht als Eigenthum an, sondern begnügte sich mit dem Gebrauche derselben. Ueberhaupt suchte er von dem Orden allen Geist der Eigenthumsbegierde fern zu halten, und die vollständigste Armuth einzuführen, was freilich der Genuß und Habsucht jener Zeit ganz entgegen gesetzt war, dagegen aber von dem unbedingten Gottvertrauen des hl. Franciscus das schönste Zeugniß gab und so auch viele Andere dafür begeisterte. Er selbst nahm übrigens täglich zu in allen Tugenden, namentlich in der Geduld, Demuth, Sanftmuth, Abtödtung etc. Vorzüglich aber zeichnete er sich durch zarte Keuschheit aus, obwohl er in den ersten Jahren seiner Bekehrung heftige Kämpfe auszustehen hatte, die er jedoch mit der Gnade Gottes alle muthig überwand. Auch hatte er von Gott die Gabe der Thränen, sowie die Wissenschaft der Heiligen erhalten. Dabei trug er eine besondere Liebe und Verehrung gegen die heil. Mutter des Herrn und den hl. Erzengel Michael. Ueberhaupt war Liebe sein Lebens-Element, die rechte christliche Liebe, mit welcher er alle Menschen umfaßte und Allen Alles zu werden suchte. Auch hatte er eine zarte Liebe zur ganzen Natur; denn da er den Schöpfer innig liebte, so liebte er das von Ihm Erschaffene - das Lebende sowohl als das Leblose. Bekannt ist seine Liebe zu den Thieren, die manchmal zu ihm sich flüchteten. Besonders liebte er die Turteltauben, die Lerchen und die Lämmer. Er lebte und webte in Mitte der Schöpfung, ebenso wie Adam im irdischen Paradiese. Da er sich selbst ganz entäußert hatte, so wich auch jener Schrecken, welchen Gott nach der Sündfluth den Thieren gegen die Menschen eingepflanzt hatte (1. Mos. 9, 2), und er verkündete das Evangelium, d. h. die frohe Botschaft vom Reiche Gottes, im buchstäblichen Sinne jeder Creatur, wie es Jesus vor Seiner Himmelfahrt befohlen hatte (Mark. 16, 15.) Wie er im Gefühle der innigsten Gottesliebe die Thiere seine Brüder und Schwestern nannte, so gab er auch den leblosen Wesen manchmal diesen Namen, wie z. B. in dem herrlichen »Sonnengesange«, wo er Sonne, Mond, Wind, Luft, Wasser etc. so bezeichnete. - Beseelt von dem Eifer, den katholischen Glauben immer weiter zu verbreiten und recht viele Sünder für Christus zu gewinnen, schiffte er sich nach Syrien ein; aber ein heftiger Sturm schleuderte ihn an die Küsten von Dalmatien. Da er seine Reise nicht weiter fortsetzen konnte, sah er sich genöthigt, wieder nach Italien umzukehren. - Am 18. März 1212 gab er der hl. Jungfrau Clara (s. S. Clara1) in der Portiunculakirche das Ordenskleid und stiftete so den sogenannten zweiten Orden »der armen Frauen«, indem der für die Männer gestiftete als der erste gilt. Um diese Zeit entstanden durch die Bemühungen des Heiligen viele Klöster; denn mehrere Städte wünschten Söhne des hl. Franciscus in ihren Mauern zu haben; so Cortona, Arezzo, Vergoreta, Pisa, Bologna, Florenz u. a. m. Im J. 1214 zog Franciscus nach Spanien in der Absicht, nach Marocco zu schiffen und dort das Evangelium zu verkünden; allein mancherlei Geschäfte, und besonders eine heftige Krankheit, hinderten ihn, seinen Vorsatz auszuführen. In Spanien wirkte er übrigens mehrere Wunder und gründete einige Klöster. Als er wieder nach Italien zurückgekehrt war, begab er sich nach der Kirche St. Maria von den Engeln, und wollte hier ein Gebäude, das ihm zu prächtig schien, niederreißen lassen. So sehr liebte er die Armuth. Auch besuchte er den Berg Alverno (Alvernus, Alvernia), den er zu einer Niederlassung für seine Brüder von einem Grafen Orlando geschenkt erhalten hatte. Zur Zeit des Conciliums vom Lateran (1215) fand sich der Heilige wieder in Rom ein und lernte dort den hl. Dominicus kennen, mit dem er fortan durch ein Band heiliger Freundschaft verknüpft blieb; aber die förmliche Bestätigung ihrer Orden konnten Beide damals noch nicht erlangen, weil das Concilium ein Gesetz wider Vermehrung der Orden erlassen hatte. Im J. 1216 hatte Franciscus einige seiner Ordensleute nach Deutschland geschickt. Da sie aber von der deutschen Sprache kaum mehr als das Wort »Ja« wußten und daher auch auf die mißtrauische Frage, ob sie vielleicht aus Italien gekommene Ketzer seien, wie es deren in damaliger Zeit mehrere gab, ohne Arg mit Ja antworteten, wurden sie ergriffen, beschimpft und vertrieben. Am 30. Mai 1216 wurde das erste Generalcapitel zu Assisi gehalten; drei Jahre später (1219) hielt der heil. Ordensstifter das zweite Generalcapitel, das der Matten (storearum) genannt, weil die Brüder wegen der großen Menge (es waren aus allen Gegenden der Welt 5000 Brüder erschienen) in Matten oder Hütten wohnen mußten, die man auf freiem Felde aufgeschlagen hatte. Doch nach den Bollandisten (II. 610) scheint dieses Generalcapitel erst im J. 1223 abgehalten worden zu seyn. (Bei dem im J. 1221 zu Assisi gehaltenen General-Capitel war auch der erst vor Kurzem in den Orden getretene hl. Antonius von Padua zugegen, der dann später eine so große Zierde des Ordens wurde.) Der Cardinal Ugolino, der später unter dem Namen Greger IX. den päpstlichen Stuhl bestieg, führte als Protector des Ordens den Vorsitz. Bei diesem Capitel traten mehr als 500 Novizen ein. Drei Puncte vorzüglich wurden auf demselben festgesetzt: 1. daß man jeden Sonntag zu Ehren der seligsten unbefleckten Jungfrau Maria eine feierliche Messe singen solle; 2. daß man der hhl. Apostel Petrus und Paulus ausdrücklich Erwähnung thue in zwei Gebeten, und 3. daß die Armuth in allen Stücken in den Klöstern, die man bauen würde, hervortreten solle. Am Schlusse dieses General-Capitels vertheilte der heil. Ordensstifter gleichsam die Welt unter seine Jünger; er sandte sie nach England, Frankreich, Spanien, Griechenland, Afrika etc. und gab ihnen zugleich die Empfehlungsbriefe mit, welche er auf den Rath des Cardinals Ugolino vom Papste Honorius III. erbeten und erhalten hatte. Die Mission von Syrien behielt er sich selbst vor, in der Hoffnung, dort die Krone des Martyriums zu erlangen. Diese wurde ihm jedoch nicht zu Theil, wohl aber seinen Schülern Berardus, Otto, Petrus, Adjutus und Accursius, welche von ihm im J. 1219 nach Marocco gesendet und dort im J. 1220 nach vielen Leiden enthauptet wurden als die ersten Martyrer aus seinem Orden (s. S. Berardus1). Nachdem er mehrere wichtige Geschäfte beendigt und den Provincial Elias von Cortona als seinen Generalvicar aufgestellt hatte, schiffte er sich mit 12 Genossen nach dem Morgenlande ein. Glücklich erreichte er Aegypten, nachdem er auf Cypern und in St. Jean d'Acre zehn Brüder zurückgelassen. Die Kreuzfahrer belagerten eben die Stadt Damiette in Aegypten. Mit großer Betrübniß gewahrte er den Zwiespalt im Lager der Christen. Da man auf seine Warnungen nicht hörte, verließ er sie mit dem Bruder Illuminatus und ging ins Lager der Saracenen, wo er von dem Sultan freundlich aufgenommen und nach einigen Besprechungen mit Geschenken entlassen wurde. Hierauf durchwanderte er ganz Palästina und kam bis nach Antiochia. Sein Orden faßte feste Wurzeln und war so geachtet, daß man ihm die Wache des Grabes Christi übergab, welchen Ehrenplatz die »Minderen Brüder« bis auf den heutigen Tag behaupten. Uebrigens mußte er bald nach Italien zurückkehren, um in seinem Orden das wieder gut zu machen, was durch seinen Generalvicar, welcher die Regel mildern wollte, verdorben worden war. An dessen Stelle setzte er auf einem Capitel, das er zu Portiuncula am St. Michaelsfeste hielt, den Bruder Petrus von Catania (Cathani), nach dessen bald erfolgtem Tode (1221 oder nach Andern 1224) wieder Elias Generalvicar des Ordens wurde. Auf einem der folgenden Capitel wurde auch die Mission nach Deutschland beschlossen und der Bruder Cäsarius von Speier an ihre Spitze gestellt. Der Erfolg war jetzt günstiger als früher. Ueber Trient und Botzen zogen sie nach Augsburg, wo der Bischof sie freundlich aufnahm und sie bei 30 Novizen gewannen. Nun gründeten sie Häuser zu Straßburg, Mainz, Speier, Magdeburg, Regensburg, Eßlingen etc. - Nach kurzer Ruhe ergriff der Heilige wieder den Wanderstab und durchzog Umbrien und Toscana, Buße und Frieden predigend. Und der Zudrang zu seiner Genossenschaft war so groß, daß er Entvölkerung der Länder und die Auflösung zahlloser Ehen fürchtete. Darum gründete er auf dieser Missionsreise zu Carnerio oder Canaro (Canarium) im Thale von Spoleto - und zwar im J. 1221 (nicht 1220, wie Einige haben) - den sogenannten dritten Orden »von der Buße« (Tertiarier), durch welchen auch Weltleute, Verheirathete und sonst durch ihren Beruf gebundene Personen beiderlei Geschlechtes, Gelegenheit erhalten sollten, des Segens der neuen klösterlichen Verbindung zu genießen, ohne förmlich Mitglieder derselben zu werden. Wahrscheinlich im folgenden Jahre verfaßte er eine Regel für diesen Orden, welche zuerst von den Päpsten Honorius III. und Gregor IX., später aber von dem Papste Nikolaus IV. (1289) mit einigen Abänderungen und Zusätzen bestätigt wurde, und unglaublich groß war nach und nach in allen Ländern die Anzahl der Christen, welche sich in diesen Orden aufnehmen ließen, darunter auch Päpste, Kaiser, Könige, Fürsten etc. Der erste, welcher die Aufnahme nachsuchte und erhielt, war ein gewisser Luchesius oder Lucius mit seiner Frau zu Poggi-Bonzi (Podium Bonitium) in Toscana. - Das Jahr 1223 brachte dem Heiligen vom Papste Honorius III. die förmliche Bestätigung des berühmten Portiuncula-Ablasses 6, sowie auch die Ordensregel, die der Heilige noch einmal überarbeitet hatte, durch eine Bulle vom 29. (28.) Nov. 1223 bestätigt wurde. Im J. 1254 zählte der Orden in 33 Landschaften über 8000 Häuser und 200,000 Brüder. - Gegen das Fest der Himmelfahrt Mariä (1224) begab sich Franciscus an den einsamsten Ort des Berges Alverno (Alverna), um ganz der Betrachtung zu leben. Hier war es nun, wo nach der Erzählung des hl. Bonaventura am Feste der Kreuzerhöhung zu dem Heiligen, als er durch die seraphische Flamme seiner Sehnsucht in heißem Gebete zu Gott sich erhob, ein Seraph mit sechs Flügeln, zwischen welchen das Bild des Gekreuzigten erschien, von der Höhe des Himmels sich herniederließ, und der hl. Franciscus, von innigster Liebe zum leidenden Heilande durchglüht, die Wundmale Christi an seinen Händen und Füßen und an der Seite empfing. Dieses Wunder der Stigmatisation ist über aller Zweifel erhaben, und die Erinnerung daran wird im gesammten Franciscaner-Orden seit Papst Benedict XII. (1234), in der allgemeinen Kirche aber seit Papst Paul V. (1605) jährlich am 17. September sub ritu dupl. gefeiert. Das war auch der Hauptgrund, warum der hl. Franciscus den Beinamen »der Seraphische« (Seraphicus) erhielt, und nach dem seraphischen Patriarchen Franciscus heißt denn auch der von ihm gestiftete Orden der »seraphische Orden« etc. - Die zwei Jahre, die er noch lebte, waren für ihn gleichsam der Martertod der Liebe; er brachte sie in Leiden und Krankheiten zu. Alles aber ertrug er mitvollkommenster Geduld und Freude. Oefters verlangte er, man möchte ihn nach seinem Tode als den letzten Menschen behandeln und seinen Leib auf dem sogenannten »Höllenhügel« (Colle d'inferno) bei Assisi beerdigen, wo die Richtstätte der Missethäter war. Einige Zeit vor seinem Hinscheiden machte Franciscus sein geistliches Testament. Nachdem er seine Jünger nochmals zur treuen Beobachtung der Regel ermahnt und sie gesegnet hatte, ließ er sich die Passion nach Johannes vorlesen, hob dann den 141. Psalm (Voce mea …) an, bei dessen letztem Verse: »Führ' aus dem Kerker meine Seele, damit ich preise deinen Namen; die Gerechten warten mein, bis du mir wohlthust«, er sanft im Herrn verschied am 4. October 1226, im 45. Jahre seines Alters, im 20. seiner Bekehrung und im 18. der Stiftung seines Ordens. Sein Leichnam wurde am Tage nach seinem Tode, der ein Sonntag war, von Portiuncula feierlich nach Assisi gebracht, dort in der St. Damianskirche, wo die hl. Clara mit ihren Töchtern versammelt war, ein wenig niedergelassen und dann in der St. Georgskirche, wo der Heilige getauft worden war, beigesetzt. Er verblieb aber daselbst nicht sehr lange; denn als der Papst Gregor IX., der vertraute Freund des hl. Franciscus, nach Assisi kam und am 16. Juli 1228 in der St. Georgskirche selbst die Ceremonie seiner Heiligsprechung vornahm, bestimmte er zugleich eine bedeutende Summe zur Erbauung einer neuen prächtigen Kirche auf dem »Höllenhügel«, der dann »Paradieses-Hügel« (Colle del Paradiso) genannt wurde. Im J. 1230 wurde diese Kirche vollendet und am 25. Mai 1230 der Leib des Heiligen dahin gebracht. An diesem Tage wird daher in Assisi, sowie von dem gesammten Orden des hl. Franciscus das Fest der Uebertragung seines heil. Leibes (Festum Translationis) gefeiert. Uebrigens war der eigentliche Platz, wo der heil. Leib ruhte, 600 Jahre lang ein Geheimniß, was sich dadurch erklären läßt, daß die Bürger von Assisi aus Furcht, es möchte der kostbare Schatz ihnen entrissen werden, sich bei der Uebertragung auf den Wagen warfen, der die Reliquien führte, dann dieselben eilends in die neue Kirche trugen und bei verschlossenen Thüren begruben. Erst als Papst Pius VII. in der Kirche von Assisi Nachgrabungen veranstalten ließ, gelang es nach einer Arbeit von 52 Nächten am 18. Dec. 1818 die Gebeine des Heiligen unter dem Hochaltare zu entdecken. Eine genaue Untersuchung und die dabei gewirkten Wunder ließen keinen Zweifel darüber, daß es wirklich die Gebeine des hl. Franciscus seien, dessen Orden nun am 18. Dec. das Fest der Erfindung (Festum Inventionis) seines heil. Leibes feiert. - Im Mart. Real. wird seiner am 4. Oct. als »Fundator Ordinis Minorum« erwähnt mit dem Beisatze, daß der hl. Bonaventura sein Leben, das voll Heiligkeit und Wunder gewesen, beschrieben habe. Im röm. Brevier wird sein Fest schon seit langer Zeit auch am 4. Oct. gefeiert. - Was nun die Abbildung des Heiligen betrifft, so geschieht sie auf mannigfache Weise. Manchmal wird hiezu der Moment gewählt, in dem er die Wundmale empfängt. Der Seraph mit dem Bildnisse des Gekreuzigten erscheint oben in der Luft. Strahlen von den Wunden des Herrn treffen auf den hl. Franciscus, der in heiliger Betrachtung nach dieser wunderbaren Erscheinung hinsieht. Manchmal wird der Heilige aber auch abgebildet in einsamer Betrachtung, und es werden ihm dann Kreuz, Nägel, Geißel, Rosenkranz und Todtenschädel als Gegenstände beigegeben, auf die er mit besonderem Ernste hinblickt. Immer aber trägt er sein Ordenskleid, sowie die Wundmale. Seine äußere Gestalt wird als einnehmend geschildert; er war eher kleiner als mittlerer Gestalt, sein Kopf rund, das Antlitz jedoch länglich, die Stirne flach, das Auge schwarz, die Nase wohlgebildet, die Haare ins Bräunliche spielend; der Mund war zart und sein geschnitten, der Bart schwarz, der Hals schlank, Hand und Fuß klein, die Haut zart, der Körper mager etc. 7 - Wir wollen nun zum Schlusse noch einige Notizen über die verschiedenen Zweige des gesammten, später nach dem heil. Stifter so genannten Franciscaner-Ordens (Ordinis S. Francisci), d. h. der von dem hl. Franciscus gestifteten drei Orden anfügen:

I. Der erste Orden der »Minderen Brüder« (Fratres Minores), von dieser lateinischen Benennung auch »Minoriten« genannt, besteht aus Conventualen und Observanten. Erstere erhielten bald nach dem Tode des hl. Franciscus, besonders auf Veranlassung des Elias von Cortona, die Erlaubniß, Renten und Vermächtnisse annehmen zu dürfen, und weil sie in größeren Conventen (Klöstern) wohnten, so erhielten sie den Namen »Conventualen«; sie sind schwarz gekleidet, und besitzen unter andern das Kloster, wo der Leib des hl. Franciscus ruht, sowie auch das Kloster des hl. Antonius in Padua etc. Jene Ordensglieder aber, welche die Regel in ihrer ganzen Strenge befolgten und namentlich in Einsiedeleien oder in niederen und ärmlichen Häusern lebten, nannte man Observanten (vom Lat. observare = beobachten) oder »Väter der Observanz«, denen namentlich der hl. Bernardinus von Siena angehörte, und die sich dann wieder in Observanten der regulirten, der strengeren und der strengsten Observanz theilen, welche Letzteren auch Alcantariner heißen, weil sie den hl. Petrus von Alcantara zum Stifter haben. Nach und nach wurden die Conventualen, welche die schwarze (auch graue) Tracht hatten, im Munde des Volkes vorzugsweise »Minoriten« genannt, während die braun sich kleidenden Observanten mehr und mehr den Namen der Franciscaner erhielten. In Frankreich hießen die Observanten »Cordeliers« wegen des Strickes (Corde), der ihnen als Gürtel diente. Zu den Observanten gehören auch die unbeschuhten Franciscaner von Spanien, welche man in Italien die »Verbesserten Franciscaner« (Reformati) nennt; sodann die Reform der Recollecten, welche im J. 1500 in Spanien entstand, deren Mitglieder in einsamen Klöstern wohnten und die Abgeschiedenheit und Einsamkeit in vorzüglichem Grade beobachteten. Die Reform der Capuciner (Fratrum Minorum S. Francisci Capucinorum) entstand im J. 1525 in Toscana durch Matthäus von Baschi oder Bassi, einem Observanten des Klosters Monte Falco. Sie tragen ein braunes Kleid, eine lange und spitzige Capuze und einen Bart, während die Franciscaner in unseren Gegenden keinen Bart tragen. Im J. 1528 wurden sie bestätigt durch Papst Clemens VII.

II. Der zweite Orden der »armen Frauen« (pauperum Dominarum) erhielt später den Namen der Clarissen oder Clarissinnen von der hl. Clara, welche die erste war, die der hl. Franciscus in diesen zweiten Orden aufnahm, und welcher sich bald mehrere Jungfrauen anschlossen (s. S. Clara). Auch dieser Orden theilt sich wieder in mehrere Zweige. Jene, welche für ihre Klöster ständige Einkünfte zuließen, nannte man Urbanistinnen, weil Urban IV.im J. 1263 diese Erlaubniß ertheilt hatte, während die Andern »arme Clarissen« genannt wurden. Die hl. Coleta († 1447) führte in mehreren Häusern dieses Ordens eine sehr strenge Reform ein, und diejenigen, die ihr folgten, nannte man »Coletinerinnen«, welche später unter dem Namen »Observantinnen« begriffen waren. (S. S. Coleta). Die Reform der Capucinerinnen begann zu Neapel im J. 1558 durch die ehrwürdige Mutter M. Laurenza Longa. Die Klosterfrauen von der unbefleckten Empfängniß der heil. Jungfrau wurden durch den Cardinal Ximenes den Clarissen einverleibt (Vgl. die Note zu Francisca32).

III. Der dritte Orden »von der Buße« (Ordo Tertiariorum oder Fratrum et Sororum de Poenitentia) wurde, wie oben bemerkt, im J. 1221 auch vom hl. Franciscus selbst gegründet, und zwar vorzugsweise für Verehelichte, die in der Welt lebend sich gewissen, ihren Verhältnissen angemessenen Uebungen der Frömmigkeit unterwarfen, wozu sie jedoch keineswegs unter einer Sünde verpflichtet waren. Später gestatteten die Päpste und namentlich Papst Eugen IV. unterm 1. Sept. 1437, daß auch Ledige und Verwittwete, Priester und Laien demselben einverleibt werden durften. (Auch andere Orden nahmen sich diese Anstalt zum Vorbilde, und so gibt es denn Tertiarier bei den Dominicanern, Augustinern, Carmeliten, Minimen und Serviten). Auch geschah es, daß mehrere, besonders weibliche, Personen des dritten Ordens in Genossenschaften sich vereinigten und die feierlichen Gelübde ablegten. Sie sehen die hl. Elisabeth von Thüringen (s. S. Elisabeth7) als ihre Stifterin an. Hieher gehören die grauen Schwestern (Soeurs grises) in Flandern; die Büßerinnen, die im J. 1297 zu Foligni durch die sel. Angela, Gräfin von Civitella (B. Angela3), entstanden, und von denen eine Reform in den Niederlanden besteht, deren Glieder den Namen »Recollectinnen« führen etc. - Auch männliche Mitglieder des dritten Ordens bildeten solche Genossenschaften. Diese sind z. B. die die Kranken bedienenden Minimen, auch »Obregonen« genannt, von dem Madrider Edelmann Bernhard Obregon, der ihr Stifter war; ferner in Flandern die guten Söhne (Bons Fieux oder Bons Fils). Uebrigens gab es auch »Büßer des dritten Ordens«, unter welchen besonders die sogenannte Congregation von Picpus hervorragt, welche der Pariser Vincenz Mussart im Jahr 1595 gegründet und die nach Butler (XIV. 164) ihren Namen von einem in der Pariser Vorstadt St. Antoine gelegenen Orte, Namens Picpus, hat, wo ihr zweites Kloster sich befand etc. - Nach Caroli Mariae Perusini Chronologia hist. leg. Seraphici Ordinis (Romae 1752) Tom. III. P. II. pag. 141 kann man die Mitglieder des dritten Ordens in folgende drei Classen eintheilen:

1) In solche, welche die drei bekannten Gelübde in einem Kloster feierlich ablegen (Tertiarii Regulares utriusque sexus);

2) In solche, welche in der Kleidung des dritten Ordens in einem Hause beisammen (collegialiter) leben oder in Klöstern (cum Claustralibus) zum Dienste der Brüder wohnen. Zu dieser Classe gehören auch jene weiblichen Personen, welche das einfache Gelübde der Keuschheit oder des ehelosen Lebens ablegen und das Ordenskleid öffentlich tragen, aber in ihren eigenen Häusern oder in denen ihrer nächsten Verwandten wohnen. Sie finden sich besonders im Kirchenstaate, werden dort Bizzochen 8 genannt, und genießen die Privilegien, welche Papst Nikolaus V. in seiner Bulle »Etsi Cunctorum …« ausgesprochen hat, dürfen aber nicht ohne Genehmigung des Diöcesanbischofs aufgenommen werden;

3) In solche, welche die Regel des dritten Ordens zu halten versprechen, aber sonst in der Welt leben und keine Gelübde ablegen (Tertiarii saeculares utriusque sexus). Diese Classe ist in unseren Gegenden gemeint, wenn von »Brüdern oder Schwestern des dritten Ordens« die Rede ist. Diese genießen zwar nicht die Privilegien der anderen zwei Orden, haben aber Antheil an den Ablässen und übrigen geistlichen Gütern (bona spiritualia) aller drei Orden des hl. Franciscus etc. Da sie von der bischöflichen Jurisdiction in keiner Weise exempt sind und zu den Ordensobern nur in dem Verhältnisse, wie ein Beichtkind zu seinem Beichtvater und Seelenführer stehen; so können sie von den betreffenden Ordensobern ganz frei, ohne Vorwissen des Diöcesanbischofes, in den Orden aufgenommen werden etc.

Das Leben des hl. Franciscus ist im Laufe der Zeiten vielfach bearbeitet worden, am gründlichsten wohl sicherlich von den Bollandisten, bei welchen fast die Hälfte des II. October-Bandes (pag. 545-1004) von ihm handelt. Sein erster Lebensbeschreiber war sein Freund und Jünger Thomas de Celano; dann wurde sein Leben auch beschrieben von dem apostolischen Notar Johannes de Ceperano, und etwas später auf Befehl des Minoritengenerals Crescentius de Jesi von des hl. Franciscus drei Gefährten (Tres Socii), Leo, Angelus und Rufinus. Diese vorzüglichsten Lebensbeschreibungen wurden von den Bollandisten wörtlich aufgenommen und mit gründlichen Commentaren etc. versehen. Sie sind auch von dem hl. Bonaventura benützt worden, sowie zum Theil von dem Irländer P. Lucas Wadding, welcher Annales Minorum in 18 Folianten geschrieben hat, aber die oben bezeichneten Lebensbeschreibungen nicht alle genau gekannt zu haben scheint, weßwegen in seinem Werke mancherlei Ungenauigkeiten etc. vorkommen. Das nämliche gilt auch von P. Candidus Chalippe, einem Franzosen. Genauer und mit den Bollandisten übereinstimmender ist der Franzose F. E. Chavin de Malan, dessen »Geschichte des hl. Franciscus von Assisi« wir denn, unter Rücksichtnahme auf Butler etc. und besonders auf die Bollandisten, vorzüglich benützt haben. Auch Görres, Haid, Vogt und Andere haben sein Leben mehr oder weniger ausführlich beschrieben. Die Werke des hl. seraphischen Vaters Franciscus, nämlich seine heil. Regeln, seine Briefe, Ermahnungen, Sentenzen, Gedichte etc., wurden ebenfalls vielfach herausgegeben; eine der gefälligsten ist die mit der vom hl. Bonaventura verfaßten Lebensbeschreibung versehene Ausgabe des Joh. Jos. von der Burg, unter dem Titel: »B. Patris Francisci Assisiatis Opera omnia …« Coloniae, Bonnae et Bruxellis (J. M. Heberle) 1849. Der II. October-Band der Bollandisten, in welchem das Leben des hl. Franciscus sich findet, ist vom J. 1768. (II. 540.)

1 Bei Butler (XIV. 122) heißt er Peter Bernardo, war aus adeligem Geschlechte und gebürtig aus Florenz, widmete sich aber der Handlung und ließ sich nieder in der Stadt Assisi (Assisium), also genannt von dem Berg Assi, auf welchem sie erbaut ist. - Diese Stadt war schon den Alten bekannt. Ptolomäus nennt sie Asison und Plinius ihre Einwohner Asisinates. Sie liegt nördlich von Spoleto, östlich von Perugia, nordöstlich von Rom und hat etwas über 4000 Einwohner. Der erste Bischof von Assisi war der hl. Rufinus, welcher im J. 236 oder 240 gemartert wurde. Peter Bernadone bewohnte dort ein schönes Haus und trieb sein Handelsgeschäft bis nach Frankreich. Als er einmal mit großem Gewinne von dort zurückgekehrt war, nannte er, wie Einige sagen, zum Andenken an diese gesegnete Reise voll Freude seinen neugebornen Sohn Francesco (frz. François, lat. Francus, Franciscus), d. i. der Franzose. Nach der gewöhnlichen Annahme aber wurde er deßwegen so genannt, weil er schon als Knabe gut französisch sprach und schrieb. Doch nach dem Bollandisten Constantin Suysken (Oct. II. 556 ff.) verhält sich die Sache anders: Nach ihm war der Großvater aus Lucca und hieß Bernardus Morico. Er gründete aber ein Geschäft in Assisi und wurde dort Bernadonus genannt. Sein Sohn, der Vater unseres Heiligen, hieß dann Petrus Bernardoni oder de Bernardone. Dieser war eben in Frankreich, als unser Heiliger geboren wurde. Die Mutter Pica gab ihm bei seiner Taufe den Namen Johannes, aber ohne Wissen des Vaters, weßwegen dieser, ärgerlich darüber, bei seiner Rückkehr denselben nach seiner väterlichen Autorität in Franciscus umwandelte, ob etwa aus Vorliebe für Frankreich, oder weil in der Verwandtschaft sich dieser Name schon vorfand, oder aus irgend einem andern Grunde, will Suysken nicht entscheiden. Uebrigens habe zwar Franciscus gerne französisch gesprochen, diese Sprache aber nicht gut gesprochen (licet ea recte loqui nesciret, sagt eine sehr alte Lebensbeschreibung). Nach Suysken hatte der hl. Franciscus einen einzigen und zwar jüngeren Bruder, Namens Angelus.

2 Nach dem Bollandisten Suysken (II. 574) geschah dieses im J. 1209, und das Evangelium, von welchem hier die Rede ist, befindet sich in einigen alten Missalen in der Messe des hl. Apostels Matthias am 24. Febr., nicht am 2. Febr., wie es bei Butler (XIV. 129) irrig heißt. Gegenwärtig wird aber am Feste des hl. Apostels Matthias ein anderes Evangelium gelesen.

3 Der Bollandist Suysken (II. 581) nennt ihn Petrus Cathanii, zweifelt aber aus gewichtigen Gründen, die er ausführlich angibt, ob wohl dieser Petrus, welcher später General dieses Ordens wurde, wirklich der zweite Genosse des hl. Franciscus gewesen, oder ob dieses nicht etwa ein anderer Petrus sei. Der dritte Genosse, ebenfalls aus Assisi, war jedenfalls der sel. Aegidius (s. B. Aegidius), welcher am 23. April 1209 an den hl. Franciscus sich anschloß.

4 Diese erste Regel, welche sehr kurz war, ist verloren gegangen. Jene, welche Wadding und, ihm folgend, auch Chalippe als die erste angibt, war die zweite oder dritte; sie enthält 23 Capitel. Das Wesentliche, wodurch seine Ordensregel von den früher bestehenden sich unterschied, war die vollständigste Armuth, die völlige Entsagung alles Eigenthums, wonach nicht blos der Einzelne, sondern auch die Gemeinschaft, das Kloster, kein Besitzthum haben durfte, sondern das durch Gottes Vorsehung vermittelte Almosen das einzige Erhaltungsmittel seines Ordens seyn sollte, der deßwegen der erste Bettel- (Mendicanten-) Orden ist, dem dann später mehrere nachfolgten.

5 Papst Innocentius sah nämlich zu seinen Füßen eine Palme allmählig emporwachsen, so daß sie ein schöner mächtiger Baum wurde; die Nacht darauf erschien ihm ein Armer, der die Kirche des Laterans, die den Einsturz drohte, stützte und hielt.

6 Dieser gnadenreiche Ablaß, welcher noch der Trost so vieler Christen ist, hat nach den sichersten Quellen. die bei den Bollandisten (Oct. II. 879-919) gesammelt und als unbezweifelbar dargestellt sind, folgenden Ursprung: Als der hl. Franciscus eines Tages (man nimmt gewöhnlich das Jahr 1221 an) in seiner Zelle bei St. Maria von den Engeln (Portiuncula) brünstig zu Gott um das Heil der Sünder betete, gebot ihm ein Engel, in die Kirche zu kommen. Dort fand er den göttlichen Heiland Jesus Christus, seine liebreiche Mutter und viele himmlische Geister. Der Herr erlaubte nun dem Diener, zum Wohle und Troste der Völker eine Bitte auszusprechen. Da bat der Heilige, der Herr möchte den Menschen die Gnade gewähren, daß Alle und Jede, welche die Portinucula-Kirche besuchen, nach abgelegter reumüthiger Beicht einen vollkommenen Ablaß gewinnen. Der Herr gewährte diese Bitte, doch solle die Bestätigung dessen nicht fehlen, welchem Er auf Erden die Binde- und Lösegewalt verliehen. Der hl. Franciscus eilte nun mit seinem Gefährten Masseus de Marignano nach Perugia zu Papst Honorius III., welcher nach einigem Zögern die Bestätigung zuerst mündlich und später dann schriftlich ertheilte, doch so, daß dieses alljährlich nur für einen (vollen) Tag gelte, und zwar, wie einige Zeit nachher festgesetzt wurde, von der Vesper des 1. August bis zur Vesper des 2. August, weil an diesem Tage die Portiuncula-Kirche eingeweiht wurde. Später wurde dieser Ablaß auf alle Franciscaner- und Capuciner-Kirchen der ganzen Christenheit ausgedehnt. In neuerer Zeit kann dieser (auch den Armen Seelen zuzuwendende) vollkommene Ablaß kraft päpstlichen Indultes in einigen Ländern (in Bayern durch Breve des Papstes Pius VI. vom 17. Febr. 1785) auch in allen Pfarrkirchen gewonnen werden, und zwar am ersten Sonntage im August, oder vielmehr nach einer neueren, jedenfalls für die Diöcese Augsburg geltenden, Bestimmung vom 14. Juni 1824 am 2. August jeden Jahres, so oft dieser Tag auf einen Sonntag fällt, außerdem aber am ersten Sonntage nach dem 2. August, und zwar von der Vesper des Vorabends bis zu Sonnen-Untergang des besagten Sonntags, in allen Kirchen vom Orden des hl. Franciscus, und überdieß in der Stadt Augsburg in der Domkirche, in den übrigen Theilen der Diöcese aber in allen Pfarrkirchen.

7 Vgl. P. Matth. Vogel's »Legende der Heiligen« (München, Verlag des katholischen Bücher-Vereins, 1855), wo das Leben des hl. Franciscus vortrefflich dargestellt und die Forschung der Bollandisten mehr berücksichtigt erscheint als in anderen Legenden.

8 Sie haben wahrscheinlich von ihrer grauen Kleidung den Namen, »die Grauen« (Bizzoche), vom Ital. bizzóco = grau. Im Lateinischen heißen sie Bizzochae oder Pizzocherae, in Portugal Beatae etc.; in unseren Gegenden aber sind sie nicht bekannt. Das Nähere über sie findet sich in Lucii Ferraris Prompta Blibliotheca … unter dem Artikel »Tertiarii, Tertiariae«.




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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
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