Ökumenisches Heiligenlexikon

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Martha von Bethanien


S. Martha, V. (29. Juli, al. 15. und 17. Oct. und 17. Dec.) Dieser hl. Jungfrau, Schwester des Lazarus und der Maria Magdalene, welche dermalen am 29. Juli verehrt wird, einer der berühmtesten Schülerinnen des Heilandes, gedenken sehr viele Martyrologien, z. B. das ältere Römische, ferner Ado, Notker, Canisius u. A. zum 17. Oct. Im Officium des Deutschritterordens wurde an diesem Tage ihr zu Ehren eine neunte Lection gelesen. Grevenus gibt an, dieser Feier liege eine Translation zu Grunde, während Andere sie als deren eigentliches Fest (den Todestag) ansehen. Die Griechen begehen am 17. October die Uebertragung des hl. Lazarus von der Insel Cypern nach Constantinopel, so daß die morgenländische Kirche an diesem Tage das Andenken des Bruders, die abendländische das der Schwester beging. Die Ermittelung des wirklichen Todestags der hl. Martha bleibt der Zukunft vorbehalten. (Oct. VIII. 3.) Die neuern Boll. gedenken ihrer auch am 15. October (VII. 814) unter den Uebergangenen. Das Röm. Brevier und das jetzige Mart. Rom. begehen ihr Andenken am 29. Juli. Die Legende nennt ihre Eltern Theophilus (Sirus) und Eucharia. Das Uebrige ist aus der Geschichte ihrer Geschwister, des hl. Lazarus und der hl. Magdalena bekannt, worauf wir kurz verweisen. Zu Tarascon an der Rhone, wo sie zuletzt gelebt hat, wird ihre Grabstätte gezeigt. Rhabanus meldet, wie hoch verehrt dieses Grab gewesen sei, und daß bei demselben viele Wunder geschahen. Wahrscheinlich befanden sich damals Ordensgeistliche an diesem Orte. König Chlodwig hat im fünften Jahrhunderte eine Wallfahrt dahin gemacht. Ludwig XI. widmete ihr hier eine prachtvolle Büste von vergoldetem Silber. In Avignon hat man bis in die neueste Zeit eine Grotte in hoher Verehrung gehalten, welche der Sage nach von der hl. Martha eine Zeit lang bewohnt worden war. Ueberhaupt führt die Tradition die Einführung des Christenthums in diese Gegenden auf die hl. Martha zurück. Auch ihr Grab und ihre Reliquien, die man im 12. Jahrh. wieder auffand, wurden von den Gräueln der Revolution getroffen, doch wurden dieselben gerettet und im J. 1805 neuerdings erhoben. Seitdem haben die Wunder früherer Zeiten sich wiederholt. Sie gilt als Muster des arbeitsamen, durch die gute Meinung dem Herrn geweihten Lebens, das äußerlich die Welt, innerlich den Himmel anblickt. Zu ihr hatte nämlich der Heiland in Bethanien gesprochen: »Martha, Martha, du bist besorgt um Vieles; übrigens ist Eines nothwendig, Maria hat den besten Theil gewählt, welcher von ihr nicht wird genommen werden.« Ihre Liebe zu ihrem Bruder Lazarus, ihr Schmerz über seinen frühen Tod, ihr Glaube an die Alles vermögende Kraft Jesu, den sie feierlich als den Sohn des lebendigen Gottes bekennt, der in diese Welt gekommen ist, machen sie zu einer der lieblichsten Personen des Neuen Testamentes. Dennoch hat sie, als der Heiland befiehlt, das Grab des Lazarus zu öffnen, wieder einen Augenblick des Zweifels, indem sie einwendet: »Herr, er riecht schon, denn er liegt bereits am vierten Tage hier.« Sie schaut aber zu ihrem Erstaunen bald darauf die Auferweckung ihres Bruders. Kurz darauf, sechs Tage vor Ostern, da Jesus nach Bethanien zurückkam, diente Ihm Martha wieder beim Mahle. Von da aber läßt die evangelische Geschichte über diese heilige Familie den Vorhang fallen. Es ist gleichwohl nicht zu zweifeln, daß die hl. Martha sich unter jenen Frauen befand, welche den Heiland auf seinem Todeswege begleiteten und sich beim Einkaufen der Specereien für die Einbalsamirung seines Leichnams betheiligten, auch nach dem Tode Jesu fortfuhr, Ihm zu dienen, nur daß ihr Dienen ein geistiges, dem ihrer Schwester ähnliches geworden ist (Stabell, II. 144). Daß sie in Marseille gepredigt haben soll, ist im Lehen der hl. Magdalena bereits gesagt. Ueberhaupt ist die Provence der Schauplatz ihrer Wirksamkeit. Zu Tarascon, in den alten Meßbüchern von Lyon, Orleans, Cöln, Marseille etc. etc. befindet sich ihr zu Ehren folgendes schöne Reimgebet:

Ave Martha gloriosa
Coeli jubar mundi rosa
Salvatoris hospita!

Zu deutsch:

Sei Martha, Herrliche, gegrüßt
O Rose, die der Welt entsprießt
Des Himmels köstlicher Gewinn
Und des Erlösers Dienerin!

Eine vorzügliche Verehrung erwies dieser Heiligen der hl. Ignatius von Lojola, indem er die durch ihn bekehrten Sünderinnen die er in einem besondern Hause zu Rom unterbrachte, unter ihren Schutz stellte. Der hl. Carl Borromeo wendete dem betreffenden Institute und der dazu gehörigen Kirche so viele Theilnahme und so große Opfer zu, daß sein Familien-Wappen über dem Portale sich befindet. Hier und in der Muttergotteskirche della Vittoria verehrt man auch einige Reliquien der hl. Martha (Piazza II. 93.) Ihre Geschichte rechtfertiget den ihr gewöhnlich beigelegten Namen: »Gastwirthin (hospita) des Herrn.« Auf Abbildungen sieht man sie meistens als solche zugleich mit ihrer Schwester Maria Magdalena wie sie den Heiland bedient. Wo sie allein dargestellt ist, hat sie öfter (Hack, S. 364) einen Drachen bei sich. Sie lebte nämlich, wie die Legende erzählt, mit einigen frommen Frauen in der Zurückgezogenheit bei Aix. In dieser Gegend hauste ein Drache; ihn bändigte Martha durch Besprengung mit Weihwasser. Auch letzteres mit dem Weihwedel gehört daher zu den Attributen dieser Heiligen. Manchmal hat sie (Mg.), zur Erinnerung an ihre Fahrt über das Meer, eine Muschel an ihr Kleid angeheftet. Viele fromme Genossenschaften, welche in den Spitälern in der Person der Kranken und Gebrechlichen wie sie dem Heilande dienen, haben sie zur Patronin erwählt. Von Andern wird sie wegen ihres frommen Zusammenlebens mit einigen Frauen zu Aix als erste Stifterin weiblicher Klöster verehrt, was allerdings mehr auf frommem Glauben, als auf historischer Wahrheit beruht. Wann sie gestorben ist, wissen wir nicht; man nennt aber gewöhnlich das J. 84. Schön ist folgende alte hieher bezügliche Anekdote aus dem Leben der ägyptischen Einsiedler (Cotel. Eccl. Gr. Mon. I. 680): Ein Bruder kam zu dem Abt Silvanus auf den Berg Sina. Da er die Brüder arbeiten sah, sprach er zu dem greisen Abt: »Arbeitet nicht um vergängliche Nahrung!« Da sagte dieser zu seinem Schüler Zacharias: »Gib dem Bruder da ein Buch und führ' ihn in eine Zelle, in welcher nicht gearbeitet wird.« Als die neunte Stunde kam, blickte er durch die Thüre, ob Niemand käme, der ihn zum Essen riefe. Und als Niemand kam, ging er zum Abte und fragte ihn: »Haben denn heute die Brüder nicht gegessen?« »Allerdings«, lautete die Antwort. »Und warum habt ihr mich nicht gerufen?« fragte der Bruder. Der Greis antwortete: »Weil du ein geistiger Mensch bist und solche Speise nicht nöthig hast, wir aber sind fleischlich, und wollen essen, weßhalb wir auch arbeiten. Du hast den besten Theil erwählt, daß du den ganzen Tag lesest und nichts Irdisches genießest.« Da reute den Bruder seine Rede; er sagte: »Verzeihe mir, mein Vater!« Der Greis erwiederte: »Siehe so bedarf Maria durchaus der Martha, denn um der Martha willen wird auch Maria gepriesen.« (VII. 4-13).




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zuletzt aktualisiert am 00.00.2014
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