Ökumenisches Heiligenlexikon

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Stephan (Stephen) Harding


S. Stephanus, Abb. (17. April al. 28. März, 15. Juli). Dieser heil. Stephanus, mit dem Beinamen Harding, war von Geburt ein Engländer; Zeit und Ort seiner Geburt, wie die Namen seiner Eltern sind gänzlich unbekannt. Er wurde im Kloster Sherborne in Dorsetshire erzogen. Um sich weiter auszubilden, reiste er zuerst nach Schottland, von da nach Paris und später mit einem KlerikerEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien. , dessen Name nicht bekannt ist, nach Rom, auf welchen Reisen er täglich mit seinem Gefährten den ganzen Psalter betete und Werke der Barmherzigkeit übte. Auf dem Heimwege kam er in das vom hl. Robertus soeben gestiftete Kloster Molesme (Molismum). Die Mönche lebten in größter Armuth anfänglich im Walde von Colan in Hütten, welche sie sich aus Baumzweigen erbaut hatten, und nährten sich meistens nur von wilden Kräutern, die in der Gegend wuchsen. (Näheres über die Anfänge dieses Klosters findet man in dem Artikel S. Robertus6.) Da aber in Molesme die strenge Klosterzucht bald verfiel, zog er sich mit Alberich und andern Genossen an einen abgelegenen, nun Vivier genannten Ort bei Landreville zurück. Nach kurzem Aufenthalte daselbst kehrten sie aber wieder nach Molesme zurück. Aber das Verlangen, einen Orden zu stiften, welcher die vollkommene Strenge der Ordensregel des hl. Benedictus beobachtete veranlaßte sie, einen andern Ort aufzusuchen, nachdem sie sich vom Erzbischofe Hugo von Lyon, der Legat des apostolischen Stuhles war, die Erlaubniß dazu erbeten hatten. Sie zogen nach Citeaux (Cistercium), fünf Stunden von Dijon, in Burgund. Der Vicomte von Beaume schenkte ihnen die Einöde dieses Namens. Eudo, nachheriger Herzog von Burgund, ließ ihnen eine Kirche bauen, welche, ein Muster edler und erhabener Einfachheit, unter der Anrufung der allerseligsten Jungfrau, wie später alle Kirchen dieses Ordens, eingeweiht wurde. Die Mönche fällten selbst die Bäume, und bauten sich die Zellen mit eigenen Händen. Als das Kloster vollendet war, beschwuren sie am 21. März 1098 neuerdings die Regel des heil. Benedictus, welche sie in ihrer ganzen Strenge zu befolgen sich verpflichteten. Im Sommer des Jahres 1099 mußte der heil. Robertus abermal nach Molesme zurückkehren, und es wurde an seine Stelle der gottselige Albericus zum Abt von Citeaux erwählt. Die Religiosen boten unter seiner Leitung das erbaulichste Schauspiel der Frömmigkeit dar. Er starb am 26. Jan. des J. 1109; der hl. Stephanus wurde sein Nachfolger. Seine vorzügliche Sorge war, den Geist der Abtödtung und der Armuth unter seinen Ordensmännern zu erhalten. Er traf weise Vorsichtsmaßregeln, um die häufigen Besuche der Auswärtigen zu verhindern. Daher verbat er sich selbst die Anwesenheit des Hofes bei festlichen Gelegenheiten, obwohl er mit Grund fürchten mußte, hiedurch dessen Gunst zu verlieren. Er gestattete weder Gold noch Silber. Aller äußere Glanz war verpönt. Sogar Sculpturen und Gemälde duldete er nicht, »weil der Nutzen gottseliger Meditation und die Disciplin religiösen Ernstes oftmals vernachlässigt wird, während man solchen Dingen Aufmerksamkeit schenkt.« Nur Crucifixe von gemaltem Holze mußten vorhanden sein Ein Kronleuchter von Eisen sollte zur Beleuchtung der Kirche dienen, die Weihrauchfässer sollten von Messing, die Meßgewänder von gewöhnlichem, niemals von Gold und Silber durchwirktem, ja nicht einmal seidenem Stoffe sein. Selbst die Kelche sollten nicht aus Gold, sondern nur von Silber und vergoldet sein, wie auch die Röhre, durch welche die Laienbrüder das kostbare Blut Jesu Christi in der hl. EucharistieDie Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi. Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23. zu genießen pflegten. Das heil. Sacrament wurde in einer Pyxis aufbewahrt, die über dem Altar herabhing und von einer leinenen Umhüllung umgeben war. Tag und Nacht brannte hier eine Lampe. Zur Zeit der hl. Messe wurden auf dem Altar zwei große Lichter angezündet. Wenn die Ordensmänner an Lebensmitteln Mangel litten, nahm der heil. Stephanus selbst den Bettelsack und ging von Thüre zu Thüre. Auf dem Heimwege begegnete er einst dem mit ihm zu demselben Zwecke ausgesendeten Laienbruder, dessen Sack viel voller war, als der seinige. Der Abt fragte lächelnd: »Wo bist du betteln gewesen?« Der Laienbruder antwortete: »Der Priester, den ihr kennet, hat meinen Sack so gut gefüllt,« und nannte des Priesters Namen. Sogleich fiel es dem heil. Abte ein, daß derselbe seine Stelle durch Simonie erlangt hatte. Laut weinend rief er aus: »So wahr Gott lebt, wir wollen von Allem, was er uns gegeben hat, nichts anrühren.« Alsdann rief er einige Hirten herbei, die in der Nähe waren, und schenkte ihnen Alles, was der Sack enthielt. Unterdessen nahm die Noth der Brüder immer zu. Da rief der Abt eines Tages voll heiligen Vertrauens einen der Brüder zu sich und befahl ihm, auf den Markt von Vezelay zu gehen, und dort drei Wagen und für jeden Wagen drei zum Ziehen taugliche starke Pferde zu kaufen. »Wenn du dann,« setzte er hinzu, »die Wagen mit Kleidern, Speisevorräthen und andern Bedürfnissen beladen hast, dann bringe sie mit dir und kehre freudig und glücklich zurück.« Der erstaunte Bruder bat um Geld zur Erfüllung dieses Auftrages. Ohne das Erstaunen des Mönches zu beachten, antwortete er: »Ich fand im Hause nur drei Pfennige; nimm sie mit, wenn du willst. Die Barmherzigkeit Gottes wird dafür sorgen, daß mein Befehl nicht unerfüllt bleibt.« Der Mönch ging nach Vezelay. Als er dort einem Freunde sein Anliegen erzählte, hörte er von diesem, daß ein reicher Mann in der Nachbarschaft am Sterben liege, und durch Almosenspendung sich auf den Tod bereite. Der Bruder ging zu ihm und schilderte die Noth der Mönche von Citeaux. Der reiche Mann aber gab ihm so viel, daß er den Auftrag des Abtes erfüllen konnte. Von jetzt an flossen die Almosen der Gläubigen so reichlich, daß der Kellermeister nie wieder nöthig hatte, dem Abte anzuzeigen, daß die Vorrathskammer leer sei. Noch war aber nicht Alles vorüber; die schwerste aller prüfungen kam erst in den Jahren 1111 und 1112, wo der Tod den größten Theil der Mönche von Citeaux wegraffte. Die Ursache dieses Sterbens ist nicht bekannt; es mag sein, daß der morastige Boden des Waldes nicht gehörig ausgetrocknet war und daß die Brüder der sumpfigen Luft, gegen welche ihr Leib in Folge der langen Abstinenz ganz besonders empfindlich war, erlagen. Letztere allein trug die Schuld erfahrungsgemäß nicht, obwohl selbst die Mönche jener Zeit es behaupteten. Der tief betrübte Abt suchte und fand nur im Gebete und in der Verehrung der hl. Jungfrau, die ihm den schwarzen Gürtel überreichte, den nothwendigen Trost. Endlich gab ihm der Herr in einer Vision aus dem Munde eines kürzlich verstorbenen Mönchs die Berheißung, daß der neue Orden sich weit verbreiten und viele Mitglieder gewinnen werde: »Und wie die Bienen emsig schwärmen, und um den Bienenstock herumfliegen, so werden sie (die Ordensbrüder) ausfliegen, und sich durch viele Theile der Welt verbreiten; und aus dieser Saat des Herrn, die durch seine Gnade hier ausgestreut worden ist, wird man in den himmlischen Vorrathskammern viele Garben heiliger Seelen, die aus allen Theilen der Welt gesammelt worden sind, niederlegen.« Bald darauf führte Gott den hl. Bernhard und eine ganze Schaar edler und frommer Jünglinge nach Citeaux. Eine Bewegung nach der hl. Armuth, wie sie hier in Ehren gehalten und geübt wurde, durchzitterte die ganze Christenheit. Alle Reformen, welche die Kirche damals erhielt, hat der Orden des heiligen Stephanus hervorgerufen und durchgeführt. Die strenge und abgetödtete Lebensweise der Mönche, verbunden mit einer so würdigen und andächtigen Feier des Gottesdienstes, daß man Engelstimmen in ihrem Chore zu hören glaubte, zwangen gleichsam auch die Nichtmitglieder, ihr gottesfürchtiges Leben in der Welt nachzuahmen. In freien Stunden beschäftigten sich die Mönche nicht bloß mit Handarbeit und Feldbau - selbst der körperlich so schwache hl. Bernhard führte die Haue und den Spaten, half bei der Ernte, trug Holz u. dgl. -, was zunächst Sache der Brüder war, sondern auch mit wissenschaftlichen Arbeiten. Citeaux hatte eine Bibliothek, wo nicht bloß fleißig gelesen, sondern auch Bücher abgeschrieben wurden. Eine handschriftliche Bearbeitung der Bibel wurde unter den Augen des hl. Abtes gefertiget und mit großer Ehrfurcht bis zur Zeit der französischen Revolution in Citeaux aufbewahrt. Das erste Tochterkloster wurde La Ferté (Firmitas) in der Diöcese Chalons; der hl. Stephanus führte im J. 1113 die ersten Ordensbrüder dahin. Im folgenden Jahre entstand Pontigny (Pontigniacum), dann im nächsten Morimond (Morimundum) und Clairvaux (Clara vallis). Letztere Stiftung übertrug der hl. Stephanus mit Darreichung des Crucifixes in der Mutterkirche dem gerade 25 Jahre zählenden heil. Bernhardus. Zwölf Mönche begleiteten ihn. Aus diesen vier Klöstern entsprangen alle spätern Ordenshäuser. Im J. 1116 hielt der hl. Abt zu Citeaux das erste Generalkapitel und bestimmte, daß ein solches daselbst in jedem Jahre stattfinden solle, um die Einrichtungen und Gebräuche von Citeaux in allen Tochterklöstern zu erhalten und fortzupflanzen. Der Abt von Citeaux war und hieß von jetzt an Generalabt (Pater universalis ordinis war sein Ehrentitel). Er visitirte nach Gefollen jedes Kloster und war für die Dauer seiner Anwesenheit eigentlicher Abt desselben. Im J. 1118 entsendete das Mutterkloster von Citeaux drei Colonien: Bonneval (Bonavallis) im Bisthum Vienne, Prouilly (Prulliacum) im Bisthum Sens und La Cour-Dieu (Curia Dei) im Bisthum Orleans. Das Mutterkloster zu Clairvaux erhielt in dem genannten Jahre Savigny (Savigniacum) im Bisthume Avreuchés und Trois-Fontaines (trium Fontium) im Bisthum Chalons zu Töchtern. Von jetzt an wurden Jahr auf Jahr neue Abteien gegründet und von allen Seiten erhoben sich zum Staunen der Welt Cistercienserklöster. Der hl. Stephanus fand hiebei nicht bloß große Freude, sondern nicht selten, - so schon beim ersten Abte von Morimond - große Betrübniß. Im J. 1119 gab der Heilige seinem Orden die unter dem Namen Charta caritatis bekannten Statuten, welche noch in demselben Jahre durch den Papst Calixtus II. bestätiget wurden. Von jetzt ab finden wir ihn nur wenig außerhalb der Klostermauern. Im J. 1125 machte er eine Visitationsreise nach Flandern. Drei Jahre später war er auf dem Concil von Troyes und im J. 1132 weilte er auf kurze Zeit bei Papst Innocenz II. Ein Jahr vorher war das erste deutsche Kloster seines Ordens, ein Tochterkloster von Clairvaux, zu Ebrach in Franken entstanden. Im folgenden Jahre hielt er das letzte Generalkapitel, bei welchem er, nahezu erblindet, sein Amt niederlegte. Am 28. März des nächsten Jahres (1134) starb er. Das Mart. Rom. nennt ihn am 17. April, dem Tage seiner Heiligsprechung. Das Cistercienser-Martyrologium setzt sein Andenken auf den 15. Juli, an welchem Tage seine Festfeier seit dem Generalcapitel des J. 1683 vom Orden mit Octave begangen wird. Er heißt der dritte Abt von Citeaux und in Anbetracht der unter ihm verfaßten Ordensstatuten Stifter der Cistercienser. Im Annus Mariano-Benedictinus findet er sich abgebildet, wie ihm die heil. Jungfrau den Gürtel überreicht. Sie hat ihm nach der Legende auch den Tag und die Stunde seines Todes bekannt gegeben. In den Quellen finden beide Angaben keinerlei Bestätigung. Auch die neueste Lebensbeschreibung von seinem Landsmanne Dalgairns, welche in deutscher Uebersetzung zu Mainz erschienen und dieser Darstellung zu Grunde gelegt ist, erwähnt nichts von ihnen. Aber es war ein stehendes Gesetz, daß alle Cistercienserklöster »dem Gedächtniß der Königin des Himmels und der Erde, der hl. Maria, gegründet und geweiht« werden sollten Die letzten Worte des Heiligen, die zugleich sein wahrstes Lebensbild sind, mögen diese Skizze beschließen: »Ich gehe zu Gott so zitternd und ängstlich, als ob ich niemals etwas Gutes gethan hätte. Wenn etwas Gutes in mir gewesen ist, so verdanke ich es der Gnade Gottes, und ich fürchte sehr, daß ich diese Gnade nicht so ehrerbietig und demüthig bewahrt habe, als ich sollte.« (II. 496-501.)




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zuletzt aktualisiert am 00.00.2014
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