Ökumenisches Heiligenlexikon

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Vinzenz (Vincentius) von Valencia


S. Vincentius, Lev. M., (22. Jan. al. 14. Febr.). Dieser hl. Vincentius führt gewöhnlich den Beinamen »Levite«, weil er Diacon war. Seine Festfeier ist über die ganze christliche Welt verbreitet, und seine Leidensgeschichte, welche in Versen bearbeitet auf uns gekommen ist (Aurel. Prud. hymn. 5.), wurde in der Kirche so berühmt, daß sie öffentlich beim Gottesdienste vorgelesen, und ungeachtet ihrer Länge mit Aufmerksamkeit und gern gehört wurde. Es ist, wie Ruinart (acta sincera M.M.) nachgewiesen hat, dieselbe, welche bis auf unsere Zeiten gekommen ist, und hier großentheils in wörtlicher Uebersetzung abgedruckt ist. Er litt und starb im J. 304 unter der diocletianischen Verfolgung. Die Acten beginnen mit der Angabe, daß sein Vater Cuticius (Euthleins), der Sohn des Consuls Agressus (Agrestus), und seine Mutter Enola aus Huesca (Osca in Arragonien) gewesen sei. Nachdem er zu Saragossa (Caesaraugusta) mit dem besten Erfolge dem Studium der Wissenschaften sich hingegeben hatte, führte ihn die göttliche Vorsehung unter die Leitung des heil. Bischofes Valerius, welcher ihm die Diaconatswürde (das Archidiaconat) und das Predigtamt übertrug, welches er fleißig bei jeder sich darbietenden Gelegenheit übte. Beide wurden von dem Präses Dacianus ergriffen und um den Hals und an den Händen mit schweren Ketten beladen nach Valencia geschleppt, und dort bei Hunger und schlechter Behandlung lange Zeit gefangen gehalten. Als er sich endlich die hl. Bekenner vorführen ließ, war er sehr verwundert, daß sie ungeachtet so großer Kerkerleiden so gesund und frisch aussahen. Dann sprach er, zu dem hl. Bischofe gewendet: »Was unterstehst du dich, Valerius, unter dem Deckmantel der Religion gegen unsere Fürsten dich aufzulehnen? Ist dir etwa unbekannt, daß jene, welche die kaiserlichen Verordnungen verachten, ihr Leben in Gefahr setzen und daß die Herren und Gebieter des Erdkreises wollen, daß ihr den Göttern opfert, indem sie zugleich verbieten, daß die Würde des alten Götterdienstes durch neue und bisher unerhörte Gesetze entehrt werde. Schenke daher meiner Ermahnung ein gehorsames Ohr; dein Beispiel wird die unter dir Stehenden bewegen, dir nachzufolgen, wenn sie sehen, daß du, ihr Bischof, die Befehle der Kaiser nicht verachtest. Aber auch du, Vincentius, höre zu deinem Besten meine Worte, denn dich empfieht sowohl der Adel deines Geschlechtes, als auch der Schmuck und Liebreiz der Jugend! Sprechet also miteinander euren Entschluß aus, damit ihr entweder als Gehorsame mit Ehren bereichert, oder als Ungehorsame den Peinen der Folterqual unterworfen werdet.« Als der Bischof schwieg, weil er ungeachtet seiner gelehrten Bildung, wie schon erwähnt, in der Rede nicht gut bewandert war, sprach der heil. Vincentius: »Wenn du befiehlst, Vater, so will ich auf den Richter mit der entsprechenden Antwort losgehen.« Als ihm hierauf der hl. Bischof die Antwort übertrug, sprach er zu Dacianus: »Du hast uns in deiner Ansprache die Verleugnung des Glaubens dringend empfohlen: du mußt aber wissen, daß es bei den Christen als verbrecherische Klugheit gilt, die Verehrung Gottes durch die Verleugnung gewissermassen zu lästern. Um dir es gerade heraus zu sagen: Wir bekennen uns als Anhänger der christlichen Religion, und als Diener und Zeugen des Einen und wahren Gottes, welcher Er ist und bleibt in alle Ewigkeit. In seinem Namen wollen wir gegen deine scheinbare Gründe muthig kämpfend die geistlichen Waffen ergreifen, und fürchten deine Drohungen und Peinigungen so wenig, daß wir vielmehr den Tod für die Wahrheit mit Freuden umfassen. Durch deine Peinen gelangen wir zur Krone, der Tod führt uns zum Leben. Das sterbliche Fleisch unterliege immerhin der teuflischen Grausamkeit in den Strafen, weil der innere Mensch den Glauben unversehrt seinem Schöpfer bewahren wird. Es ist nämlich jene giftgeschwollene Schlange, jener unersättliche Menschenmörder, der euch zwingt, uns unschuldige Christen mit Peinen und Todesqualen anzugreifen, welcher schon die ersten Menschen im Paradiese um ihr Glück beneidete, der Würde der Unsterblichkeit beraubte, und auf elende Weise dem Tode überantwortete und unterwarf. Er hat in seiner unersättlichen Bosheit es dahin gebracht, daß man Götzen anstatt Gott anbetete, indem es ihn schmerzte, daß der Mensch durch den Gehorsam wieder zu dem Glücke zurückkehre, aus welchem er durch seinen Stolz auf immer gefallen ist. Er ist es, den wir mit seinen Anhängern durch die Anrufung Gottes aus den Körpern der Menschen vertreiben, dem ihr auf Grund fabelhafter Erdichtungen sündhafte Verehrung erweiset, auf dessen Anstiften ihr mit immer neuem Unverstande das Geschöpf dem Schöpfer vorziehet. Der Teufel ist's also, welcher von Zorn entbrannt gegen den christlichen Glauben wüthet, und laut aufseufzt, da er sich zurückgesetzt und abgesetzt sieht.« Auf diese Rede beschloß Dacianus, seine ganze Grausamkeit auf den hl. Leviten losstürmen zu lassen, welcher bis zur Schmähung des kaiserlichen Edictes vorgegangen sei, und die Strafen als eine ruhmwürdige Sache ansehe. Der hl. Valerius wurde, wie schon erzählt (oben S. 646) in die Verbannung geschickt, der hl. Vincentius aber so heftig auf die Folter gespannt, daß alle seine Glieder auseinander gezogen wurden. Als ihn Dacianus fragte, was er dazu sage, antwortete er, durch Gottes sichtbaren Beistand gestärkt, heitern Blickes: »Eben dieß ist es, was ich immer gewünscht und mit Sehnsucht erfleht habe. Du bist mein bester, theilnehmendster Freund, denn du allein befriedigst meine höchsten Wünsche. Schon bin ich in die Höhe getrieben und kann sogar auf deine Fürsten herabsehen, da ich höher bin, als die Welt. Ich will nicht, daß du meinen Ruhm minderest oder dem Lobe Schaden zufügest. Der Diener Gottes ist bereit, für den Namen seines Erlösers Alles zu ertragen. Auf also! laß deine ganze Bosheit gegen mich wüthen; du wirst dich überzeugen, daß ich mehr Qualen ertragen kann, als du mir zuzufügen im Stande bist. Die Grausamkeit, welche aus dir athmet, wird mir Ruhm bereiten, da du mitten in meinen Qualen besiegt wirst. Das ist es, worüber ich ganz besonders erfreut bin, daß ich werde gerächt werden, noch während ich leide.« Darüber gerieth Dacianus der Art in Zorn, daß er die Henker schlagen und züchtigen ließ, weil sie, wie er meinte, dem hl. Martyrer nicht wehe genug thaten. Da sagte dieser: »Nun Dacianus, was sagst du? Ist es nicht wahr, daß meine Peiniger noch während ich leide, dafür gestraft werden?« Umsonst rief der Richter nach Wiederholung der Schläge und der Folter; die Hände der Henker konnten vor Ermüdung ihre schmachvolle Arbeit nicht fortsetzen, und der Richter selbst bedurfte der Erholung. Aber schon nach einer kurzen Pause befahl er neuerdings die Peinigung des heil. Martyrers. Dieser aber sprach lächelnd: »Das ist's eben, was wir lesen: die Sehenden werden nicht sehen, und die Hörenden nicht verstehen. Weil Er es ist, bekenne ich Christus als den Herrn, den Sohn des höchsten Vaters, den Einzigen vom Einzigen; Ihn mit dem Vater und dem hl. Geiste bekenne ich als den Einen und alleinigen Gott. Das ist wahr, und ich bekenne es, und du sagst, ich leugne! Nein, ich bekenne, fahre nur fort mich zu quälen, und höre nicht auf, ich bitte dich, mit deinen Strafen, daß du wenigstens auf diesem Wege etwas von der erprobten Wahrheit einathmest, wenn auch mit gottesräuberischem Geiste, und in mir deren unbesieglichen Bekenner kennen lernest. Die Götter, welche du anzubeten befiehlst, sind hölzerne und steinerne Götzen. Werde du ihr Zeuge und todter Priester der Todten - ich opfere dem Einen lebendigen Gott, welcher hochgelobt ist in Ewigkeit.« Unterdessen floß das Blut in Strömen aus seinem ganzen Leibe, seine Eingeweide lagen offen, kein Glied stand mehr mit dem andern in Verbindung. Der Richter hatte nichts Weiteres mehr anzuordnen, er war besiegt. Er sprach dem hl. Martyrer Mitleid mit sich selbst und mit seiner Jugend zu, um wenigstens weitere Peinigungen zu vermeiden. Er aber, vom hl. Geiste erfüllt, erwiederte: »O giftige Teufelszunge, warum solltest du mich verschonen; hast du ja unsern Herrn und Gott selbst versuchen wollen! Zürne mir nur, ich fürchte deine Qualen nicht; vielmehr fürchte ich dein erheucheltes Mitleid. Lasse mich alle deine Strafen durchlaufen, wende der Reihe nach Alles an, was du an geheimen Künsten und boshaften Kraftanstrengungen vermagst. Du sollst nämlich erfahren, wie von einem christlichen Gemüthe der Glaube und die Tapferkeit auch unter dem bittersten Gifte als sehr süß empfunden wird, weil derjenige die Kraft zu ertragen verleiht, welcher im Evangelium zu den Seinigen spricht: Fürchtet nicht diejenigen, welche den Leib tödten, aber der Seele nichts anhaben können. Deßhalb lasse keine Minderung der Züchtigungen eintreten, damit du in jeder derselben dich als besiegt bekennen müssest.« Nun wurde die bisherige Pein durch Feuersqual verschärft. Es wurde eine Art Rost herbeigeschafft, und der Heilige, welcher dem Marter-Instrumente froh entgegeneilte, darauf gelegt. Dasselbe wurde mit untergelegtem Kohlenfeuer glühend gemacht, während zugleich die Folterqual der Gliederausspannung erneuert und die Geißelung fortgesetzt wurde. Die Zahl und Heftigkeit der Wunden wurde vermehrt, es wurden, wie die Acten bezeichnend genug sagen, den Wunden wieder Wunden geschlagen, und dieselben mit Salzkörnern bestreut, so daß nicht bloß alle seine Glieder, sondern sogar die innern Eingeweide von den Folterpfeilen getroffen wurden. Der Heilige blieb unbeweglich, und betete mit zum Himmel gewendeten Augen zu Gott. Dacianus suchte daher auch die Seele des Heiligen zu peinigen, und meinte das richtige Mittel in einem vom Zutritte des Tageslichtes gänzlich abgeschlossenen, dicht mit spitzigen Scherben belegten Kerker gefunden zu haben, in welchen er ihn mit ausgestreckten und in Holzschienen gespannten Füßen werfen ließ; jede menschliche Ansprache und Tröstung sollte ihm versagt sein, und die Wächter lediglich auf sein Ende merken, um den Statthalter sogleich davon zu benachrichtigen. Aber eben diese ärgste Pein wurde dem heil. Martyrer zur höchsten Ehre. Den finstern Kerker erleuchteten himmlische Lichter bis über Tageshelle, das starke Holz, welches die Füße umspannte, zersprang, die Scherben wurden zu wohlriechenden, weichen Blumen. Der hl. Martyrer kam zu sich und fing an, zum Lobe Gottes Psalmen zu singen. Es erschienen zahlreiche Engel, welche ihn trösteten, in seine Lobgesänge einstimmten, und ihm seine baldige Aufnahme in ihre Genossenschaft ankündigten. Die Wächter nahmen den Glauben an, und die zur Tröstung des hl. Martyrers heimlich herbeigeeilten zahlreichen Gläubigen (multitudo vicina fidelium) wurden im Glauben gestärkt. Der heil. Martyrer bat die Wächter, dem Dacianus von dem Geschehenen Nachricht zu bringen, damit er noch weiter seine Wuth an ihm auslasse, denn er fürchte nichts, als daß er etwa Barmherzigkeit und Verzeihung heuchle. Jetzt aber befahl der Richter selbst, ihm ein weiches Bett herzurichten und seine Wunden etwas vernarben zu lassen, um ihn darauf neuen Peinigungen zu unterwerfen. Christus vereitelte jedoch diese Pläne, indem Er seinen standhaften Zeugen gleich darauf durch einen sanften Tod zur ewigen Belohnung abrief. Die Umstehenden küßten seine Wunden, und sammelten mit Tüchern seine Blutstropfen, um sie zur künftigen Verehrung zum Nutzen für die Späterlebenden aufzubewahren. Dacianus befahl, den hl. Leichnam auf offenem Felde zum Fraße für die Vögel und Raubthiere unbegraben liegen zu lassen, aber auch diese Anordnung konnte nicht vollzogen werden, denn ein Rabe vertheidigte ihn wunderbarer Weise gegen größere Raubvögel; sogar einen Wolf trieb er zurück. Ebenso wenig gelang es, den heiligen Leichnam ins Meer zu versenken; der Leichnam, obwohl er in einen mit schweren Steinen gefüllten Sack gebunden war, blieb auf der Oberfläche des Wassers und wurde ans Land getrieben, wo eine fromme Wittwe, durch eine nächtliche Erscheinung gemahnt, ihn in Empfang nahm und heimlich bestatten ließ. Als bald darauf die Kirche den Frieden erlangte, wurde er außerhalb Valencia unter dem Altare einer Kirche beigesetzt und in Ehren gehalten. Der heil. Augustinus gedenkt dieses heil. Martyrers in seinen Predigten (sermo 274-277) mit gebührendem Lobe und legt hiemit Zeugniß ab sowohl für die Wahrheit der »Acten« bezüglich seines Martyriums, als auch für die frühzeitig ihm zu Theil gewordene kirchliche Verehrung. Die spätern Kirchenschriftsteller des Morgen- und Abendlandes brachten seinen Ruhm und seine Wunder in Prosa und in Versen auf die nachfolgenden Geschlechter. Viele seiner Reliquien sind (Guerin I. 540 u. 541) nach Frankreich gekommen; man hatte solche zu Besançon, Metz und Castres. Zu Paris stand die Abtei zu St. Germain de Pres unter seiner Anrufung; es befand sich dort ein Arm und die Tunica des heiligen Martyrers. Die Kirche von Le Mans erhielt duxch den König Childebert sein heiliges Haupt. Jetzt noch verehrt man in Vitry-le-François einen Vorderarm des Heiligen. Die Kathedralkirchen von Macon und Viviers wurden zu seiner Ehre eingeweiht. Die Stadt Rom hatte ehedem fünf, jetzt noch drei Kirchen s. N. Man rief ihn besonders an als Patron verlorener oder geraubter Gegenstände, ebenso in Gefahren auf dem Meere. Das Cap St. Vincent trägt von ihm den Namen. Auch die Weinbauer verehrten ihn als Schutzheiligen, und Sonnenschein an seinem Festtage gilt als Vorbedeutung eines guten Weinjahres. Auf Abbildungen sieht man ihn als Diacon mit dem Roste, auf welchem (zum Unterschiede vom Roste des hl. Laurentius) Nagelspitzen emporragen, nebst den andern in seiner Leidensgeschichte genannten Marterwerkzeugen. Oefter sieht man auch den Raben, der seinen Leichnam beschützte, mit ihm dargestellt. Er steht am 22. Jan. im Mart Rom. Die Prämonstratenser begehen sein Andenken am 14. Februar.




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zuletzt aktualisiert am 00.00.2014
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