Ökumenisches Heiligenlexikon

Johannes Brenz

1 Gedenktag evangelisch: 11. September

Name bedeutet: Gott ist gnädig (hebr.)

Pfarrer, Reformator
* 24. Juni 1499 in Weil der Stadt in Baden-Württemberg
11. September 1570 in Stuttgart in Baden-Württemberg


Holzschnitt eines Zeitgenossen aus der Werkausgabe vom Jahr 1590. In: Boissard, Jean-Jacques/Theodor de Bry: Bibliotheca chalcographica, hoc est Virtute et eruditione clarorum Virorum Imagines. Clemens Ammon, Heidelberg 1669
Holzschnitt eines Zeitgenossen aus der Werkausgabe vom Jahr 1590. In: Jean-Jacques Boissard/Theodor de Bry: Bibliotheca chalcographica, hoc est Virtute et eruditione clarorum Virorum Imagines. Clemens Ammon, Heidelberg 1669

Johannes Brenz' Vater gehörte dem Rat seiner Heimatstadt an und ist mehrfach als Schultheiß bezeugt. Nach dem Besuch der Lateinschulen in Weil und Vaihingen ging Johannes Brenz als 15-jähriger zum Studium an die Universität nach Heidelberg. Dort lernte er im April 1518 Martin Luther kennen, der zu einer Disputation im Rahmen einer Konferenz des Augustinerordens in Heidelberg weilte, und interessierte sich stark für dessen neue Lehren von der rechtfertigenden Gnade Gottes, dem alleinigen Heil in Christus und der Bibel als Richtschnur. Zusammen mit Johannes Oekolampad und Martin Bucer traf er sich auch zu einem persönlichen Gespräch mit Luther. Obwohl dessen Lehren von den Heidelberger Professoren auf das Schärfste angegriffen wurde, verschrieb sich Brenz fortan vollständig der Reformation.

1522 wurde Brenz wegen seines Wirkens zusammen mit seinem Freund Theobald Gerlach, genannt Billikan, vom Kurfürsten angeklagt. Brenz flüchtete nach Hall - dem heutigen Schwäbisch Hall -, wo er vom Rat der freien Reichsstadt zum Prediger berufen wurde. Am Jakobustag 1523, als die Stadt des Marktes wegen voll war, griff er offensiv den Heiligenkult an: man verehre sie, obwohl sie das selbst gar nicht gewollt hätten; stattdessen solle man ihrem Glauben nacheifern; die ihnen gewidmeten Gaben solle man stattdessen Bedürftigen zueignen. Ohne Erholungspausen stand er als Prediger fast täglich auf der Kanzel, auch wenn er nur wenige Zuhörer hatte; er verglich sich mit einem Marktbrunnen, der unablässig Wasser spende, auch wenn nur wenige aus ihm schöpfen. Obwohl erst 23 Jahre alt, machte sich Brenz sehr behutsam ans Werk. Erst nach drei Jahren, 1526, wagte er endgültig den Bruch mit der Tradition, als er am Weihnachtsfest das Abendmahl in beiderlei Gestalt austeilte; einen Bildersturm verhinderte er. Nun stieg sein Ansehen als Reformator, so dass er bald auch auswärts als Ratgeber gefragt war.

Michaelskirche in Schwäbisch Hall
Michaelskirche in Schwäbisch Hall

Brenz entwickelte 1527 zunächst für seine Gemeinde einen evangelischen Katechismus, dessen zweite Fassung unter dem Titel Fragstücke des christlichen Glaubens 1535 erschien und 1536 auch der neuen Ordnung der evangelischen Kirche in Württemberg beigefügt wurde. 1527 entwarf er auch eine neue Gottesdienstordnung, die 1529 in Württemberg eingeführt und auch für andere Gebiete Vorbild wurde; zur Reform des Kirchenwesens gehörte auch die Neuordnung der Schulen. Das Eherecht wurde aus dem Kirchenrecht als Aufgabe zur weltlichen Obrigkeit überführt. In Gutachten befasste sich Brenz mit Themen wie Scheidungen, Ehehindernissen oder den Verfahren bei Ehebruch. 1531 bis 1533 wirkt er mit an der Kirchenordnung in der Markgrafschaft Brandenburg und in der Reichsstadt Nürnberg, 1535 an der in Württemberg; ihr Hauptanliegen ist die Gestaltung der Gottesdienste und die Ausbildung der Pfarrer. Mit ihr wurden die Visitationen - die regelmäßigen Besuche in den Gemeinden - durch Dekane eingeführt. Wesentliche Punkte dieser Kirchenordnung wurden in Württemberg übernommen und sind hier bis heute gültig.

Rudolf Siemering (Entwurf): Statue, 1890, in der Schlosskirche in Wittenberg
Rudolf Siemering (Entwurf): Statue, 1890, in der Schlosskirche in Wittenberg

Zweimal betrat Brenz die politische Bühne des Reichs: zuerst 1530, als er zusammen mit Philipp Melanchthon auf dem im Rathaus in Augsburg abgehaltenen Reichstag das Augsburger Bekenntnis ausformulierte; aber der Versuch, die reformatorische Lehre aus der traditionellen Lehre der Kirche und besonders der Kirchenväter herzuleiten, fand keine Resonanz. Ebenso erging es Brenz 1552, als er auf dem Konzil im Dom in Trient im Auftrag von Herzog Christoph sein Württembergisches Bekenntnis vorlegte. Darin stellte er unter Verzicht auf jede Polemik dar, dass der evangelische Glaube kein Bruch mit dem alten, sondern rechte, wahre, apostolische, katholische und rechtgläubige Lehre ist; die Verlesung und jede Diskussion wurde verhindert. Für Württemberg aber blieb dieses Bekenntnis fortan verbindlich, es wirkte über das Land hinaus als eine der wichtigsten reformatorischen Bekenntnisschriften.

Bild an einem Epitaph in der Michaelskirche in Schwäbisch Hall
Bild an einem Epitaph in der Michaelskirche in Schwäbisch Hall

1530 heiratete Brenz, 1535 wurde er nach Stuttgart berufen, wo er vor allem die neue württembergische Kirchenordnung und einen Katechismus erarbeitete, die 1536 erschienen und die endgültige Einführung der Reformation bezeichnet. Ende 1546 floh er vor den Wirren des Schmalkaldischen Krieges und zog wieder nach Schwäbisch Hall; nach der Niederlage der evangelischen Fürsten gegen Kaiser Karl V. lehnte Brenz das verordnete Interim ab, sollte auf Befehl des Kaisers verhaftet werden und musste deshalb 1548 auch aus Hall fliehen, dann drei Jahre lang an wechselnden Zufluchtsorten leben, war heimat- und rechtlos. Kurz nach der Flucht starb seine erste Frau, Mutter von sechs Kindern. In dieser Zeit schrieb er eine Erklärung zu seinem Katechismus und zum Propheten Jesaja: Glaubet ihr nicht, so bleibet ihr nicht. Sein Katechismus war weit verbreitet, wurde selbst in Königsberg - dem heutigen Kaliningrad oder in Antwerpen gedruckt.

Brenz-Epitaph von Jonathan Sauter, 1584, in der Stiftskirche in Stuttgart<br>Inschriften: „Das Wort des Herrn ist eine Leuchte meinen Füßen und ein Pfad des Lebens” (nach Psalm 119, 105) - „Durch Wort, Schrift, Frömmigkeit, Glauben, Lauterkeit bewährt, ist Johannes Brenz von solchem Antlitz gewesen.”
Brenz-Epitaph von Jonathan Sauter, 1584, in der Stiftskirche in Stuttgart.
Inschriften: Das Wort des Herrn ist eine Leuchte meinen Füßen und ein Pfad des Lebens (nach Psalm 119, 105) - Durch Wort, Schrift, Frömmigkeit, Glauben, Lauterkeit bewährt, ist Johannes Brenz von solchem Antlitz gewesen.

1550 heiratete der Witwer Brenz seine zweite Frau, mit der er weitere 13 Kinder hatte. Ab 1551 war Brenz maßgeblich an der Abfassung des Württembergischen Bekenntnisses beteiligt; 1553 berief Herzog Christoph ihn als herzoglichen Rat und Landespropst auf Lebenszeit an die Stiftskirche nach Stuttgart. Er beriet den Landesherrn in allen Glaubensfragen und bekam die Fürsorge für die verarmten, notleidenden Menschen in den Städten und Dörfern des Landes übertragen. Auch außerhalb Württembergs war er als Ratgeber und Vermittler in innerprotestantischen Streitfragen unterwegs.

Mit der Großen Kirchenordnung von 1559 führte Brenz die Partikularschulen in Dörfern und kleinen Städten ein: Zuvor konnten nur die Kinder reicher Eltern eine Schule besuchen, nun galt das Prinzip Schule für alle als Vorläufer der späteren allgemeinen Schulpflicht, die in den folgenden Jahrzehnten in allen deutschen Ländern eingeführt wurde. Eine auch nur in Ansätzen demokratische Verwaltung der Kirche lehnte Brenz strikt ab, gegenüber Katholzismus, Calvinismus und allem Sektierertum grenzte er die Kirche scharf ab; später bezeichnete man Württemberg deshalb auch als lutherisches Spanien. Brenz selbst aber war der wohl am meisten in Streitfragen vermittelnde Theologe seiner Zeit.

Das Grabmal des Reformators befindet sich in der Stuttgarter Stiftskirche am Fuß der Kanzel, auf der er predigte. Johannes Brenz wird gerne zitiert mit dem Satz: Sollte je ein Prediger das Evangelium verfälschen, so will ich mein Haupt aus dem Grabe heben und rufen: Du lügst.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon


Web 3.0 - Leserkommentare:

Mit einer Mischung aus Schmunzeln und Ärger habe ich Ihre Biographie des Heiligen Johannes Brenz gelesen. Dass ausgerechnet Johannes Brenz, der so beharrlich gegen die Heiligenverehrung gekämpft hat, heute nun selber ihr anheimfällt, ist natürlich ein wenig grotesk.
Auch seine Ausflucht, man solle sich Heilige nur zum Vorbild nehmen, ist auf ihn selber kaum anwendbar; was er geleistet hat, ist heute kaum noch wiederholbar. Selbst wenn ganz gewiss ein paar protestantische Winkeltheologen einen Dreh dafür finden werden.
(Dass Johannes Brenz' Unterscheidung zwischen Heiligen als Gegenständen der Verehrung und Heiligen als Vorbildern natürlich die Grenze zu genau der scholastischen Spitzfindigkeit überschreitet, die die frühe protestantische Theologie eigentlich ausmerzen wollte, macht die Groteske nicht eben kleiner.)
Dass demgegenüber seine langjährige Zusammenarbeit mit Herzog Ulrich von Württemberg weitgehend totgeschwiegen wird , stört mich sehr. Immerhin ging es Ulrich ja nicht um irgendeinen richtigen oder wahren Glauben, sondern schlichtweg darum, die durch seine aufwendige Lebensführung verschuldete Staatskasse mit den Geldern der Klöster und Kirchen sanieren zu können. Dafür lieferte ihm Brenz bereitwillig den theologischen Vorwand. Wenn Sie sich mal den heutigen Zustand des von Ulrich und Brenz ausgeräuberten Klosters Alpirsbach anschauen, werden Sie hoffentlich genau so empört sein wie ich. Überspitzt formuliert: Es ist dem Kirchenraum heute nicht mehr wirklich anzusehen, ob das mal eine Kirche oder ein Kuhstall werden sollte.

Michael Iseler aus Lauterbach im Schwarzwald über E-Mail, 22. Februar 2010

Die nach Brenz benannte Evangelische Kirche in Weil der Stadt ist täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. (2014)
Die Stiftskirche in Stuttgart ist täglich von 9 Uhr bis 16 Uhr geöffnet, sonntags bis 18 Uhr, montags bis donnerstags bis 19 Uhr.





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 12.10.2023

Quellen:

• Eva Kirn-Frank: Luthers Herold im Schwabenland. Stuttgarter Zeitung 26. 6. 1999
• Otto Borst: Geschichte Baden-Württembergs. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2004

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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