Ökumenisches Heiligenlexikon

aus dem Lateinischen von Richard Benz Hinweise zur Legenda Aurea

Von Sanct Pancratius


Pancratius kommt von pan, das ist: ganz; und gratus, das ist: angenehm; und citius, das ist: bald; und heißt soviel wie einer, der bald gar angenehm ist, nämlich schon in seiner Jugend. Oder als in dem Glossar geschrieben ist: pancras heißt ein Raub; pancranarius: einer, der Geißelhiebe empfängt; pancrus: ein Stein von unterschiedlichen Farben. Denn Pancratius raubte die Beute der Gefangenen; er empfing die Geißelhiebe der Marter; und war bunt von Mannigfaltigkeit der Tugenden.


Pancratius stammte von edlen Eltern; doch verlor er Vater und Mutter in Phrygien, und blieb daselbst unter seines Oheims Dionysius Obhut. Darnach fuhren sie beide wieder gen Rom, da sie ein reiches Erbe hatten. Nun war bei ihnen in derselben Gasse Cornelius der Papst mit seinen Christen verborgen; von dem empfingen sie Christenglauben. Dionysius starb kürzlich darnach in Frieden; Pancratius aber ward ergriffen und vor den Kaiser geführt; er war aber seines Alters bei vierzehn Jahren. Darum sprach zu ihm der Kaiser Diocletianus "Liebes Kind, ich rate dir, dass du keines bösen Todes sterbest; denn du bist noch jung und magst leichtlich betrogen werden. Auch bist du von Geburt gar edel und meines liebsten Dieners Kind; darum bitte ich dich: laß von diesem Wahn, so will ich dich wie meinen eigenen Sohn halten". Pancratius antwortete "Bin ich auch des Leibes ein Kind, so hab ich doch ein alt weises Herze, und aus der Kraft meines Herrn Jesu Christi gilt mir dein Drohen so wenig, als das Bild, das da vor uns an der Wand ist gemalet. Aber die Götter, die du mich anbeten heißest, waren Betrüger und schändeten ihre leiblichen Schwestern, ja sie schonten ihrer Eltern nicht. Wäre heute einer deiner Diener also böse, du hießest ihn auf der Stelle töten. Schämst du dich nicht, dass du die für deine Götter ehrest?" Als der Kaiser sah, dass ihn das Kind überwunden hatte, gebot er Pancratium zu enthaupten auf der Straße, die genannt ist Via Aureliana. Das geschah, im Jahre des Herrn 287. Sein Leichnam ward von eines Senatoren Weib, Octavilla mit Namen, in Treuen begraben.

Gregorius von Tours erzählt, so jemand bei Sanct Pancratii Grabe einen falschen Eid schwören will, so fährt der Teufel in ihn und macht ihn rasend, noch ehe er des Tores Gitter mag erreichen, oder er stürzt alsbald tot zu Boden.

Also geschah es einst, dass ein großer Streit war zwischen zwei Menschen, dem Richter aber war der Schuldige wohl kund. In seinem Eifer für das Recht führte der Richter sie beide vor Sanct Peters Altar und zwang den Schuldigen daselbst seine Unschuld zu beschwören, die er beteuerte; und flehte den Apostel an, dass er durch ein Zeichen die Wahrheit wolle offenbar machen. Da nun der Schuldige schwur, und es nicht an ihm gerochen ward, rief der Richter, der seine Bosheit wußte, in großem Eifer "Dieser alte Sanct Peter ist zu barmherzig über diese Sünde, oder er will dem jüngeren Heiligen die Ehre geben: darum laßt uns zu dem jungen Sanct Pancratius gehen, ob er unsre Bitte erhöre". Also gingen sie hin zu seinem Grab, und der Schuldige war so vermessen, dass er seinen Meineid schwur über dem Grab: da mochte er die Hand nicht wieder von dem Grabe ziehen, und starb kürzlich darnach an derselben Statt. Hievon hat das Volk noch heute die Gewohnheit, daß man in strengen Dingen über Sanct Pancratii Gebeinen schwört.




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Aus: Jacobus de Voragine: Legenda Aurea, Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, 13. Aufl. Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 1999 - zuletzt aktualisiert am 09.09.2016
korrekt zitieren:
Jacobus de Voragine: Legenda Aurea: Artikel
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