Paul Gerhardt
Gedenktag evangelisch: 27. Mai (EKD)
26. Oktober (ELCA, LCMS)
Name bedeutet: der Kleine (griech.)
Geh aus, mein Herz, und suche Freud(EG 503) - Melodie von August Harder, Aufführung des Franz-Schubert-Chores Eisenach e. V. in der Stadthalle Wuppertal, 1998
Paul Gerhardt wurde als Sohn eines Bauern und Gastwirts, der auch Bürgermeister wurde, in dem heute abgegangenen
Haus Paul-Gerhadt-Straße 7 geboren. Als er
zwölf Jahre alt war, starb der Vater, zwei Jahre danach die Mutter. Paul konnte dennoch die damalige
Fürstenschule - heute das Gymnasium St. Augustin
- in Grimma besuchen. Als infolge des Dreißigjährigen Krieges die Pest auftrat, entvölkerte sich die Schule, Paul Gerhardt
aber hielt tapfer aus. Am 15. Dezember 1627 verließ er Grimma mit dem Zeugnis für den Besuch der Universität und studierte ab 1628 Theologie an der 1502 damaligen
Universität Leucorea
- heute die Stiftung
Leucorea mit wissenschaftlichen Instituten - in Wittenberg. Hier lebte er bis 1642 in einem noch heute erhaltenen
Haus und arbeitete als Hauslehrer beim
Archidaikon der Stadtkirche St. Marien. In dieser
Zeit des 30-jährigen Krieges erlebte er dort 1636/1637 die Pestepidemie, 1637 die vollständige Zerstörung seiner
Heimatstadt und den Tod seines Bruders.
Was ist mein ganzes Wesen
von meiner Jugend an
als Müh und Not gewesen?
Solang ich denken kann,
hab ich so manchen Morgen,
so manche liebe Nacht
mit Kummer und mit Sorgen
des Herzens zugebracht …
1643 übersiedelte Paul Gerhardt nach Berlin und war bis 1651 Hauslehrer bei A. Berthold, seinem späteren Schwiegervater. 1651 bekam er eine feste Anstellung als Probst in Mittenwalde. 1655 heiratete er Anna Maria geb. Berthold, nach einem Jahr wurde ihre Tochter geboren, die aber nur acht Monate alt wurde.
1657 wurde er Pfarrer an der Nikolaikirche in Berlin. 1666 wurde er dort entlassen, weil der stark von der traditionellen lutherischen Orthodoxie geprägte Paul Gerhardt dem preußischen Toleranzedikt nicht zustimmen wollte, das auch den Protestanten reformierter Prägung eine Heimat in der Kirche bieten sollte.
Paul Gerhardt hatte im Auftrage der Kirchenleitung Berichte und Eingaben an den Kurfürsten mit verfasst und mit unterzeichnet und stand somit als einer der Wortführer der Unerschütterlichen in deren vorderster Reihe. Diese Schriften lassen ihn als sattelfesten Theologen, gewandten Dialektiker und klaren, logischen Denker erkennen. Zwar konnte er aufgrund vieler Bittschriften sein Amt noch eine Zeit lang ausüben, aber seine beharrliche Konsequenz führte 1667 endgültig zum Verlust der Pfarrstelle.
1668 starb Paul Gerhardts Frau, auch vier der fünf Kinder waren bereits gestorben. Nach zwei Jahren ohne Amt wurde er 1669 Archidiakon in der abgelegenen Stadt Lübben im Spreewald, wo er nach sieben einsamen Jahren starb.
Paul Gerhardt dichtete in all den Jahren mehr als 130 Lieder und wurde nach Martin Luther der bedeutendste Liederdichter der deutschen evangelischen Christenheit. Seine Lieder entstanden aus der Erfahrung persönlichen Leides und zu einem großen Teil in der Zeit, als der Dreißigjährige Krieg tobte, vor allem in den Jahren zwischen 1643 und 1653; sie sind besonders von Gottvertrauen und Heilserfahrung geprägt. Das älteste Berliner Gesangbuch von Johann Crüger enthält 18 Lieder von Gerhardt, die Ausgabe von 1653 bereits 81. Für die Verbreitung seiner Lieder hat der Dichter selbst nichts unternommen, dass sie bekannt wurden, ist das Verdienst von Crüger und dessen Nachfolger Johann Georg Ebeling, der 1666 auch die Gesamtausgabe der Lieder von Paul Gerhardt besorgte.
Oft wird gesagt, Paul Gerhardts trostvollen Lieder seien aus der Not des Dreißigjährigen Krieges geboren. Passionslieder sind tatsächlich die größte thematische Gruppe in seinem Schaffen; es waren aber vor allem die traurigen persönlichen Erfahrungen, die er als bekennender Christ in der Kirche seiner Zeit machte, welche ihn prägten und die seinen Liedern zu Grunde liegen. Seine Lieder bezeugen, dass er dadurch nicht verbittert wurde, sondern in sinnlicher, bildlich-anschaulicher und gefühlvoller Sprache von Leid und Not und von dennoch bewährter Zuversicht des Glaubens sprechen konnte. Er erzählt in archetypischen Bildern vom nahen Gott - ganz gegen die Theologie seiner Zeit, die den herrschenden und richtenden betonte. Sogar mütterliche Züge werden gezeichnet von einem Gott, der im Alltag der Menschen gegenwärtig ist und in der Schönheit seiner Schöpfung allezeit erfahrbar wird.
Das Evangelische Gesangbuch enthält heute 26 Lieder, deren Texte von Gerhardt stammen, darunter so bekannte wie Befiehl
du deine Wege
nach Psalm 37, 5 (EG 361), O Haupt voll Blut und Wunden
(EG 85), Wie soll ich dich empfangen
(EG 11), Kommt und laßt uns Christum ehren
(EG 39), Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
(EG 449), Nun ruhen
alle Wälder
(EG 477) oder Geh aus, mein Herz, und suche Freud
(EG 503). Auch das katholische Gotteslob enthält
sechs Lieder von ihm.
In Gräfenhainichen wurde von 1830 bis 1844 zu seinem Andenken die Paul-Gerhardt-Kapelle gebaut, sie beherbergt heute eine Dauerausstellung über sein Leben und Wirken; auch das Gemeindehaus der Evang. Kirchengemeinde ist nach ihm benannt. In Lübben wurde die Stadtkirche 1931 in Paul-Gerhardt-Kirche umbenannt und 2016 das von einem Verein getragene Paul-Gerhardt-Zentrum eröffnet.
Paul Gerhardt: Aus seinem Testament
17
Liedtexte in Englisch und Deutsch mit Vertonung,
Angaben zu Text und Musik sowie Partituren gibt es bei The Cyber Hymnal
.
Noch mehr Texte, viele mit Melodien, bietet Frank Petersohn auf siner Homepage.
Alle 139 Liedtextexte hat Pfarrer Christian Hählke 2003 zusammengestellt.
Die
Paul-Gerhardt-Kapelle in Gräfenhainichen mit der
Dauerausstellung ist samstags und sonntags von 14 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2023)
Die Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben ist von
Ostern bis zum Erntedankfest montags bis
freitags von 11 Uhr bis 17 Uhr und am Wochenende von 14 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2023)
Die Ausstellung im Paul-Gerhardt-Zentrum in
Lübben ist von Mai bis Oktober werktags von 10 Uhr bis 12 Uhr geöffnet. (2023)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 02.11.2023
Quellen:
• Friedrich Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †(Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon,
Bd. II, Hamm 1990
• Joachim Januschek - http://www.glaubenszeugen.de/kalender/g/kalg022.htm - abgerufen am 22.09.2023
• https://www.strasse-der-deutschen-sprache.de/Stationen/Stadt?arg1=Gr%C3%A4fenhainichen - abgerufen am 13.10.2023
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.