Ökumenisches Heiligenlexikon

Angelus Silesius

Taufname: Johannes Scheffler

1 Gedenktag katholisch: 9. Juli

Name bedeutet: A: der Engel (latein.)
J: Gott ist gnädig (hebr.)

Mystiker, Priester
* 24. Dezember 1624 in Breslau, heute Wrocław in Polen
9. Juli 1677 daselbst


Johannes Scheffler war der Sohn eines polnischen Adeligen, der wegen seines evangelischen Glaubens nach Breslau übersiedelt war. Johannes studierte in Straßburg und Leiden, wo er die mystischen Werke von Jakob Böhme kennen lernte. An der renommierten Universität im Palazzo Bo in Padua promovierte er dann zum Doktor der Philosophie und der Medizin. 1649 trat er als Leibarzt in die Dienste des lutherischen Herzogs Nimrod von Württemberg-Oels - dem heutigen Oleśnica in Niederschlesien. Nach einem Streit mit dem Oelser Hofprediger, der sich weigerte, mystische Texte zu publizieren, zog er nach Breslau und wirkte dort als Arzt. Die Ablehnung von Mystik durch den Protestantismus veranlasste ihn 1653 zum Übertritt in die katholische Kirche. Er nahm nun - nach dem Vorbild des spanischen Mystikers Johannes ab Angelis - den Namen Angelus an und begann, im Sinne der Gegenreformation polemische Schriften gegen den Protestantismus zu verfassen. 1654 wurde er Hofarzt von Kaiser Ferdinand III., 1661 wurde er in Breslau zum Priester geweiht und war dann bis 1666 als Hofmarschall des Breslauer Fürstbischofs tätig. Danach verschenkte er sein Vermögen, behandelte als Arzt Arme und Kranke unentgeltlich und sorgte für die Ausbildung von Waisenkindern.

Angelus Silesius' bekanntestes dichterisches Werk ist der Cherubinische Wandersmann, eines der bedeutendsten Werke der Barockliteratur. Er war Verfasser vieler Liedtexte, darunter Ich will dich lieben, meine Stärke und (EG 400, GL 358) Morgenstern der finstern Nacht (GL 372). Er wurde in der Matthiaskirche in Breslau bestattet.

Worte von Angelus Silesius

Liebe, die du mich zum Bilde
Deiner Gottheit hast gemacht,
Liebe, die du mich so milde
Nach dem Fall hast wieder bracht.
Liebe, dir ergeb' ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Liebe, die du mich erkoren,
Eh als ich geschaffen war,
Liebe, die du Mensch geboren
Und mir gleich wardst ganz und
Liebe, dir ergab ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Liebe, die für mich gelitten
Und gestorben in der Zeit,
Liebe, die mir hat erstritten
Ew'ge Lust und Seligkeit.
Liebe, dir ergeb' ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Liebe, die mich hat gebunden
An ihr Joch mit Leib und Sinn,
Liebe, die mich überwunden
Und mein Herze hat dahin,
Liebe, dir ergeb' ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Liebe, die mich ewig liebet,
Die für meine Seele bitt,
Liebe, die das Lösgeld gibet
Und mich kräftiglich vertritt.
Liebe, dir ergeb` ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Liebe, die mich wird erwecken
Aus dem Grab der Sterblichkeit,
Liebe, die mich wird umstecken
Mit dem Laub der Herrlichkeit,
Liebe, dir ergeb' ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Quelle: Wolf Brixner: Die Mystiker. Leben und Werk. Weltbild Verlag, Augsburg 1987, S. 442f

Zitat aus dem Cherubinischen Wandersmann von Angelus Silesius:

Das größte Wunderding ist doch der Mensch allein: Er kann, nachdem er's macht, Gott oder Teufel sein.

Mensch, in das, was du liebst, wirst du verwandelt werden,
Gott wirst du, liebst du Gott, und Erde, liebst du Erden.


Mensch, denkst du Gott zu schau'n dort oder hier auf Erden:
So muss dein Herz zuvor ein reiner Spiegel werden.


Halt an, wo laufst du hin, der Himmel ist in dir;
Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.


Das Licht der Herrlichkeit scheint mitten in der Nacht.
Wer kann es sehen? Ein Herz, das Augen hat und wacht.


Ach, könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden,
Gott würde noch einmal Kind auf dieser Erden.


Aus Gott wird man geboren, in Christo stirbet man,
Und in dem Heiligen Geist fängt man zu leben an.


Dass Gott gekreuzigt wird, dass man ihn kann verwunden!
Dass er solche Angst aussteht! und dass er sterben kann!
Verwundere dich nicht, die Liebe hat’s erfunden!

Quelle: www.aphorismen.de/suche?f_autor=183_Angelus+Silesius

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 11.06.2021

Quellen:
• Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB, Benediktinerabtei Schäftlarn
• https://de.wikipedia.org/wiki/Angelus_Silesius - abgerufen am 20.07.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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