Ökumenisches Heiligenlexikon

aus dem Lateinischen von Richard Benz Hinweise zur Legenda Aurea

Von Sanct Christophorus


Christophorus hieß vor seiner Taufe Reprobus, darnach aber ward er Christophorus genannt, das ist: der Christum trägt. Denn er trug Christum auf vierlei Weise: auf seinen Schultern, da er ihn über das Wasser brachte; in seinem Leib durch die Kasteiung, die er sich antat; in seinem Geist durch seine innige Andacht; in seinem Munde durch sein Bekenntnis und durch seine Predigt.


Christophorus war geboren vom Volke der Chananaeer und war von gewaltiger Größe und furchtbarem Angesicht, und maß zwölf Ellen in die Höhe. Man liest von ihm in etlichen seiner Geschichten, dass er einst stund vor einem König der Chananaeer; da kam ihm in den Sinn, daß er den mächtigsten König sollte suchen, der in der Welt wäre, und bei dem sollte bleiben. Also kam er zu einem großen König, von dem ging die Rede, dass es keinen größeren Fürsten in der Welt gebe. Der König nahm ihn mit Freuden auf und hieß ihn bei sich bleiben an seinem Hof. Eines Tages aber sang vor dem König ein Spielmann ein Lied, darin des Teufels Name gar oft genannt war. Da nun der König ein Christ war, zeichnete er seine Stirn mit dem Zeichen des Kreuzes, sooft des Teufels Name genannt ward. Als Christophorus das sah, verwunderte er sich über die Maßen, warum der König das täte, und was er mit dem Zeichen meinte. Er fragte den König, der aber wollte es ihm nicht sagen. Da sprach Christophorus "Sagst du es mir nicht, so bleibe ich nicht länger bei dir". Also zwang er den König, dass er sprach "Wann ich den Teufel höre nennen, so segne mich mit diesem Zeichen; denn ich fürchte, dass er sonst Gewalt gewinne über mich und mir schade". Sprach Christophorus "Fürchtest du den Teufel, dass er dir schade, so ist offenbar, dass er größer und mächtiger ist denn du, da du solche Angst vor ihm hast. So bin ich denn in meiner Hoffnung betrogen, ich vermeinte, dass ich den mächtigsten Herrn der Welt hätte gefunden. Aber nun leb wohl, denn ich will den Teufel selbst suchen, dass er mein Herr sei und ich sein Knecht". Also ging er von dem König und machte sich auf, den Teufel zu suchen. Einst kam er in eine Einöde, da sah er eine große Schar Ritter; einer ihnen war wild und schrecklich anzusehen, der kam zu Christophorus und fragte ihn, wohin er fahre. Er antwortete "Ich suche den Herrn den Teufel, denn ich wäre gern sein Knecht". Sprach der Ritter "Ich bin der, den du suchst". Des war Christophorus froh und gelobte ihm seinen Dienst für ewige Zeiten und nahm ihn zu seinem Herrn. Da sie nun mit einander dahin zogen, kamen sie einst auf eine Straße, da war ein Kreuz am Wege erhöhet. Alsbald der Teufel das Kreuz sah, floh er voll Furcht und ließ die Straße, und führte Christophorum zur Seite einen rauhen und wüsten Weg, und darnach wieder zu der Straßen. Christophorus verwunderte sich darob und fragte ihn, warum er den geraden Weg habe gelassen und auf solchen Umwegen durch die Wüste sei gefahren. Der Teufel wollte es ihm in keiner Weise sagen, aber Christophorus sprach "Sagst du es mir nicht, so gehe ich alsbald von dir". Also zwang er den Teufel, dass er sprach "Es ist ein Mensch gewesen, Christus mit Namen, den hat man ans Kreuz geschlagen; und so ich dieses Kreuzes Zeichen sehe, so fürchte ich mich sehr und muss es fliehen". Sprach Christophorus "So ist dann jener Christus größer und mächtiger denn du, so du sein Zeichen so sehr fürchtest? Also war meine Mühe umsonst, und ich habe den größten Fürsten der Welt noch nicht gefunden. Lebe nun wohl, denn ich will von dir scheiden und Christum suchen". Er suchte lange Zeit, ob ihm jemand von Christo möchte Kunde geben. Zuletzt kam er zu einem Einsiedel, der predigte ihm von Christo und unterwies ihn mit Fleiß im Glauben. Und sprach zu Christophorus "Der König, dem du dienen willst, begehrt, dass du viel fastest". Antwortete Christophorus "Er fordere von mir ein ander Ding, denn dies vermag ich nicht zu tun". Sprach der Einsiedel "Es ist not, dass du viel zu ihm betest". Antwortete Christophorus "Ich weiß nicht, was das ist, und kann ihm darin nicht folgen". Da sprach der Einsiedel "Weißt du den Fluß, darin viel Menschen umkommen, so sie hinüber wollen fahren?" Antwortete Christophorus "Ja, ich weiß ihn". Und der Einsiedel sprach "Du bist groß und stark: setze dich an den Fluß und trage die Menschen dahinüber, so wirst du Christo dem Könige gar genehm sein, dem du zu dienen begehrst; und ich hoffe, dass er sich dir daselbst wird offenbaren". Sprach Christophorus "Das vermag ich wohl, und will ihm hierin dienen". Also ging er zu dem Fluß und baute sich an dem Ufer eine Hütte. Er nahm eine große Stange in seine Hand statt eines Stabes, darauf stützte er sich im Wasser und trug die Menschen alle hinüber ohn Unterlaß.

Darnach über manchen Tag, da er einst in seiner Hütte ruhete, hörte er, wie eines Kindes Stimme rief "Christophore, komm heraus und setz mich über". Er stund auf und lief hinaus, konnte aber niemanden finden; also ging er wieder in seine Hütte. Da hörte er die Stimme abermals. Er ging wieder hinaus und fand niemanden. Darnach hörte er die Stimme zum dritten Male wie zuvor; und da er hinausging, fand er ein Kind am Ufer, das bat ihn gar sehr, dass er es hinübertrage. Christophorus nahm das Kind auf seine Schulter, ergriff seine Stange und ging in das Wasser. Aber siehe, das Wasser wuchs höher und höher, und das Kind ward so schwer wie Blei. Je weiter er schritt, je höher stieg das Wasser, je schwerer ward ihm das Kind auf seinen Schultern; also daß er in große Angst kam, und fürchtete, er müßte ertrinken. Und da er mit großer Mühe durch den Fluß war geschritten, setzte er das Kind nieder und sprach "Du hast mich in große Fährlichkeit bracht, Kind, und bist auf meinen Schultern so schwer gewesen: hätte ich alle diese Welt auf mir gehabt, es wäre nicht schwerer gewesen". Das Kind antwortete "Des sollst du dich nicht verwundern, Christophore; du hast nicht allein alle Welt auf deinen Schultern getragen, sondern auch den, der die Welt erschaffen hat. Denn wisse, ich bin Christus, dein König, dem du mit dieser Arbeit dienst. Und damit du siehst, daß ich die Wahrheit rede, so nimm deinen Stab, wann du wieder hinüber gegangen bist, und stecke ihn neben deiner Hütte in die Erde; so wird er des Morgens blühen und Frucht tragen". Damit verschwand er vor seinen Augen. Christophorus aber ging hin und pflanzte seinen Stab in die Erde; und da er des Morgens aufstund, trug der Stab Blätter und Früchte als ein Palmenbaum.

Darnach kam Christophorus in die Stadt Samos im Lande Lycien. Und da er die Sprache des Landes nicht verstund, bat er den Herrn, dass er ihm verleihe, sie zu verstehen. Da er also im Gebet lag, ließen ihn die Richter liegen, denn sie meinten, er wäre unsinnig worden. Christophorus aber empfing, worum er hatte gebeten, und bedeckte sein Angesicht und kam zu dem Richtplatz, und stärkte die Christen, die da gepeinigt wurden, im Herrn. Und da ihn der Richter einer ins Angesicht schlug, entblößte er sein Antlitz und sprach "Wäre ich nicht ein Christ, wahrlich ich wollte mich bald rächen". Dann nahm er seinen Stab und steckte ihn in die Erde, und bat Gott, dass er ihn grünen ließe, damit das Volk davon würde bekehrt. Das geschah alsbald, und es wurden achttausend Menschen gläubig. Da sandte der König zweihundert Kriegsknechte aus, die sollten ihn greifen. Aber sie fanden ihn im Gebet, und wagte keiner, ihm dies zu sagen. Der König sandte abermals zweihundert, die beteten mit ihm, da sie ihn beten sahen. Christophorus erhub sich und sprach "Wen suchet ihr?" Da sahen sie sein Angesicht und sprachen "Der König sendet uns, dass wir dich gefesselt vor ihn bringen". Sprach Christophorus "Gefällt es mir, so mögt ihr mich weder los noch gebunden mit euch führen". Da sprachen sie "Willst du nicht, so gehe frei, wohin du willst; so werden wir dem Könige sagen, dass wir dich nirgends mochten finden". Sprach Christophorus "Das sei ferne, sondern ich will mit euch gehen". Also bekehrte er sie zum Glauben und ließ sich von ihnen die Hände auf den Rücken binden und also gebunden vor den König führen. Als der ihn aber erblickte, erschrak er, dass er von seinem Throne fiel. Seine Diener huben ihn wieder auf, und er fragte Christophorum nach seinem Namen und Vaterland. Christophorus antwortete "Vor meiner Taufe war ich Reprobus genannt, nun aber heiße ich Christophorus". Der König sprach "So hast du einen törichten Namen an dich genommen, den Namen des gekreuzigten Christus, der sich selbst nicht mochte helfen und auch dir nicht helfen wird. Nun aber, chananaeischer Zauberer, warum opferst du unsern Göttern nicht? Christophorus antwortete "Wahrlich, du heißest mit Recht Dagnus, denn du bist der Tod der Welt, ein Geselle des Teufels; deine Götter aber sind von Menschenhänden gemacht". Sprach der König "Du bist unter wilden Tieren auferzogen, darum magst du nichts anderes reden denn wilde Dinge, die den Menschen unbekannt sind. "Willst du nun opfern, so will ich dir zu großen Ehren helfen; tust du es nicht, so sollst du sterben mit großer Pein". Und da er nicht opfern wollte, ließ er ihn ins Gefängnis werfen; die Kriegsknechte aber, die Christophorus zum Glauben hatte bekehrt, die hieß er um Christi Namen enthaupten. Darnach ließ er zwei schöne Mägde zu Sanct Christophorus in den Kerker schließen, die eine hieß Nicaea, die andere Aquilina; und gelobte ihnen großes Gut, so sie ihn zur Sünde möchten verleiten. Als Christophorus das sah, gab er sich alsbald an sein Gebet. Die Mägde streichelten ihn mit ihren Händen und legten ihre Arme um ihn; da stund er auf und sprach zu ihnen "Was suchet ihr; und warum seid ihr hieher kommen?" Da erschraken sie vor der Klarheit seines Angesichts und sprachen "Erbarme dich unser; du Heiliger des Herrn, und mache, dass auch wir an deinen Gott glauben". Als das der König vernahm, ließ er sie vor sich führen und sprach "Also seid auch ihr verführet? Ich schwöre euch bei den Göttern: opfert ihr nicht, so sollt ihr eines bösen Todes sterben". Sie antworteten "Willst du, dass wir den Göttern opfern, so gebiete, dass man die Märkte säubere und alles Volk sich sammle in dem Tempel". Das geschah. Aber da sie in den Tempel traten, lösten sie ihre Gürtel, taten sie den Götterbildern um den Hals und rissen sie herab, dass sie zu Staub zerbrachen; und sprachen zu dem Volk "Geht und holet Ärzte, dass sie eure Götter heilen". Da gebot der König, dass man Aquilina aufhenke und einen schweren Stein an ihre Füße binde, also dass alle ihre Glieder zerzerret wurden. Als sie zum Herrn war gefahren, ward ihre Schwester Nicaea in ein Feuer geworfen, und als sie unversehrt daraus ging, schlug man ihr das Haupt ab. Darnach ward Christophorus vor den König geführt. Der ließ ihn mit eisernen Ruten schlagen und darnach einen glühenden Eisenhelm auf sein Haupt setzen, und ihn auf einen eisernen Schemel binden, darunter ein Feuer mit Pech entzündet ward. Aber der Schemel schmolz wie Wachs, und Christophorus stund unversehrt. Darnach ward er an einen Pfahl gebunden, und vierhundert Kriegsknechte schossen mit Pfeilen auf ihn. Aber die Pfeile blieben alle in der Luft stehen und mochte ihn keiner treffen. Der König vermeinte, er wäre von den Rittern getroffen, und wollte sein spotten; da fuhr der Pfeile einer herab aus der Luft, wandte sich und traf den König ins Auge, dass er erblindete. Da sprach Christophorus "Morgen, o König, bin ich tot. Dann nimm von meinem Blut und mache einen Kot daraus und bestreiche damit dein Auge, so wirst du dein Gesicht wieder haben". Also ward Christophorus auf des Königs Gebot zum Tode geführt, und da er sein Gebet gesprochen hatte, ward ihm das Haupt abgeschlagen. Der König aber nahm ein weniges von seinem Blut, tat es auf sein Auge und sprach "Im Namen Gottes und Sanct Christophori". Da war er alsbald gesund, und ward gläubig. Und gab das Gebot, wer Gott oder Sanct Christophorum lästere, der solle mit dem Schwert geschlagen werden.

Ambrosius sagt in seiner Praefatio über den Märtyrer "Herr; du hast dem Christophorus soviel Kraft und Weisheit gegeben, dass er 48.000 Menschen von dem Irrglauben der Heiden zum Christenglauben brachte mit vielen Wundern. Nicaeam und Aquilinam, die lange Zeit der öffentlichen Unzucht hatten gedient, die brachte er wieder zur Reinigkeit, und lehrte sie die Märtyrerkrone empfahen. Im brennenden Scheiterhaufen, auf dem eisernen Schemel fürchtete er die Glut nicht, und einen ganzen Tag lang vermochten die Kriegsknechte nicht, ihn mit ihren Pfeilen zu durchbohren. Einer von den Pfeilen fuhr dem Henker ins Auge; aber das Blut des Heiligen, mit Erde vermischt, gab ihm das Licht wieder: und mit der leiblichen Blindheit ward auch die geistige von ihm genommen, denn er fand Gnade vor dir. Und der Heilige ward seiner Bitte gewährt, dass er Krankheit und Siechtum vertreibe".




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Aus: Jacobus de Voragine: Legenda Aurea, Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, 13. Aufl. Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 1999 - zuletzt aktualisiert am 09.09.2016
korrekt zitieren:
Jacobus de Voragine: Legenda Aurea: Artikel
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