Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Spiritualität der Heiligen - Vorbemerkungen
Christkönig
Christkönig
Am 11. Dezember 1925
führte Papst Pius XI. anlässlich der
1600-Jahrfeier zum Gedenken an das 1. Konzile von Nicäa (325 n.
Chr.) das Christkönigsfest ein. Er schreibt in seiner Enzyklika
Quas primas
(1925):
Worauf nun die
Würde und Macht Unseres Herrn gründet, das zeigt treffend
Cyrillus von
Alexandrien: Christus besitzt die Herrschaft über alle
Geschöpfe nicht infolge gewaltsamer Aneignung, nicht aus fremder
Hand, sondern auf Grund seines Wesens und seiner Natur
. Seine
Herrschaft ergibt sich also aus jener wunderbaren Einheit, die man
die hypostatische nennt. Daraus folgt, dass Christus nicht nur als
Gott von den Engeln und Menschen die Anbetung gebührt, sondern
dass ihm auch als Mensch die Engel und Menschen unterwürfig und
gehorsam sein müssen, dass Christus also schon infolge der
hypostatischen Einheit die Macht über alle Geschöpfe
besitzt.
Es handelt sich
dabei um ein Königtum, das auf Liebe gegründet ist
,
auf das auch wir in Liebe antworten sollen. Das betont schon
Robert Bellarmin († 1621):
Herr, wir wollen
dir Liebe für Liebe geben. Wenn das Verlangen dir zu folgen noch
nicht unserer Liebe für dich entspringt - sie ist ja sehr
schwach -, dann möge dieses Verlangen wenigstens aus unserer
Liebe für deine Liebe kommen … Wir wollen dich nicht nur
lieben, nicht nur dir folgen, sondern wir sind entschlossen dazu, die
Welt gering zu schätzen …, wenn wir sehen, dass du, unser
Herr, die Freuden dieses Lebens nicht ausgekostet hast. Wir sehen
dich dem Tod ausgeliefert, nicht in einem Bett, sondern auf dem Holz,
das Gericht hält. Du bist König, und doch willst du keinen
anderen Thron als diesen Galgen … Wir folgen deinem Beispiel, du
König voller Weisheit, weisen den Lockruf dieser Welt und ihrer
Pracht zurück und nehmen dein Kreuz auf unsere Schultern. Wir
nehmen uns vor, dir zu folgen, dir allein … Gewähre uns
lediglich die nötige Hilfe, mache unstark genug, dir allein …
Gewähre uns lediglich die nötige Hilfe; mache uns stark
genug, dir nachzufolgen!
[Der
Aufstieg der Seele zu Gott: Von diesem Tag an fassten die
Pharisäer den Beschluss, ihn umzubringen.
]
Guido Maria Conforti von Parma (†
1931):
Folgendes ist das
Kennzeichen, welches das Reich Jesu Christi von den anderen Reichen
unterscheidet: Die anderen Reich gründen sich meistens auf dem
Schrecken, den ihre Heere verbreiten, und sie halten sich an der
Macht aufgrund von Waffengewalt. Das Reich Christi hingegen wird mit
überzeugung und Liebe gebildet, mit Liebe gefestigt und mit
unaufhörlichem Fortschritt ausgebreitet.
[P.
Franco Teodori, Diario, atti, discorsi del beato Guido Maria Conforti Arcivescovo di Parma,
1918 - 1920, Città del Vaticano 1999, S.
464 bzw. 458]
Maximilian Maria Kolbe
(† 1941):Jesus sagte
nicht nein, als ihn Pilatus fragte, oh er ein König sei. Er
sagte nur, sein Königtum sei nicht von dieser Welt. Wir wissen,
dass Königtum in dieser Welt auf Macht beruht. Ein weltliches
Königtum, das auf Liebe gegründet ist, wird man schwerlich
finden. Das Königtum Christi ist um vieles tiefer, ist auf der
Liebe gegründet und reicht bis in die Seele, bis in den Willen
hinein.
Am 29. Oktober 1943
schreibt der Priester, Widerstandskämpfer und Märtyrer Hermann Josef Wehrle († 1944)
zum Christkönigsfest und zu Allerheiligen an einen Freund:
Wie glücklich
sind wir, dass wir einen König haben, dem wir getrost folgen
können und der für die Forderung, die er stellt, uns ewiges
Leben schenken will. Gerade dieser Tag zeigt uns, dass wir auf der
richtigen Seite stehen, und das gibt uns neue Kraft und festen Trost,
auch für die dunklen Stunden, in denen der Himmel trotz unseres
Rufens und Flehens zu schweigen scheint … Ja, es gehört heute
schon ein felsenfester Glaube an Gott her, der seine eigenen Häuser
ausbrennen lässt. Ist es die Strafe für unser morsches
Christentum, dass der Herr das Wort der geheimen Offenbarung an uns
wahr macht: ‚Ich stoße deinen Leuchter von der Stelle,
wenn du nicht in dich gehst‛ (Off. 2, 5). Oder ist es Prüfung
für die Festigkeit unseres Glaubens, dass wir wieder anfangen,
die Worte zu schätzen, die uns alltäglich geworden sind?
Jedenfalls ist es ein ernster Aufruf und eine eindringliche Mahnung
zu Innerlichkeit, dass wir den Herrn nicht nur draußen suchen -
um uns - und in der Versammlung der ekklesia, sondern in uns selbst
hineinhorchen, wo wir ihn immer finden werden. Alle diese Ereignisse
lassen uns in ihrer Furchtbarkeit und Rätselhaftigkeit nur in
Gottes Arme einschließen, ganz uns ihm schenken. Man muss diese
Rufe Gottes religiös verstehen, dann geben sie Liebe, dann
werden sie uns Stufen, die näher zu ihm führen. Mit rein
verstandesmäßigem Erfassen ist das nicht getan; das
verarmt und führt von Gott weg … Wenn Gott spricht - auch
durch anscheinend natürliche Zulassungen -, dann versagen die
gewöhnlichen menschlichen Begriffe, dann stehen wir dem
Unfassbaren gegenüber, für das es keine natürliche
landläufige
Erklärung
gibt. Dann muss sich
der Glaube bewähren! Das lehrt die Erfahrung, das lehrt das
Vorbild aus dem Leben der Heiligen. Die besten Menschen aller Zeiten
zu Brüdern und Schwestern haben zu dürfen, die, bereits am
Ziele angelangt, kein anderes Interesse mehr haben, als uns auch
dorthin zu bringen, wo sie bereits wohnen dürfen. Sie waren
Menschen wie wir, behaftet mit Schwächen und Fehlern, aber aus
der Kraft der Gnade ihres Königs haben sie alles überwunden:
Des Königs Gebot war ihr Gebot, des Königs Weg war ihr Weg,
der königliche Weg des Kreuzes; des Königs Ehre war ihre
Ehre, darum ist das Sitzen an der Tafel des Königs ihr Glück
für alle Ewigkeit. Mag es auch in uns stürmen und toben,
mögen auch Rückschläge kommen, die uns entmutigen
könnten, halten wir aus und sprechen wir in ehrlicher,
hochherziger und opferbereiter Liebe das Wort des Psalmisten: opera
mea Regi
; Freilich müssen wir wissen, unser König,
den wir jetzt in der Herrlichkeit schauen, war ein dornengekrönter,
verspotteter König. Anders wird es uns, seinen Vasallen, auch
nicht gehen. Aber was kann uns am Urteil der Welt liegen, wenn wir
ewiges Glück vor uns haben? Wollen wir nicht lieber ein kurzes
Erdenleben in Entsagung und Verzicht zubringen, um dann mit Christus
ewig glücklich zu sein?
[Franz
J. Morschhäuser, Hermann Joseph Wehrle (1899-1944). Zeuge des
Glaubens in bedrängter Zeit, St. Ottilien 2000, S. 112f.]
Auch das Zweite Vatikanisches Konzil
- Konstitution Lumen gentium Nr. 36 - betont
das König-Sein Christi:
Christus,
gehorsam geworden bis zum Tod und deswegen vom Vater erhöht
(vgl. Philipperbrief 2, 8f), trat in die Herrlichkeit seines Reiches ein. Ihm wird
alles unterworfen, bis er selbst sich und alles Geschaffene dem Vater
unterwirft, damit Gott alles in allem sei (vgl. 1. Korintherbrief 15, 27f).
Diese Vollmacht teilte er seinen Jüngern mit, damit auch jene in
königliche Freiheit gestellt werden und durch Selbstverleugnung
und ein heiliges Leben das Reich der Sünde in sich selbst völlig
besiegen (vgl. Römerbrief 6, 2), ja, damit sie, indem sie Christus auch in den anderen dienen,
ihre Brüder zu dem König, dem zu dienen herrschen (regnare)
bedeutet, in Demut und Geduld hinführen.
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 10.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.