Ökumenisches Heiligenlexikon

Dorothea von Montau

1 Gedenktag katholisch: 25. Juni
gebotener Gedenktag in den Bistümern Elbląg / Elbing und Warmia / Ermland und im Deutschen Orden
nicht gebotener Gedenktag im Erzbistum Gdańsk / Danzig

Name bedeutet: Gottes Geschenk (griech.)

Reklusin, Mystikerin
* 6. (?) Februar 1347 in Groß-Montau, heute Mątowy Wielkie in Polen
25. Juni 1394 in Marienwerder, heute Kwidzyn in Polen


Dorothea war das siebte von neun Kindern des aus Holland eingewanderten wohlhabenden Bauern Willem Swarte / Schwartze. Schon als Kind hatte sie ungewöhnliche Eingebungen und fühlte sich zu harter Buße getrieben. Der vermögende Schwertfeger Adalbert in Danzig, der schon über vierzig Jahre alt war, heiratete 1363 die 16-jährige Dorothea, sie wurde Mutter von neun Kindern, von denen allerdings nur die Tochter Gertrud überlebte, die später Benediktinernonne in Kulm - dem heutigen Chelmno - wurde.

Schon kurz nach der Hochzeit hatte Dorothea weitere religiöse Visionen. Ihr Mann versuchte, durch harte Behandlung seiner Frau deren ihm unbegreifliche Frömmigkeit auszutreiben, hatte aber keinen Erfolg. Ab 1386 unternahm sie zusammen mit Tochter Gertrud eine dreijährige Pilgerreise nach Aachen und Einsiedeln. Mit Zustimmung ihres Mannes schloss sich Dorothea 1389 einem Danziger Pilgerzug nach Rom an, auch um auf den Spuren ihres Vorbildes Birgitta von Schweden zu wandeln und im Petersdom das Schweißtuch der Veronika zu sehen. Während ihrer Abwesenheit starb ihr Mann, Albrecht Slichting 1. 1390 verschenkte sie ihre Habe, um sich ganz einem religiösen Leben zu widmen. Im Jahr darauf wurde sie vor Heinrich von Stein, den Richter der Diözese Danzig / Gdańsk, geführt mit der Anklage, dass sie sich bei der Elevation der EucharistieDie Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi. Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23. nicht erhebe - das war ihr ob ihrer tiefen Ergriffenheit oft nicht möglich, denn sie erlebte dabei Ekstasen, von denen sie - manchmal erst nach Stunden - freudig lachend oder von Weinkrämpfen erschüttert erwachte. Auch die in ihren Beichtgesprächen berichteten Visionen wurden ihr vorgehalten. Die drohende Verbrennung als Hexe konnte ihr Beichtvater Johannes von Marienwerder gerade noch verhindern.

Reliquie: ein Stein aus Dorotheas Zelle, in der Michaelskirche in München
Reliquie: ein Stein aus Dorotheas Zelle, in der Michaelskirche in München

Ab Mai 1393 lebte Dorothea - nach zuvor längere Zeit verweigerter Einwilligung des zuständigen Bischofs - unter ihrem Mädchennamen Swarze als Reklusin am Dom in Marienwerder, wo sie sich ganz ihren Visionen, dem täglichen Kommunionempfang und der Tröstung Ratsuchender hingeben konnte. Ihre Verzückungen, Visionen, Ekstasen, Auditionen, Erscheinungen, dazu ihre Prophezeiungen, Liebeswunden und ihre Herzensschau hielt ihr Seelenführer, der Domdekan und Deutschordenspriester Johannes von Marienwerder, schriftlich fest; sie wurden 1492, also erst gut 100 Jahre später, als Buch mit dem Titel Vita venerabilis dominae Dorotheae, Lebensgeschichte der ehrwürdigen Dame Dorothea, veröffentlicht.

Dorothea wurde im Dom in Marienwerder bestattet. Ihre Gebeine gingen verloren, nur einige Berührungsreliquien sind erhalten.

Günter Grass beschrieb das Leben der Dorothea von Montau aus der Sicht ihres verbitterten Ehemanns in seinem Roman Der Butt.

Kanonisation: Der schon kurz nach dem Tod von Dorothea auf Initiative von Johannes von Marienwerder eingeleitete und vom Deutschen Orden unterstützte Heiligsprechungsprozess wurde im Jahr 1404 abgebrochen - wohl weil sich herausstellte, dass Dorothea das üppige Leben im Orden kritisiert hatte. Nachdem im Zuge der Wirren des Abendländischen Schismas die Akten nach Bologna ausgelagert worden waren, gingen sie verloren. Erst 1955 wurde der Heiligsprechungsprozess wieder aufgenommen, die Approbation des Kultes erfolgte dann am 9. Januar 1976.
Attribute: neun Kinder, Laterne, Rosenkranz
Patronin von Preußen, des Deutschen Ordens

1 Tatsächlich wurde Albrecht Slichting damals für tot erklärt, ein leerer Sarg wurde auf dem Katharinenfriedhof in Danzig begraben und er zog mit der Tochter Gertrud und einer Magd heimlich nach Konitz / Chojnice, wo er sich unter anderem Namen niederließ.

Worte der Heiligen

Dorotheas Beichtvater und Seelenführer Johannes von Marienwerder schrieb ihre Visionen nieder und verfasste auf Latein und (Mittelhoch-) Deutsch ihre Lebensbeschreibung. Dieser Biographie entstammt auch die Beschreibung des Ablaufs der Beichte von Dorothea:

Gewissenserforschung (Beichtspiegel): An erster Stelle steht wie in der kirchlichen Weisung das Gewissen des Pönitenten, Dorotheas Gewissensdrang [Gewissensbisse]: Der von der Sünde verursachte Schmerz, der Gestank und die Grausamkeit verdeutlichen das Maß der Sünde und treiben zur Beichte an. - Nach der Herzvertauschung setzt sie sich vor sich, beschaut und besinnt sich und erkennt Dinge, die Gott unbehaglich, böse, schädlich und unnütz sind. - Im Stand der Gnade lernt sie, Größe und Menge ihrer Sünden zu erkennen. Sie wird befähigt, sich mit den geistlichen Augen sehen, als sei sie ein Kristall. - Das Wesen des Erkennens ist die Erleuchtung, denn die Sünde soll aus der Erleuchtung erkannt werden. - Erkennt sie Größe und Menge, muss sie differenzieren: Sünden inwendig im Herzen [und] Sünden nach außen in den Werken. - Sie muss die Sünden in Worte fassen können. - Sie erkennt, weshalb sie bekümmert war. - Sie erkennt ihre bisherige Unterlassung des Guten.

Reue: Werden ihr die Sünden bewusst, ist sie gar betrübt und gequält. Sie empfindet Schmerzen, Bitterkeit, große Reue, die sie durch milde Tränen zum Ausdruck bringt. - Die Reue muss der Lust, die sie an der Sünde hatte und der Schwere der Sünde entsprechen. - Die Reue soll eine Liebesreue sein, denn sie soll aus rechter Liebe zu Gott und rechter Furcht [wegen] … der Sünden hervorgehen, nicht aus Angst vor Strafe und Schaden, sondern aus dem schmerzlichen Bewusstsein, Gott und Menschen enttäuscht zu haben. Dabei blickt die Reue auf Gottes Liebe, Wirken und Willen [und] den leidenden Christus.

Vorsatz: Maßgeblich ist im Blick auf die Zukunft der Beschluss, an Begehrungen und Strebungen, wohlzutun, zuzunehmen.- In Bezug auf Gott: sich fest an Gott zuhalten; seinen Willen zu vollbringen; sich ihm ähnlich zu machen oder ähnlich zu werden; nach den sieben Tugenden zu streben. - In Bezug auf Dorothea [sich selbst]: andächtiger und arm zu werden; sich zu verleugnen; die Sünde mehr zu hassen; die Sünde zu unterlassen; zu erdulden, was sie bisher erduldete. - In Bezug auf den Nächsten: ihn mehr zu lieben; ihm wohlzutun durch gute Werke.

Sündenbekenntnis: Sie ruft den Beichtvater; sie bittet ihn, die Beichte abzunehmen; sie legt in ganzem Getrauen alle Wunden offen, um die Entbindung [von den Sünden] zu empfangen.

Genugtuung: Sie zeigt ihre Bereitschaft zur Wiedergutmachung und lässt sich eine heilsame Buße auferlegen, nach der sie von Beichte zu Beichte, von Verzückung zu Verzückung größeres Begehren hat.

Danksagung: In großer Dankbarkeit soll Gott für die unmäßige große Güte unter Tränen gedankt werden. - Der Dank umschließt Gott, Dorothea [sie selbst] und die Mitmenschen und bezieht sich auf die von Dorothea [ihr selbst] vorgenommene und von Gott unterstützte Besserung, wonach sie Gott mehr lieben, sich selbst mehr verleugnen und den Nächsten mehr lieben möchte, was sich in Gedanken, Worten und Werken ausdrücken soll. - Dorothea äußert ihre Dankbarkeit und den Wunsch, im Sakrament der Eucharistie den Leib Christi zu empfangen. Gott erwidert ihren Dank, indem er ihr die Kommunion erlaubt und im Sakrament zu ihr kommt. Sie wird verzückt, erleuchtet, hört Gottes Worte, die sich auf die gebeichtete Sünde beziehen.

Quelle: Petra Hörner: Dorothea von Montau - Überlieferung - Interpretation - Dorothea und die osteuropäische Mystik. = Information und Interpretation Bd. 7. Peter Lang, Frankfurt a. M. / Berlin / New York / Wien 1993, S. 264f

Zitat aus einem Brief von Dorothea an ihre Tochter Gertrud:

Wenn du die Kommunion empfangen hast, bitte Gott um Kräfte für dich, damit du den Willen Gottes erfüllen kannst: Der Herr möge dich die göttlichen Ermahnungen und Einsprechungen hören lasse. Er lasse dir sein Licht leuchten, damit du den Herrn in deiner eigenen Seele schauen kannst. Dazu verleihe er dir die göttlichen Tugenden von Glaube, Hoffnung und Liebe, dazu die Kardinaltugenden von Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Er schenke dir die sieben Gaben des Hl. Geistes, er würdige dich der acht Seligkeiten. Er gebe dir den Sinn des Geruchs, damit du Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Tugend und Untugend unterscheiden lernst, er gebe dir auch den Sinn des Geschmacks, damit du die geistlichen und heiligen Güter verschmecken kannst, und er schenke dir den Sinn des Fühlens, damit du Ungemach und Schaden für deine Seele erkennen kannst.

Quelle: Petra Hörner: Dorothea von Montau - Überlieferung - Interpretation - Dorothea und die osteuropäische Mystik. = Information und Interpretation Bd. 7. Peter Lang, Frankfurt a. M. / Berlin / New York / Wien 1993, S. 320f

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 15.06.2021

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• https://de.wikipedia.org/wiki/Dorothea_von_Montau - abgerufen am 20.07.2023
• https://ostpreussen.net/2021/03/21/die-heilige-dorothea-von-montau-und-johannes-von-marienwerder - abgerufen am 20.07.2023
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• Vollständiges Heiligen-Lexikon …, 1. Band: A-D. Herausgegeben von Johann Evangelist Stadler und Franz Joseph Heim, B. Schmid'sche Verlagsbuchhandlung, Augsburg, 1858
•Friedrich-Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. I, Hamm 1990
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 3. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
• Peter Dinzelbacher: Heilige oder Hexen? Schicksale auffälliger Frauen in Mittelalter und Frühzeit. Rowohlt, Reinbeck bei Hamburg 1997

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.