Ökumenisches Heiligenlexikon

Thomas Müntzer

Gedenktag evangelisch: 27. Mai

Name bedeutet: der Zwilling (hebr.)

Pfarrer
* 1489 in Stolberg im Harz in Sachsen-Anhalt
27. Mai 1525 in Mühlhausen in Thüringen


Statue an der Katharinenkirche in Zwickau
Statue an der Katharinenkirche in Zwickau

Thomas Müntzer erhielt eine akademische Bildung und wurde um 1513 zum Priester geweiht. Noch vor Martin Luther war er auf Distanz zur katholischen Kirche gegangen. Dann begrüßte er die sich ausbreitende Reformation, Luther empfahl ihn auf die Pfarrstelle an der Katharinenkirche in Zwickau, die er im Herbst 1520 antrat, aber auf Beschluss des Stadtrates wegen seiner radikalen Ansichten im April 1521 verlassen musste.

Müntzers Auffassungen begannen zunehmend, sich von denen Luthers zu unterscheiden. Er war überzeugt, dass das Vertrauen in das durch Christus geschenkte Heil noch nicht wirklicher Glaube sei; der müsse in einem inneren Leidensprozess zustande kommen, indem der Mensch die Passion Christi nachvollziehe. Der Glaube an die Wirksamkeit der Sakramente in der traditionellen Kirche sei ebenso falsch wie die Betonung der Bibel durch Luther; Müntzer setzte auf das Wirken des Heiligen Geistes. Das Endgericht und die unmittelbar folgende Herrschaft Christi auf Erden stehe unmittelbar bevor. So griff er die Pfaffen der alten Kirche und bald ebenso die Doktörchen der Reformationsbewegung an, sie stünden der Reinigung der Christenheit nur im Wege. In seiner Schrift Wider das geistlose sanftlebige Fleisch zu Wittenberg machte er 1524 seine Überzeugung geltend, dass auch die neue Theologie der Reformation nur die Herrschaft der Gottlosen stütze.

1523 wurde Müntzer Pfarrer in Allstedt, heiratete die ehemalige Nonne Ottilie von Gersen und hielt hier den ersten Gottesdienst in deutscher Sprache. Er hoffte nun auf Unterstützung des Landesfürsten für die notwendige Reinigung der Kirche, wozu die Anwendung des Schwerts nötig sei. Aber Herzog Johann I. von Sachsen lehnte dies ab; Müntzer musste Allstedt verlassen und wich nach Mühlhausen aus, wirkte als Pfarrer an der Marienkirche - 1975 säkularisiert und seitdem Müntzer-Gedenkstätte.

Müntzers Wohnhaus gegenüber der Marienkirche in Mühlhausen
Müntzers Wohnhaus gegenüber der Marienkirche in Mühlhausen

Müntzer gewann großen Einfluss in der freien Stadt Mühlhausen, die er zum Modell einer Stadt des angebrochenen Gottesreiches machen wollte. Er wurde dann auch auf die aufständischen Bauern aufmerksam, die sich seit Juni 1524 in Süddeutschland erhoben hatten, reiste durch die aufständischen Gebiete und wurde in seiner Auffassung bestärkt, dass Pfarrer wie Fürsten die einfachen Leute nur vom Glauben abhielten, die Bauern aber das Werkzeug zur für ihn notwendigen apokalyptischen Reinigung seien. Ihr Aufstand schaffe die Voraussetzung für eine Welt, in der die rechte Verkündigung stattfinden könne. In Mühlhausen gründete Müntzer deshalb im März 1525 in der Marienkirche den Ewigen Rath, der den tags zuvor abgesetzten Stadtrat ablöste und die politischen und sozialen Forderungen durchsetzen sollte.

Müntzer bestärkte die Bauern, Gottes Gericht zu vollstrecken: Dran, solange das Feuer heiß ist. Lasset euer Schwert nicht kalt werden! Aus Mühlhausen zog er den herannahenden Fürstenheeren zusammen mit 300 Anhängern entgegen nach Frankenhausen in Thüringen, wo sie zusammen mit dem Bauernheer auf dem Weißenberg - dem heute Schlachtberg / Kyffhäuser genannten Berg - am Nordrand der Stadt die Entscheidungsschlacht führten. Ein Regenbogen - von Müntzer schon zuvor als Symbol gewählt - beleuchtete tatsächlich am 15. Mai die Szene; Gott will mit eurer Hilfe die Welt reinigen, kämpft mutig! ermunterte er die Aufständischen.

Will Lammert: Denkmal, 1957, vor der Stadtmauer am Frauentor in Mühlhausen
Will Lammert: Denkmal, 1957, vor der Stadtmauer am Frauentor in Mühlhausen

Die hatten gegen die Landskechte der Fürsten und deren Feuerwaffen keine Chance, Panik brach aus, die Bauern versuchten sich in kopfloser Flucht zu retten; 6000 von ihnen ließen ihr Leben, Müntzer wurde gefangen genommen. Er deutete die Niederlage als Strafe Gottes, weil die Bauern für ihren eigenen Vorteil und nicht für das Reich Gottes gekämpft hätten. Auch unter Folter widerrief er seine Lehren nicht und wurde daraufhin hingerichtet. Sein Körper wurde auf einen Pfahl gespießt und zur Abschreckung vor den Toren von Mühlhausen aufgestellt.

Theologisch war Müntzers Apokalyptik nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber Müntzer blieb im Gedächtnis wegen seiner Unterstützung der Bauern in ihrem von christlichen Hoffnungen getragenen Aufstand gegen ihre Unterdrückung, bei dem Martin Luther so eklatant versagt hatte, als er sich auf die Seite der Fürsten stellte. Der Name Müntzer erinnerte immer wieder an das soziale Gewissen von Kirche und Gesellschaft. Dass die Staatsführung der ehemaligen DDR ihn als Vorläufer des Kommunismus vereinnahmte, war nur eines der vielen Missverständnisse, das er posthum zu ertragen hatte; die DDR gab seinem Wirkungs- und Todesort Mühlhausen 1975 den offiziellen Namenszusatz Thomas-Müntzer-Stadt und bildete ihn auf der 5-Mark-Banknote ab, 1991 strich die Stadtverordnetenversammlung diesen Beinamen wieder.

Das katholische Gotteslob enthält Müntzers Lied Gott, heil'ger Schöpfer aller Stern (GL neu 230).

Thomas Müntzer: Hymnus

Die Thomas-Müntzer-Gesellschaft e. V. stellt Leben und Erinnerungsstätten auf ihrer Website dar.

Lüko Willms stellt auf seiner Internet-Site Stimmen der proletarischen Revolution Texte von Müntzer zur Verfügung.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Die Müntzer-Gedenkstätte in der Marienkirche in Mühlhausen ist täglich außer montags von 10 Uhr bis 17 Uhr - von November bis Febraur nur bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 5 €. (2023)
Auch das Bauernkriegsmuseum in der ehemaligen Franziskanerkirche in Mühlhausen ist täglich außer montags von 10 Uhr bis 17 Uhr - von November bis Febraur nur bis 6 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 5 €. (2023)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 27.10.2023

Quellen:
• Stefan Schenk: Prediger der Apokalypse. Evang. Gemeindeblatt für Württemberg 21/2000
• Prof. Dr. Hans-Jürgen Goertz, Vorsitzender der Thomas-Müntzer-Gesellschaft aus Hamburg
• https://www.nd-aktuell.de/artikel/1054489.auf-den-spuren-thomas-muentzers.html - abgerufen am 27.10.2023
• https://de.wikipedia.org/wiki/Ewiger_Rat - abgerufen am 27.10.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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