Ökumenisches Heiligenlexikon

Sulpicius „Severus” über Origines


Sulpicius „Severus” schrieb unter dem Titel Von den Aussprüchen des Origines, von denen man sagt, daß sie keterisch sind über Origines:

Da unsere Schifffahrt gut von Statten ging, kamen wir am siebenten Tage nach Alexandria. Daselbst wurden heftige Zänkereien geführt zwischen den Bischöfen und den Mönchen. Die Veranlassung hiezu war, daß die öfter versammelten Bischöfe und Priester in mehrern SynodenSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. beschlossen hatten, es dürfe Niemand die Bücher des Origines weder lesen noch besigen. Dieser Origines wurde für den geschicktesten Ausleger der heiligen Schrift gehalten: allein die Bischöfe behaupteten, daß in seinen Büchern einiges von der gesunden Lehre Abweichendes enthalten sei. Die Anhänger des Origines wagten es nicht, diese abweichenden Sätze zu vertheidigen, behaupteten jedoch, dieselben seien nur von den Ketzern betrügerischer Weise eingeschoben worden. Daher dürfe um desjenigen willen, was allerdings mit Recht getadelt wird, nicht auch das Uebrige verworfen werden; da ja der rechte Glaube der Lesenden leicht unterscheiden könne, so daß er dem Falschen nicht folge, das katholisch Vorgebrachte aber beibehalte. Es dürfe auch nicht befremden, wenn in den neuen und erst jüngst geschriebenen Büchern kezerischer Betrug im Spiele gewesen sei, da derselbe sich nicht gescheut habe, an manchen Stellen die evangelische Wahrheit selber anzugreifen. Die Bischöfe aber blieben nur um so fester bei ihrem Widerstande, und zwangen nach der ihnen zustehenden Macht Jedermann, mit dem Falschen auch alles Wahre, und sogar den Schriftsteller selber zu verwerfen, indem in Bezug auf die in seinen Schriften besprochenen Gegenstände gar wohl diejenigen Bücher hinreichen, die die Kirche selber angenommen und gut geheißen hat; es sei also, so fuhren sie fort, eine Lectüre gänzlich zu verwerfen, die den Unverständigen mehr schaden, als den Verſtändigen nüßen könne. Ich prüfte Manches in diesen Büchern etwas näher, und Vieles gefiel mir sehr wohl, Anderes aber mußte ich tadeln , und es ist kein Zweifel, daß der Schreiber irrige Meinung gehabt habe, wenn gleich seine Vertheidiger behaupten, es sei eine Fälschung geschehen. Ich muß staunen, wie ein und derselbe Mensch so abweichend von sich selber seyn konnte, so`zwar, daß er in jenen Stücken, in denen er bewährt ist, außer den Aposteln Niemanden seines Gleichen hat; in jenen Stücken åber, in denen er mit Recht getadelt wird, Niemand abscheulicher, wie behauptet wird, geirrt habe. Die Bischöfe lasen Vieles vor, was aus des Origines Büchern ausgehoben worden war, und was ganz offen gegen den katholischen Glauben lautete. Die übelste Aufnahme fand die Stelle, in der also gelesen wurde, daß unser Herr Jesus Christus, gleichwie er wegen der Erlösung des Menschen im Fleische gekommen ist, für das Heil des Menschen das Kreuz gelitten, und um der Ewigkeit des Menschen willen den Tod gekostet hat: ebenso und durch die nämliche Weise seines Leidens auch den Teufel erlösen werde; denn Denn es stimme mit seiner Güte und Barmherzigkeit überein, daß Er, der den verlornen Menschen erneuert hätte , auch den gefallenen Engel befreie. Als die Bischöfe diese und andere ähnliche Dinge vorbrachten, da entstand aus den getheilten Bestrebungen der Partheien ein großer Auflauf. Als die Bischöfe und Priester es nicht vermochten, denselben durch ihr Ansehen zu tilgen, so würde, um durch ein strenges Beispiel die Zucht in der Kirche Gottes zu handhaben, der Präfekt herbeigerufen. Aus Furcht vor diesem zerstreuten sich die Brüder, und die Mönche wurden nach verschiedenen Gegenden hin verjagt, so daß sie, gemäß erlassener Edicte, an keinem Orte sich festsetzen durften. Das aber wunderte mich sehr, daß man von Hieronymus, einem entschieden katholischen und in den heiligen Schriften höchst erfahrenen Manne, gleich Anfangs die Meinung sagte, er sei dem Origines gefolgt, während doch jezt Hieronymus ganz vorzugsweise den Origines und alle seine Schriften verwirft. Ich selber wagte es nicht, von irgend Jemand vermessen zu urtheilen; jedoch, wie behauptet wurde, wichen in diesem Streite die gelehrtesten Männer in ihren Ansichten von einander ab. Uebrigens mag nun Das Jrrthum seyn, was meine Meinung ist, oder Das, was für Ketzerei gehalten wird: auf jeden Fall konnte die Angelegenheit auch durch viele Einschreitungen der Priester nicht unterdrückt werden; sie würde aber nicht so weit hin sich verbreitet haben, wenn sie nicht durch Gezänk immer mehr um sich gegriffen hätte. Ganz Alexandria also fluthete in dieser Verwirrung, als ich daselbst ankam. Der Bischof der Stadt nahm mich gütig und besser, als ich es erwartet hatte, bei sich auf, und versuchte sogar, mich bei sich zu behalten. Aber ich hatte nicht Lust, da zu bleiben, wo neue und frische Erbitterung glühte, hervorgegangen aus der Niederlage zwischen Brüdern und Brüdern.

Quelle:
Heribert Rosweid, deutsch bearbeitet von Michael Sintzel: Leben der Väter, 2. Bd. Karl Kollmann, Augsburg, 1847

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 12.11.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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