Heinrich Seuse
auch: Henricus Suso
Heinrich von Berg
Gedenktag katholisch: 25. Januar
nicht gebotener Gedenktag im deutschen Sprachgebiet: 23. Januar
Diözesankalender Rottenburg
nicht gebotener Gedenktag im Dominikanerorden: 23. Januar
Gedenktag evangelisch: 25. Januar
Name bedeutet: der reiche Schützer (althochdt.)
Heinrich stammte aus dem Geschlecht der Ritter von Berg, Sus, Suso oder Süs nannte er sich nach der Familie seiner
Mutter. Mit 13 Jahren trat er nach einer Erscheinung der Maria in Konstanz ins
Kloster des
Dominikanerordens ein. Als 18-jähriger erlebte er eine eindrückliche Bekehrung. Er
studierte in Konstanz und an der Domschule - an der Stelle des heutigen
Palais Rohan - in Straßburg Philosophie und
Theologie, dann von 1323 bis 1327 in Köln, wo
er ein Schüler von Meister Eckhard war, den er zeitlebens
verehrte. Härteste Kasteiung in der Nachfolge Christi und nach dem Vorbild
der ägyptischen Wüstenväter mit Nagelkreuz, Stachelhandschuhe, Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit und die ständige
Meditation über das Leiden Christi sollten ihn zum Durchbruch
der Erlösung verhelfen. Durch strengste Kasteiung um
Gelassenheit und Selbstbeherrschung ringend, wurden ihm Visionen, Entrückungen und himmlische Einsichten zuteil, die in
bedeutenden Schriften niedergelegt sind.
Heinrich kehrte nach Konstanz zurück und wirkte als Lektor, später als Prior, dann 20 Jahre lang als Seelsorger besonders in oberrheinischen und schweizerischen Frauenkonventen, als Prediger auch in den Niederlanden. Seine Weisheit, sein Mitgefühl und sein Einfühlungsvermögen gerade auch in Menschen, die nicht an Gott glauben konnten, machten ihn zu einem großen Seelsorger.
1338 musste Heinrich Seuse wegen seiner Parteinahme im Investiturstreit Konstanz verlassen; der Prior ging mit seinem papsttreuen Konvent 1346 ins Kloster St. Katharinental nach Diessenhofen ins Exil. Den unermüdlichen, um Seelsorge bemühten Wanderprediger in oberdeutschen Nonnenklöstern verfolgten Krankheiten und Verleumdungen übelster Art, bis er - nach dem Tod des Landesherrn und Papstgegeners Ludwig des Bayern, 1348 ins Dominikanerkloster nach Ulm versetzt werden konnte, wo er Ruhe für die Zusammenstellung seiner Briefe und Predigten fand.
Sein Büchlein der Wahrheit
von 1327 ist ein Dialog zwischen einem Jünger und der ewigen Wahrheit über das
Wesen Gottes und die rechte Gelassenheit. Das Büchlein der ewigen Weisheit
enthält 100 Betrachtungen unter dem
Kreuz Christi und weitere Meditationen mit der Grundthese, dass, wer
Gott in seiner ungewordenen Gottheit schauen will, ihn in der Passion Christi erkennen und lieben lernen muss. Beide
Bücher gehören zu den Standardwerken deutscher Mystik. Seine Memoiren - von ihm überarbeitete Notizen seiner Schülerin
Elisabeth Stagel, aufgezeichnet im Kloster in Töß
- dem heutigen Stadtteil von Winterthur - unter dem Titel Exemplar
, gelten als die erste Autobiographie in
deutscher Sprache. Aus ihr geht hervor, dass Heinrich Seuse sich mit dem Griffel das IHS-Zeichen (Jesus Christus, der
Retter) in die Haut ritzte und dass ihm ein mit einem Fußlappen spielender Hund eine Mahnung zur Geduld geworden war.
Einen Kranz von Rosen schaute eine Gottesfreundin um sein Haupt und erkannte ihn dadurch inmitten seiner Ordensbrüder.
Erhalten von Heinrich Seuse sind auch die Sammlungen Briefbüchlein
und Das große Briefbuch
, vier
Predigten, von denen zwei als sicher authenthisch gelten, das Minnebüchlein
und die Horologium Sapientiae
,
die Zeittafel der Weisheit
mit Einsichten über Klosterwesen, Studium, Kirchenpolitik und dem Thema der geistlichen
Vermählung mit der Ewigen Weisheit.
Das Büchlein der Ewigen Weisheit
war im 14. und 15. Jahrhundert das am weitesten verbreitete Andachtsbuch
überhaupt; schon 1389 gab es bereits eine französische Übersetzung, solche ins Englische, Niederländische und Dänische
folgten bald. Thomas von Kempen, Johannes Gerson und
Nikolaus von Kues gehörten zu den begeisterten Lesern. Neben den großen
weiblichen Mystikerinnen bildet Seuse zusammen mit seinem Lehrer
Meister Eckhard und dessen anderem Schüler
Johannes Tauler das männliche Dreigestirn der deutschen Mystik.
Kanonisation:
Heinrich Seuse wurde 1831 seliggesprochen.
Attribute:
Kranz von Rosen, JHS-Zeichen, Hund
Worte des Seligen
In seiner Schrift Kurzgehaltene Regel für das geistliche Leben
spricht Seuse ein Problem an, das
heute aktueller ist denn je, die unüberschaubare Informationsflut:
Frage des Jüngers: So kamen vom Anbeginn des Jahrhunderts viele Bücher auf uns über und vielfältig war die
Wissenschaft. Die Welt ist angefüllt mit einem Vielerlei an Lehren. Tausendfach sind die Arten zu leben: die eine so, die
andere so. Es gibt so viele Kodizes, welche die Laster und Tugenden behandeln, es gibt so viele Büchlein, welche
feinsinnigste Fragen und verschiedene Themen behandeln, dass das kurze Leben zu Ende geht, bevor es gelingt, alles zu
studieren oder auch nur durchzulesen.
Wer könnte alle logischen, naturwissenschaftlichen, historischen, moralischen und theologischen Schriften aufzählen?
Alle Skripte, alle neuen und alten Kommentare, Einführungen, Kompilationen, einzelnen Traktate und Summen, mit welchen
die ganze Erde wie von einem überbordenden Strom überschwemmt ist? Dies alles durchzulesen ist zu schwierig für einen
müden und schwachen Schüler. Daher bitte ich dich, mir aus all dem eine äußerst kurze, in vier Aussprüchen ausgedrückte
Formel der Vollkommenheit, wie sie dem ersten Einüben in den geistlichen Soldatendienst angemessen ist, zu vermitteln.
Antwort der göttlichen Weisheit:
[1.] Wenn du also wünschst, zur ersehnten Vollkommenheit eines geistlichen Lebens zu gelangen, wenn du dich tapfer
bemühst, das in Angriff zu nehmen, musst du dich von schädlicher Gesellschaft und Vertrautheit fernhalten und von allen
Menschen, welche dich von deinem Vorsatz abhalten - kurz: von allen Sterblichen -, soweit es deinem Gelübde nach möglich ist.
[2.] Bewahre immer demütigen und prompten Gehorsam gegenüber deinen Oberen.
[3.] Ergreife jede Gelegenheit, wo und wann du kannst, einen Ort der Ruhe aufzusuchen, nach der abgeschiedenen Stille
der Kontemplation zu streben, den Ekel der gegenwärtigen Zeit zu meiden und die Verwirrungen dieser Welt zu fliehen.
[4.] Zu jeder Zeit sollst du vor allem nach Herzensreinheit streben, so dass du fortwährend wie mit verschlossenen Sinnen in dich selbst gekehrt bist und das Tor deines Herzens vor wahrnehmbaren Formen und irdischen Einbildungen sorgfältig verschlossen hältst, soweit es dir möglich ist. Denn unter allen geistlichen Übungen nimmt die Herzensreinheit einen Vorrang für sich in Anspruch, als Endziel und Lohn all des Ungemachs, welches ein verdienter Soldat Christi in diesem Leben auf sich zu nehmen pflegt.
Du sollst dein Herz mit aller Sorgfalt von alldem, was seine Freiheit behindern könnte, lösen und von jeder Sache,
welche die Möglichkeit an sich hat, dass man sich an sie bindet und an ihr festhält und seine Gefühle daran hängt. …
Vor allem anderen soll immer dein hauptsächliches Bestreben darin bestehen, deine Seele fortwährend in Kontemplation
des Göttlichen emporgerichtet zu haben, damit dein Geist immer den göttlichen Dingen und Gott anhängt und er, irdische
Vergänglichkeit zurücklassend, fortwährend zu Höherem hinaufgetragen wird.
Quelle: Heinrich Seuse: Stundenbuch der Weisheit - Das Horologium Sapientiae
, übersetzt von
Sandra Fenten. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, S. 169 - 171
Zitate von Heinrich Seuse:
Bleibe bei nichts, was nicht Gott ist.
Gott will uns nicht der Lust berauben, er will uns Lust geben in Unendlichkeit.
Je besser man Dich kennt, desto lieber gewinnt man Dich,
je vertrauter man mit Dir ist, desto liebevoller erweist du Dich;
ach, was bist Du doch ein unergründliches, vollkommenes lauteres Gut.
Willst du allen Kreaturen nützlich sein, so kehre dich von allen Kreaturen ab.
Ein gelassener Mensch soll nicht allzeit darauf achtsam sein, wessen er bedürfe, er soll darauf sehen, wessen er
entbehren kann.
Quelle: https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=3440_Heinrich+Seuse
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
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- zuletzt aktualisiert am 04.02.2024
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart /
Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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