Ökumenisches Heiligenlexikon

Marienerscheinungen


in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg
in Deutschland
in Frankreich
in Griechenland und der Tuerkei
in Großbritannien und Irland
in Italien
in Österreich und der Schweiz
in Osteuropa
in Spanien und Portugal

in Afrika
in Amerika
in Asien und Australien

Marienerscheinungen hatten ihre Hochzeit oft im 19. und 20. Jahrhundert, so in Lourdes und Fátima - beide mit noch heute bis zu sechs Millionen Besuchern im Jahr. Immer wieder für Aufsehen sorgt auch Međugorje in Bosnien-Herzegowina. Auch Orte mit angeblichen Marienerscheinungen in Deutschland, etwa Wigratzbad bei Lindau oder Marpingen bei St. Wendel, hatten ihre Hochzeit im 20. Jahrhundert. Einen Auftakt erlebten die modernen Marienerscheinungen durch die bekannt gewordene Wuntertätige Medaille, die nach Visionen von Katharina Labouré ab 1830 geprägt wurde.

Diese Kulte um Marienerscheinungen sind hochgradig modern, sagt die Kulturwissenschaftlerin Monique Scheer. In der klassischen Marienfrömmigkeit, die es seit Jahrhunderten gibt, steht Maria in enger Verbindung zu Jesus Christus. Aber bei den modernen Marienerscheinungen, sagt Scheer, erscheint Maria als junge Frau, ohne Jesus an ihrer Seite. Sie wirkt aus sich selbst heraus, deshalb gibt es auch immer wieder Reibungspunkte mit dem kirchlichen Lehramt, denn nach der Lehre der Kirchen ist ja Maria selbst keine Heilsbringerin.

In Lourdes wurden Aspekte sichtbar, die auch die Nachfolger prägen werden: Die Visionen haben vor allem junge Mädchen, die abgelegen auf dem Land wohnen; Maria fordert, eine Kapelle zu bauen wie in Lourdes oder den Rosenkranz zu beten wie in Fátima. Seit Maria Bernhardine Soubirous ist das eine Schablone geworden, sozusagen eine Marke, sagt Scheer. Wenn der alte Trunkenbold des Dorfes sagt, er habe Maria gesehen, wird das abgetan. Aber ein junges Mädchen, das wie in Lourdes auf dem Land lebt, macht so ein Erscheinungsgeschehen wiedererkennbar.

Oft kommt eine Erscheinung gerade dann, wenn eine Gesellschaft im Krisenmodus ist: Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Frankreich große Auseinandersetzungen um die Rolle der Religion. 1917 war in Europa gerade Krieg, in den 1930-ern herrschten die Nazis, im Deutschland der 1950-er Jahre waren die Folgen des Zweiten Weltkriegs noch überall spürbar und es herrschte im Kalten Krieg Angst. Maria also als himmlische Krisenintervention? Das haben die Zeitgenossen der Erscheinungen auf jeden Fall so gesehen, sagt Scheer. In einer Zeit, die als krisenhaft empfunden wird, sind Menschen eher empfänglich für solche Erscheinungen.

2024 veröffentlichte der Vatikan neue Leitlinien zur Bewertung von Erscheinungen. Über die Übernatürlichkeit der Erscheinungen wird kein abschließendes Urteil mehr getroffen, es wird lediglich festgehalten, ob das Geschehen dort für Gläubige unbedenklich ist und ob die Aussagen Marias mit der katholischen Überlieferung übereinstimmen. Denn laut Lehramt ist die christliche Offenbarung mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen.



Quellen:
• https://www.katholisch.de/artikel/58697-marienerscheinungen-wirken-als-moderne-kulturform-bis-in-die-gegenwart - abgerufen am 16.03.2025