Johann Valentin Andreä
Gedenktag evangelisch: 27. Juni
Name bedeutet: J: Gott ist gnädig (hebr.)
V: der Kräftige (latein.)
Johann Valentin, Sohn eines Superintendenten und Enkel von Jakob Andreä, studierte im
Stift in Tübingen Theologie, Philosophie,
Mathematik, Genealogie und Geografie. In einer Zeit der Religionskriege, der Hexenverfolgungen, der Konjunktur von
Weltuntergangspropheten, Utopisten und Schwärmern, in der andererseits die gelehrten Nachfahren
Luthers in traditionellen Formeln ohne Bezug zum Leben der Menschen
erstarrt waren, wurde in studentischen Kreisen die Notwendigkeit einer zweiten
, einer General-Reformation
diskutiert.
Wegen eines Studentenulks bekam Andreä zunächst keine kirchliche Anstellung und verbrachte dann von 1607 bis 1614
Wanderjahre, die ihn 1610 auch nach Genf führten,
wo er die reformierte Kirche Johannes Calvins kennen lernte. Mit
Johann Arndt war ihm die Übereinstimmung von Lehre und Lebenspraxis der Christen wichtig,
er setzte sich für eine gründliche Unterweisung der Jugend ein. Daneben verfasste er Komödien nach englischen Vorbildern,
pädagogische Schriften, verkehrte mit Uhrmachern und anderen Handwerkern, gewann Interesse an französischer Literatur.
Weitgehende Einigkeit in der Forschung besteht heute, dass er in jener Zeit auch Schöpfer des Mythos der Rosenkreuzer
mit der Figur Christian Rosencreutz und seinem Orden wurde. Dessen Grundidee: Führende Wissenschaftler bilden zusammen eine
tätige Gesellschaft, einen Orden, damit Wissenschaft, Christentum und Ethik nicht auseinanderfallen. Christian Rosencreutz
- sein Name und das Symbol sind dem Andreä'schen Familienwappen entnommen - vereinigt in seiner Person
Luther und Paracelsus gleich den auch naturwissenschftlich maßgeblichen
Philosophen der Antike.
1614 wurde Andreä endlich als Pfarrer an der
Stadtkirche in Vaihingen angestellt und
heiratete noch im selben Jahr. Seine Verwicklung in die Rosenkreuzeridee, die inwischen in Europa Furore gemacht hatte
und durch allerlei Gaukler und Schwärmer nicht mehr seriös war, rechtfertigte er als Jugendsünde. Gleichwohl hielt er
wesentliche Grundgedanken aufrecht: 1619 erschien seine utopische Programmschrift Christianopolis
über die
ideale christliche Gesellschaft, die in der Tradition der Utopia
von
Thomas Morus steht. Ihr Verfassungsgrundsatz ist Gottesfurcht,
jedermann hat Zugang zur Sternwarte, damit der Glaube wissenschaftlich befruchtet wird, in der Kirche werden belehrende
Schauspiele aufgeführt. Die Teilnahme am Gottesdienst ist selbstverständlich, Luxus und aufwändige Kleider sind unmoralisch.
Ein praktisches Christentum
verwirklicht sich in christlicher Liebe und Mildtätigkeit, Wissenschaft und Technik
unterliegen ethischen Zielen und dienen dem Wohl der Menschen.
1620 wurde Andreä Dekan in Calw, dem damaligen
wirtschaftlichen Zentrum in Württemberg.
Die Stadt wurde nach der Schlacht bei Nördlingen
1634 von kaiserlichen Truppen überfallen und geplündert; Andreä sammelte in der Umgebung für die verarmte und hungernde
Bevölkerung durch Gründung der Christlichen Gottliebenden Gesellschaft
, gründete Genossenschaften für die verarmten
Färber und Textilhandwerker und reformierte das Schulwesen. 1638 wurde Calw noch einmal verwüstet, Andreä flüchtete mit
der Bevölkerung in den Schwarzwald. Nach dem Rückzug der Truppen kehrten von den 4000 Einwohnern nur noch 1500 zurück,
von ihnen starb die Hälfte während der nun ausgebrochenen Pest.
1638 wurde Andreä in die württembergische
Kirchenleitung berufen und zum Hofprediger in Stuttgart
ernannt. Das Land war nach den Schlachten des Dreißigjährigen Krieges verwüstet, die Bevölkerung weitgehend verwildert,
nur knapp ein Drittel der Pfarrerschaft war noch am Leben, eine Ausbildung von Theologen fand nicht mehr statt. Andreä baute
die kirchliche Ordnung aus den Trümmern wieder auf, 1642 verfügte er für die Gemeinden die Einrichtung von
Kirchenkonventen
, dem Vorgängergremium der heutigen Kirchengemeinderäte. Er stellte die Theologenausbildung im Tübinger
Stift wieder her und baute das Schulwesen wieder
auf, 1645 erließ er die Anordnung zur allgemeinen Schulpflicht in Württemberg - als erstem Land in Europa. In den zehn
Jahren in Stuttgart hielt er über 1000 Predigten, davon 205 über den 1. Korintherbrief. Seine über einhundert Schriften
stellten ein umfassendes Reformprogramm für Kirche und Gesellschaft vor, er warb für die Einführung der modernen
Fremdsprachen, der Naturwissenschaften und von Turnübungen an den Schulen. Aber er klagte auch über den Widerstand, der ihm
von den geistlichen und weltlichen Machthabern bei seinen Bemühungen zur Verwirklichung eines christlichen Lebens und zur
Durchsetzung einer Kirchenzucht entgegengebracht wurde; deshalb bat er 1646 um seinen Abschied vom kirchenleitenden Amt,
welcher ihm 1650 gewährt wurde.
Bis zu seinem Tod leitete Andreä dann die Klosterschulen Adelberg und Bebenhausen, wo er als Abt fungierte. Andreäs Eintreten für ein praktisches Christentum, das alle Lebensbereiche umfasst, auch seine Sympathie für kleine mystische Gruppen führten dazu, dass er als einer der Väter des Pietismus in Württemberg gilt.
Johann Valentin Andreäs Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz Anno 1459 gibt es komplett online, ins Netz gestellt durch Hans Zimmermann aus Görlitz.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Durch das
Evang. Stift in Tübingen gibt es jeden Sonntag um
15.30 eine Führung durch Studierende zum Preis von 3 € (ermäßgt 2 €). (2014)
Das Kloster Bebenhausen mit Ausstellung zur
Geschichte ist täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 4,50 €, ermäßigt 2,20 €. (2014)
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 29.07.2020
Quellen:
•
• Hans-Jürgen Ruppert: Der Mythos der Rosenkreuzer. Evang. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (Hg.):
EZW-Texte 160. Berlin 2001
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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