Ökumenisches Heiligenlexikon

Werner von Oberwesel

auch: von Bacharach

1 Gedenktag katholisch: abgeschafft
bis 1963: 19. April

Name bedeutet: aus dem german. Stamm der Warnen oder: das Verteidigungsheer (althochdt.)

Arbeiter, Märtyrer
* 1271 in Womrath im Hunsrück in Rheinland-Pfalz
1287 in Oberwesel bei Bacharach in Rheinland-Pfalz


Werner wurde als armer Knabe geboren und hatte sich in Oberwesel als Taglöhner bei einem Weinbauern verdingt. Den 16-jährigen Knaben fand man am Gründonnerstag erschlagen auf, wohl als Opfer eines Sexualdeliktes. Nach der Legende wurde er von Juden, für die er Erde aus einem Keller schaufeln musste, ins Haus gelockt und zu Tode gepeinigt; sein Blut hätten diese Juden für ihre Passahfest-Riten benötigt, seine Leiche sei in den Rhein geworfen worden.

frühere Werner-Kapelle in Oberwesel - gebaut als Hospitalkirche, von der nur der Chor erhalten ist
frühere Werner-Kapelle in Oberwesel - gebaut als Hospitalkirche, von der nur der Chor erhalten ist

Solche anti-jüdischen Legenden waren in jener Zeit vielfach im Umlauf; Vorwürfe wie Ritualmord, aber auch Hostienfrevel oder Brunnenvergiftung (als Ursache für Epidemien wie die Pest) wurden erhoben, der Antisemitismus breiter Volksmassen damit geschürt. Tatsächlich wurde Werner wohl Opfer eines Raubmordes oder nach mancher These eines Sexualverbrechens. Nachdem es in Bacharach schon keine Juden mehr gab, beschränkte sich deren Verfolgung nicht auf Bacharach, sondern fand auch in einigen Nachbarorten statt; allein in Oberwesel und Boppard wurden über 40 Juden ihr Opfer. Die jüdischen Gemeinden wandten sich an König Rudolf und den Reichskanzler Siegfried III. von Eppstein, den Erzbischof von Mainz; Kaiser und Bischof waren von der Grundlosigkeit der Beschuldigungen überzeugt, legten den Mördern der Juden eine Geldbuße auf und befahlen, die Leiche von Werner zu verbrennen, um einer Verehrung vorzubeugen; die Anweisungen wurden jedoch nicht befolgt.

Postkarte, vor 1907: Kirche St. Peter und Ruinen der Werner-Kapelle (rechts) in Bacharach
Postkarte, vor 1907: Kirche St. Peter und Ruinen der Werner-Kapelle (rechts) in Bacharach

Werner wurde in der damaligen Kunibert geweihten Kapelle in Bacharach bestattet, die nun zur 1293 ihm geweihten Märtyrerkapelle ausgebaut wurde; sie steht unweit der Mündung des Winzbach, an der die Leiche der Überlieferung zufolge gefunden worden war; die Mörder wollten den Leichnam angeblich nach Mainz bringen und hatten ihn auf ihrer Rheinfahrt dort abgelegt. Der Besuch der Kapelle wurde mit Ablass belohnt.

Um 1300 entstand im Auftrag des Trierer Erzbischofs Boemund I. die Legende durch den Schöffenmeister Ordulf Scholer in den drei Sprachen Niederländisch, Deutsch und Lateinisch; in ihr wurde erzählt, wie Juden Werner an den Füßen aufgehängt hätten, um eine Hostie, die er im Begriff war zu verschlucken, in ihren Besitz zu nehmen; eine Magd sei Augenzeugin gewesen. 1338 wurde der geplante weitere Ausbau der Werner-Kapelle in Bacharach unterbrochen, die Verehrung ebbte ab. Unter Kaiser Ludwig IV. wurde der Kult anfangs des 14. Jahrhunderts wieder belebt. 1426 beauftragte der Trierer Erzbischof Otto von Ziegenhain den Ortspfarrer Winand von Steeg mit der Sammlung der örtlichen Überlieferung über Werner, um damit die Kanonisierung zu erreichen; zugleich begann der Weiterbau der Kapelle, der 1429 sein Ende fand. 1548 wurde eine Fingerreliquie nach Besançon überführt, nun breitete sich die Verehrung auch in Frankreich aus. Die anderen Gebeine wurden 1621 vom spanischen General Ambrosio Spinola, der zum Kampf gegen protestantische Reichsfürsten abgesandt worden war, an einen unbekannten Ort gebracht.

Trotz des Verlustes der Reliquien und der Beschädigung der Werner-Kapelle in Bacharach im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 und dem folgenden Zerfall zur Ruine wurde der Gedenktag in der Diözese Trier weiterhin begangen und der gute Winzerknabe Werner am Mittelrhein als einer von sieben Weinheiligen verehrt; in Oberwesel wurde die Kapelle des um 1345 errichteten Hospitals später ebenfalls Werner geweiht, erstmals 1656/57 urkundlich bezeugt. Erst 1963 wurde Werner im Kalender der Diözese gestrichen. 1996 wurde eine Gedenktafel mit einem Gebetszitat von Papst Johannes XXIII., in welchem die Schuld an christlichem Judenhass bekannt und die Bitte um Vergebung ausgesprochen wird, an der Ruine der Kapelle in Bacharach angebracht.

temporäre Glasinstallation in der Ruine der Wernerkapelle in Bacharach
temporäre Glasinstallation in der Ruine der Wernerkapelle in Bacharach

2007 wurde in der Ruine der Werner-Kapelle in Bacharach eine Glasinstallation eingeweiht; das rote Fenster mit dem Text des Anfangs der Erzählung von Heinrich Heine Der Rabbi von Bacherach, in der er die Legende verarbeitete, wollte für einen friedlichen Dialog der Religionen werben. Nach drei Jahren wurde die Installation aus Gründen des Denkmalschutzes wieder entfernt. Am Romantischen Weinlehrpfad bei Oberwesel am Rhein wird er als einer der sieben Weinheiligen dargestellt: Die Weinheiligen des Rheines sollt ihr ehren! … Der gute Winzerknabe Werner – vom Winzerstand seit 1287 verehrt.

Attribute: Hacke und Wanne
Patron der Winzer

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Die früher Werner geweihte Kapelle in Oberwesel - seit 2008 Rosa Flesch-Kapelle - ist von 1. April bis 31. März täglich von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet, im Winter aber nur über das Loreley-Klinikum zu erreichen. (2021)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 15.07.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 10. Herder, Freiburg im Breisgau 2001
• https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Werner_(Di%C3%B6zesanheiliger_von_Trier)
• https://www.artplace.de/karlmartinhartmann/bacharach/bacharach_expose.pdf
• https://www.oberwesel.mittelrhein.net/rhein-wein/weinlehrpfad

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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