Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Das unblutige Martyrium

Nach dem Ende der Verfolgungszeit im römischen Reich machte man sich Gedanken darüber, ob es nicht äquivalente für das blutige Martyrium gebe. Dazu wurden bzw. werden verschiedene Möglichkeiten genannt:

1. Bereitschaft zu leiden 2. Kampf der Laster gegen die Tugenden 3. Geduld im Alltag 4. Martyrium der Liebe

1. Gregor „der Große” († 604):

"Es gibt, Petrus, zwei Arten von Martyrium, ein verborgenes und ein öffentliches. Denn wenn auch äußerlich keine Verfolgung vorhanden ist, so ist doch das Verdienst des Martyriums im Verborgenen da, wenn in der Seele die Bereitschaft zum Leiden lebendig ist."

Das geistliche Tagebuch von Klara Fietz († 1937)kreist vor allem um die beiden Begriffe Liebe und Leiden:

"Wenn es zwei Wege gäbe zu Gott, von denen der eine angenehmer, aber weiter, der andere steiler, aber direkter wäre: Würde sich Gott nicht freuen, wenn eine Seele hochherzig, in heiligem Verlangen, ihm auf den beschwerlicheren Weg entgegeneilen würde? Wenn sie trotzdem nicht früher ankäme als die andere, würde er nicht den Willen für die Tat nehmen und sie inniger an sein Herz schließen, und würde es nicht mehr zu seiner Verherrlichung beitragen? So will ich es machen, will nicht um das gerade Notwendige fragen, das zum ewigen Heile erforderlich ist, sondern nur nach der Freude und größeren Verherrlichung Gottes fragen. Und wenn ich dann ganz arm sein werde am Schlusse meines Lebens, wird Gott mich in seine Arme nehmen und mich reich machen." (13.9.1934)

"Die er am meisten liebt, zeichnet er mit den größten Leiden aus. Und Johannes, den er so sehr liebte, durfte kein blutiges Martyrium erdulden. Wie geht das zusammen? Heute verstehe ich das sehr gut. Johannes erlitt das Martyrium des Liebens. Und ich glaube, das ist schwerer, als sein Leben hingeben dürfen. Ständig mit hochgespannter Sehnsucht auf den Ruf des Herrn warten und doch immer warten müssen. Die Liebe macht jeden Augenblick des Lebens zur Marter, freilich zu einer gar süßen Marter. Und Johannes wurde so alt! Ihr Heiligen der Liebe! Ich begreife nicht recht, wie ihr das Leben so lange ertragen habt. Ja, ich glaube, das Martyrium der Liebe ist schwerer als das des Blutes. Nach diesem verlange ich ja mit größter Sehnsucht; jenes muss die Seele seiner Natur nach beendigt wünschen.

Der Herr hat mich neu an sich gekettet. Er nimmt mein Lcidensverlangen an, aber anders, als ich gemeint. Das Martyrium der Liebe und des Verlangens ist mein Teil. Ich danke Dir, o mein Gott! Das ist wirklich Leiden. Was man sonst Leiden nennt, hat vom Leidenscharakter so viel verloren, dass es mir viel eher Trost ist. Wenn meine Seele nach einem Hulderweis der göttlichen Liebe verlangt, dann verlangt sie sich ein besonderes Leiden als Trost. Und ich kann mich darüber freuen wie ein Kind, wenn Gott etwas schickt.

Ich bat das göttliche Kind, mit mir einen Tausch einzugehen. Seine Tränen, sein Kälteempfinden, sein Vergessenwerden, sein Verachtetwerden, das mir. Alle Liebe und Beachtung und alles Wohlmeinen, das man mir entgegenbringt, ihm. Der Liebe ist es ja eigen, das Ihrige zu geben und dafür zu empfangen." (27.12.1935)

"Eine Liebe, die in Jesus nicht vorzugsweise den Gekreuzigten sieht, ist erst an der Oberfläche. Wer in die Tiefen der Liebe greift, findet die leidende Liebe. (16.8.1934)

Ich sterbe, weil ich nicht sterben kann." Wie wahr das ist! Wer die Liebe nicht kennt, was weiß der! Ruhe ist sie und lohendes, drängendes Feuer zugleich, Leben ist sie und Tod." (8.12.1935)

"Bis jetzt fühlte ich es immer als eine tiefe Demütigung, dass Gott uns befehlen musste, ihn zu lieben. Heute sehe ich auf einmal das von einer ganz anderen Seite: Wer hätte es gewagt, ihn zu lieben, wenn er nicht gesagt hätte, dass wir es dürfen? Er kleidete nun diese Zusicherung in die Form des Befehles. Wen soll das nicht rühren?" (Tagebuch: 6.1.1936)

[Sr. Dr. Maria Klara Fietz, Gott lieben, meine einzige Wissenschaft, Missionsdruckerei St. Gabriel, Mödling 1984]

2. Papst Leo I. „der Große”: Die Märtyrer werden in allem größere Ehre genießen, gleich nach ihnen aber werden die Sieger über Habsucht, Stolz und Unlauterkeit kommen. (BKV II 181)

In seinem Büchlein "über den Kampf der Laster gegen die Tugenden" stellt Leo IX. († 1054)

die Frage, wie das Wort des Apostels zu verstehen ist. "Alle, die fromm in Christus Jesus leben wollen, werden Verfolgung erleiden" (1. Timotheusbrief 3), da doch zu seiner Zeit niemand mehr wegen des Glaubens eingesperrt, geprügelt und gefoltert und gekreuzigt wird. Nach Leos Ansicht ist nach Ende der Verfolgungszeit Verfolgung im übertragenen Sinn zu verstehen:

"Darunter ist eine andere Art von Verfolgung zu verstehen, die noch unmenschlicher und noch schädlicher ist, die nicht eine handfeste Grausamkeit verursacht, die die Gegnerschaft der Laster hervorbringt: Wenn nämlich der Hochmut gegen die Demut, die eitle Ruhmsucht gegen die Gottesfurcht, die Heuchelei gegen die wahre Frömmigkeit, die Haltung der Verachtung gegen die Bereitschaft, sich unterzuordnen, kämpft, wenn sich der Neid gegen die brüderliche Mitfreude, der Hass gegen die Liebe, die Ablehnung gerechtfertigter Zurechtweisung gegen die Freimütigkeit, der Zorn gegen die Geduld, aufgeblasener Stolz gegen die Bereitschaft zur Genugtuung, weltliches Leben gegen die geistliche Freude, Lethargie oder Trägheit gegen die übung der Tugend, gegen feste Beständigkeit zügelloses Umherschweifen, gegen die zuversichtliche Hoffnung die Verzweiflung, gegen die Verachtung der Welt die Begierlichkeit, gegen die Barmherzigkeit die Verhärtung, gegen die Uneigennützigkeit Betrug und Diebstahl, gegen die Wahrheitsliebe Lug und Trug, gegen die Enthaltsamkeit gegenüber den Speisen die Gefräßigkeit des Magens, gegen maßvolle Trauer unpassende Fröhlichkeit, gegen die diskrete Schweigsamkeit die Geschwätzigkeit, gegen die die Keuschheit des Fleisches Unreinheit und Ausschweifung, gegen die Reinheit des Herzens die Unzucht des Geistes, gegen die Liebe zum himmlischen Vaterland das gierige Verlangen zur gegenwärtigen Welt richtet und mit sich ziehen will, was ist das anderes als eine grausame Verfolgung der in Frömmigkeit Lebenden, die sich gegen die vereinten Schlachtreihen der Tugenden richtet? O wie hart, wie bitter ist der Aufmarsch des Hochmuts, der die Engel aus dem Himmel und die Menschen aus dem Paradies ausgeschlossen hat; deren Heere und Waffengänge sind die Laster, die wir kurz gestreift haben." [Leo IX., De conflictu vitiorum atque virtutum, MPL 143, Sp. 559-61; eigene Übersetzung]

3. Das Ringen und Kämpfen im Alltag gewinnt den gleichen oder einen ähnlichen Lohn wie das M.: Gregor von Nazianz (BKV I 394)

Die Hingabe einer frommen Seele ist ein tägliches M.: Hieroymus (BKV I 147)

Madeleine Delbrel († 1964):Das Martyrium galt der alten Kirche als Höchstform der Verwirklichung der Liebe und Christusnachfolge. Aber es gibt auch eine Passion, die in der Geduld beziehungsweise im Ertragen von Situationen, die Geduld erfordern, besteht.

"Jeder hat ein Kreuz zu tragen, ein Leiden durchzustehen, auch wir. Einverstanden, wir warten darauf, wir wissen, dass es kommen muss, und es ist klar, dass wir es mit einer gewissen Größe durchstehen wollen. Wir warten darauf, dass die Stunde unseres Opfers schlägt. Wie ein Holzscheit im Feuer müssen wir verbrennen. Wie ein Wollfaden, der von einer Schere durchgeschnitten wird, so müssen wir zerteilt werden. Wie ein unerwünschtes Tier, das man beseitigt, so müssen wir ausgeschaltet werden. Wir warten auf unsere Passion. Wir warten, aber sie kommt nicht. Was kommt, sind Umstände, die unsere Geduld erfordern. O diese übungen der Geduld, diese kleinen Leidenspartikel, deren Aufgabe es ist, uns ganz sanft umzubringen zu deiner Ehre, uns zu töten ohne Eigenruhm! Schon am Morgen suchen sie uns auf: unsere Nerven gehen uns so leicht durch, der Bus ist bereits voll, die Milch läuft über, der Schornsteinfeger kommt, die Kinder verderben alles, der Mann bringt Gäste mit, die Freunde erscheinen nicht, das Telefon läutet ununterbrochen, die, die wir lieben, streiten sich; man möchte schweigen und muss sprechen, man möchte sprechen und muss schweigen, man möchte ausgehen und muss daheim bleiben, man möchte daheim bleiben und muss weggehen, man möchte sich auf den Ehegatten stützen, und der wird schwach wie ein Kind; die tägliche Arbeit wird uns langweilig; es quält uns die Gier nach Dingen, die uns nicht zustehen.

So treten die Geduldsübungen an uns heran, neben- oder hintereinander, und vergessen immer uns zu sagen, dass sie das Martyrium sind, das für uns vorgesehen ist. Wir aber lassen sie mit Verachtung an uns vorüberziehen und warten auf eine Gelegenheit, unser Leben hinzugeben, eine Gelegenheit, die der Mühe wert wäre. Denn wir haben vergessen, dass es ängste gibt, die im Feuer verbrennen, dass es Bretter gibt, die unter unseren Tritten langsam abgetreten werden. Wir haben vergessen, dass es nicht nur Fäden gibt, die man mit der Schere durchschneidet, sondern auch Fäden in einem Kleidungsstück, die täglich dünner werden am Körper dessen, der es trägt. Wenn jede Erlösung ein Martyrium ist, so braucht doch nicht immer Blut zu fließen. Im Laufe eines Lebens kann man deren viele erleiden. Unser Opfer heißt Früchte bringen in Geduld." [Madeleine Delbrel; Früchte bringen in Geduld (Passion des patience), in: Quellen geistlichen Leben, Bd. 4, hrsg. v. Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias-Grünewald-Verlag, Ostfildern 2008, S. 165f.]

4. Johanna Franziska von Fremyot († 1641) schreibt vomMartyrium der Liebe:

Eines Tages sprach die heilige Johanna tief bewegt die folgenden Worte, die sofort getreulich aufgezeichnet wurden: ‚Liebe Töchter, die meisten Väter und Säulen unserer Kirche haben nicht den Märtyrertod erlitten. Was meint ihr wohl, warum? Nachdem jede ihre Meinung gesagt hatte, sprach die heilige Mutter: ‚Ich denke, es geschah, weil es noch ein anderes Martyrium gibt. Man nennt es das Martyrium der Liebe. In ihm erhält Gott das Leben seiner Diener und Dienerinnen, damit sie zu seiner Ehre arbeiten. Dadurch macht er sie dann zu Märtyrern und zu Bekennern zugleich. …

Als aber eine Schwester fragte, worin denn dieses Martyrium bestehe, antwortete sie: ‚Sagt ein volles Ja zum Willen Gottes, dann werdet ihr es erfahren. Denn die Gottesliebe dringt mit ihrem Schwert in die geheimsten und innersten Schichten unserer Seele ein und scheidet uns von unserem eigenen Selbst. Eine Seele, die ich kenne, hat die Liebe so hart von allem, was ihr lieb war, geschieden, wie wenn der Schwertstreich eines Tyrannen ihren Geist vom Leib getrennt hätte.

Wir merkten, dass sie von sich selbst sprach. Als aber eine andere Schwester fragte, wie lange dieses Martyrium dauere, da sagte sie: ‚Von dem Augenblick, in dem wir uns Gott rückhaltlos weihen, bis zum Ende des Lebens. Doch das gilt von den hochherzigen Menschen, die sich nichts vorbehalten und der Liebe treu bleiben. Denn über die Schwachen und alle, die nur wenig Liebe und Standhaftigkeit besitzen, will unser Herr das Martyrium nicht kommen lassen. Er lässt sie das Leben ihrer Mittelmäßigkeit führen, damit sie nicht von ihm abirren; denn er tut dem freien Willen niemals Gewalt an.

Als sie schließlich mit der Frage bestürmt wurde, ob dieses Martyrium der Liebe dem leiblichen gleich sein könne, sagte sie: ‚Lasst uns nicht die Frage der Gleichwertigkeit untersuchen. Ich glaube allerdings, dass das eine nicht hinter dem anderen zurücksteht, weil die Liebe stark ist wie der Tod (vgl. Hld 8,6). Denn die Märtyrer der Liebe erleiden in dem Leben, das sie durchhalten müssen, tausendfach schwerere Schmerzen, als wenn sie tausend Leben hingeben müssten, um das Zeugnis des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe abzulegen. [F.-M. de Chaugy, Memoires sur la vie et les vertus de Sainte J.-F- de Chantal, 3,3, Paris 31853 f., zitiert nach Mon. Lekt. zum 12.12.]


Vinzenz von Paul († 1660): "Sich für sein ganzes Leben Gott weihen, um den verlassensten Menschen in der Welt zu dienen, ist das nicht ein Martyrium? Ohne Zweifel. Ein Kirchenvater sagt, derjenige sei ein Märtyrer, der sich Gott weiht, um dem Nächsten zu dienen, und der gern alle Schwierigkeiten erträgt, die ihm dabei begegnen."

Daniel Comboni († 1881): Der Missionar muss zu allem bereit sein, zur Freude und zur Trauer, zum Leben und zum Tod, zur Gemeinschaft und zur Einsamkeit. Zu all dem fühle ich mich bereit. Ich bin Märtyrer aus Liebe zu den verlassenen Seelen der Welt."

Theresia von Lisieux († 1897)verspürte in sich den Wunsch, Kämpferin für den Glauben, Priester, Apostel, Kirchenlehrer zu werden, und auch das Verlangen nach dem Martyrium:

Als beim Gebet meine Begierden mich ein wahres Martyrium erleiden ließen, schlug ich die Briefe des hl. Paulus auf, um irgendeine Antwort zu suchen. Das 12. und 13. Kapitel des ersten Korintherbriefes fiel mir in die Hände. Ich las im ersten, dass nicht alle zugleich Apostel, Propheten, Lehrer usw. sein können, dass die Kirche sich aus verschiedenen Gliedern zusammensetzt, und dass das Auge nicht zugleich Hand sein kann. Die Antwort war klar, stillte aber mein Sehnen nicht und brachte mir keinen Frieden. … Wie Magdalena sich immer wieder über das leere Grab beugte und schließlich fand, was sie suchte, so erniedrigte ich mich bis in die Tiefen meines Nichts und da erhob ich mich so hoch, dass ich mein Ziel erreichte … Ohne mich entmutigen zu lassen, setzte ich meine Lesung fort und fand Trost in folgendem Satz: ‚Strebt eifrig nach den vollkommensten Gaben, aber ich will euch einen noch vorzüglicheren Weg zeigen (1. Korintherbrief 12,31). Und der Apostel erklärt, wie die vollkommensten Gaben nichts sind ohne die Liebe …, dass die Liebe der vortreffliche Weg ist, der mit Sicherheit zu Gott führt.

Endlich hatte ich Ruhe gefunden. … Den mystischen Leib der Kirche betrachtend, hatte ich mich in keinem der vom Hl. Paulus geschilderten Glieder wiedererkannt, oder vielmehr, ich wollte mich in allen wiedererkennen … Die Liebe gab mir den Schlüssel meiner Berufung. Ich begriff, dass, wenn die Kirche einen aus verschiedenen Gliedern bestehenden Leib hat, ihr auch das notwendigste, das edelste von allen nicht fehlt; ich begriff, dass die Kirche ein Herz hat, und dass dieses Herz von Liebe brennt. Ich erkannte, dass die Liebe allein die Glieder der Kirche in Tätigkeit setzt, und würde die Liebe erlöschen, so würden die Apostel das Evangelium nicht mehr verkünden, die Märtyrer sich weigern, ihr Blut zu vergießen. Ich begriff, dass die Liebe alle Berufungen in sich schließt, dass die Liebe alles ist, dass sie alle Zeiten und Orte umspannt …, mit einem Wort, dass sie ewig ist! …

Da rief ich im übermaß meiner überschäumenden Freude: O Jesus, meine Liebe, … endlich habe ich meine Berufung gefunden, MEINE BERUFUNG IST DIE LIEBE! …

Ja, ich habe meinen Platz in der Kirche gefunden, und diesen Platz, mein Gott, den hast du mir geschenkt: Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein …, so werde ich alles sein …, so wird mein Traum Wirklichkeit werden.

[Therese vom Kinde Jesus, Selbstbiographische Schriften / Authentischer Text, übersetzt von O. Iserland u. C. Capol, Einsiedeln 1958, S. 199-201]

Klara (Rosa) Fietz († 1937):

"Die er am meisten liebt, zeichnet er mit den größten Leiden aus. Und Johannes, den er so sehr liebte, durfte kein blutiges Martyrium erdulden. Wie geht das zusammen? Heute verstehe ich das sehr gut. Johannes erlitt das Martyrium des Liebens. Und ich glaube, das ist schwerer, als sein Leben hingeben dürfen. Ständig mit hochgespannter Sehnsucht auf den Ruf des Herrn warten und doch immer warten müssen. Die Liebe macht jeden Augenblick des Lebens zur Marter, freilich zu einer gar süßen Marter. Und Johannes wurde so alt! Ihr Heiligen der Liebe! Ich begreife nicht recht, wie ihr das Leben so lange ertragen habt. Ja, ich glaube, das Martyrium der Liebe ist schwerer als das des Blutes. Nach diesem verlange ich ja mit größter Sehnsucht; jenes muss die Seele seiner Natur nach beendigt wünschen.

Der Herr hat mich neu an sich gekettet. Er nimmt mein Lcidensverlangen an, aber anders, als ich gemeint. Das Martyrium der Liebe und des Verlangens ist mein Teil. Ich danke Dir, o mein Gott! Das ist wirklich Leiden. Was man sonst Leiden nennt, hat vom Leidenscharakter so viel verloren, dass es mir viel eher Trost ist. Wenn meine Seele nach einem Hulderweis der göttlichen Liebe verlangt, dann verlangt sie sich ein besonderes Leiden als Trost. Und ich kann mich darüber freuen wie ein Kind, wenn Gott etwas schickt.

Ich bat das göttliche Kind, mit mir einen Tausch einzugehen. Seine Tränen, sein Kälteempfinden, sein Vergessenwerden, sein Verachtetwerden, das mir. Alle Liebe und Beachtung und alles Wohlmeinen, das man mir entgegenbringt, ihm. Der Liebe ist es ja eigen, das Ihrige zu geben und dafür zu empfangen." (27.12.1935) [Sr. Dr. Maria Klara Fietz, Gott lieben, meine einzige Wissenschaft, Missionsdruckerei St. Gabriel, Mödling 1984]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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