Ökumenisches Heiligenlexikon

Argula von Grumbach

Geburtsname: von Stauff

1 Gedenktag evangelisch: 23. Juni

Name bedeutet: ?

Reformatorin
* um 1492 auf der Burg Ehrenfels bei Beratzhausen der Oberpfalz in Bayern
23. Juni 1554 (?) in Zeilitzheim bei Schweinfurt in Bayern


Argula, Tochter des Reichsfreiherrn Bernhardin von Stauff, des Hauptmannes von Landshut, und der Katharina von Törring zu Seefeld, beide aus altbayrischem, aber inzwischen verarmtem Adel, bekam schon 1502 von ihrem Vater eine Bibel in deutscher Sprache geschenkt. 1509 verlor sie durch die Pest innerhalb von fünf Tagen beide Eltern, kam dann an den Hof der Herzöge von Bayern und heiratete 1514 den Ritter Friedrich von Grumbach - dem heutigen Burggrumbach. Argula, eine Schülerin von Georg Spalatin, las die Schriften von Martin Luther und stand mit ihm im Briefwechsel.

Hans Schwarz: Porträtmedaille, Kopie an der Evang. Kirche in Zeilitzheim, Original im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg
Hans Schwarz: Porträtmedaille, Kopie an der Evang. Kirche in Zeilitzheim, Original im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg

1523 kam es an der Hohen Schule - der Universität - in Ingolstadt zu einem Aufsehen erregenden Prozess gegen einen jungen Magister namens Arsacius Seehofer, der als Anhänger Luthers für die neue Glaubensbewegung unter den Studenten geworben hatte, aber nun durch Gewaltandrohung zum öffentlichen Widerruf gezwungen wurde. Argula schrieb einen Brief an den Rektor und an die gesamte Universität, worin sie sich beschwerte, dass man den jungen Magister durch Drohungen zum Widerruf gezwungen habe: Ich finde an keinem Ort der Bibel, dass Christus noch seine Apostel oder Propheten jemanden eingekerkert, gebrannt noch gemordet haben oder das Land verboten. Sie forderte die Professoren auf, in Gegenwart unserer drei Fürsten und der ganzen Gemeinde sich mit ihr theologisch auseinanderzusetzen, und zwar in Deutsch und auf der Grundlage der Heiligen Schrift.

Rathaus in Dietfurt an der Altmühl, gebaut 1479
Rathaus in Dietfurt an der Altmühl, gebaut 1479

Im Spätsommer 1523 schrieb Argula dem Herzog von Bayern, den sie aus ihrer Zeit am Hof - heute Alter Hof - in München persönlich kannte, einen Brief, in dem sie ihm die Vorgänge in Ingolstadt schilderte und erklärte, ein Christ müsse der Obrigkeit gehorchen, diese aber die ihr von der Heiligen Schrift gesetzten Grenzen achten; im Konflikt zwischen Gehorsam gegenüber der Obrigkeit oder Gott, habe der Christ eher Leib und Leben zu riskieren, als das Wort Gottes zu verleugnen. Der Herzog antwortete ebenfalls nicht, entließ aber umgehend Argulas Mann aus seiner gut dotierten Stelllung als Statthalter in Dietfurt an der Altmühl, weil er seine Frau nicht gehindert habe, solche Briefe zu schreiben. Ohne ihr Zutun erschienen beide Briefe im Druck, Argula wurde so die erste weibliche Autorin im Protestantismus.

Titelblatt der Flugschrift mit Argulas Brief an die Universität Ingolstadt
Titelblatt der Flugschrift mit Argulas Brief an die Universität in Ingolstadt: Wie eine christliche Frau des Adels in Bayern durch ihren in göttlicher Schrift wohlgegründeten Sendbrief die Hochschule zu Ingolstadt, weil sie einen evangelischen Jüngling zu Widersprechung des Wortes Gottes bedrängt haben, strafet.
Auch folgen hernach die Artikel, die Magister Arsacius Seehofer von München durch die Hochschule zu Ingolstadt beredt am Abend unserer Frauen Geburt nächst verschiedenen widerrufen und verworfen hat.

Argula erhielt nie eine Antwort auf ihre Eingaben. Deshalb schrieb sie an den Bürgermeister und die Ratsherren von Ingolstadt, um sie, die heimliche Jünger des Herrn sind und vor Furcht wie Nikodemus Christus nicht zu bekennen wagen, zum Bekenntnis zu ermahnen. Wenn ich allein sterbe, so werden doch hundert Frauen wider sie schreiben. Denn ihrer sind viele, die belesener und geschickter sind als ich. Dann schrieb sie auch an Kurfürst Friedrich „den Weisen”. Die katholischen Verwandten aber rieten ihrem Mann, Argula einzumauern. Sie musste die Zerrüttung ihrer Ehe und die finanzielle Not ihrer Familie mit ihren drei Söhnen und einer Tochter erleben. Im Spätherbst 1523 reiste sie zur Versammlung der Reichsstände nach Nürnberg, um die Fürsten zugunsten der Reformation zu beeinflussen. Aber sie wurde enttäuscht: Wenn man so viel Fleiß auf Gottes Wort legen würde wie auf Essen, Trinken, Bankett halten, Spielen, Plaudern und Anderem würde es bald besser … Ich habe es selbst zu Nürnberg gesehen, ein solch kindisches Wesen der Fürsten, das mir zeit meines Lebens vor Augen sein wird. Unerschrocken setzte sich Argula auch sonst für die freie Verkündigung des Evangeliums ein, sie verfasste weitere Flugschriften und - auch als Argula, Gräfin Schlick und eine geborene von Stauff - Schriften zur Verteidigung der lutherischen Lehre; ihre acht Flugschriften erschienen in den Jahren 1523/1524 in 30 Ausgaben und dürften damit mehr als 30.000 Leser und Leserinnen erreicht haben.

Aus einem Brief von 1524 an den Bürgermeister und die Ratsherren der Reichsstadt Regensburg:

Liebe Brüder, seid eingedenk, dass Euch Gott zu Hütern und Aufsehern gesetzt hat, nehmet wahr der Seelen in Eurem Gebiet, nicht mit Gold oder Silber erkauft, sondern mit einem teuren Wert des rosenfarbenen Bluts des Herrn Christus. Es ist Zeit, aufzustehen vom Schlaf; denn unser Heil ist näher, denn da wir gläubig wurden. Lasst uns ritterlich wider die Feinde Gottes kämpfen; er wird sie erschlagen mit dem Hauch seines Mundes. Das Wort Gottes muß unsere Waffe sein - nicht mit Waffen dreinzuschlagen, sondern den Nächsten zu lieben und Frieden untereinander zu haben. Das ist die Ursach, dass ich hab gewagt, Euer Lieben zu schreiben und zu ermahnen. Es ist Zeit, dass die Steine bei uns schreien.

In einem Brief an einen Vetter ihrer Mutter, Adam von Törring, den Statthalter der jungen Pfalzgrafen Ottheinrich und Philipp in Neuburg an der Donau: Man heißt mich lutherisch, ich bin es aber nicht, ich bin im Namen Christi getauft, den bekenn ich und nicht Luther. Aber ich bekenn, dass ihn Martinus auch als ein getreuer Christ bekennt. Gott helfe, dass wir solches nimmermehr verleugnen, weder durch Schmach, Schande, Kerker, Peinigung, auch durch den Tod. Das helf und verleihe Gott allen Christen. Amen.

Nach der Absetzung ihres Mannes behielt Arhula ihre Zuversicht: Meine vier Kindlein wird Gott wohl versorgen und sie speisen mit den Vögeln in der Luft, auch bekleiden mit den Blümlein des Feldes. Er hat's gesagt, er kann nicht lügen. Ihr Mann überließ nun ihr allein die Verwaltung des verschuldeten Besitzes.

1530 1 starb ihr Mann, Argula musste Bayern verlassen und ging nach Franken. 1530 traf sie mit dem auf der Veste in Coburg ausharrenden Martin Luther zusammen, mit dem sie schon zuvor in Briefwechsel stand. Sie ist ein besonderes Werkzeug Christi, hatte der geurteilt - und sie dennoch in ihren Auseinandersetzungen nie unterstützt. 1533 heiratete Argula den protestantischen Grafen Schlick von Passaun - dem heutigen Bassano del Grappa in Venetien -, schon 1534 wurde sie erneut Witwe; auch drei ihrer Kinder musste sie in den Folgejahren beerdigen, darunter einen Sohn, der 1543 von Katholliken erstochen wurde. Öffentlich äußerte sie sich nun nicht mehr.

Argula starb - nach dem Bericht des bayerische Geschichtsschreiber Wiguläus Hundt - wohl 1554. Manchmal wird berichtet, dass sie 1563 in Straubing verhaftet wurde, weil sie Menschen vom rechten katholischen Glauben abgehalten habe; die Arrestierte war aber tatsächlich ihre Schwägerin Anna von Stauff, die in den Archivalien meistens als alte Staufferin bezeichnet wurde, und die vermutlich 1568 starb.

Schloss Zeilitzheim
Schloss Zeilitzheim

1 Auf seinem Epitaph in der Kirche in Lenting steht zwar 1529, aber aus der erhaltenen Korrespondenz geht eindeutig hervor, dass er 1530 noch am Leben war.

In ihrem Buch (Link mit Vergütung) 40 Frauenschicksale aus dem 15. und 16. Jahrhundert schildert Maike Vogt-Lüerssen höchst lesenswert das Schicksal von Argula von Grumbach - auch online zu lesen.

Die Veste in Coburg ist täglich von 9.30 Uhr bis 17 Uhr zur Besichtigung geöffnet. (2021)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 01.04.2021

Quellen:
• Friedrich Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. II, Hamm 1990
• Sonja Domröse: Lasst sie toben und wüten. zeitzeichen 11/2009
• Elisabeth Spitzenberger, E-Mail vom 23. Juni

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.