Ökumenisches Heiligenlexikon

Bogomilen


Die Lehre der Bogomilen, deren Begründer ein gewisser Priester Bogomil gewesen sein soll, geht auf die dualistische Lehre der Manichäer und der Paulizianer zurück, die im 8. Jahrhundert von syrischen und armenischen Einwanderern auf den Balkan gebracht wurde. Viele Elemente des bulgarisch-slawischen Volksglaubens fanden nun Aufnahme.

Demnach war die Welt von Gott dem Vater geschaffen worden. Später wurde sein älterer Sohn Satanael zusammen mit anderen untergeordneten Geistern gestürzt, sein Platz wurde von dem jüngeren Sohn Jesus Christus eingenommen. Trotzdem habe Satanael die göttliche Kraft behalten, und so sei er imstande gewesen, die noch nicht gebildete Erde zu ordnen und ihr diejenige Form zu geben, in der sie die ersten Menschen aufgefunden haben, die von ihm geschaffen, aber von Gott beseelt waren. Satanel habe zuletzt eingewilligt, er werde lediglich den Leib der Menschen beherrschen, wogegen Gott ihre Seelen bleiben sollten. Aber Satanael hielt diese Verabredung nicht ein und begehrte auch die Seele der Menschen. Er verführte Eva und vereinigte sich mit ihr in der Gestalt einer Schlange, erzeugte Kain und seine Zwillingsschwester Kalomene; auch Adam habe sich aus Eifersucht mit vereinigt und Abel gezeugt, den Kain sofort ermordete.

Bogomilen-Friedhof in Radimlja bei Stolac in Bosnien-Herzegovina
Bogomilen-Friedhof in Radimlja bei Stolac in Bosnien-Herzegovina

Die Bogomilen übten Verzicht im körperlichen Leben, da alles Materielle Schaffung des bösen Geistes sei; ihr Hauptziel war eine langsame Marterung und Vernichtung des Körpers, der Quelle aller Sünde. Sie lebten ausschließlich von pflanzlicher Nahrung; Fischgenuss war ihnen erlaubt, nicht aber Wein. Sie trugen schwarze Mönchstracht und darunter einen Strick, den sie bei ihrer Weihe erhielten. Man beschreibt sie als sanfte, mutige, stille und schweigsame Leute von blassem Aussehen, als Menschen, die nicht viel sprachen, niemals lachten, stets mit gesenktem Kopf schritten. Sie arbeiteten aber nur so viel wie nötig, um ein dürftiges Leben zu führen. Die Ehe wurde von ihnen verworfen, sie verabscheuten auch die Kinder als eine Folge der Ehe. Nur aus Not wurde die Ehe zugelassen, konnte aber leicht aufgelöst werden.

Bogomilen kritisierten scharf die kirchliche Hierarchie und die Priester, verwarfen alle Sakramente mit Ausnahme der Taufe und auch das Symbol des Kreuzes, da dieses das Werkzeug darstelle, mit dem man Christus gemartert und getötet habe. Sie lehnten die Verehrung von Heiligen, Heiligenbildern und Reliquien in den Orthodoxen Kirchen ab und verurteilten die Kirchen als Wohnsitze des Teufels, ebenso wie jeden Gottesdienst und alle kirchlichen Rituale. Ein Zeitgenosse meinte, dass die Bogomilen ihre Mitglieder anwiesen, der Staatsgewalt den Gehorsam zu verweigern, die Reichen zu schmähen, den Zaren zu hassen, die Beamten zu beschimpfen und die Adeligen zu tadeln. Jeder Dienst und jedes Herrschaftsverhältnis war verpönt als eine Schaffung des Teufels, Gerichte und Strafen wurden nicht anerkannt. Infolgedessen standen sie in einem ständigen Konflikt mit der Kirche und mit dem Staat und bildeten heimlich ihre eigenen Gemeinschaften mit einer besonderen Hierarchie, die an die Ordnung der ersten christlichen Gemeinschaften erinnerte.

An der Spitze der Gemeinden stand ein Aufseher (Ältester) mit zwölf Aposteln; für jede Provinz wurde ein Bischof gewählt. Die Ältesten, die Apostel und der Bischof wurden unter den ausgezeichneten, vollkommenen Mitgliedern der Gemeinden gewählt, die sich größere Verpflichtungen auferlegten und ein strengeres Leben führten als die gewönlichen Gläubigen, die sich nicht an die oben dargestellten Prinzipien hielten, weil sie nicht vollständig die Äußeren Bande zur Kirche, zum Staat und zur Gesellschaft lösen wollten.

Bei der damals in Bulgarien herrschenden Gleichgültigkeit der offiziellen Geistlichkeit und der schlimmen materiellen Lage des Volkes vermochte die neue Lehre bald stark an Boden zu gewinnen. In der neuen Lehre kam im 10. Jahrhundert der Protest des bulgarischen Volkes gegen Staat und Kirche zum Ausdruck, die dem Volk fremd geblieben waren; gleichzeitig war es eine Empörung des Volkes gegen den Sittenverfall der Herrschenden, der durch den fremden byzantinischen Einfluss entstanden war. Das staatliche, gesellschaftliche und besonders das Familienleben wurde durch die Bogomilen stark erschüttert.

Besonders Propst Kosma trat gegen die Bogomilen auf, warf ihnen Heuchelei und Eitelkeit vor; gleichzeitig predigte er gegen die orthodoxen Bischöfe und Priester, protestierte gegen das ausschweifende Leben, gegen Ungerechtigkeit, Habgier, Faulheit und Nichtsnutzigkeit des KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.. Andere versuchten, die eingerissenen Übel durch das Beispiel eines sittlich-strengen Lebens oder als Einsiedler zu bessern, verließen die Gesellschaft und begaben sich ins Gebirge oder in Wälder, um dort ein strenges Asketenleben zu führen. Unter diesen Leuten zeichnete sich besonders Johannes von Rila aus.

Die sehr interessante Webseite Auf den Spuren der Bogumilen berichtet über eine Reise zu Spuren der Bogumilen in Dalmatien und Bosnien.


Web 3.0 - Leserkommentare:

Ich beschäftige mich seit nun mehr als 30 Jahren mit dem Thema Bogumilen und habe viel darüber gelesen/schlussgefolgert. In ihrem Beitrag vermisse ich Details über diesen Glauben und denke das hier Falschinterpertationen enthalten sind:
1. Sie verabscheuten Kinder
Das ist falsch interpretiert. Ihre Lehre stellte Kinder den Tieren gleich, jedoch aus logischen Gründen. Denn ein Neugeborenes kennt zunächst nur Hunger und Durst, verbringt sein ganzes Dasein mit Essen und Trinken. kennt keinen Gott, hat keinen Anstand, Würde oder Barmherzigkeit und wird deshalb als ein niedrigeres Wesen gesehen. Daher auch die Gleichstellung mit Tieren bis zu der Taufe. Das Kind muss noch den Weg zu Gott finden; je älter es wird und je mehr es weiß, obliegt es diesem Geschöpf, das Richtige zu tun, um Gott näher zu kommen. Die Eltern haben nach der Taufe keinen Erziehungsauftrag sondern die Pflicht (Nächstenliebe), Wege zu Gott aufzuzeigen (die W-Wörter - z. B. wie kann ich das Richtige tun?), übernehmen aber keinerlei Verantwortung für dessen Tun und Handeln. Durch die Taufe haben die Kinder (symbolisch) ihre Seele erhalten und gehören von nun an Gott. Die weitere Ernährung und Ausbildung erfolgt nur aus Nächstenliebe, denn das Kind gehört sich selber und Gott. Selbst der Tod des Kindes nach der Taufe soll die Seele der Eltern nicht belasten, denn das ist durch eigenen Willen beeinflusst worden und ist eine Sache rein zwischen Gott und dem Kinde.
Dahinter steht wohl die Erkenntnis des Werteverfalls (aus Sicht eines Erwachsenen) bei nachfolgenden Generationen und die Empfindung, dass sich nachfolgende Generationen immer mehr und mehr von Gott entfernen. Also muss der richtige Weg (zu Gott) durch Eigenerkenntnis stattfinden. Bei Tieren kann man den besonderen Effekt der Selbstverantwortung erkennen - diese entfernen sich z. B. nicht von den Eltern aus Eigeninteresse und nicht aus Strafandrohung, sie verzehren sich mit Lernen aus Eigeninteresse, sie spielen, um zu Lernen und nicht um zu Spielen …
2. Kirche als Wohnsitz des Teufels
Die ganze Erde ist Wohnsitz des Teufels, nicht nur die Kirche. Gott verbannte Satanael (oder Satanasis) vom Himmel auf die Erde, er hatte nun die niedrigere Aufgabe der Aufrechterhaltung der Erde. Eine davon ist die Hölle der Erde, der flüssige Erdkern - daher auch die Sprache von der Hölle des Teufels. Geht die Welt unter, geht er mit ihr unwiederbringlich mit und alle, die ihm folgen, ebenso - ihre Seelen erlöschen auf ewig.
3. Die Seele
Das einzigste Instrument Gottes auf Erden (außer Jesus) ist die Seele des Menschen (vielleicht auch anderer Lebewesen), mit Hilfe derer er den Menschen die Möglichkeit gibt, aus freiem Willen wieder zu ihm (Gott) zu finden. Kein Getaufter ist verantwortlich für die Seele eines anderen, auch nicht der eigenen (getauften) Kinder. Beispiel: Ein Kleinkind geht zu etwas Gefährlichem, hält an und schaut sich um, was seine Eltern dazu meinen. Nicken oder lächeln diese, heißt das: alles ok; den Gesichtsausdruck der Gefahr erkennt das Kleinkind schon selbständig (Dank der Seele).
4. Respekt
Respekt vor den Älteren basiert aus der Erwartung, dass diese Gott näher sind. Diese sollen den richtigen Weg zu Gott schon verstehen und Leben können, von denen kann ich also noch was Lernen.
5. Es gab weder Kleidervorschrift noch andere Vorschriften; das gleichgesinnte Kleiden war das Ergebnis des Kopierens von Älteren (Gott näheren). Vorschriften gab es keine, sondern Empfehlungen der Ältesten - denn jeder ist sein Chef und muss sich alleine vor Gott verantworten.
6. Der Weg ist das Ziel
Das Streben der Bogumilen war, zu Gott zu finden, Gott so nahe wie möglich zu kommen. Dies konnten Sie nur tun, wenn Sie ständig an sich arbeiteten, Erkenntnisse sammelten, diese weitergaben und nach Regeln der Seele handelten (höre in dich hinein, was dir deine Seele sagt). Sie verachteten nicht das Leben, den Leib oder irgend was anderes, sondern sie waren bestrebt, nicht den Sinnen zu erliegen (Der Schönheit, dem Sex-Drang, der Fresssucht, den Drogen, dem Alkohol, dem Glückspiel …). Nur die Seele darf den gesunden Menschen/-verstand lenken. Erklärung: Sexuell erregt entscheidet man z. B. anders als nicht sexuell erregt. Man tötet das hässliche Tier und verschont das Schöne … Also: man trifft emotionale Entscheidungen und nicht die richtigen gemäß der Beseelung.
7. Herkunft der Religion
Zu der Herkunft der Religion gibt es sehr viele Interpretationen:
A. Die Religion wurde wohl schon in der Zeit der Pharaonen geboren. Ihre Herkunft muss den Inhalten nach, teils aus dem Buddhismus und teils aus dem Judentum gebastelt worden sein.
B. Maria Magdalena soll nach Jesu Tod in Südfrankreich gestrandet sein und dort eine andere Lehre als Rom verbreitet haben. Auf dieser Basis soll ein (slawischer ??) Mönch diese Lehre im 6. Jahrhundert nach Dalmatien / Herzegowina mitgebracht haben und in eine eigene Version gewandelt haben. Bogumil soll diese später für Bulgarien noch etwas abgeändert haben.
Liebe Grüsse

Antun Zivkovic über E-Mail, 28. August 2013





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 06.06.2019

Quellen:

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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