Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Gottesbilder
Im byzantinischen Reich tobte im 8. Jahrhundert der Bilderstreit, der auf der Synode von Hiereia (754) in dem Verbot religiöser Bilder, vor allem von Christusikonen gipfelte.
Nach Johannes von Damaskus († vor 754)
kann und darf zwar Gott
nicht in Bildern dargestellt werden. Aber sein Sohn ist Mensch
geworden und kann daher als Mensch auch bildlich dargestellt werden:
Da aber nicht
alle die Buchstaben kennen und sich mit dem Lesen beschäftigen,
schien es den Vätern geraten, diese Begebenheiten wie
Heldentaten in Bildern darstellen zu lassen, um sich daran kurz zu
erinnern. Gewiss erinnern wir uns oft, wo wir nicht an das Leiden des
Herrn denken, beim Anblick des Bildes der Kreuzigung Christi, des
heilbringenden Leidens, und fallen nieder und beten an, nicht den
Stoff, sondern den Abgebildeten, gleichwie wir auch nicht den Stoff
des Evangeliums und den Stoff des Kreuzes, sondern das dadurch
Ausgedrückte anbeten.
Darum bin ich
mutig und bilde den unsichtbaren Gott nicht als einen unsichtbaren
ab, sondern als einen, der um unseretwillen sichtbar geworden ist
durch die Teilhabe an Fleisch und Blut. Nicht die unsichtbare
Gottheit bilde ich ab, sondern das sichtbar gewordene Fleisch Gottes.
Denn wenn es unmöglich ist, eine Seele abzubilden, um wie viel
weniger Gott, der auch der Seele das Nichtstoffliche gegeben hat.
[fid. orth. 4,16, MPG
94, Sp. 1169 - 72; BKV 2 44, S. 228f.; und:
Johannes von Damaskus: Drei Verteidigungsschriften gegen diejenigen,
welche die heiligen Bilder verwerfen 1,4; hrsg. v. G. Feige, übersetzt von W. Hradsky, Leipzig 21996,
S. 29]
Bei der Synode in der Hagia Sophia (815) unter Kaiser Michael III. wurde die religiöse Bilderverehrung im byzantinischen Reich endgültig erlaubt.
Gregor Palamas
(† 1359) befürwortet nicht nur die Anfertigung
von Christus-, sondern auch die von Heiligenikonen sowie die
Darstellung des Kreuzes: Du sollst kein Bild machen
von dem, was im Himmel oben und was auf der Erde unten ist, noch von
dem, was im Wasser Schöpfung des einen Gottes, der in den
letzten Zeiten aus dem Schoß der Jungfrau Fleisch angenommen
hat, auf Erden erschienen ist und bei den Menschen wohnte, für
das Heil der Menschen gelitten hat und gestorben ist, auferstand und
mit dem Leib in den Himmel aufstieg ist, um es anzubeten und wie
Götter zu verehren! [vgl. 2. Mose 20, 4f; 5. Mose 5, 6f] Denn alles
ist die und sich zur Rechten der Majestät in der Höhe
setzte. In diesem Leib wird er kommen in Herrlichkeit zu richten die
Lebenden und die Toten. Dessen Bild nun, der wegen uns Mensch
geworden ist, sollst du anfertigen wegen deiner Liebe zu ihm, und
durch dieses Bild sollst du dich an ihn erinnern und durch es ihn
anbeten und durch es deinen Geist zum anbetungswürdigen Leib des
Erlösers, der Rechten des Vaters im Himmel sitzt, erheben.
Ebenso sollst du Bilder
der Heiligen machen und verehren, aber nicht als Götter, was
verboten ist, sondern wegen Achtung und Zuneigung und
außerordentlichen Verehrung ihnen gegenüber, indem du
durch die Bilder deinen Geist zu ihnen erhebst, wie auch Mose Bilder
der Cherubim innerhalb des Allerheiligsten anfertigte, das
Allerheiligste selbst aber war ein Abbild der überhimmlischen
Wesen und das Heilige[, wo das VoLukasevangelium stand,] trug ein Bild der ganzen
Welt und Mose nannte diese Bilder heilig, nicht um die Geschöpfe
zu ehren, sondern durch sie Gott, den Schöpfer der Welt. Auch du
sollst also Bilder unseres Herrn Jesus Christus und der Heiligen
machen, aber durch sie sollst du jenen ehren, der uns früher
nach seinem Bild geschaffen hat, und hierauf dieses sein Bild bzw.
unsere [menschliche] Natur aufgrund seines unaussprechlichen
Erbarmens anzunehmen geruhte und dadurch auch unsere Begrenzung. Und
nicht nur das göttliche Bild sollst du anbeten, sondern auch das
Bild des Kreuzes: es ist nämlich das bedeutendste Zeichen und
das Siegeszeichen gegen den Teufel und dessen ganze feindliche Schar …
Dieses Zeichen sollst du verehren und mit Zuversicht darauf
blicken!
[Decalogus
christianae legis, in MPG 151, Sp. 1089-94; eigene Übersetzung]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 09.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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