Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Sich Gott hingeben
Der Hingabe Gottes an uns Menschen in Jesus Christus entspricht unsere Hingabe an Gott.
Nach Irenäus von Lyon († um 202) wird der Mensch wird nur dann
zu einem wahren Kunstwerk Gottes, wenn er sich sein Leben hindurch
von ihm formen und gestalten lässt:
Mensch, es
gehört sich, dass du zuerst die Ordnung des Menschen einhältst,
dann erst [kannst du] an der Herrlichkeit Gottes teilhaben. Denn
nicht du schaffst Gott, sondern Gott schafft dich. Wenn du also ein
Werk Gottes bist, dann erwarte die Hand deines Künstlers, die
alles zur rechten Zeit macht, zur rechten Zeit aber [auch], was dich
betrifft, der du geschaffen wirst. Zeige ihm gegenüber aber dein
Herz weich und bildbar und bewahre die Gestalt, die dir der Künstler
gegeben hat, behalte in dir die Formbarkeit [eigentlich:
Feuchtigkeit], damit du nicht in Verhärtung die Spuren seiner
Finger verlierst. Wenn du aber so dein Gefüge bewahrst, wirst du
zur Vollkommenheit emporsteigen: Denn durch die Kunstfertigkeit
Gottes wird das, was in dir Lehm ist, verborgen. Seine Hand hat in
dir den Stoff gestaltet: Sie wird dich von innen und außen mit
reinem Gold und Silber zieren und dich so sehr schmücken, dass
der König nach deiner Schönheit verlangt
(Psalm
45, 12). Wenn du dich aber verhärtest und seine Kunstfertigkeit
zurückweist und dich ihm gegenüber undankbar erweist, dass
du [nur] ein Mensch geworden bist, dann hast du in deiner
Undankbarkeit gegenüber Gott zugleich mit seiner Kunstfertigkeit
auch schon dein Leben verloren. Das Erschaffen gehört nämlich
zum Wesen der Güte Gottes, das Geschaffenwerden aber zum Wesen
der Natur des Menschen. Wenn du ihm also übergibst, was dein
Anteil ist, d. h. Glauben an ihn und Gehorsam, dann wirst du seine
Kunstfertigkeit erfahren und ein vollkommenes Werk Gottes sein.
[adv. haer. 4,39,2: MPG 7, Sp. 1110; BKV II
4, S. 465f b]
Ignatius von Loyola († 1556):
Die meisten Menschen
ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen könnte, wenn sie sich ihm
zur Verfügung stellen würden.
Maria Ward (†
1645):
Hier geht es
nicht um Pflichten, sondern um Hingabe: Gott hat keine Freude an
einem Tun, das aus Zwang kommt und um der eigenen inneren Ruhe
verrichtet wird.
Claudius de la Colombière († 1682):
Will man viel für
Gott tun, muss man ihm ganz gehören.
Margareta Maria Alacoque († 1690):
Jesus Christus
kennt keine Kompromisslösungen. Er will alles oder nichts.
Veronika Giuliani
(† 1727) gibt ihren drei leiblichen
Schwestern, die in das Klarissinnenkloster
Santa Chiara in Mercatello
eingetreten sind, Ratschläge zur Fastenzeit. Dabei ermutigt sie
ihre Schwestern zu einer Radikalität, die selbst lebt:
Schwestern, in
dieser kurzen Lebenszeit, die uns noch verbleibt, wollen wir einen
Wettstreit machen, wer [von uns] die demütigste und ergebenste
ist, wir wollen uns selbst und alles, was vorübergeht,
vergessen. Lasst uns unser Herz in Gott hineinlegen, unseren Geist in
Gott, unsere Zuneigung in Gott, lasst uns ganz Gottes Eigentum sein,
überlassen wir unser Denken Gott und denken wir immer das, was
wir tun können, um ihm zu gefallen, um ganz nach dem Herzen
Gottes zu sein!
[Lettere
di Santa Veronica Giuliani, Monastero delle Cappuccine, Città
di Castello 1965, S. 20; eigene Übersetzung]
Johannes Gabriel Perboyre († 1840):
Jesus Christus hat
sich für mich dargebracht; ich muss mich also auch für Ihn
darbringen, mein Leben muss ein fortwährendes Opfers ein.
Sei ganz bei dem,
was du tust!
Gebet von Charles de Foucauld († 1916):
Mein Vater, ich
überlasse mich dir. Mach mit mir, was du willst. Was du auch mit
mir tun magst, ich danke dir. Zu allem bin ich bereit, alles nehme
ich an. Wenn nur dein Wille sich an mir erfüllt und an allen
deinen Geschöpfen, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott. In
deine Hände lege ich meine Seele; ich gebe sie dir, mein Gott,
mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich dich liebe, und weil
diese Liebe mich treibt, mich dir hinzugeben, mich in deine Hände
zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen; denn du
bist mein Vater.
[https://www.evangeliums.net/zitate/charles_de_foucauld.htm
- abgerufen am 04.12.2019]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 22.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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