Ökumenisches Heiligenlexikon

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Maria von Ägypten


SS. Maria Aegyptiaca et Zosimas. Presb. Mon. (2. al. 4. 30. Apr. 28. 29. 31. März). Die hl. Büßerin Maria, ihr Leben und Ende, ist uns durch den Priester und Einsiedler, Zosimas bekannt geworden. Aus diesem Grunde werden beide an demselben Tage aufgeführt. Außerdem gedenkt man des letztern auch am 4. oder, wie Petrus de Natalibus will, am 30. April. Zu Ehren der hl. Büßerin Maria werden verschiedene andere Tage gefeiert, die wir oben bezeichnet haben. Vom hl. Zosimas vernehmen wir, daß er, »in der Sprache und im Leben« gebildet, schon 53 Jahre im Kloster gelebt hatte, als er die hl. Maria kennen lernte. Er hatte mehrere Schüler, welche er in der Weisheit, die vor Gott gilt, durch Wort und Beispiel unterrichtete. Von Jugend an gewöhnt, nie müssig zu seyn, blieb er bis zu seinem Ende unermüdet thätig in der Betrachtung göttlicher Offenbarung, ob er aufstand oder sich niederlegte, ob er arbeitete oder aß, immer übte er das Andenken an die Worte des Herrn. Wenn er zu betrachten aufhörte, fing er an zu beten oder Psalmen zu singen. Nie hat also ein Vater den Beruf seines Kindes sicherer erkannt als der Vater des hl. Zosimas, der ihn, da er noch nicht gehen gelernt hatte, ins Kloster trug, damit er dort heilig lebe und ende. Aber obschon er durch Gottes Gnade mit Visionen und Erscheinungen beglückt wurde, fehlten ihm doch auch die Versuchungen nicht. Er fing an, sich seiner Tugenden unordentlich zu freuen. Da hörte er eine Stimme, die ihm zurief, Niemand dürfe sich, so lange er lebe, für vollkommen halten, und wenn wir auch weit vorgeschritten seien, sei erst die kleinere Hälfte gethan. Er ging also zu einem Abt am Jordanflusse und beschloß, das Leben des Gehorsams und der Entsagung aufs Neue anzufangen. Hier hörte er, wie kein Mensch dem andern wirksam helfen könne, wenn es ihm an der nöthigen Aufmerksamkeit auf sich selbst gebreche, wenn er nicht mit reinem Sinn wirke was recht ist und Gott, als den Richter und Aufzeichner seiner Handlungen, beständig vor Augen habe. Die Mönche dieses Klosters beteten Tag und Nacht ununterbrochen; wenn die Einen aufhörten, fingen die Andern an; sie sorgten nicht im Mindesten fürs Zeitliche, sondern überließen sich ganz der göttlichen Vorsehung, aber während der Mund Psalmen sprach, arbeiteten die Hände. Nicht dem Müssiggang, sagten sie, sondern dem thätigen Vertrauen sei der göttliche Beistand gewiß. Der hl. Zosimas sah sich übertroffen, und zugleich mächtig angetrieben, mehr als bisher nach dem »was vor ihm war« zu streben. Unter den Einsiedlern herrschte die Sitte, die Zeit vom ersten Fastensonntag bis zum Palmsonntag das Kloster zu verlassen und in der Jordanwüste in völliger Einsamkeit zu leben. So traf es sich durch göttliche Fügung, daß der hl. Zosimas in die Einöde kam, wo die hl. Büßerin Maria lebte. Anfänglich durch die Erscheinung eines Mannes überrascht und beschämt (denn sie hatte kein Kleid mehr ihre Blöße zu bedecken), floh sie vor ihm, ließ sich aber, nachdem er ihr seinen Mantel zugeworfen hatte, bewegen, ihm ihr ganzes Leben zu offenbaren. Durch göttliche Erleuchtung wußte sie seinen Namen und ehrte ihn als Priester des Herrn. Alles, was von ihr bekannt ist, beruht auf dem Zeugnisse des Zosimas, dessen Glaubwürdigkeit einem ernstlichen Bedenken kaum unterworfen seyn kann. Ihm erzählte sie, nach der ältesten Lebensbeschreibung, welche die Boll. bei St. Maximin in Trier vorfanden, im Wesentlichen Folgendes: »Ich habe gelebt wie ein dem Teufel zugehöriges Gefäß, alles was schändlich ist, hab' ich gethan; höre nicht auf, ich bitte dich, für mich zu beten. Mein Vaterland ist Aegypten. In meinem zwölften Jahre entlief ich meinen Eltern und kam nach Alexandria. Hier führte ich ein höchst ausgelassenes Leben. Ungefähr siebenzehn Jahre lebte ich der öffentlichen Lust, nicht um Geld, sondern weil mir nur das Leben zu seyn schien, wenn ich die Natur mit Schande erfüllte. Eines Tags, als ich viele Leute dem Meer zueilen sah, welche zur Feier des Kreuzerhöhungsfestes nach Jerusalem wallfahrteten, stieg ich alsbald auch zu Schiffe, und bot mich den jungen Leuten auf demselben zum Vergnügen an. Als sie nicht wollten, drängte ich sie. Es gibt keine Art Wollust, die so unbekannt und unerhört ist, daß ich nicht Meisterin in derselben gewesen wäre. So that ich auch in Jerusalem und reizte sowohl die Bürger der Stadt als die Wallfahrer (advenas). Als der Festtag gekommen war, wollte ich mit der Volksmenge, die zur Kirche ging, eintreten. Aber ich sah zu meinem Erstaunen wie Andere ohne Hinderniß hineingingen, während ich wie durch eine himmlische Gewalt zurückgehalten wurde. Vergebens strengte ich mich an. Ich kam jedesmal bis zur Schwelle des Tempels, weiter nicht. Da vernahm ich in meinem Innern die heilsame Mahnung, daß die Abscheulichkeit meiner Handlungen mir den Eingang verschließe. Mein Auge fiel auf das Bildniß der heiligen Jungfrau im Atrium, und ich fing an zu beten und zu geloben: ich will Buße üben, wenn du, Mutter des Herrn, mir die Verzeihung und den Eintritt in den Tempel bewirkst; ich will hingehen, wo du mich hinführen wirst, als die Mittlerin meiner Rettung! Ich wurde erhört, vernahm aber deutlich die Mahnung: Ueber dem Jordan sollst du Ruhe finden. Ich ging und kam am ersten Tage meiner Wanderung nach der Kirche des heil. Johannes am Jordan. Hier betete und beichtete ich und empfing den Leib des Herrn. Dann nahm ich ein Bad und ging in die Wüste, um sie nicht mehr zu verlassen. Unablässig empfahl ich mich der hl. Jungfrau: Meine Frau, sprach ich, meine Frau, verlaß mich nicht. Nun hatte ich siebenzehn Jahre mit meinen Begierden wie mit wilden Bestien zu kämpfen. Aber Gott half mir und spendete mir Trost und heilsame Erkenntniß. Ich lernte die heiligen Schriften kennen und in den Geheimnissen des Heiles forschen. So lebe ich nun, wie ich glaube, beiläufig siebenundvierzig Jahre in der Einsamkeit.« Zum Schlusse bat sie den Zosimas, am Vorabend des grünen Donnerstags des nächsten Jahres am Jordanufer sich einzufinden, um ihr die hl. Communion zu reichen. Er that es. Die Büßerin Maria ging über den Fluß, um dem Verlangen ihres Herzens zu genügen und empfing von, Zosimas außer den heiligen Gestalten auch noch einige Nahrungsmittel. Als er nach einem Jahre wieder kam, fand er sie todt. Ihr Name war in den Sand worauf sie lag eingeschrieben. Er öffnete, mit Hilfe eines Löwen, ein Grab und legte den Leichnam hinein (um das J. 421). Bald darauf starb auch der hl. Zosimas, fast hundert Jahre alt, nachdem er die Geschichte der hl. Büßerin, wie sie hier im Auszuge dargestellt ist, seinen Mitbrüdern erzählt hatte. Die Kritik hat gegen dieselbe manche Einwendung zu erheben, aber die Ueberlieferung der Kirchen des Morgen- und Abendlandes steht, wenn auch einzelne Angaben, z. B. die, daß sie ganz entblößt in der Wüste geweilt, nie die heiligen Stätten aufgesucht habe etc., unhaltbar sind, für ihre Wahrheit ein. Acht Tagreisen von Jerusalem jenseits des Jordan zeigt man ihr Grab und vom südlichen Eingang in die hl. Grabkirche zu Jerusalem, gerade unter der Capelle Unserer Lieben Frau auf Golgatha, wird von den Griechen der Ort verehrt, wo sie das oben erwähnte Gelöbniß machte. (Meßmer, das hl. Land, S. 94). Reliquien der hl. Büßerin werden an verschiedenen Orten verehrt. So z. B. in Rom, Tournay, Neapel, Cremona, Antwerpen, München (in der Jesuitenkirche). Viele fromme Anstalten, welche die Besserung gefallener Personen zum Zwecke haben, sind unter ihren Schutz gestellt. Außer dem 2. April wird ihr Fest am 28. März (z. B. in Mainz), an andern Orten am 29. oder 31. dieses Monats (im Mozarabischen Kalender) angegeben. (I. 67-90).




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zuletzt aktualisiert am 00.00.2014
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