Ökumenisches Heiligenlexikon

Gertrud von Nivelles

auch: von Karlburg

1 Gedenktag katholisch: 17. März
gebotener Gedenktag im Bistum Breda
nicht gebotener Gedenktag im deutschen Sprachgebiet
Übertragung von Reliquien in die Jesuitenkirche São Roque nach Lissabon: 25. Januar
Übertragung der Gebeine: 10. Februar, 10. April
Übertragung der Gebeine in einen neuen Sarkophag: 30. Mai
Erscheinung der Gebeine: 8. Juli
Weihe des Altares: 24. Juli

Name bedeutet: die Speerstarke (althochdt.)

Äbtissin (?) in Nivelles
* 625/626 in Landen (?) in Belgien
17. März 659 oder 653 in Nivelles in Belgien


Statue, 1741/1742, in der Pfarrkirche in Waldzell
Statue, 1741/1742, in der Pfarrkirche in Waldzell

Gertrud war eine Tochter von Pippin dem Älteren und Itta von Nivelles, ihr Bruder war Bavo von Gent, ihre Schwester Begga. Sie wurde, als ihre Mutter 652 starb, Leiterin des von dieser gegründeten Klosters in Nivelles - wird aber in keiner Quelle als Äbtissin bezeichnet. Gertrud bemühte sich vor allem um die Bildung der weiblichen Jugend, ließ sich Bücher aus Rom kommen, war eine hervorragende Kennerin der Bibel. Unter ihrer Leitung und mit Förderung durch ihren Bruder, Hausmeier Grimoald, wurde Nivelles zum wichtigsten Hauskloster der Pippiniden. Sie unterhielt enge Verbindungen zum Mönchtum der Prägung durch Kolumban den Jüngeren, zu Chlodulf von Metz und Modesta von Trier.

Gertruds Todestag ist identisch mit dem von Patrick von Irland. Dieses Sterbedatum wurde Gertrud der Überlieferung zufolge von irischen Mönchen, die nach Nivelles gekommen waren, vorausgesagt. Ihre Lebensgeschichte verfasste um 680 ein Mönch, der sie vielleicht persönlich kannte.

Gertraudenkapelle an der Felswand über den Katakomben in Salzburg
Gertraudenkapelle an der Felswand über den Katakomben in Salzburg

Gertrud wuchs in der ihr zuteil gewordenen Verehrung dank der Förderung durch die Karolinger weit über ihre Mutter Itta hinaus, Nivelles war ein viel besuchter Wallfahrtsort. Bischof Arno brachte Gertruds Verehrung nach Salzburg mit, wo ihr dann die Getraudenkapelle in den Katakomben des Friedhofs an St. Peter geweiht wurde. Im Maingebiet wird sie als Gertrud von Karlburg verehrt, weil sie sich dort des öfteren aufhielt und möglicherweise das Maria geweihte Kloster gründete. 1

Statue in der Pfarrkirche in Karlburg
Statue in der Pfarrkirche in Karlburg

Als Montana wird gelegentlich eine Nonne des ehemaligen Klosters in Ferrières bei Orléans verehrt; tatsächlich gemeint sind damit aber Reliquien von Gertrud, die in diesem Kloster verehrt wurden.

Mehrfach wird Gertrud mit einer Spindel dargestellt - Symbol für den Lebensfaden und mythisches Erbe der germanischen Nornen, der griechischen Moiren oder der römischen Parzen - allesamt Schicksalsgöttinnen, die den Lebensfaden der Menschen spinnen, ihn zumessen und am Ende abschneiden. Der Faden am Spinnrocken wird dabei von den Mäusen abgebissen, was sie als Herrin des Todes klassifiziert in der Tradition der alten Göttinnen Freya, Perchta oder Holla und ähnlich der ägyptischen Isis.

Rudolf Siemering: Statue, 1895, anf der alten Gertraudenbrücke beim Spittelmarkt - benannt nach dem früheren Gertrauden-Spital an diesem Platz - in Berlin
Rudolf Siemering: Statue, 1895, an der alten Gertraudenbrücke beim Spittelmarkt - benannt nach dem früheren Gertrauden-Spital an diesem Platz - in Berlin mit der Inschrift:
Hei, wie das Naß / Durch die Kehle rinnt
Und der Bursche mit eins / Wieder Mut gewinnt
Nun dankt er laut / Dir, heilige Gertraud.
Ratten und Mäusgezücht / Machst du zunicht,
Aber den Armen im Land / Reichst du die Hand.

Gertruds außerordentlicher Eifer für die Betreuung von Kranken, Witwen, Pilgern und Gefangenen ließ sie zur besonderen Patronin von Spitälern werden, die im Mittelalter allenthalben ihren Namen tragen. Ihr Gebet vertrieb nach der Legende eine Mäuse- und Rattenplage und rettete damit die Ernte in der Gegend; auch Mäuse, die sie beim andächtigen Spinnen störten, vertrieb sie demnach. Im 14./15. Jahrhundert wurde sie in Norddeutschland und Skandinavien zu einer der beliebtesten Heiligen.

Gertrudenminne trank man beim Abschiednehmen oder nach einer Versöhnung. Gertrudenwasser helfe gegen Mäuse und andere Schädlinge auf den Äckern, Gertrudenzettel werden zu deren Vertreibung in Mäuselöcher gesteckt. Am Gertraudentag wird traditionell die Saison für die Arbeit im Garten eröffnet.

In Bonn gab es seit dem 9. Jahrhundert eine Gertrudiskapelle, die im Krieg 1944 durch Bomben zerstört wurde; an diese erinnert heute noch ein Bildstock und eine Tafel nahe des Rheins.

Attribute: mit Mäusen, Katze
Patronin von (Bochum-)Wattenscheid; der Krankenhäuser; der Armen, Witwen, Pilger und Gefangenen, Herbergen und Reisenden, Gärtner, der Feld- und Gartenfrüchte, der Katzen; gegen Ratten- und Mäuseplagen, gegen Fieber
Bauernregeln: Sonniger Gertudentag / Freud dem Bauern bringen mag.
Ist's an St. Gertrud sonnig, / dann wird's dem Gärtner wonnig.
Gertraude nützt dem Gärtner fein, / wenn sie kommt mit Sonnenschein.
Gertraud / den Garten baut.
Friert es an St. Gertrud, / der Winter noch 14 Tag' nicht ruht.
Sieht St. Gertrud Eis, / wird das ganze Jahr nicht heiß.
An St. Gertrud ist es gut, / wenn in die Erd' man Bohnen tut.
Willst du dicke Bohnen essen, / darfst du Gertrud nicht vergessen.
Gertrud mit der Maus / treibt die Spinnerinnen raus. - am 17. März beginnt die Feldarbeit wieder, die Winterarbeit im Haus hat ein Ende.

Steinrelief: Gertrud als Stifterin des Klosters in Neustadt am Main, 1438, in der Michael und ihr geweihten Kirche in Neustadt am Main
Steinrelief: Gertrud als Stifterin des Klosters in Neustadt am Main, 1438, in der Michael und ihr geweihten Kirche in Neustadt am Main

1 Falsch ist aber die gelegentlich vertretene Darstellung, sie habe das Kloster in Neustadt am Main gegründet; dessen Gründung erfolgte erst 768/769. Gertrud wird dabei fälschlich als Schwester von Karl „dem Großen” betrachtet, tatsächlich war sie dessen Urururgroßtante. Dennoch ist die ehemalige Kloster- und heutige Pfarrkirche neben Michael auch ihr geweiht. Im nahen Waldzell - einem Ortsteil von Steinfeld - ist ihr deshalb die Gertraudenkapelle geweiht, in der dortigen Pfarrkirche werden seit 2008 Reliquien bewahrt.

Catholic Encyclopedia

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Die Gertraudenkapelle ist Teil der Katakomben in Salzburg, diese sind täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr, von Oktober bis April nur bis 17 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt beträgt 2 €. (2019)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 28.09.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• Albert Schenk aus Pforzheim, E-Mail vom 1. November 2002
• http://www.bauernregeln.net/maerz.html nicht mehr erreichbar
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
• http://www.dorfkirche-buckau.de/49382.html - abgerufen am 20.1.2023
• https://frauenseelsorge-muenchen.de/index.php?id=101 - abgerufen am 20.1.2023
• Eduard Hoffmann-Krayer, Hanns Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 3, De Gruyter, Berlin 1974
• https://www.main-echo.de/regional/kreis-main-spessart/art490826,6665975 - abgerufen am 20.1.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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