Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Beten, Fasten, Almosen Geben

1. Wert des F. 2. Art und Weise des F. 3. Zweck 4. die Trias: Fasten, Almosen Geben und Beten

1. Homilie über das F.: Basilius (BKV II 165-80)

Predigten über das F.: Petrus „Chrysologus” (BKV 55-59. 59-65. 106-110); Leo (BKV II 1-69)

Sittlich-religiöser Wert: Tertullian, Basilius, Ambrosius, Chrysostomus, Leo u. a.

Alter und Geschichte des F. beweisen seinen Wert: Basilius (BKV II 167f. 170-76).

Das F. ist dennoch die geringste unter den Tugenden: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 51).

F. ist nicht so wertvoll wie die Liebe: Theodor von Cyrene (BKV I 56).

F. ist der Panzer der Tugend: Armenische Väter (BKV II 264).

Die Gesinnung ist entscheidend: Palladius (BKV 8).

Das rechte F. verlangt Vermeidung der Sünde: Syrische Didache (BKV 217-27).

2. Was zum rechten F. gehört: Apostolische Väter (BKV 234. 236f.)

Gott will geistiges F: Justin (BKV 23).

Mahnung zu frohem F: Basilius (BKV II 166f.)

Zum F. gehört Bekämpfung der Leidenschaften: Basilius (BKV II 178).

Art und Weise des altchristlichen F.: Augustinus von Hippo (BKV IX 121)

Zum F. gehören Werke der Barmherzigkeit: Syrische Didache (BKV 228-32).

F. soll mit Mildtätigkeit verbunden sein: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 82); Leo (BKV I 43-54).

Nach Basilius „der Große” († 379) betrifft wahres Fasten sowohl Leib wie Seele:

"Eile freudig zum Geschenk des Fastens! Ein altes Geschenk ist das Fasten, nicht veraltet und alternd, sondern immer sich verjüngend und frisch erblühend. …

übrigens ist das Fasten auch Anlass zur Freude. Wie der Durst den Trunk angenehm und ein vorausgehender Hunger das Mahl wohlschmeckend macht, so würzt auch das Fasten den Genuss der Speisen. Denn es tritt zwischen herein und unterbricht den anhaltenden Genuss köstlicher Speisen und lässt dir deren Genuss, da er unterbrochen wurde, von neuem begehrenswert erscheinen. Willst du dir also einen wohlschmeckenden Tisch bereiten, so versteh dich zu einer Abwechslung mit Fasten! Du aber, zu sehr in der Genusssucht gefangen, verdirbst dir, ohne es zu wissen, den Appetit für die Leckerbissen und bringst dich mit deiner Genusssucht um den Genuss. Denn nichts ist so begehrenswert, dass es nicht durch steten Genuss zum Ekel würde. Was man aber selten hat, dessen Genuss ist sehr erwünscht. So hat auch unser Schöpfer es gefügt, dass uns der Genuss an seinen Gaben dank ihrer Abwechslung im Leben verbleibt. …

Beschränk indes die guten Folgen des Fastens nicht auf die bloße Enthaltung von Speisen! Das wahre Fasten besteht in der Entfernung der Laster. … Fleisch isst du nicht; aber du vertilgst den Bruder. Du enthältst dich des Weines; aber du beherrschst deinen übermut nicht. Den Abend wartest du ab bis zur Einnahme der Mahlzeit, bringst aber den Tag mit Prozessen zu. Wehe denen, die trunken sind, aber nicht vom Wein! Der Zorn ist eine Trunkenheit der Seele; er macht sie sinnlos wie der Wein. Auch die Traurigkeit ist eine Trunkenheit, die den Verstand ersäuft. Eine andere Trunkenheit ist die Furcht, wenn sie kommt, wo sie nicht angezeigt ist. … überhaupt jede Leidenschaft, die die geistige Verfassung stört, kann mit Recht als Trunkenheit bezeichnet werden … Fliehe diese Trunkenheit! Wie die Würmer im Gedärm der Kinder durch gewisse sehr bittere Arzneien vertrieben werden, so tötet das Fasten, das wirklich diese Bezeichnung verdient und auch in die Seele eindringt, die tief wurzelnde Sünde." [Predigt ü. d. Fasten 1,1.2.8.10: MPG 31, Sp. 166-82; BKV2 47, S. 165-78 b]

Petrus „Chrysologus” († 450) äußert sich über das das rechte Fasten:

"Die Enthaltsamkeit ist die erste Arznei des Menschen; doch zur vollen Heilung bedarf es noch der Aufwendungen der Barmherzigkeit. Die Enthaltsamkeit löscht das Fieber; aber die durch den lang währenden Fieberbrand ausgetrocknet sind, können nur dann zur vollständigen Gesundheit zurückkehren, wenn sie reichlich mit Salböl eingerieben, mit wohltuenden Linderungsmitteln erfrischt und mit einem [gewissen] Aufwand an Medizin behandelt werden.

So ist es [auch] mit dem Fasten: Zwar beseitigt es die Krankheit der Laster, zwar schneidet es die Leidenschaften des Fleisches aus, entfernt es die Ursachen sittlichen Versagens, aber es vermag ohne das öl der Barmherzigkeit, ohne das Ausströmen der Barmherzigkeit, ohne die Aufwendung von Almosen doch nicht die volle Gesundheit des Geistes wiederherzustellen.

Das Fasten heilt die Wunden der Sünden; aber die Narben der Wunden werden erst durch die Barmherzigkeit vollständig gereinigt, wie der Herr sagt: Gebt Almosen und seht: alles ist euch rein (vgl. Lukasevangelium 11,41). Das Fasten ist ein einzigartiges Mittel, die Laster auszurotten, die Wurzeln unsittlichen Handelns auszureißen, es bestellt den Acker des Geistes und des Leibes, damit er gute Früchte hervorbringen kann; aber wenn es nicht ein Fundament für die Barmherzigkeit legt, dann gleicht der Eifer des Fastenden nur dem eines [schwachen] Greises.

Das Fasten ist eine Opfergabe der Heiligkeit, ein Opfer der Keuschheit; aber ohne den Weihrauch der Barmherzigkeit kann es nicht als angenehmer Wohlgeruch zum Angesicht Gottes aufsteigen. Was die Seele für den Leib, das ist bekanntlich die Barmherzigkeit für das Fasten. Wenn das Fasten aus der Barmherzigkeit lebt, dann schenkt es dem Fastenden Leben.

Das Fasten, ein Schiff, beladen mit sittlichen Werten, bringt für das Leben Gewinn, führt den Lohn des Heils herbei. Aber wer hinausfährt auf das weite Meer des Fleisches, wer die Fluten der Laster durchschneidet, wer über die Klippen unsittlichen Handelns fährt, wer an den Gestaden der Leidenschaften vorüberfährt, der kann kein sittlich wertvolles Leben führen, der kann auch keinen Lohn dafür empfangen, wenn er nicht unverzüglich einläuft in den Hafen der barmherzigen Liebe. Wer sich bewusst ist, dass dieses sein Leben auf schlüpfrigem Grund steht, wer erkennt, dass er den Weg des Fleisches geht und dabei zu Fall kommt, wer wahrnimmt, dass er dem Ansturm der Unwissenheit, den Fallstricken der Nachlässigkeit unterlegen ist: der soll das Fasten einhalten, aber so, dass er dabei die Barmherzigkeit nicht aufgibt.

Das Fasten öffnet uns den Himmel, das Fasten gewährt uns den Eintritt zu Gott! Aber nur dann, wenn uns als Anwalt für unsere Angelegenheiten die Barmherzigkeit zur Seite steht, können wir der Vergebung sicher sein, wir, die wir ja unserer Unschuld nicht gewiss sind, wie der Herr sagt: Ein Gericht ohne Barmherzigkeit erwartet den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat (Jak 2,13). …

Mensch! Gib also Gott, was ER will, wenn du willst, dass Gott dir gebe, was DU willst! …

Brüder! Unser Fasten sei eine Wonne für den Armen, damit unser zeitliches Fasten sich für uns in ewige Wonne wandeln kann! Mensch, du gibst dir, wenn du dem Armen gibst; denn was du dem Armen nicht gibst, wird ein anderer einheimsen; du wirst nur das besitzen, was du dem Armen gibst!" [sermo 41: MPL 52, Sp. 316 f.; BKV2 43, S. 327-29 b]

3. F. dient der Gesundheit: Basilius (BKV II 168f. 175).

F. wegen des Lohnes: Cyrill von Jerusalem (BKV 76)

F. die beste Medizin: Ambrosius (BKV I 254)

F. für die Armen: Petrus „Chrysologus” (BKV 107-10. 327-29)

Zur überwindung der bösen Begehrlichkeiten: Leo (BKV II 286-91)

4. Beten, F. Almosen: Hauptformen der guten Werke: Leo (BKV I 46. 50f. 54. 60)

F. zus. mit Liebe und Almosen macht uns zu Erben des Himmelreiches. Syrische Didache (BKV 98)

Häufig sprichtPapst Leo I. „der Große” († 461) in seinen Predigten über die Trias: Fasten, Beten und Almosengeben:

"Es sind vor allem drei Verhaltensweisen, in denen religiöses Leben zum Ausdruck kommt: beten, fasten und Almosen geben. … Denn durch das Gebet suchen wir eine Versöhnung mit Gott, durch das Fasten wird das fleischliche Begehren besiegt und durch Almosen werden unsere Sünden getilgt. Zugleich wird durch all dies das Bild Gottes in uns erneuert, wenn wir stets zu seinem Lob bereit, unermüdlich um unsere Reinheit besorgt und unaufhörlich auf die Unterstützung des Nächsten bedacht sind. Vielgeliebte, die Befolgung dieser drei Pflichten schließt in sich die Vollendung unseres gesamten sittlichen Handelns: Sie lässt uns zum Ebenbild Gottes werden und macht uns ihm ähnlich, und schenkt uns unzertrennliche Einheit mit dem Heiligen Geist; denn wenn wir beten, bleibt unser Glaube unverfälscht, wenn wir fasten, unser Leben makellos und, wenn wir Almosen geben, unsere Gesinnung mildtätig." [sermo 12,4: MPL 54, Sp.171 f.; BKV2 54, S. 46 f. b]

"Viel Geliebte, mit Verständnis und Umsicht müssen wir in geistiger Weise den Acker des Herrn als seine Arbeiter bestellen; so wird uns, wenn wir mit unermüdlichem Fleiß für das Sorge tragen, was zu bestimmten Zeiten ansteht, die Frucht heiligen Tuns erfreuen. Wird dies jedoch in träger Ruhe und in untätigem Müßiggang vernachlässigt, so wird der Boden unseres Herzens keinerlei edle Triebe wachsen lassen. Vielmehr wird er von Dornen und Disteln überwuchert, nichts hervorbringen, was wert ist, in den Scheunen gelagert zu werden, sondern nur Früchte tragen, die es verdienen, von den Flammen verzehrt zu werden. Dagegen wird, Vielgeliebte, dieser Acker, wenn der Tau der göttlichen Gnade ihn befeuchtet, durch den Glauben urbar gemacht, durch das Fasten gepflügt, durch Almosen besät und durch Gebete in seiner Fruchtbarkeit gefördert; so wird inmitten dessen, was wir angepflanzt und reichlich begossen haben, kein bitteres Kraut wuchern und nichts Schädliches aufschießen können, vielmehr werden alle Laster schon im Keim erstickt und das sittliche Leben gleich einer Saat aufwachsen und gedeihen." [sermo 14,1: MPL 54, Sp. 173; BKV2 54, S. 48 b]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 05.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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