Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Amt des Hirten und Seelsorgers in der Kirche
Herrscher im Alten TestamentWir verwenden den Begriff Altes Testament, wissend um seine Problematik, weil er gebräuchlich ist. Die hebräische Bibel, der „Tanach” - Akronym für „Torah” (Gesetz, die fünf Bücher Mose), „Nevi'im” (Propheten) und „Kethuvim” (Schriften) - hat aber natürlich ihre unwiderrufbare Bedeutung und Würde. und Gemeindeleiter im Neuen Testament werden oft als Hirten bezeichnet. Vorbild als guter Hirte ist Gott selbst (vgl. Ezechiel 34, 11 - 22) bzw. Jesus Christus (vgl. Johannesevangelium 10, 1 - 21; Hebräerbrief 13, 20; 1. Petrusbrief 2, 25). Der Begriff des Seelsorgers ist heute nicht mehr auf geistliche Amtsträger beschränkt. Jeder Christ kann zum Seelsorger für andere werden.
1. Eigenschaften eines guten Hirten
2. Pflichten und Aufgaben
3. rechte Amtsführung
4. Wert der Seelsorge
1. Eigenschaften eines guten Hirten
Gregor „der Große” († 604) beschreibt in seiner
Pastoralregel, welche Eigenschaften jemand besitzen soll, der ein
geistliches Amt übernimmt:
Dieser nun muss
in jeder Weise in seinem Leben ein Vorbild werden, indem er, allen
Leidenschaften des Fleisches abstirbt und bereits ein geistliches
Leben führt, das Glück der Welt hintansetzt, vor keiner
Widerwärtigkeit zurückschreckt und sein Verlangen nur aufs
Innerliche richtet. Mit der darauf gerichteten Absicht stimmen Leib
und Seele überein, wobei dem keineswegs der Leib durch Schwäche
noch der Geist durch unehrenhafte Gesinnung entgegenstehen darf. Er
lässt sich nicht von der Gier nach fremdem Gut verleiten,
sondern gibt das Seinige [gerne] her. In barmherziger Gesinnung ist
er recht schnell zum Verzeihen bereit, lässt sich aber nie durch
zu billiges Verzeihen von der Höhe seiner Grundsätze
herabziehen. Er tut nichts Unerlaubtes, weint aber wie über
eigene Schuld, wenn andere solches tun. Er hat herzliches Mitleid mit
fremder Schwäche und freut sich über das Wohl des Nächsten
genauso wie über sein eigenes Wohlergehen. In all seinem Tun
erweist er sich den anderen als Vorbild, dass er vor niemandem, auch
nicht in Bezug auf seine Vergangenheit, zu erröten braucht. Er
bemüht sich so zu leben, dass er auch die trockenen Herzen
seiner Mitmenschen durch die Ströme seiner Belehrung zu
bewässern vermag. Durch übung und Erfahrung im Gebet hat er
schon erkannt, dass er vom Herrn alles erlangen könne, um was er
bittet, da ihm durch den Erfolg gleichsam eigens bedeutet wird:
Noch
während du redest, werde ich sprechen: Siehe, ich bin da!
(Jesaja 58, 9).
Weiterhin nennt Gregor Kriterien für die Auswahl von geistlichen Hirten. Vor allem dürfen bei ihnen Leben und Lehre nicht auseinanderklaffen:
Es gibt solche,
die sorgfältig und emsig die Gesetze des geistlichen Lebens
erforschen, aber was sie mit ihrer Einsicht erfassen, treten sie
durch ihr Leben mit Füßen. Unverzüglich lehren sie,
was sie nicht durch eigene übung, sondern nur durch Nachdenken
erlernt haben; und was sie dann mit Worten predigen, das bekämpfen
sie durch ihr Verhalten. So geht der Hirt in den Abgrund und die
Herde stürzt ihm nach. Darum klagt der Herr über diese
verachtenswerte Wissenschaft der Hirten durch den Propheten:
Als
ihr das reinste Wasser trankt, machtet ihr mit euren Füßen
trübe, was übrig blieb.
So hatten meine Schafe zur Weide, was euere Füße
zertraten; und was euere Füße trübten, das tranken
sie
(Ezechiel 34, 18 f.). Denn das ganz reine Wasser trinken die
Hirten, wenn sie die Ströme der Wahrheit in richtiger Einsicht
in sich aufnehmen. Aber es heißt dieses selbe Wasser mit den
Füßen trüben, wenn man die in heiliger Betrachtung
erworbenen Erkenntnisse durch ein schlechtes Leben zunichte macht.
Die Schafe trinken dann das mit den Füßen getrübte
Wasser, wenn die Untergebenen nicht nach den Worten handeln, die sie
hören, sondern nur dem schlimmen Beispiel folgen, das sie sehen.
Nach Worten dürstend, durch Werke aber irregeführt, trinken
sie gleichsam Schmutz aus verdorbenen Quellen.
[Pastoralregel
1,10: MPL 77,3; BKV2
2. R., Bd. 4,1, S. 80f. b
und S. 66f.]
2. Pflichten und Aufgaben
Johann Michael Sailer († 1832):
Der gute Seelsorger.
Ein Gemälde:
…[Johann Michael Sailer: Gesamtausgabe WW 16, 14 - 25]
Der gute Seelsorger ist
wahrhaft, was er heißt, ein Klerikus, einer, dessen Erbteil
Gott ist, und der eben darum keine andere Angelegenheit kennt, als
seine Mitmenschen auf das Erbe, das ihnen hinterlegt ist, aufmerksam,
und zur Besitznehmung desselben tüchtig zu machen.
Um das Maß dieses
seines Namens ganz zu erfüllen, ist er himmlisch gesinnt, hat
Sinn für das, was ewig ist, was vergänglich ist. …
Weil er nur Sinn für
das Himmlische hat, so ist er nicht etwa bloß ein Freund des
Gebetes: Gebet, Erhebung des Geistes und des Gemütes zu Gott und
Umgang mit Gott ist sein ganzes inneres Leben. …
Der Sinn für das
Himmlische und die Liebe zum Gebete, machen ihn zum Freund der
Einsamkeit. Er ist gern allein, um eins mit sich und mit Gott zu
werden; er ist gern allein, um unter Menschen, eins mit sich und mit
seinem Gott bleiben zu können.
Um zum Gebet stets
Nahrung, und in der Einsamkeit stets die edelste Unterhaltung
vorzufinden, lässt er sich die Meditation, und wenn ihm die
Wahrheit mit enthülltem Angesicht begegnet, die Kontemplation -
das stille Schauen der ewigen Wahrheit - als eines seiner liebsten
Geschäfte, recht angelegen sein-
Mit Gebet und
Meditation, die zunächst sein Inneres erhellen und bilden, weiß
er die Tätigkeit für andere in schwesterliche Verbindung zu
bringen, und gerade das, was ihn selbst hebt und trägt, Gebet
und Betrachtung, dient auch dazu, dass sein Eifer, anderen wohl zu
tun, vollkräftig und lichthell werde.
Um an dem Heil seiner
Brüder … mit mehr Nachdruck und mit offenbarem übergewicht
auch auf Seite des Wissens arbeiten zu können, verschmäht
er kein Licht, das ihm irgendeine menschliche Wissenschaft anzünden
kann.
Unter allem, was die
Wissenschaften zu seinem Zweck Brauchbares haben oder haben könnten,
setzt er die wahrhaft praktische Schriftkenntnis oben an. Die heilige
Schrift ist sein Handbuch. …
Sobald die
Schriftkenntnis ein göttliches Leben in dem Schriftleser
geworden ist, so beweist sich seine göttliche Kraft an allem,
was der Seelsorger tut und spricht, an Blick, Miene, Gebärde,
Ton und Sitte … Der Bibelleser wird eine lebendige Bibel, ein
offenes, allgemeinverständliches Lehrbuch für seine
Gemeinde.
… Glaube mit
Wissenschaft, Wissenschaft mit Zucht und Ordnung des Lebens
vereinend, gründet und baut er an anderen, was er an sich
lebendig darstellt. Nie machen seine Handlungen seine Predigt
zuschanden … Seine Lehrart ist zweifach und einfach, er lehrt das
nämliche mit Wort und Tat.
… Darum tut er immer
mehr, als was der Buchstabe der Pflicht von ihm fordert. Eigentlich
kennt er gar keine Pflicht mehr: denn er hat die Liebe in sich, und
die Liebe tut für andere alles, was sie kann, und tut es willig,
ohne eines Zwanges zu bedürfen. Pflichten spielen gern in den
Büchern der Gelehrten; in seinem Leben herrscht das lebendige
Gesetz, die Liebe. …
Weil er himmlisch
gesinnt ist, so lebt er ganz für seine Gemeinde, das heißt,
sucht den himmlischen Sinn überall und zunächst in seiner
Herde zu verbreiten. Er ist jedem das, was er sein kann, dem
Unwissenden ein Lehrer, dem Armen ein Tröster, dem Unterdrückten
ein Retter, dem Waisen ein Vater, der Witwe ein Verteidiger, ist sich
ganz - allen schuldig.
Johann Evangelist Wagner
(† 1886) machte sich vor seiner Diakonatsweihe
Gedanken über die Anforderungen an einen guten Seelsorger:
Herr, erleuchte
mich, dass ich die Pflichten des geistlichen Standes vollends erwäge.
Nicht nur den Weg muss ein Seelsorger seiner Herde weisen, sondern er
muss auch den Schwachen (und wer ist nicht in dieser Hinsicht ein
Schwacher?) stärkende Seelennahrung reichen. Keine Arbeit kann
so dringend, keine Nacht so finster, keine Witterung so schlecht,
noch vermögen irgendeine Unbequemlichkeit so groß sein,
dass sich der Seelsorger dadurch von seiner heiligen Hirtenpflicht
dispensieren dürfte. Ja nicht einmal eine Lebensgefahr kann so
groß sein, dass er sich ihr
nicht aussetzen müsste, um dieser Pflicht zu genügen. Und
wenn er in eine arme, unreinliche Hütte gerufen wird, muss er
nicht weniger bereitwillig folgen, als wenn man ihn zu einem Reichen
ruft.
Wird er aber das
können, wenn er sich nicht ganz seinem Berufe opfert, wenn er
sich nicht ohne Vorbehalt seiner Pflicht weiht? Und wird er mit
bloßen Vernunftgründen, dass es nun einmal der Wahn des
Volkes so erfordere; dass man sich vieles gefallen lassen müsse,
um des guten Namens willen lange aushalten in seiner Berufstreue,
wenn er nicht von der Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser heiligen
Sakramente überzeugt ist? Und wird diese überzeugung
ausreichen ohne Liebe zu seiner Gemeinde, zu allen Menschen -
vielmehr zu allen Seelen?
Aber belehren,
ermuntern, antreiben und drängen nützt wenig oder nichts,
wenn nicht der Seelsorger mit seinem Beispiel vorangeht. In
gewissenhaftester Pflichterfüllung, in Bescheidenheit, in
Ordnung im eigenen Hause, in geregelter Lebensweise, in Wohltätigkeit
soll er als Muster voranleuchten; er soll durch sein Beispiel schon
vorher lehren, was er mit Worten von der Kanzel oder im Beichtstuhl
sagt.
Hoffe gar nicht, meine
Seele, mit Verstellung lange auszuweichen; nur wahrer Ernst, reine
Tugendhaftigkeit
wird in diesem Punkte bestehen. Alles Erkünstelte
wäre schändliche Heuchelei. Darum bedarf es feiner
Aufmerksamkeit, steter Wachsamkeit über sich selbst und zur
zweiten Natur
gewordener Selbstüberwindung.
[Peter
Rummel, Johann Evangelist Wagner / Ein Leben für andere.
Don Bosco Medien, München 2010, S. 49f.]
3. rechte Amtsführung
Aufgabe des Priesters als Seelsorger: Armenische Väter (BKV II 134f. 144)
Mahnung zur rechten Ausübung der Seelsorge (dieselben: BKV II 123-25)
Nach Gregor „dem Große” († 604) bedarf das Leben eines
Seelsorgers eines ausgewogenen Verhältnisses von Kontemplation
und Aktion:
Ein Vorsteher
muss das VoLukasevangelium in seinem Leben und Handeln um soviel überragen,
als sich das Leben eines Hirten von dem seiner Herde unterscheidet.
Er muss sich also ernstlich darüber klar zu werden suchen, in
welch besonderem Grade er zu einem rechtschaffenen Wandel
verpflichtet ist, da im Verhältnis zu ihm das VoLukasevangelium als seine
Herde bezeichnet wird. Er muss also lauter sein in seinen Gedanken,
musterhaft in seiner Handlungsweise, taktvoll im Schweigen, tüchtig
im Reden, jedem Einzelnen durch Anteilnahme der Nächste, mehr
als alle durch Betrachtung nach oben ausgerichtet, denen, die ein
sittlich gutes Leben führen, ein demütiger Gefährte,
den Fehltritten der Sünder gegenüber ein unbeugsamer
Eiferer für die Gerechtigkeit; er darf bei aller Beschäftigung
mit den äußeren Dingen die Sorge für das Innere nicht
zu kurz kommen lassen und bei allem Eifer für das Innere die
Sorge für das äußere nicht aus dem Blick verlieren. …
Der Seelsorger darf
[also] weder über der Sorge für die äußeren
Dinge das Innenleben vernachlässigen, noch in seinem Eifer für
das Innenleben die äußeren Dinge übersehen; denn
andernfalls wird er ganz veräußerlichen und sein
Innenleben einbüßen; oder er wird ausschließlich nur
dem Inneren leben und den Mitmenschen nicht bieten, was er ihnen in
Bezug auf äußere Dinge schuldet. Manchmal hat es nämlich
den Anschein, als würden Seelenhirten ganz darauf vergessen,
dass sie um der Seelen der Brüder willen zu Vorstehern gemacht
wurden, so sehr hängen sie ihr Herz an die zeitlichen Geschäfte;
gibt es gerade solche Geschäfte, so erledigen sie dieselben mit
Begeisterung; gibt es keine, so suchen sie solche und grübeln
Tag und Nacht in aufgeregten Gedanken darüber nach. Müssen
sie einmal, weil die Gelegenheit fehlt, in dieser Beziehung sich
ruhig verhalten, so werden sie durch diese Ruhe ganz müde und
matt. Denn es ist ihnen eine Lust, von Geschäften schier
erdrückt zu werden, und sie halten es für eine Strapaze,
wenn sie nicht bei irdischen Geschäften strapaziert werden.
Daher kommt es dann, dass sie vor lauter Freude am Geräusch des
Weltlärmes nichts wissen vom inneren Leben, das sie doch andere
hätten lehren sollen. Ohne Zweifel wird dadurch
das Leben der Untergebenen lau; denn ihr Verlangen nach geistigem
Fortschritt stößt im Beispiel des Vorstehers auf ein
Hindernis auf ihrem Lebensweg.
Wenn das Haupt krank
ist, hilft die Gesundheit der anderen Glieder nichts, und ganz
umsonst eilt das Heer beim Aufsuchen des Feindes dem Feldherrn nach,
wenn dieser den Weg verfehlt. Da wirkt keine Mahnung mehr auf die
Untergebenen, da greift kein Tadel mehr an; denn wenn der Seelsorger
nur mehr ein weltlicher Beamter ist, ist bei der Bewachung der Herde
von Seelsorge keine Rede mehr.
Es wäre aber auch verkehrt, sich ganz auf das Innenleben zurückzuziehen:
Andere dagegen
übernehmen zwar das Amt des Seelsorgers über eine Herde,
wollen dabei aber so viele Zeit für ihre eigenen geistlichen
Bedürfnisse frei haben, dass für die äußeren
Geschäfte gar nichts mehr übrig bleibt. Da sie nun die
Sorge für das Leibliche ganz vernachlässigen, werden sie
den Bedürfnissen der Untergebenen in keiner Weise gerecht. Die
Predigt solcher Seelsorger
stößt weithin auf
Verachtung; denn da sie nur gegen die Werke der Sünder
losziehen, ihnen aber das zum Leben Notwendige nicht verschaffen,
leiht man ihnen in keiner Weise das Ohr. Eine weise Lehre dringt
nicht in das Herz eines Bedürftigen, wenn diese nicht eine
barmherzige Hand seinem Herzen empfiehlt. Dann aber kommt der Same
des Wortes leicht zum Keimen, wenn ihn im Herzen des Hörers die
Anteilnahme des Predigers bewässert.
Darum muss der
Seelsorger, um das innere Leben einpflanzen zu können, sich in
lauterer Gesinnung auch der äußeren Dinge annehmen. Die
Hirten sollen sich so die Pflege des inneren Lebens bei ihren
Untergebenen angelegen sein lassen, dass sie darüber die Sorge
für deren äußeres Leben nicht außer Acht
lassen.
[a.
a. O. 2,1.7: BKV2
a. a. O. S. 87, S. 109f., S. 113f. b]
Gemäß
Hildegard von Bingen († 1179) ist es
Pflicht eines Hirten, darüber zu wachen, dass das Unkraut nicht
den Garten überwuchert:
Das Lebendige
Licht, das Wundersames zeigt, spricht:
Du, der du Vater bist
in deinem Amt und Hirt zur Förderung der Seelen: strecke deinen
Arm aus, damit der Feind kein Unkraut auf deinen Acker sät.
Trage Vorsorge für deinen Garten, den Gottes Gabe gepflanzt, und
sei auf der Hut, dass seine Gewürzkräuter nicht verdorren.
Schneide vielmehr das Faule von ihnen ab, wirf es weg - denn es
erstickt das Wachstum - und bringe sie so zum Blühen. Wenn die
Sonne ihre Strahlen verbirgt, zieht auch die Welt ihre Freude zurück.
Weiter sage ich: Verfinstere deinen Garten nicht durch träges
Schweigen, sondern tadle, was getadelt werden muss im wahren Lichte,
mit der Gabe der Unterscheidung. Erleuchte auch deinen Tempel durch
Wohlwollen. Zünde Feuer an in deinem Rauchfass und lege Myrrhe
darauf, damit ihr Rauch emporsteige zum Palast des lebendigen Gottes,
und du wirst leben in Ewigkeit.
[Hildegard
an Bischof Hermann von Konstanz, aus: Hildegard von Bingen:
Briefwechsel, übersetzt von A. Führkötter, Salzburg 1965,
S. 59]
Hildegard beschreibt auch, wie ein Hirte Kritik
üben soll:Oft sprichst du in deinem Herzen:
Würde
ich meine Untergebenen durch meine Worte in Schrecken versetzen, so
wäre ich ihnen lästig, überzeugen kann ich sie ja doch
nicht. Könnte ich mir doch durch Schweigen ihre Freundschaft
erhalten!
So zu reden und zu handeln ziemt dir nicht! Was aber
nun? Wegen deines bischöflichen Namens und adligen Geschlechtes
sollst du sie nicht mit Furcht erregenden Worten schrecken, gleich
einem räuberischen Habicht, und nicht mit Drohworten auf sie
einschlagen wie mit einer Keule. Mische vielmehr die Worte der
Gerechtigkeit mit Barmherzigkeit und salbe die Menschen mit
Gottesfurcht. Stelle ihnen vor Augen, wie verderblich die Bosheit für
ihre Seelen und ihre Glückseligkeit ist. … Dann werden
sie dir Gehör schenken.
[Hildegard an Erzbischof Philipp von Köln.
ebda., S. 76f]
Armand Jean Le Bouthillier de Rancé († 1700):
Ein Geistlicher,
der seine Brüder wahrhaft liebt, muss mit ihren Fehlern Geduld
tragen, an allen ihren Bedürfnissen Anteil nehmen, von dem Guten
ebenso als von dem Bösen, das ihnen begegnet, gerührt
werden, als wenn es ihn selbst in eigener Person anginge. Kränkt
es ihn nicht, wenn er sie sündigen sieht; empfindet er wegen der
Gnaden, die sie von Gott empfangen, nicht eben eine solche Freude,
als wenn Gott sie ihm selbst erwiesen hätte, so ist seine Liebe
nicht wahrhaftig.
[Armand Jean Le Bouthillier de Rancé. Augsburg, 1782; S. 401]
Karl Eugen von Mazenod († 1861) bekennt:
Ich habe mich in
den Dienst der Kirche gestellt, gerade weil sie in Bedrängnis
ist, gerade weil es in ihr Kräfte gibt, die den Glauben
aushöhlen und Spaltungen heraufbeschwören. Es ließ
mir keine Ruhe, als ich sah, dass kaum noch jemand bereit ist, sich
für den ungeschmälerten Glauben einzusetzen, dafür
auch etwas dranzugeben und auf ein ruhiges und bequemes Leben zu
verzichten. Und ich vertraue darauf, dass Gott mir die nötige
Kraft geben wird, mich auf eine solche - menschlich gesprochen -
höchst bedenkliche Sache einzulassen.
[vgl. Kathpedia - Eugen von Mazenod]
4. Wert der Seelsorge
Besser ein
Seelsorger als ein heiliger Müßiggänger
:
Augustinus von Hippo (BKV VI, 12 - 16]
Wie die Seele wertvoller ist als der Leib; so ist die Seelsorge wertvoller als alle Sorge um den Leib: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 126)
Gregor von Nazianz († um 390):
Mir scheint es
die Kunst der Künste und die Wissenschaft der Wissenschaften zu
sein, den Menschen, das vielseitigste und unbeständigste Wesen,
zu leiten.
Vinzenz Pallotti
(† 1850): Die wichtigste Angelegenheit, die es
in der Welt überhaupt geben kann, ist die Rettung einer Seele.
Johannes Bosco (†
1888): Wer für die Rettung von Seelen arbeitet,
rettet seine eigene.
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 11.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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