Ökumenisches Heiligenlexikon

Stephan I. von Ungarn

ungarischer Name: István
bürgerlich: Vajk


Gyula Benczúr: Taufe des Stephan, 1875, Ungarische Nationalgalerie in Budapest
Gyula Benczúr: Taufe des Stephan, 1875, Ungarische Nationalgalerie in Budapest

Vajk, Sohn des Arpaden-Grafen Géza und dessen christlicher Frau Sarolt, wurde von einer Missionsschwester christlich erzogen, schon in jungen Jahren - der Überlieferung nach von Bischof Adalbert von Prag - mit dem Namen István / Stephan getauft und 995 mit Gisela von Scheyern aus Bayern, der Schwester des späteren deutschen Kaisers Heinrich II., verheiratet. 997 wurde er Fürst von Ungarn. Er vollzog - zum Teil gewaltsam - die Christianisierung seines Landes, schlug Aufstände heidnischer Fürsten, darunter seines Verwandten und Rivalen Koppány, nieder, stiftete Kirchen und Klöster. Am Weihnachtsfest des Jahres 1000 ließ er sich mit einer von Papst Silvester II. übersandten Krone, der Stephanskrone, zum Apostolischen König krönen und wurde so zum Begründer des christlichen Königreiches Ungarn.

Statue in der Königskapelle der Klosterkirche in Scheyern
Statue in der Königskapelle der Klosterkirche in Scheyern

Nachdem er seine Herrschaft - auch mit Hilfe von Rittern aus Bayern - gegen die Stammesfürsten durchgesetzt hatte, eroberte István um 1010 den Nordosten des Landes von Polen zurück und kämpfte anschließend gegen die Bulgaren - auch um die Pilgerstraße nach Jerusalem wieder zu öffnen, was 1018 erfolgte; in Jerusalem stiftete er ein Hospiz. Nun konsolidierte Stephan sein Reich, gab ihm eine christliche Verfassung, gründete die Erzbistümer Gran/Esztergom und Kalocsa mit acht Bistümern sowie die Abteien Martinsberg/Pannonhalma, Zalavár, Bakonybél und Pécsvárad. Hilfreich zur Seite stand ihm Gerhard Sagredo, der Bischof von Csanád. Jeweils zehn Dörfer verpflichtete er, zusammen eine Pfarrkirche zu errichten, die er dann ausstattete. Nach karolingischem und römisch-deutschem Vorbild schuf er ein Staatskirchenwesen, eine Grafschaftsverfassung und eine zentralistische Herrschaftsstruktur und schloss so mit dem bislang rückständigen und heidnischen Staat Ungarn zum westlichen Abendland auf.

Károly Antal: Krönung des Stephan, Plastik von 1938, im Christlichen Museum in Esztergom
Károly Antal: Krönung des Stephan, Plastik von 1938, im Christlichen Museum in Esztergom

Stephan rief Ordensleute aus Deutschland, vorwiegend aus Bayern, und für den südlichen Teil seines Reiches aus Griechenland; er öffnete die Nation nach Westen und festigte gleichzeitig das heimische Brauchtum. Nach außen versuchte er die Unabhängigkeit seines Reiches sowohl gegen den Einfluss des deutschen Reiches im Westen als auch gegen byzantinischen Einfluss vom Süden her zu verteidigen, was ein diplomatischer Balance- und Meisterakt war. Im Volk war Stephan sehr beliebt als starker, gerechter und zugleich milder König. Zwar blieb Esztergom/Gran königliche Residenz, aber nach der Eröffnung der Pilgerstraße trat Stuhlweißenburg - das heutige Székesfehérvár - mehr in den Vordergrund.

Stephans Gesetze beziehen sich - teilweise auf karolingische Vorbilder gestützt - auf die Festigung des Christentums, des Privateigentums, der königlichen Macht und Gerichtsbarkeit sowie der Kirchenordnung einschließlich des Zehnten. Nach dem Tod des Thronfolgers Imre im Jahr 1031 plagte den alten und kränkelnden König die Nachfolgefrage. Damit der möglicherweise byzanzfreundliche Vaziul nicht König wird, ließ er ihn blenden; stattdessen wurde sein Verwandter aus Venedig, Petrus Orseolo, nächster Herrscher.

Nach seinem Tod wurde Stephan in der von ihm erbauten Basilika von Stuhlweißenburg - dem heutigen Székesfehérvár - beigesetzt. Seine Gebeine wurden im Jahr der Heilgsprechung, 1083, erhoben. Die im Grab angeblich unversehrt aufgefundene rechte Hand gilt in Ungarn als nationale Reliquie und ist bis heute erhalten; eine Kopfreliquie war noch 1440 in Székesvehérvár vorhanden, ist aber heute verschollen.

Für die Heiligsprechung entstand die große Legende, kurz darauf die kleine, um 1100 die beide vereinigende, von Bischof Hartwig von Passau verfasste, die Stephan als apostelgleichen Gründer des christlichen Reiches und Verteidiger der Kirche - auch wegen seiner ausgeprägten Marienverehrung - zeichnet. István ist Landesapostel und Schutzpatron Ungarns; die Stephanskrone gilt als Heiligtum. Sein Festtag ist in Ungarn der Begräbnistag, der 20. August - bis 1948 Nationalfeiertag; seitdem wird er als Verfassungstag begangen. Die Verehrung Stephans ist grundlegend für das ungarische Selbstverständnis.

Kanonisation: 1083 wurde Stephan von Papst Gregor VII. - zusammen mit seinem Sohn Imre und dem Missionsbischof Gerhard von Csanád - auf Betreiben von König Ladislaus I. heiliggesprochen.
Attribute: König mit Weltkugel und Kreuz
Patron von Ungarn

Worte des Heiligen

Aus dem Mahnschreiben an seinen Sohn:
Mein Sohn, wenn du der Königskrone Ehre machen willst, befehle und rate ich dir, den katholischen und apostolischen Glauben gewissenhaft und sorgsam zu wahren, damit du allen, die Gott dir als Untertanen anvertraut hat, ein gutes Beispiel gibst und dich alle Männer der Kirche mit Recht einen wirklichen Mann des christlichen Bekenntnisses nennen können. Denn ohne dieses Bekenntnis, dessen bin ich sicher, bist du kein Christ und kein Sohn der Kirche. Im Königspalast hat die Kirche nach dem Glauben den zweiten Rang; denn sie wurde von Christus, unserem Haupt, gegründet, dann durch seine Apostel und die heiligen Väter weiter verbreitet, gefestigt und über den ganzen Erdkreis ausgedehnt. Obgleich sie immer neue Nachkommen hervorbringt, ist sie doch an manchen Orten schon eine alte Kirche.
Doch in unserem Reich, lieber Sohn, gilt sie immer noch als ganz jung und neu. Sie braucht darum eine besonders kluge und umsichtige Betreuung. Das Gute, das Gott uns in seiner Barmherzigkeit ohne unser Verdienst gewährt hat, darfst du nicht durch Trägheit, Unlust und Nachlässigkeit zerstören.
Geliebter Sohn, Freude meines Herzens, du Hoffnung derer, die nach uns kommen, ich bitte dich und gebiete dir: Sei nicht nur gütig gegen Verwandte und Angehörige, gegen Fürsten, Führer und reiche Leute, sondern auch gegen Fremde und alle, die zu dir kommen. Taten der Güte führen dich zur höchsten Glückseligkeit. Sei gnädig gegen alle, die Gewalt erleiden, und erwäge dabei immer das Beispiel des Herrn in deinem Herzen: Liebe will ich, nicht Schlachtopfer (Hosea 6, 6). Habe Geduld nicht allein mit den Mächtigen, sondern auch mit dem Machtlosen.
Sei stark, damit das Glück dich nicht übermütig und das Unglück nicht niedergeschlagen macht. Sei demütig, damit Gott dich erhöht, jetzt und in Zukunft. Sei maßvoll, strafe und verurteile nicht maßlos. Sei milde, damit du niemals der Gerechtigkeit widerstreitest. Sei edel und kränke keinen unbedacht. Sei schamhaft und meide üble Begierden wie den Stachel des Todes.
Aus all dem, was ich gesagt habe, setzt sich die Königskrone zusammen. Ohne all das kann niemand hier auf Erden herrschen, niemand zum ewigen Reich gelangen.

Quelle: Stephan von Ungarn: Monita ad filium, c. 1.2.10. In: Patrologia Latina 151, Sp. 1236 f, Sp. 1242 ff; zitiert nach: Monastisches Lektionar zum 16. August; eigene Übersetzung

Weitere Zitate aus dem Mahnschreiben:

Wenn du das Schild des Glaubens behältst, besitzt du auch den Helm des Heils. Denn mit diesen Waffen wirst du recht gegen die unsichtbaren und sichtbaren Feinde kämpfen können.

Wenn du die Ehre der Königsherrschaft haben willst, dann liebe die Gerechtigkeit! Wenn du deine Seele besitzen willst, dann sollst du geduldig sein! … Fürchte dich, Richter zu sein, aber freu dich, König zu sein und zu heißen. Geduldige Könige üben eine Königsherrschaft aus, ungeduldige eine Tyrannei.

Es bringt Nutzen Gäste und Fremde [aufzunehmen]. … Wie nämlich [einst] aus den verschiedenen Teilen der [römischen] Provinzen die Gäste kommen, so bringen sie unterschiedliche Sprachen und Gewohnheiten, unterschiedliche Lehren und Waffen mit sich, die alle den Königshof zieren und groß machen, die auswärtigen (Völker) in ihrem Hochmut aber in Schrecken versetzen. Denn ein Reich, das nur eine Sprache, eine Sitte kennt, ist schwach und kraftlos. Darum weise ich dich, mein Sohn, an, für sie mit gutem Willen zu sorgen und sie in Ehren zu halten, damit sie lieber bei dir verweilen, als dass sie sich anderswo niederlassen.

Durch Einholung von Rat werden Könige eingesetzt, Königreiche regiert, die Heimat verteidigt, Kämpfe beigelegt, der Sieg errungen, Feinde abgewehrt, Gemeinwesen errichtet und die Lager der Gegner zerstört. Denn Beratung bringt Nutzen.

Die treue Pflege des Gebets ist für das Wohl des Königs ausschlaggebend. … [Bete,] dass Gott so gnädig sei, alle Laster von dir zu nehmen, so dass du von allen unbesiegbarster König genannt wirst. Bete auch, dass er Untätigkeit und Trägheit von dir vertreibe und er dir alle noch fehlenden Tugenden zuteile, mit denen du die sichtbaren und unsichtbaren Feinde besiegen kannst, damit du sicher und frei von allem Ansturm der Gegner mit all deinen Untertanen deinen Lebenslauf in Frieden beenden kannst.

Quelle: Stephan von Ungarn: Monita ad filium, c. 1.2.10. In: Patrologia Latina 151, Sp. 1235 - 1244; eigene Übersetzung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Erlasse von Stephan und seine Lebensgeschichte gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.

Die Stephanskrone mit vielen Detailbildern von Károly Szelényi und mit Erläuterungen gibt es auf einer Seite von Foto Marburg, einer Abteilung des Kunstgeschichtlichen Instituts der Universität Marburg.

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 01.05.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 9. Herder, Freiburg im Breisgau 2000
• Lothar Altmann / Lukas Wirth: Benediktinerabtei- und Pfarrkirche Scheyern, 10. Aufl. Schnell + Steiner, Regensburg 2019

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.


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