Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Dienst an den Kranken

Zu allen Zeiten war und ist die Hilfsbedürftigkeit der Kranken eine große Herausforderung für die Gesellschaft. Im Christentum ist von besonderer Bedeutung die Identifikation Jesu mit den Kranken (Mt 25,36-45).

1. Pflicht der Nächstenliebe 2. Im Kranken Christus begegnen

1. Louise von Marillac († 1660):

Geht nie mit den Kranken nachlässig um, sondern versorgt sie mit warmherziger Liebe, dient ihnen von Herzen, erkundigt euch genau über das, was sie nötig haben, sprecht zu ihnen mit zartem Mitgefühl, versorgt sie ohne Hast … Seid vor allem um ihr geistliches Wohlergehen besorgt, geht nie ohne ein gutes Wort von den Kranken weg. Und wenn ihr merkt, dass sie in ihrem Glauben unwissend sind, lehrt sie beten und Glaube, Reue und Liebe zu erwecken."

Vinzenz von Paul († 1660):

Körperliche und geistige Mängel sollen für uns Hinweis sein auf das Erbarmen

Gottes. Haben wir Ehrfurcht vor denen, die an solchen Gebrechen leiden. Mancher, der sich in der Malerei auskennt, macht von einem einzigen Pinselstrich eines bedeutenden Künstlers mehr Aufhebens als von dem fertigen Gemälde eines durchschnittlichen Malers. So wollen auch wir die Gebrechen als Kunstgriffe eines großen Meisters betrachten, wenn wir auch noch nicht sehen, wie sie sich in das Gesamtbild einordnen."

Johann Ev. Wagner († 1886)über die Behinderten:

"Die etwas lernen können, müssen etwas lernen.

Die Nützliches thun können, müssen es thun.

Die aber das nicht können, seien unser Allernächsten,

denn sie sind der Hilfe am meisten bedürftig."

Dominikus Ringeisen († 1904):

"Liebe ist das Erste und das Letzte für unseren Beruf, die Caritas."

"Ursberg will die Alleinstehenden sammeln in einer großen Familie von wahrhaft Zusammengehörenden und die durch ein großes gemeinsames Leidensband Verbundenen, vereinen: Wer irgendeine Beschäftigung erlernen kann, der wird beschäftigt.
Wer geschult werden kann, der wird geschult.
Wer geheilt werden kann, der wird geheilt."

- "Jeder sei uns Bruder, Schwester, hier vor allem der geringste, verlassenste, hilfloseste, der an den Rand geschobene Mensch. Die Liebe Christi drängt uns: Dies ist das Losungswort zu all unseren Bemühungen."

Luigi Guanella († 1915):

"Wer die andere heilen will, denke vor allem daran, sich selbst zu heiligen."

Johann Maier († 1945) zum Euthanasieprogramm des 3. Reiches:

"Auch dort, wo Kreuz und Leid einbricht in ein Leben, … muss auch das … noch einen Sinn haben, einen höheren, dass niemand ein Recht hätte, dieses Leben auszulöschen, sonst ist der Herr des Lebens nicht anerkannt. Und alle, die glauben, ein schweres Leben sei nicht wert, gelebt zu werden, die glauben nicht an Gott, auch wenn sie seinen Namen im Munde führen, sie schlagen unserm Herrgott ins Antlitz."

2. Benedikt von Nursia († 547 oder um 560):

"Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen: Man soll ihnen so dienen, als wären sie wirklich Christus; hat er doch gesagt: "Ich war krank, und ihr habt mich besucht" (Mt 25,36), und: "Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan." (Mt 25,20). Aber auch die Kranken mögen bedenken, dass man ihnen dient, um Gott zu ehren; sie sollen ihre Brüder, die ihnen dienen, nicht durch übertriebene Ansprüche traurig machen. Doch auch solche Kranke müssen in Geduld ertragen werden; denn durch sie erlangt man größeren Lohn. Daher sei es eine Hauptsorge des Abtes, dass sie unter keiner Vernachlässigung zu leiden haben." [Regula Benedicti, c. 36]

Ivo von Chartres († 1115)vergleicht Christus auch mit einem Arzt:

"Es erkannte der Kranke [in Christus] den liebevollen und erfahrenen Arzt, er bewunderte seine Demut, bewunderte auch seine Weisheit und schätzte seine [eigene] Gesundung …

Er erkannte die Demut, weil unser Arzt selbst wegen der Krankheit unseres Fleisches gleichsam auf dem Krankenbett lag, um zu erkunden, was zur Heilung seiner Kranken notwendig sei. Auch die Weisheit dieses Arztes erkennt der Kranke, weil er nach den Regeln der Heilkunst bei einigen die Gesundheit durch ähnliche [homöopathische] Mittel die Gesundheit wieder herstellte, bei einigen wurde die Krankheit durch gegenteilige [allopathische] Mittel geheilt: und zwar durch ähnliche Mittel, weil er geboren wurde, damit wir wiedergeboren würden; er wurde schwach, indem er die Leidensfähigkeit unserer Sterblichkeit auf sich nahm, um uns vor aller Leidensfähigkeit zu bewahren; er ließ sich kreuzigen, damit wir nicht der ewigen Pein unterworfen würden; er starb den zeitlichen Tod, damit wir nicht für die Ewigkeit sterben; er wurde auferweckt, damit wir mit ihm auferweckt würden; er stieg [in den Himmel] auf, damit er durch sein Sitzen zur Rechten des Vaters seine demütig ergebene Herde mit sich führe. Wenn man aber beachtet, mit welch gegensätzlichen Mitteln er die Krankheiten geheilt hat, wird man sehen, dass er in der Person eines Sklaven unsere Freiheit wiederhergestellt hat, durch seine Demut den Hochmut des alten Feindes herabgestürzt hat, durch seinen Gehorsam unseren Ungehorsam geheilt hat." [D. Ivonis Carnotensis episcopi sermo 8, De Nativitate Domini, MPL 162, Sp. 568-71; eigene Übersetzung]

In diesem Abschnitt aus der ersten von Kamillus von Lellis († 1614) verfassten Konstitution der Kamillianer (1599) geht es um die Werkeder Barmherzigkeit:

Wer auf Antrieb Gottes entschlossen ist, die leiblichen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit nach Art unseres Institutes auszuüben, der wisse: Fortan muss er allen Dingen der Welt abgestorben sein: Verwandten, Freunden, irdischem Besitz und sich selbst. Er darf nur für Jesus, den Gekreuzigten, leben unter dem sanften Joch beständiger Armut und Keuschheit sowie beständigen Gehorsams und Dienstes an den armen Kranken, selbst den Pestkranken. Tag und Nacht, wie es ihm befohlen wird, muss er ihnen in ihren leiblichen und seelischen Nöten beistehen. Das soll geschehen aus wahrer Liebe zu Gott und zur Buße für die eigenen Sünden.

Er soll an Christus Jesus denken, der die Wahrheit ist und gesagt hat: ‚Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25,40). Und ein anderes Mal: ‚Ich war krank, und ihr habt mich besucht; kommt mit mir, ihr Gesegneten und besitzt das Reich, das euch vor Beginn der Welt bereitet ist (Mt 25,36.34). Und wiederum sagt der Herr: ‚Mit dem gleichen Maße, mit dem ihr ausmesst, wird auch euch wieder zugemessen werden (Mt 7,2)."

"Die Krankheit sagt uns was wir sind."

Jeder soll sich unbedingt davor hüten, dem armen Kranken mit Abschätzigkeit oder mit lieblosen Worten zu begegnen. Er soll sie mit Geduld und Liebe behandeln. Denn der Herr hat gesagt: ‚Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25,40). Daher soll jeder im Kranken die Person des Herrn sehen. [Ordensregel der Kamillianer (Auszug) http://www.kamillianer.at/spirit/kamregel.htm (20.11.2019)]

Carlo Steeb († 1856):

"Da ihre [der Schwestern] Hauptbeschäftigung darin besteht, den armen Kranken zu Diensten zu stehen, werden sie das mit aller nur denkbaren Herzlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Eifer tun, wobei sie bedenken müssen, dass sie dieses Liebeswerk nicht so sehr den armen Kranken antun, sondern vielmehr Jesus Christus selbst. Deshalb werden sie selbst ihnen Nahrung und Arzneien bringen und sie mit allem Mitleid, aller Sanftmut, Herzlichkeit und Ehrfurcht behandeln, selbst solche, die sich als lästig und unzufrieden erweisen, und für die sie Abscheu empfinden oder geringere Zuneigung. Sie sollen sich große Gewissensbisse machen, falls sie die Leiden der Armen durch ihr Verschulden vergrößern sollten, indem sie ihnen nicht die erforderliche Hilfe im rechten Augenblick oder auf die vorgeschriebene Weise leisten: sei es aus Nachlässigkeit oder aus schuldhafter Vergesslichkeit oder aus übergroßer Anhänglichkeit an ihre geistlichen übungen, die sie unterbrechen oder vernachlässigen müssen, um den armen, bedürftigen Kranken beizustehen." [Alessandro Pronzato, Eine Null mit Herz / Das Leben des Karl Steeb, übersetzt von Christine Garbe, Paul Pattloch Verlag Aschaffenburg 1975, S. 216-18]

Was Peter Friedhofen († 1860) in seinen Satzungen für seine Brüder "von dem Krankendienste" schreibt, das gilt den Umständen entsprechend für jeden christlichen Krankendienst:

"Den drei wesentlichen Ordensgelübden fügen die Barmherzigen Brüder noch das vierte hinzu, die Kranken zu pflegen, um dadurch vorzugsweise das Gebot der Nächstenliebe, um Gottes willen auszuüben; denn, 'wer keine Liebe hat, bleibt im Tode', sagt der Jünger der Liebe; und: 'säume nicht, die Kranken zu besuchen, denn das sichert dir die Liebe', mahnt der Weise. Durch diesen heiligen Dienst wollen die Brüder dem Herrn nachfolgen, welcher 'umherzog, Wohltaten spendete', und seine Liebe besonders. durch Krankenheilungen bewährt hat. Durch die Krankenpflege wird der Herr am Tage der Vergeltung sprechen: 'Ich war krank, und ihr habt Mich besucht. Was ihr einem dieser Meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan.' Dadurch wollen sie zugleich ihre Sünden abbüßen und reich vor Gott werden, der keinen Trunk Wasser, aus Liebe dargereicht, unvergolten lassen wird.

Zu diesen Kranken werden nicht bloß die leiblich Kranken, sondern auch die Geisteskranken gezählt, und kein mit einer noch so ekelhaften oder ansteckenden Krankheit Behafteter ist ausgeschlossen. Zwischen wohlhabenden und armen Kranken soll kein Unterschied gemacht, allen mit gleicher Liebe gedient werden, und es sollen wo möglich wenigstens ebenso viele Arme als Wohlhabende gleichzeitig in Behandlung stehen. Die Pflege sei eine liebreiche, denn sie geschieht ja nicht um des Lohnes willen; obgleich es erlaubt ist, von Bemittelten eine Gabe für den Konvent oder für die Armen anzunehmen. Sie sei recht demütig, so dass der Bruder sich keinerlei, auch nicht den schwersten, widerlichsten und niedrigsten Dienst-leistungen entzieht. Sie sei ausdauernd bis zur Wiedergenesung oder bis zum Tode des Kranken. Sie geschehe mit äußerster Geduld und Sanftmut, jedoch mit pünktlicher Befolgung aller Anordnungen des Arztes. So wie endlich der göttliche Heiland durch Seine Krankenheilungen mehr die Herzen als die Leiber heilen wollte, so müssen die Barmherzigen Brüder ebenfalls hierauf besonders durch ihr Gebet, ihr Beispiel und ihr Wort im Geiste der Kirche und nach der Weisung der Seelsorger hinarbeiten, und das für ihre heiligste Pflicht ansehen, bei eintretender Gefahr ihre Schutzbefohlenen zu einem christlichen Tode vorzubereiten." ["Neues Feuer" / Peter Friedhofen / Schriften und Briefwechsel, hrsg. v. Generalat der Kongreg. der Barmherzigen Brüder von Maria-Hilf, Paulinus-Verlag Trier 1953, Stzg. 7, S. 411f.]

Eustachius Kugler († 1946):

"Ich muss Christus in jedem Menschen und in jedem Kranken sehen."


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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