Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Gastfreundschaft

In Zeiten, in denen es noch keine Hotels und kaum Herbergen gab, spielte die Gastfreundschaft eine große Rolle. Heute wird diese Grundhaltung in neuer Weise gefordert gegenüber den Fremden, die zu uns kommen.

1. G: gegenüber den Glaubensbrüdern 2. gegenüber allen Fremden

1. G. gegenüber Propheten und Glaubensbrüdern: Apostolische Väter (BKV 13f.)

Mahnung zur G. gegenüber den "Heiligen": Johannes „Chrysostomus” (BKV VI 269-71)

2. Marcianus Aristides der Apologet († 133/4 ?):

"Wenn sie [die Christen] einen Fremden sehen, führen sie ihn hinein unter ihr Dach und freuen sich über ihn wie über einen wirklichen Bruder." (Apologeten, BKV 15,7)

Ambrosius von Mailand († 397):

"Im Gast kann Christus selbst zugegen sein, da er in den Armen ist." ( De off. 2,102/7)

vgl. Regeln für die G: Ambrosius (BKV III 181-84)

Augustinus von Hippo († 430): "Weil im Gast Christus uns entgegentritt, soll niemand hochmütig sein." [sermo 357,5; 239,2/7]

Arsenius († um 440): "Ein fremder Mönch soll sich in einem fremden Land in nichts einmischen, so wird er seine Ruhe haben."

Cäsarius von Arles († 542):

"Wegen seiner Gastfreundschaft hat Abraham es verdient, in diesen drei Männern Gott selber aufzunehmen. Auch Christus bestätigt diese Haltung, wenn er im Evangelium sagt: ‚Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen‛ (Mt 25,35). Seid also nicht gleichgültig Leuten gegenüber, die unterwegs sind; es könnte ja Gott selber sein, den ihr nicht aufnehmen wollt." [Predigt 83]

Benedikt von Nursia († 547 oder um 560):

 "Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus; denn er wird sagen: "Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen.

 Allen erweise man die angemessene Ehre, besonders den Brüdern im Glauben und den Pilgern.

 Sobald ein Gast gemeldet wird, sollen ihm daher der Obere und die Brüder voll dienstbereiter Liebe entgegeneilen.

 Zuerst sollen sie miteinander beten und dann als Zeichen der Gemeinschaft den Friedenskuss austauschen.

 Diesen Friedenskuss darf man wegen der Täuschung des Teufels erst nach dem Gebet geben.

 Allen Gästen begegne man bei der Begrüßung und beim Abschied in tiefer Demut:

 man verneige sich, werfe sich ganz zu Boden und verehre so in ihnen Christus, der in Wahrheit aufgenommen wird.

 Abt und Brüder zusammen sollen allen Gästen die Füße waschen.

 Nach der Fußwaschung beten sie den Psalmvers: "Wir haben, o Gott, deine Barmherzigkeit aufgenommen inmitten deines Tempels."

 Vor allem bei der Aufnahme von Armen und Fremden zeige man Eifer und Sorge, denn besonders in ihnen wird Christus aufgenommen. Das Auftreten der Reichen verschafft sich ja von selbst Beachtung." [Regula Benedicti c. 53]

In seiner Summa de poenitentia gehtRaimund von Peñaforte († 1275)u. a. auf die Gastfreundschaft und die geistlichen und leiblichen Almosen ein:

"Ein Weihekandidat soll gastfreundlich sein. Denn wie Hieronymus sagt: Die Häuser der Kleriker sollen für alle gemeinsam sein (16 q. 1 Quoniam). Ebenso [schreibt er:] Es wird einer nicht zur Gastfreundschaft auffordern können, der sein eigenes Haus den Gästen verschließt (42 dist. § 1). Ebenfalls [gilt], dass die Haltung der Gastfreundschaft zeitlich und ewig vergolten wird.

Doch muss bezüglich dieser Gastfreundschaft Maß und Unterscheidung angewandt werden: Von denen nämlich, die ein Almosen erbitten, bitten die einen gleichsam, weil sie einen Anspruch darauf haben, wie die Prediger und die geistlichen Vorsteher [praelati], die anderen [bitten] einfach für den leiblichen Unterhalt.

Im ersten Fall mach nochmals eine Unterscheidung, weil sie entweder bekannt sind oder nicht. Wenn sie bekannt sind und feststeht, dass sie zum Predigen oder für ein Vorsteheramt [praelatura] gesandt oder bestellt sind, sind sie aufzunehmen. Wenn sie aber unbekannt sind oder Zweifel besteht, ob ihnen eine solche Aufgabe übertragen wurde, sollen sie zuerst geprüft werden, ob es sich so verhält, da sich das Risiko um Größeres dreht. Du gibst ihnen nämlich zeitliche Güter, aber empfängst von ihnen geistliche, worin sich das große Risiko [zum Besseren] wendet.

Im zweiten Fall, freilich, wenn sie um den leibliches Lebensunterhalt bitten, mach in ähnlicher Weise nochmals eine Unterscheidung: Denn du kannst an allem überfluss haben oder nicht.

Im zweiten Fall sollst du allen Bedürftigen ununterschieden geben. Dazu laden uns die Beispiele Lots und Abrahams ein, die, weil sie alle ohne Unterschied aufnahmen, unter anderen auch Engel aufzunehmen verdienten. Hätten sie nämlich einige zurückweisen wollen, hätten sie unter ihnen auch die Engel zurückgewiesen. " [S. Raimundus de Pennaforte, Summa de paenitentia, Universa bibliotheca iuris, v. 1, t. B, Roma 1976, titulus 8, S. 591-96; eig: übers.]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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