Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Wort Gottes in der Verkündigung
Das Wort Gottes in der Heiligen Schrift bedarf jeweils der Auslegung und Aktualisierung. Daher ist die Glaubensverkündigung von herausragender Bedeutung.
1.1 Natürliche Voraussetzungen für eine gute Predigt
1.2 Übernatürliche Voraussetzungen für eine gute Predigt
2. Übereinstimmung von Wort und Leben
3. Inhalt der Predigt
4. Art und Weise des Predigens
1.1 Natürliche Voraussetzungen für eine gute Predigt
Der Redner braucht eine gute Vorbereitung: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV, 219) und nach ihm auch Beredsamkeit (BKV IV P 210f, 220), doch soll er eine allzu große Wortfülle vermeiden: Augustinus von Hippo (BKV VIII, 189).
1.2 Übernatürliche Voraussetzungen für eine gute Predigt
Ohne Gnade ist die Predigt vergeblich: Ambrosius von Mailand (BKV II, 202); Augustinus von Hippo (BKV V, 34).
Darum fordert Augustinus von Hippo († 430), der Predigt solle
ein Gebet vorausgehen:
Da also unser
[kirchlicher] Redner nur gerechte, heilige und gute Dinge bespricht
und etwas anderes auch gar nicht besprechen darf, so richtet er beim
Reden sein Augenmerk möglichst darauf, dass er mit verständigem,
willigem und gehorsamem Herzen angehört werde. Und soweit ihm
das überhaupt möglich ist, kann er es ohne Zweifel durch
inniges Gebet eher als durch gewandtes Reden erreichen. Darum sei er
durch sein Beten für sich und seine Zuhörer zuvor ein
Beter, bevor er ein Redner wird. Wenn dann die Stunde zum Sprechen
selbst heranrückt, erhebe er, bevor er seinen Mund zum Vortrag
öffnet, die dürstende Seele zu Gott, auf dass er [nur
solches] verkünde, was er [im Gebet] in sich aufgenommen hat,
oder darlege, womit er selbst erfüllt ist.
[4. Buch über die christliche Lehre
]
Vinzenz Ferrer (†
1419) gibt folgende Ratschläge an die
Prediger:
Bei Predigten und
Unterweisungen gebrauche eine einfache Sprache und familiäre
Ausdrucksweise zur Erklärung der einzelnen Stücke.
Soviel du kannst,
belege alles mit Beispielen, damit jeder Sünder, der Fehler
begangen hat, sich betroffen fühle und glaubt, du habest nur für
ihn gepredigt.
Wichtig ist, dass die
Worte nicht von einem stolzen, unversöhnlichen Geist, sondern
mehr von den Gefühlen der Liebe und väterlichen Wohlwollens
eingegeben sind: Ein Vater, der ob der Fehler seiner Kinder, ob
schwerer Krankheit, ob eines Unglücksfalles von Mitleid gerührt
wird, ist nur darauf bedacht, sie wieder gerettet und befreit zu
sehen, und er wird alles daransetzen, sie wie eine Mutter zu pflegen.
So soll es auch der Prediger machen.
Er soll sich am
Fortschritt freuen und zufrieden sein, wenn die Hoffnung auf die
Herrlichkeit des Paradieses wieder erwacht. Diese Art verhilft den
Gläubigen zum Trost und Fortschritt; das allgemeine Reden über
die Tugenden und die Laster hilft ihnen wenig.
… Willst und wünschst
du also, dem Seelenheil der Menschen nützlich zu sein, dann eile
zuerst zu Gott und bitte ihn aus ganzer Seele, dass er dir hierin
behilflich sei. Bitte ihn, dass er sich würdige, dir die Tugend
aller Tugenden - die Liebe - einzuflößen, und durch sie
vermagst du dann alles zu vollbringen, was du wünschst.
[Die Lehre vom geistlichen Leben
/ von San Vicente Ferrer, übertragen von S. Brettle. = Dokumente der
Religion, Bd. 4. Paderborn 1923, S. 48f]
Predigtanweisungen
von Karl Borromäus († 1584):
Mit einem kurzen
Gebet zu Gott beginnt der Prediger seine Vorbereitung. Er macht sich
klar, was er sagen will und betrachtet die einzelnen Teile seiner
Predigt gründlich und fromm. Diese Betrachtung gelangt bis zu
einer innerlichen Ergriffenheit, die der Prediger auch im Herzen der
Zuhörer wecken möchte. …
In seinem
Inneren soll er empfangen und gebären, was zuerst ihn und dann
die anderen erschüttern soll. …
Aus der Seele,
wirklich aus dem Herzen kann der Prediger nur reden, wenn er selbst
ein wirklich geistlicher Mensch ist.
[B. Fischer: Predigtgrundsätze des heiligen Karl Borromäus. In:
Trierer theologische Zeitschrift 61, 1952, S. 218 - 221]
2. Übereinstimmung von Wort und Leben
Antonius von Padua († 1231)
richtet folgende Worte an den
Prediger:
Der Vorgesetzte
und der Prediger steige herab und neige sich zu seinem Mitmenschen.
Nur so kann er den Nächsten aufrichten, der am Boden liegt.
Die Rede hat nur
Leben, wenn die Taten sprechen:
Wer vom Heiligen
Geist erfüllt ist, redet in vielen Sprachen. Die vielen Sprachen
sind ein vielfältiges Zeugnis von Jesus Christus. Solche
Sprachen sind: Demut, Armut, Geduld und Gehorsam. In ihnen reden wir,
wenn wir sie anderen an uns sichtbar machen. Die Rede hat Leben, wenn
die Taten sprechen. Ich bitte: Schluss mit den Worten, die Taten
sollen sprechen! Wir sind voll von Worten und leer an Werken und
darum von Gott verworfen. Denn er verfluchte den Feigenbaum, an dem
er keine Frucht, sondern nur Blätter fand. Gregor sagt:
Es
ist ein Gesetz für den Prediger, dass er tut, was er predigt.
Vergeblich rühmt sich der Gesetzeskenntnis, wer durch seine
Taten zunichte macht, was er lehrt.
[A. M. Locatelli (Hrsg.): Sancti
Antonii Patavini Sermones Dominicales et in Solemnitatibus, Bd. 1.
Padua 1896, S. 226; zitiert nach: Monastisches Lektionar
zum 13.6.]
Vinzenz Ferrer (†
1419):
Wer immer der Seele seines Mitmenschen
nützen und ihn durch Worte erbauen will, soll vor allen Dingen
selbst besitzen, was er andere lehren will.
Philippina Duchesne († 1852):
Predigt eher
durch euer Leben als durch eure Worte! Denn das Beispiel ist die
beste Predigt.
3. Inhalt der Predigt
Worte von
Antonius von Padua († 1231) an den
Prediger:
Christus sagt
von sich:
Ich bin die Wahrheit
(Johannesevangelium 14, 6). Wer also die
Wahrheit verkündet, der bekennt Christus; wer sie aber in seiner
Predigt verschweigt, der verleugnet Christus. Wahrheit weckt Hass. Um
dem Hass gewisser Menschen zu entgehen, hüllen manche ihren Mund
in den Mantel des Schweigens. Wenn sie die Wahrheit, wie sie sich
wirklich verhält, wie es die Aufrichtigkeit verlangt und die
Heilige Schrift ausdrücklich fordert, verkündigen würden,
bekämen sie, daran besteht kein Zweifel, den Hass der
Weltmenschen wohl zu spüren und wären vielleicht aus ihrer
Gemeinschaft schon ausgeschlossen. Weil sie aber nach Menschenart
leben (vgl. 1. Korintherbrief 3, 3), fürchten sie, bei den Menschen
anzustoßen. Ihr blinden Prediger, weil ihr Angst habt, bei
Blinden anzustoßen, darum verfallt ihr selbst der Blindheit des
Herzens.
[A. M. Locatelli (Hrsg.): Sancti
Antonii Patavini Sermones Dominicales et in Solemnitatibus, Bd. 1.
Padua 1896, S. 226; zitiert nach: Monastisches Lektionar
zum 13.6.]
Kern der Predigt
sollte nach Bernhardin von Siena († 1444) die
Verehrung des Namens Jesu sein:
Der Name Jesus ist der
Glanz der Prediger, weil er das Verkündigen und das Hören
des Gotteswortes zum hellen Leuchten bringt. Woher, meinst du, kommt
auf dem ganzen Erdkreis so schnell und glühend das Licht des
Glaubens, wenn nicht dadurch, dass Jesus verkündigt wird? Hat
Gott uns nicht durch das Licht und die Lieblichkeit dieses Namens
in
sein wunderbares Licht gerufen
(1. Petrusbrief 2, 9)? … Daher muss
dieser Name verkündet werden, damit er leuchtet und nicht
verschwiegen wird. Aber auch in der Predigt darf der Name nicht mit
einem unreinen Herzen und einem befleckten Mund ausgesprochen werden.
Er muss in einem erlesenen Gefäß aufbewahrt und aus ihm
heraus verkündet werden.
[Sermo de glorioso nomine Domini nostri Jesu Christi, cap. 2. In: Opera omnia,
Bd. 4. Quaracchi 1956, S. 505f; zitiert nach: Monastisches Lektionar zum 20.5.]
Aus den
Predigtanweisungen von Karl Borromäus († 1584):
Der Prediger
wird häufig den Gläubigen darlegen, was die Kirche Gottes
gerade an dem betreffenden Tag betet. … Auch wird er die
Mysterien des Messopfers und der göttlichen Offizien sowie der
jährlich wiederkehrenden Feiern und Zeiten seinen Hörern
sorgfältig ausdeuten, damit die Kinder der Kirche bei der hohen
Feier der Geheimnisse nicht nur im äußeren Tun …,
sondern in ihren Herzen sich immer brennender zu diesen heiligen
Dingen hingezogen fühlen und so immer reichere geistliche Frucht
aus den göttlichen Dingen ziehen.
[B. Fischer: Predigtgrundsätze des heiligen Karl Borromäus. In:
Trierer theologische Zeitschrift 61, 1952, S. 218 - 221]
Der wegen seines Engagements gegen die Camorra ermordete Priester Giuseppe Diana (†
1994):
Unsere
Verpflichtung anzuklagen darf und kann nicht geringer werden. Gott
beruft uns dazu, Propheten zu sein:
Der Prophet hat einen
Wächterdienst: er sieht die Ungerechtigkeit, er klagt sie an und
lenkt die Aufmerksamkeit auf den ursprünglichen Plan Gottes (Ezechiel
3, 16 - 18).
Der Prophet erinnert an
die Vergangenheit und bedient sich ihrer, um in der Gegenwart das
Neue zu ergreifen (Jesaja 43).
Der Prophet lädt
ein, Solidarität im Leiden zu leben, und er lebt sie selbst.
Der Prophet weist dem
Weg der Gerechtigkeit Priorität zu (Jeremia 22, 3; Jesaja 5).
… Wir bitten unsere
Hirten und Mitbrüder, in ihren Predigten ein klares Wort zu
sprechen und zwar bei all jenen Gelegenheiten, in denen ein mutiges
Zeugnis erforderlich ist. Die Kirche bitten wir, nicht auf ihre
prophetische Rolle zu verzichten, damit sich die Mittel der Anklage
und Verkündigung in der Fähigkeit konkretisieren, ein neues
Bewusstsein zu schaffen im Zeichen der Gerechtigkeit, der
Solidarität, der ethischen und bürgerlichen Werte.
[https://it.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Diana - abgerufen am
11.10.2019]
4. Art und Weise des Predigens
Hieronymus (†
419) schreibt an den Priester Nepotianus, was für
die Predigt zu beachten ist:
Wenn Du in der
Kirche predigst, dann sollst Du nicht nach dem Beifall der Menge
haschen, sondern bei den Zuhörern eine reumütige Gesinnung
erwecken. Die Tränen der Gläubigen sollen Dein Lob sein.
Das Wort des Priesters sei gewürzt durch die [eifrige] Lesung
der [heiligen] Schriften. Du sollst kein Deklamator sein, auch kein
geschwätziger Zungendrescher. Vielmehr soll dich Erfahrung mit
heiliger Wissenschaft und innige Vertrautheit mit den Geheimnissen
Deines Gottes auszeichnen. überlassen wir es den Ungebildeten,
leere Worte zu dreschen und durch Zungenfertigkeit beim unerfahrenen
Volk Bewunderung zu erwecken. Gar oft erklärt einer mit frecher
Stirn, was er selbst nicht weiß, und am Ende hält er sich
selbst für ein Licht, wenn er anderen etwas weisgemacht hat.
[Sermo
de glorioso nomine Domini nostri Jesu Christi, cap. 2, In: Opera omnia,
Bd. 4. Quaracchi 1956, S. 505f; zitiert nach: Monastisches Lektionar
zum 20.5.]
Bei der Antwort auf
verschiedene Anfragen des Presbyters Januarius erwähnt
Augustinus von Hippo († 430) auch die bildliche
Sprache der Bibel. Was für sie gilt, gilt grundsätzlich für
die Vermittlung des Glaubens, Bilder sprechen mehr an als trockene
theoretische Ausführungen:
Alles das, was
uns bildlich nahe gelegt wird, dient dazu, das Feuer der Liebe zu
nähren und zu entfachen, gleich einer treibenden Kraft soll es
uns nach oben oder nach innen zur Ruhe führen. Denn die Liebe
wird auf diese Weise mehr angeregt und entzündet, als wenn uns
dies alles ganz trocken ohne geheimnisvolle Bilder vorgestellt würde.
Der Grund dafür ist schwer anzugeben. Und doch verhält es
sich nun einmal so, dass etwas mehr rührt, mehr erfreut und dann
auch mehr geachtet wird, wenn es uns in bildlicher Redeweise nahe
gelegt wird, als wenn man es uns ganz unverhüllt mit bloßen
Worten sagt. Mir scheint es, dass die Seele, so lange sie noch in
Irdisches verwickelt ist, nur langsam in feurige Bewegung gerät;
wird sie aber auf Sinnbilder aus der Körperwelt und durch sie
auf geistige Dinge hingelenkt, die in diesen Sinnbildern angedeutet
sind, so ist es gerade der übergang vom einen zum anderen, der
sie lebendig macht und gleichsam wie mit einer geschwungenen Fackel
entzündet, so dass sie mit glühenderer Liebe dem Ziel der
Ruhe entgegeneilt.
[ep.
ad Ianuarium: CSEL 34, ep. 55, 11, 21; BKV II 9, S. 235f b]
Petrus Damiani (†
1072):
Wir sind Schüler von Fischern, nicht
von Rednern: Deshalb ertöne aus dem Mund eines Christen nicht
die verfeinerte Sprechweise eines Tullius [Cicero], sondern die
einfache Sprache Christi!
Worte von
Antonius von Padua († 1231) an den Prediger:
Die Apostel
redeten, wie es der Geist ihnen eingab
(Apostelgeschichte 2, 4). Wohl
dem, der redet, wie es der Geist ihm eingibt, und nicht, wie es sein
eigenes Herz ihm sagt.
Es gibt Prediger, die
aus ihrem eigenen Geist reden, die Worte anderer stehlen, sie für
die ihrigen ausgeben und sich selbst zuschreiben. Von ihnen und
ähnlichen sagt der Herr bei Jeremia: Nun gehe ich gegen
die Propheten vor - Spruch des Herrn -, die einander meine Worte
stehlen. Nun gehe ich gegen die Propheten vor - Spruch des Herrn -,
die ihre Zunge gebrauchen, um Sprüche zu machen,
(Jeremia
23, 30 f).
Lasst uns also reden,
wie es uns der Heilige Geist eingibt. Wir wollen ihn demütig und
ergeben bitten, uns seine Gnade einzugießen, damit wir den
Pfingsttag mit allen fünf Sinnen und in der Erfüllung der
zehn Gebote feiern, dass wir durch die Feuerzungen des Bekenntnisses
entzündet werden und dass wir, entzündet und erleuchtet, im
Glanz der Heiligen den dreieinigen Gott schauen dürfen.
[A. M. Locatelli (Hrsg.): Sancti Antonii Patavini Sermones Dominicales et in
Solemnitatibus, Bd. 1. Padua 1896, S. 226; zitiert nach: Monastisches Lektionar zum 13.6.]
Selbst ein
herausragender Prediger, gibt Bernhardin von Siena (†
1444) auch anderen Verkündern Hinweise, wie
sie predigen sollen:
Für eine
Predigt ist dreierlei zu berücksichtigen:
1. Der Prediger; hier
meine ich: Der, der predigt, braucht die Beauftragung, dass er
predigen kann und muss.
2. Auch braucht der
Prediger den Stoff für seine Ansprache und er müsste sie so
gut erklären, dass sie geeignet ist, den Geist zu erhellen und
nicht, ihn zu verwirren oder zu verdunkeln.
3. Es braucht auch den
Hörer: Dieser Hörer sollte fähig sein, verstehen zu
können, er sollte auch dazu bereit sein, lernen zu wollen
Aus diesen drei
Verpflichtungen erwachsen die Einsichten der Seele.
Bernhardin fordert
weiter, dass der Prediger
die Lehre Christi auf eine Weise
verkünden soll, dass ein jeder sie verstehen kann
, und
führt ein Negativbeispiel an, wie es nicht sein soll: Es
ist gut für uns, wenn wir nicht so handeln wie es einem Bruder
unseres Ordens widerfahren ist: … Er war ein sehr tüchtiger
Prediger und sprach so fein, so überaus fein, dass es ein Wunder
war; feiner als das fein gesponnene Garn eurer Töchter. Und
dieser Bruder hatte einen Mitbruder, der das Gegenteil von ihm war:
Er war so grob und ungebildet, dass es eine Schande war. … Als
er einmal die Predigten dieses seines Mitbruders gehört hatte,
begab er sich in den Kreis der übrigen Mitbrüder und sagte:
[Bernardino
da Siena: Prediche volgari, a cura di C. Delcorno, vol. 1. Milano
1989, S. 142 - 144; eigene Übersetzung]War't ihr heute Vormittag bei der Predigt meines Mitbruders,
der so edel gesprochen hat?
Sie fragten ihn: Was hat er
denn gesagt?
O, er sagte die edelsten Dinge, die ihr je
gehört habt!
Aber sag uns doch, was er gesagt
hat!
Er antwortete: Er sprach so hoch, dass ich nichts
davon verstanden habe.
Aus den
Predigtanweisungen von Karl Borromäus (†1584):
Ehe der Prediger
die Kanzel besteigt, soll er sich seine Hörer vorstellen, damit
er in allen Teilen seiner Predigt der Situation der Zuhörer
gerecht wird und ihrer Gesundheit dient mit Rat und Tat und jeglicher
Hilfe und ausgezeichneter Medizin. …
Während der
Predigt soll das Bild Christi, des Herrn, vor dem Auge des Predigers
stehen, als ob es an die gegenüberliegende Wand gemalt wäre.
[B. Fischer: Predigtgrundsätze des heiligen Karl Borromäus. In:
Trierer theologische Zeitschrift 61, 1952, S. 218 - 221]
Papst Pius X. (†
1914) gibt einem Kapuzinerpater Anweisungen für
seine Exerzitienansprachen im Vatikan. Diese werfen auch Licht auf
die persönliche Einstellung des Papstes:
Ich danke Dir, dass Du
Dich bereit erklärt hast, den hochwürdigsten Pater General,
den Apostolischen Prediger, für die Predigten der kommenden
Fastenzeit zu ersetzen. Es scheint mir gut, Dich darauf aufmerksam zu
machen, dass die Zuhörer, denen Du das Wort Gottes verkünden
sollst, weder lange Beschreibungen, noch Rednerblüten, noch
Komplimente zu hören lieben, wie es oft in vergangenen Zeiten
gebräuchlich war. Sie wünschen vielmehr, man spreche
(natürlich mit Zartgefühl) über ihre Pflichten und
betrachte mit ihnen die Glaubenswahrheiten. Daher keine langen
Einführungen, um das Interesse zu wecken, keine Apologetik, um
Irrtümer zu widerlegen, wohl aber gute, logische
Vernunftbeweise, um eine Wahrheit zu beleuchten, oder eine moralische
Anwendung über das Tagesevangelium oder ein anderes derselben
Woche. Kurz, eine schöne, geordnete Betrachtung, wie man sie zu
Exerzitien hält.
Die Ansprache soll
nicht länger als drei Viertelstunden dauern, gut aufgebaut und
in reiner Sprache gehalten sein; damit wirst Du Kardinäle,
Bischöfe und Prälaten aller Stufen befriedigen.
Sollte jemand bemerken,
Du entfernest Dich allzu sehr vom üblichen, antworte ruhig, es
sei dies der Wunsch dessen, der nicht wünscht, dass die Prediger
prurientes auribus (den Ohren schmeichelnd) seien.
[N.
Vian (Hrsg.): Briefe des heiligen Pius X. Freiburg (Schweiz) 1960,
S. 220f]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 25.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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