Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Kind sein
Die Sorge für die Kinder ist Jesus ein besonderes Anliegen (vgl. Mk 9,37 Parr), mehr noch, er stellt uns Kinder als Vorbild für unseren Glauben vor Augen (vgl. Mt 18,2-4; Mk 10,15 / Lukasevangelium 18,17).
1. Umgang mit Kindern 2. Kind-Sein
1. Rabanus Maurus († 856):
"Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter! Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel."
Joseph von Calasanza († 1648):
"Wenn die Kinder schon vom zarten Alter an mit Frömmigkeit und Wissen vertraut gemacht werden, so ist ein glücklicher Verlauf des ganzen Lebens ohne Zweifel zu erhoffen."
"Man muss viel Geduld und Liebe zu den Kindern haben, um sie auf den rechten Weg zu bringen."
Elisabeth Anna Bayley Seton († 1821):
"Wenn ich Eltern einen Rat geben müsste, würde ich ihnen sagen, sie sollten sich sehr darum kümmern, mit wem ihre Kinder umgehen … Denn von einer schlechten Gesellschaft kann großer Schaden entstehen, da wir von Natur aus eher geneigt sind, dem Schlechteren als dem Besseren zu folgen."
Clara Fey († 1894):
Denken wir uns
in das Glück derjenigen, die zur Zeit lebten, als unser Herr
noch sichtbar auf Erden weilte, denen es vergönnt war, ihn in
ihr Haus aufzunehmen, ihn zu bewirten, ihm Dienste zu leisten. O wer
würde sich nicht glücklich preisen, unsern Herrn Jesus
aufzunehmen, ihn, den allmächtigen Gott, ihn, den
Allerliebenswürdigsten? Wer würde das nicht wünschen,
wer sich nicht darnach sehnen?
Heute sagt uns der Herr, dass wir ihn aufnehmen können: ‚Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich.‛ (Mt 18,5). Wir können also den Herrn aufnehmen, an Gelegenheit, ein armes Kind aufzunehmen, fehlt es uns nicht. Es kommt nur darauf an, dass wir dies im Namen Jesus tun. Die Armen, insbesondere die armen Kinder, sind die besten Freunde Jesu. Er liebt sie so, dass er alles, was ihnen geschieht, ansieht, als sei es ihm geschehen (Mt 25, 40).
Gewiss also sollen auch wir sie lieben und ehren. Das äußere eines Bettlers, eines armen Kindes, hat gar oft etwas, was den sinnlichen Menschen abschreckt, unter elenden Lumpen armselige, schwache, oft wunde Glieder. Aber sehen wir einmal genau zu, ob wir nicht unter diesen Fetzen, unter diesem Elend den Herrn Jesus entdecken! Mancher Heilige hat ihn so entdeckt; denn die Heiligen sahen scharf mit dem inneren Auge. Manchem Heiligen ist der Herr in Gestalt eines zerlumpten Bettlers, eines armen Kindes erschienen. Heil ihnen, dass sie den Bettler, dass sie das Kind nicht abwiesen. Welchen Schatz haben sie aufgenommen! O sehen doch auch wir zu, dass wir keines von diesen Kleinen verachten. Wer weiß, wer weiß, es könnte der Herr Jesus sein! Aber was zweifeln wir? Ja wahrhaftig, es ist der Herr Jesus!
Hat er doch selbst gesagt: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. Und wenn er sich auch hier verbirgt, dereinst werden wir erkennen, dass er es war, wenn er uns zurufen wird: Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, besitzt das Reich, das euch bereitet ist. Denn ich war arm und verlassen, und ihr habt mich aufgenommen (Matth. 25, 35)." [Clara Fey, Betrachtung 30. August 1846, s.: Kongregation der Schwestern vom armen Kinde Jesus, Digitalisat]
2. Kind als Vorbild (Mt 18,2f): Ambrosius (BKV II 495f.); Johannes „Chrysostomus” (BKV III 227f. 290f.); Leo (BKV I 182-84)
Aus Maximus'
von Turin († um 415)Predigt über den
Satz Jesu: Wer ein Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt
mich auf
(Mk 9,37):
"Wir, die Gesamtheit der Christen, sind der Leib Christi, und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm, sagt der Apostel Paulus (1. Korintherbrief 12, 27). Bei der Auferstehung Christi sind alle seine Glieder mit ihm auferstanden, und während er aus der Hölle zur Erde aufstieg, nahm er uns aus dem Tod ins Leben hinüber. Das Wort ‚Pascha‛ bedeutet auf Hebräisch Durchreise, Abreise. Bedeutet dieses geheimnisvolle Geschehen nicht so viel wie übergang vom Bösen zum Guten? Und was für ein übergang! Von Sünde zu Gerechtigkeit, von Laster zu Tugend, von Alter zu Kindheit. Ich spreche hier vom Kindsein, das mit Einfalt zu tun hat, nicht mit Lebensalter. Denn auch die Tugenden haben ihre zugehörigen Altersstufen. Gestern noch hat der Sündenfall unseren Niedergang herbeigeführt. Die Auferstehung Christi jedoch lässt uns in der Unschuld der Kleinen wiedererstehen. Die christliche Einfalt macht die Kindheit zu der ihr zugehörigen Altersstufe.
Ein Kind kennt keinen Groll, es täuscht nicht und wagt nicht zuzuschlagen. Und so braust der zum Kind gewordene Christ nicht auf, wenn er beleidigt wird; er verteidigt sich nicht, wenn man ihn ausplündert; er schlägt nicht zurück, wenn er geschlagen wird. Der Herr verlangt sogar, dass er für seine Feinde betet; dass er Rock und Mantel den Dieben überlässt und dem, der ihn auf die rechte Wange schlägt, auch die linke hinhält (Mt 5,39f).
Das Kindsein Christi steht auf einer höheren Stufe als das des Menschen… Die Unschuld der Kinder rührt von ihrer Schwäche her, die Unschuld Christi von seiner Tugend. Und sie verdient noch mehr Lob: Sein Hass gegen das Böse kommt aus seinem Willen, nicht aus seiner Ohnmacht."
[Predigt 58, MPL 57, Sp. 363; übers. in: www.kirchlich.net Hl. Maximus von Turin]
Auf die Frage einer Mitschwester, was es heiße, vor Gott ein Kind zu sein, antwortet Theresia von Lisieux († 1897):
Es besteht
darin, dass man sein Nichts anerkennt, alles vom Lieben Gott
erwartet, so wie ein kleines Kind alles von einem Vater erwartet;
dass man sich um nichts Sorgen macht, kein Vermögen erwirbt.
Auch bei den Armen gibt man dem Kind, was es braucht, sobald es aber
groß wird, will sein Vater es nicht mehr erhalten. Er sagt zu
ihm: ‚Jetzt musst du arbeiten, du kannst dich jetzt selber
erhalten.
Weil ich das nicht hören wollte, wollte ich
nicht groß werden, denn ich fühlte mich unfähig,
meinen Lebensunterhalt zu verdienen, nämlich das ewige Leben im
Himmel. So bin ich immer klein geblieben, und meine einzige
Beschäftigung bestand darin, Blumen zu pflücken, Blumen der
Liebe und des Opfers, um sie dem Lieben Gott anzubieten zu seiner
Freude.
Klein sein heißt auch, nicht die Tugenden, die man übt, sich selber zuschreiben, nicht sich selber zu irgendetwas fähig halten, sondern anerkennen, dass der Liebe Gott diesen Schatz in die Hand seines kleinen Kindes legt, damit es ihn benützt, wenn es ihn braucht; aber der Schatz gehört immer dem Lieben Gott.
Schließlich heißt es, dass man sich nie durch seine Fehler entmutigen lässt, denn Kinder fallen oft, aber sie sind zu klein, um sich sehr weh zu tun.
[Therese Martin, Ich gehe ins Leben ein / Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux, Leutesdorf 1979, S. 152]
Erich Przywara († 1972):
"Allein der Mensch hört auf, Kind zu sein, um wieder Kind zu werden."
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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