Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Frieden

In der geistlichen Literatur ist meist vom inneren Frieden die Rede. Sie ist eine Frucht der Gottesbeziehung.

Der innere F. der Christen: Cyprian (BKV I 53f.)

Seligpreisung der Friedfertigen: Gregor von Nyssa (BKV 220-31); Leo (BKV II 299f.)

F. der Seele aufgrund eines guten Gewissens: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 18f.)

Mahnung zum F: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 280-82)

Allgemeines Verlangen nach F.: Augustinus von Hippo (BKV III 223-28)

Durch rechte Ordnung zum F: Augustinus von Hippo (BKV III 228-34)

Der F. des Himmels gegenüber dem irdischen Unfrieden: Augustinus von Hippo (BKV V 124f.)

Unser F. in Christus, jetzt und im Himmel: Augustinus von Hippo (BKV VI 106-08)

Der F. der Welt: Augustinus von Hippo (BKV VI 108)

F. in Christus: letztes Ziel des christlichen Lebens: Augustinus von Hippo (BKV VI 245)

F. des Himmels: Augustinus von Hippo (BKV VIII 450f.)

Seligkeit des F. mit Gott: Leo (BKV II 299f.)

Johannes Tauler († 1361):

"Der Frieden in allen Dingen, den lernet man allein in der wahren Abgeschiedenheit und Innigkeit. Wer ihn haben will, der soll und muss es da lernen; er muss es mit eingekehrtem Gemüt suchen und nirgends anders; hier ist er befestigt und bewurzelt."

Ignatius von Loyola († 1556): "Wer Seelenfrieden sucht, kann ihn nicht finden, solange er den Grund des Unfriedens in sich selbst hat."

Karl Borromäus († 1584).

"Wer keinen Frieden mit dem Nächsten hat, hat ihn auch mit Gott nicht."

Leonardo da Porto Maurizio († 1751) nennt mehrere Quellen für die innere Unruhe des Menschen:

"Die erste Quelle ist: die Neugierde, zu wissen, was euch in keiner Weise angeht, und euch in das Leben und die Taten des Nächsten zu mischen, sowie die Sucht zu kritisieren, was gut oder böse ist. Macht euch frei von dieser Sorge und sagt: Was geht das mich an? Bin ich als Richter über die Handlungen anderer gesetzt. Habe ich etwa darüber Rechenschaft zu geben?

Die zweite Quelle ist: zu viel zu sprechen, besonders über die Vorgesetzten und diejenigen, die über euch stehen, oder gar Hass und Parteilichkeit gegen sie zu nähren …

Die dritte Ursache ist: sich für mehr zu halten als andere und zumal hochmütig und anmaßend zu sein. Haltet euch vielmehr für den Letzten von allen, für den Unfähigsten und Ungeschicktesten! … Durch die Demut erlangt man alles von Gott und von den Menschen … Wenn ihr euer Verhalten so einrichtet, dann wird euer Herz immer ruhig und zufrieden sein; ihr werdet gegen Sturm und Wetter geschützt sein …

Eine andere Klippe, an welcher eine Seele scheitern kann, und zwar sogar die schlimmste von allen, weil sie ihr nicht bloß die Freude und den inneren Frieden raubt, sondern auch von der Art ist, dass sie dieselbe ganz verwirrt und immer in Unruhe hält, ist die Sünde … Wer folglich nach dem wahren Frieden mit sich selbst und mit Gott strebt und seine reichen und kostbaren Früchte ernten will, der muss sich von der Sünde fernhalten."

Als Mittel, die innere Ruhe und den Frieden des Herzens zu bewahren, nennt er folgende:

"Das erste und Hauptmittel besteht darin, dass man sich eine richtige und vernünftige Vorstellung von unserem gebrechlichen Zustand macht; wir sind jeder Art von Zufällen des Unglücks und Elends ausgesetzt, welche kraft der Anordnung der göttlichen Vorsehung die Hinfälligkeit unseres Wesens vom ersten Augenblick seines Daseins an mit sich bringt …

Das zweite Mittel, das sehr dazu geeignet ist, euch den inneren Frieden erwerben zu helfen, besteht darin: die zeitlichen und irdischen Dinge gering zu achten, sie neben den Gütern und übeln des anderen Lebens für nichts zu halten, die Reichtümer als eine Sache anzusehen, die eurer Sorgen nicht würdig sind, und gleichmütig zu bleiben, wenn ihr ein Ereignis statt eines anderen euch mehr erwünschten eintreten seht. Es ist unleugbar, dass, wenn ihr euch daran gewöhnt, die Dinge so anzusehen, nichts, was auch immer euch treffen mag, Gutes oder übles, die Heiterkeit eurer Seel zu trüben vermag …

Eine dritte Regel, welche euch den inneren Frieden wird erwerben helfen können: Ihr müsst es euch zum unwandelbaren Grundsatz in all euren Plänen und Unternehmungen machen, nie vorauszusetzen, dass euch alles leicht und nach euren Wünschen gelingen wird, sondern vielmehr gefasst zu sein, die Dinge die schlimmste Wendung nehmen zu sehen. In dieser Voraussicht bereitet euer Herz auf alle Schwierigkeiten und alle die Hindernisse vor, welche eure Absichten auf tausend Arten durchkreuzen können, und bestärkt euch in einem solchen Zustand der Gleichgültigkeit, dass, wie auch der Ausgang sein mag, glücklich oder unglücklich, nichts die Heiterkeit eurer Seele, weder innerlich noch äußerlich, zu trüben vermag." [Leonard da Porto Maurizio, Geistliche übungen, 1. Teil, Regensburg 1890, S. 268-75]

Wilhelm-JosEpheserbrief (Guillaume-JosEpheserbrief ) Chaminade († 1850):

"Unsere Einheit mit Jesus Christus, unsere ganze Unterwerfung unter seinen höchsten Willen wird unser Friede. Jesus Christus wird ja genannt der Gott des Friedens. Je inniger diese Einheit ist, je vollkommener unsere Zuneigung zu Christus ist, umso mehr werden wir wie er. Wir nehmen dann teil an Seinem Frieden, an Seiner Ruhe und Seiner Unveränderlichkeit. Jesus Christus beruhigt alle Sorgen des Christen, der mit ihm vereint ist." [Thomas Stanley, S. M., The mystical body of Christ according to the writings of father William JosEpheserbrief Chaminade. A study of his spiritual doctrine, St. Paul's Press, Fribourg, Switzerland 1952, S. 232ff.; eig. übers.]

In einem Brief vom 12. Dezember 1914 wünscht Franziska Xaviera Cabrini († 1917) ihren Mitschwestern den Frieden, den die Engel bei der Geburt Jesu den Menschen guten Willens verheißen haben, und zeigt ihnen auf, wie sie diesen Frieden erlangen können:

"Ehre sei Gott und Friede euch, geliebteste Töchter, mögen eure Herzen inmitten der Wechselfälle des Lebens in Frieden ruhen und in der Freude des Hl. Geistes. Denn Jesus Christus kam, um beides auf die Erde zu bringen.

Auch wenn man für die Verstorbenen betet, damit sie von der göttlichen Güte im Paradies aufgenommen werden, sagt man: Sie mögen ruhen in Frieden! Nun, das ist sicher, dass eine Seele, wenn sie gut für den Empfang des Heiligen immerfort besondere Gaben verleihenden Geistes bereitet ist, unverzüglich beginnt, in ihrem Inneren diesen seligen Frieden und die Ruhe zu genießen. Sie besteht darin, an den Dingen des Himmels und der in Seligkeit lebenden Erwählten Geschmack zu empfinden …

Aber ich höre einige dort in einer Ecke sagen: Ach, Mutter, wie können wir diesen Frieden erlangen, der den inneren Aufstand in uns zur Ruhe bringt, da wir von vielen kleinen Leidenschaften und vor allem von dem uns aufstachelnden Hochmut umgetrieben werden?

Habt keine Furcht! Mit gutem Willen werden ihr eine weite Strecke auf dem Weg der Vollkommenheit zurücklegen. Beginnt noch heute, euch dem heiligen Willen Gottes gleichzumachen, nehmt alles, was auf euch zukommt, an als Geschenk aus der Hand Gottes und macht euch in aller Demut seinem Heiligsten Willen gleichförmig, dann werdet ihr eine unaussprechliche Seligkeit auch schon auf dieser Erde erfahren und einen Frieden, eine Ruhe und Freude genießen, die wahrhaft himmlisch sind: So haben es schon so viele große Heilige auf Erden erfahren …

Aber wie werdet ihr, meine Töchter, diesen beneidenswerten Frieden haben? Ihr werdet ihn haben, wenn ihr dahin kommt, alle Widerfahrnisse, sowohl große wie kleine, als Gaben Gottes anzunehmen, und wenn ihr euch ganz damit zufrieden gebt, Gott zu gefallen. Diese völlige Gleichgestaltung mit dem Willen Gottes, dieses sich in allem in den Schoß seiner unendlichen Güte zu geben, lässt die Seele in einem gewissen Sinn teilhaben an den zwei Eigenschaften, die nur Gott zu eigen sind, nämlich an der Unfähigkeit zu sündigen und zu irren. Und in der Tat, wenn man zwei Kerzen flüssig macht und die eine mit der anderen sich so vermischt, dass sie nur noch eine zu sein scheinen, so wird die Seele mittels der vollständigen Vereinigung des Willens mit ihrem Gott eins mit Ihm.

Wenn man seinen göttlichen Willen tut, unterstellt man sich der Führung der Göttlichen Weisheit, die nicht irren kann und gemäß der Richtschnur der unendlichen Heiligkeit wirkt." [Lettere di S. Francsca Saverio Cabrini, Editrice Ancora, Milano 1968, p. 562-64; eigene Übersetzung]

Teresa von Kalkutta († 1997): "Der einfache Weg! Die Frucht der Stille ist das Gebet. Die Frucht des Gebetes ist der Glaube. Die Frucht des Glaubens ist die Liebe. Die Frucht der Liebe ist das Dienen. Die Frucht des Dienens ist der Friede!"


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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