Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Aktion und Kontemplation

Ein ausgewogenes Verhältnis von Aktion und Kontemplation ist beste Voraussetzung für das Gelingen eines christlichen Lebens.

1. Kontemplation 2. Aktion und Kontemplation 3. Gebet und Arbeit

1. Gebet vor der Kontemplation: Syrische Didache (BKV 285f.)

Das unverwandte Schauen auf Gott macht gottähnlich: Dionysius (BKV 148f.).

Mancher erreicht nach Zeit der Betrachtung die Vollkommenheit: Origenes (BKV 383).

Hochschätzung eines beschaulichen Lebens: Gregor von Nazianz (BKV I 404f.)

Vollkommenheit besteht in der vollendeten Schauung der hl. Geheimnisse: Dionysius (BKV 22. 40f.).

Indem wir eine hohe Stufe der Beschauung ersteigen, werden wir selbst vollkommen und Lehrer der Vollkommenheit: Dionysius (BKV 92).

Johannes Cassianus († um 433):

"Unser Geist ist wie ein Mühlrad im Wasserstrom: Unvermeidbar dreht es sich, unentwegt mahlt die Mühle. Aber was gemahlen wird, ob hochwertiges Getreide oder minderwertiges Korn, das liegt in der Macht des Müllers. So steht auch der Geist unvermeidbar in der Flut anbrandender Gedanken - wie eben das Leben mit seinen Geschäften und Versuchungen es mit sich bringt -; aber es liegt am Menschen selbst, welche Art von Gedanken er bei sich einlässt oder in sich erzeugt. Wenn wir nämlich - wie schon gesagt - immer wieder zur Schriftmeditation zurückeilen, uns Geistliches zu Herzen nehmen, uns nach dem Vollmaß der Liebe sehnen und die künftige Seligkeit erhoffen, dann formen wir unser Gedankenmaterial positiv. Müßige Schwätzereien und überflüssige Sorgen dieser Welt aber deformieren unsere Gedanken, sie sind wie wucherndes Unkraut (weil sie das Aufkommen heilsamer Gedanken behindern). Unser Herz weilt ja notwendig dort, wo der Schatz unserer Werke und unseres Verlangens ist (vgl. Mt 6, 21)." [Abbas Moses über die Zielstrebigkeit; coll. I , nach: Johannes Cassian, Ruhe der Seele. Einweisung in das christliche Leben I, übertr. v. Gertrude u. Thomas Sartory, Freiburg i. B. 1981, S. 114f.]

Johannes Klimakos († um 650)

"Die Gottversenkung ist ein vollständiges Freisein von jeglicher Sorge über vernünftige oder unvernünftige Dinge. Wer den ersten das Tor öffnet, wird es auch den zweiten tun … Wie das kleine Sandkörnchen im Auge genügt, um den Blick zu trüben, so genügt eine kleine Sorge, um die Gottversenkung zu stören. Sie ist ja die Ausschaltung aller Gedanken und jeglicher Sorge. Der ungetrübte Seelenhimmel kennt nicht das kleinste Sorgenwölkchen, selbst nicht um den eigenen Körper. Wer Gott den unbewölkten Himmel seiner Seele darbietet und die geringste Sorgenwolke daran aufsteigen lässt, der gleicht einem Menschen, der mit straff gefesselten Füßen laufen will!" [aus: Johannes Klimakos, Paradiesleiter]

Rabanus Maurus († 856):

Wer nachlässig in der Kontemplation ist, beraubt sich selbst der Anschauung des göttlichen Lichts; wer sich dann auf unbedachte Weise von Sorgen beanspruchen lässt und seinen Gedanken erlaubt, sich vom Strudel der weltlichen Dinge fortreißen zu lassen, der verurteilt sich zur absoluten Unmöglichkeit, in die Geheimnisse des unsichtbaren Gottes einzudringen.

Bernhard von Clairvaux († 1153) fordert auf: Sei nicht Rohr, sondern Schale!

Wenn du weise bist, wirst du dich als Schale, nicht als Rohr erweisen. Das Rohr nimmt fast zur gleichen Zeit auf und ergießt wieder, was es aufgenommen hat; die Schale aber wartet, bis sie voll ist, und gibt so, was überfließt, ohne eigenen Verlust weiter, denn sie weiß, dass der verwünscht ist, der seinen Anteil mindert. …

Wirklich, ‚Rohre haben wir heute in der Kirche in großer Zahl, aber nur sehr wenige ‚Schalen. So groß ist die ‚Liebe derer, durch die der himmlische Strom zu uns fließt, dass sie eher ergießen als aufnehmen wollen, dass sie bereitwilliger sind zu reden als zu hören, dass sie schnell zur Hand sind zu lehren, was sie nicht gelernt haben, und danach verlangen, eine führende Stellung zu bekleiden, auch wenn sie nicht verstehen, sich selbst zu lenken. …

Lerne auch du, nur aus dem Vollen auszugießen, und habe nicht den Wunsch, freigebiger als Gott zu sein. Die Schale ahmt die Quelle nach: Jene ergießt sich nicht in den Bach oder breitet sich zu einem See aus, ehe sie sich an den eigenen Wassern gesättigt hat. Die Schale schäme sich nicht, dass sie nicht verschwenderischer als ihre Quelle ist. …

Handle also auch du ebenso! Werde zuerst voll, und dann magst du daran denken, aus deiner Fülle zu geben. Eine gütige und kluge Liebe pflegt zuzuströmen, nicht zu verrinnen. …

Ich kann aus dir nicht Reichtum schöpfen, wenn du leer hist. Wenn du nämlich gegen dich selber böse bist, für wen wirst du gut sein? Wenn du es vermagst, steh mir aus deiner Fülle bei; wenn nicht, dann spare für dich! [Bernhard von Clairvaux, Sämtliche Werke, Bd. 5, hrsg. v. G. B. Winkler, Innsbruck, 1990 ff., S. 257-61]

Ders., Die drei Arten der Besinnung:

Möchtest du, dass ich dir diese drei Arten der Besinnung durch eigene Namen kennzeichne? Wir wollen, wenn du einverstanden bist, die erste eine verwaltende, die zweite eine beurteilende, die dritte aber eine schauende Besinnung nennen. Der Grund für diese Bezeichnungen wird aus den Definitionen ersichtlich.

Die Besinnung ist ein Verwalten, wenn sie die Sinne und die mit den Sinnen fassbaren Dinge in geordneter und gemeinnütziger Weise gebraucht, um Gott zu gewinnen.

Die Besinnung ist ein Beurteilen, wenn sie alles klug und sorgfältig erforscht und abwägt, um Gott zu entdecken.

Die Besinnung ist ein Schauen, wenn sie sich innerlich sammelt und sich - soweit Gott die Gnade schenkt - von den Gegebenheiten des Menschseins freimacht, um Gott anzuschauen. Ich glaube, es entgeht deiner Aufmerksamkeit nicht, dass diese letzte Form die Frucht der anderen ist, die übrigen jedoch ohne Hinordnung auf sie nur dem Schein, nicht aber dem Sein nach ihrem Namen entsprechen können: Ohne Blick auf die dritte ist die erste zwar viel, erntet aber nichts; die zweite aber kommt ohne Hinwendung zur dritten zwar voran, doch nicht an. Was daher die erste ersehnt und die zweite erspart, verkostet die dritte. Dennoch führen auch die beiden übrigen zu diesem Verkosten hin, wenn auch langsamer. Die erstere Form gelangt dabei mit größerer Mühe, die zweite mit größerer Ruhe zum Ziel.

[Sämtliche Werke, Bd. 1, S. 779]

Johannes Tauler († 1361): "Der Mensch soll sich unter Tag oder Nacht immer eine gute Zeit nehmen, und in der soll er sich in den Grund senken, jeder nach seiner Weise."

Ignatius von Loyola († 1556): "Nicht das Vielwissen sättigt die Seele und gibt ihr Befriedigung, sondern das innere Schauen und Verkosten der Dinge."

Im Alter von 18 Jahren erschien Johanna Maria Bonomo († 1670) Jesus und lehrte sie beten: "Er lehrte sie, sie solle bei der Meditation nicht zu viel Worte machen, sie solle sich nur das Geheimnis vergegenwärtigen und dann auf die Wirkung achten und darauf, [sich selbst] darzubringen, zu bitten und Akte der Ergebung, der Zerknirschung und der Liebe zu erwecken und ähnliches, aber sich zu vieler Worte zu enthalten; auch solle sie sich nicht damit abmühen, sich den Ort und die Personen vorzustellen, sondern sich einfach in einem tiefen Glaubensakt das Geheimnis vergegenwärtigen. So würde sie ein gutes und sicheres Gebet verrichten." [Autobiographische Aufzeichnungen: Maria Elisabetta Bottecchia Dehò, Misticismo nella beata Giovanna Maria Bonomo (1606-1670) / Indagini su un testo autobiografico inedito, Roma 2002, S. 68f.; eigene Übersetzung]

Edith Stein - Teresia Benedicta vom Kreuz († 1942): "Wer gesammelt bis in die Tiefe geht, der sieht auch die kleinen Dinge in großen Zusammenhängen."

Karl Rahner († 1984): "Die unbequemste Art der Fortbewegung ist das In-sich-Gehen."

"Der Fromme der Zukunft wird ein 'Mystiker' sein, einer, der etwas 'erfahren' hat, oder er wird nicht mehr sein."

"Die Kirche der Zukunft muss vor allem eine Kirche lebendiger Spiritualität sein."

3. Vorzug der Kontemplation vor der Aktion: Ambrosius (BKV II 369f.)

Vita activa et contemplativa: Augustinus von Hippo (BKV III 241f.; VII 353)


Nach Gregor „der Große” († 604) bedarf das Leben eines Seelsorgers bedarf eines ausgewogenen Verhältnisses von Kontemplation und Aktion:

"Ein Vorsteher […] darf bei aller Beschäftigung mit den äußeren Dingen die Sorge für das Innere nicht zu kurz kommen lassen und bei allem Eifer für das Innere die Sorge für das äußere nicht aus dem Blick verlieren. …

Der Seelsorger darf [also] weder über der Sorge für die äußeren Dinge das Innenleben vernachlässigen, noch in seinem Eifer für das Innenleben die äußeren Dinge übersehen; denn andernfalls wird er ganz veräußerlichen und sein Innenleben einbüßen; oder er wird ausschließlich nur dem Inneren leben und den Mitmenschen nicht bieten, was er ihnen in Bezug auf äußere Dinge schuldet. Manchmal hat es nämlich den Anschein, als würden Seelenhirten ganz darauf vergessen, dass sie um der Seelen der Brüder willen zu Vorstehern gemacht wurden, so sehr hängen sie ihr Herz an die zeitlichen Geschäfte; gibt es gerade solche Geschäfte, so erledigen sie dieselben mit Begeisterung; gibt es keine, so suchen sie solche und grübeln Tag und Nacht in aufgeregten Gedanken darüber nach. Müssen sie einmal, weil die Gelegenheit fehlt, in dieser Beziehung sich ruhig verhalten, so werden sie durch diese Ruhe ganz müde und matt. Denn es ist ihnen eine Lust, von Geschäften schier erdrückt zu werden, und sie halten es für eine Strapaze, wenn sie nicht bei irdischen Geschäften strapaziert werden. Daher kommt es dann, dass sie vor lauter Freude am Geräusch des Weltlärmes nichts wissen vom inneren Leben, das sie doch andere hätten lehren sollen. Ohne Zweifel wird dadurch das Leben der Untergebenen lau; denn ihr Verlangen nach geistigem Fortschritt stößt im Beispiel des Vorstehers auf ein Hindernis auf ihrem Lebensweg.

Wenn das Haupt krank ist, hilft die Gesundheit der anderen Glieder nichts, und ganz umsonst eilt das Heer beim Aufsuchen des Feindes dem Feldherrn nach, wenn dieser den Weg verfehlt. Da wirkt keine Mahnung mehr auf die Untergebenen, da greift kein Tadel mehr an; denn wenn der Seelsorger nur mehr ein weltlicher Beamter ist, ist bei der Bewachung der Herde von Seelsorge keine Rede mehr."

Es wäre aber auch verkehrt, sich ganz auf das Innenleben zurückzuziehen:

"Andere dagegen übernehmen zwar das Amt des Seelsorgers über eine Herde, wollen dabei aber so viele Zeit für ihre eigenen geistlichen Bedürfnisse frei haben, dass für die äußeren Geschäfte gar nichts mehr übrig bleibt. Da sie nun die Sorge für das Leibliche ganz vernachlässigen, werden sie den Bedürfnissen der Untergebenen in keiner Weise gerecht. Die Predigt solcher Seelsorger stößt weithin auf Verachtung; denn da sie nur gegen die Werke der Sünder losziehen, ihnen aber das zum Leben Notwendige nicht verschaffen, leiht man ihnen in keiner Weise das Ohr. Eine weise Lehre dringt nicht in das Herz eines Bedürftigen, wenn diese nicht eine barmherzige Hand seinem Herzen empfiehlt. Dann aber kommt der Same des Wortes leicht zum Keimen, wenn ihn im Herzen des Hörers die Anteilnahme des Predigers bewässert.

Darum muss der Seelsorger, um das innere Leben einpflanzen zu können, sich in lauterer Gesinnung auch der äußeren Dinge annehmen. Die Hirten sollen sich so die Pflege des inneren Lebens bei ihren Untergebenen angelegen sein lassen, dass sie darüber die Sorge für deren äußeres Leben nicht außer Acht lassen."

[Pastoralregel 2,1.7: BKV2 Bd 4,1, S. 87, S. 109f., S. 113f. b]

Isidor von Sevilla († 636):

"Diejenigen, die die Ruhe der Kontemplation zu erreichen suchen, müssen sich vorher in der Arena des aktiven Lebens üben; und so, befreit von den Schlacken der Sünden, werden sie in der Lage sein, jenes reine Herz vorzuweisen, das allein erlaubt, Gott zu sehen."

"Der Mittelweg, der sich aus der einen und der anderen Lebensform [der Aktion bzw. der Kontemplation] zusammensetzt, erweist sich normalerweise als nützlicher zur Lösung jener Spannungen, die oft durch die Wahl einer einzigen Lebensform verschärft und hingegen besser durch eine Abwechslung der beiden Formen gemäßigt werden."

"Deshalb widme sich der Diener Gottes in Nachahmung Christi der Kontemplation, ohne dem aktiven Leben zu entsagen. Sich anders zu verhalten, wäre nicht recht. Denn wie man Gott mit der Kontemplation lieben muss, so muss man den Nächsten mit dem Handeln lieben. Es ist also unmöglich, ohne das gleichzeitige Vorhandensein der einen und der anderen Lebensform zu leben, noch ist es möglich zu lieben, wenn man nicht die Erfahrung sowohl der einen wie der anderen macht." [Differentiarum Liber II, 34, 133 MPL 83, Sp. 91, zit. nach Benedikt XVI., Generalaudienz, 18. Juni 2008]

Antonius von Padua († 1231) über Kontemplation und Aktion:

Die Glut der Beschauung strahlt aus in gute Werke. Darum wenden sich die Heiligen der Beschauung zu und kehren dann zum tätigen Leben zurück; es hält sie dort nicht lange, weil sie auch in anderen Frucht bringen wollen. Wenn sie sich nämlich zur Beschauung erheben und dann guten Werken widmen, geben sie auch anderen Anteil am Lichte Gottes.

[S. Clasen, Lehrer des Evangeliums / Ausgewählte Texte aus den Predigten des hl. Antonius von Padua, Franziskanische Quellenschriften, Bd. 4, Werl 1954, Nr. 547, S. 231]

Walter Hilton († 1396): "Vom tätigen Leben und seinen Werken:

Wisse, dass es nach dem heiligen Gregor in der Heiligen Kirche zwei Lebensweisen gibt, worin Christen ihre Erlösung finden können. Die eine wird die tätige genannt, die andere die beschauliche. Ohne eine dieser beiden vermag kein Mensch gerettet zu werden.

Das tätige Leben besteht in der Gottes- und Nächstenliebe, die sich nach außen in guten Taten offenbart: in der Erfüllung der göttlichen Gebote und der sieben leiblichen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit am Nächsten. Diese Lebensweise ist die der Weltleute, die Reichtümer und weltliche Güter in Fülle besitzen, wie auch aller, die entweder in Rang oder Amt sind oder Sorge für andere Menschen zu tragen und Güter zu verteilen haben, ganz gleich, ob sie Gebildete oder Ungebildete, Weltliche oder Geistliche sind - kurz aller Menschen, die in der Welt leben. Sie haben die Pflicht, dies gemäß ihren Kräften und ihrem Können zu tun, so wie Vernunft und Unterscheidung es verlangen. Wer viel hat, soll viel tun, wer weniger hat, weniger, und wer gar nichts hat, soll mindestens den guten Willen haben. Das sind die Werke des tätigen Lebens, die leiblichen wie die geistlichen. Ein weiterer Teil des tätigen Lebens besteht in großen körperlichen übungen, wie strengem Fasten, langem Wachen und anderen harten Kasteiungen, die ein Mensch an sich selbst übt, um das Fleisch mit Maß für zuvor getane Schuld zu züchtigen, sich durch solche Buße der Lust und des Ergötzens daran zu enthalten und es dem Willen des Geistes fügsam und bereit zu machen. Wenn solche Werke auch aktiv sind, so helfen sie doch wohl und ordnen einen Anfänger auf das kontemplative Leben hin, sofern sie mit Maß geübt werden.

Vom beschaulichen Leben und seinen Werken

Das beschauliche Leben beruht in der vollkommenen Gottes- und Nächstenliebe, die kraft geistlicher Tugenden und wahrhafter Erkenntnis und Schau Gottes und geistlicher Dinge innerlich erfahren wird. Dieses Leben eignet besonders denen, die aus Liebe zu Gott allen weltlichen Reichtümern, Würden und äußerlichen Geschäften entsagen und sich ganz, mit Leib und Seele, ihrer Kraft und ihrem Können, in geistlicher Beschäftigung dem Dienst Gottes hingeben. Da du nun einmal deinem Stande entsprechend beschaulich sein sollst - denn deine Abgeschlossenheit hat doch den Zweck und die Absicht, dich freier und vollständiger der geistlichen Beschäftigung zu widmen-, ziemt es dir, Tag und Nacht in leiblicher und geistlicher Bemühung es dir eifrig angelegen sein zu lassen, diesem Leben so nahezukommen, wie es dir möglich ist mit Hilfe der Mittel, von denen du das Beste für dich erhoffst."

"Drei Mittel sind es, deren sich die Menschen, die sich der Beschauung hingeben, insgemein bedienen: das Lesen der Heiligen Schrift und der heiligen Lehre, geistliche Betrachtung und das eifrige Beten mit Andacht." [Walter Hilton, Glaube und Erfahrung [The scale of perfection], Lectio spiritualis 10, Johannes Verlag Einsiedeln 1966, S. 22f. 37f.]

Klemens Maria Hofbauer († 1820): "Mit dem aktiven Leben verbinden wir das kontemplative. Dem äußeren Leben suchen wir Feuer und Geist einzugießen. Ohne die Salbung des Heiligen Geistes kreischen die Wagen der Arbeiter."

Maria vom göttlichen Herzen Jesu Gräfin Droste zu Vischering († 1899):

Anfangs war es mir schwer, das tätige und beschauliche Leben zu vereinigen, und die äußere Tätigkeit war mir ein schweres Kreuz. Aber wenn der liebe Heiland durch die Loslösung von allem und durch die beständigen Leiden und Opfer für Ihn uns einmal den Schlüssel zu Seinem Herzen hat finden lassen, dann können wir trotz der äußeren Arbeiten und Sorgen doch ebenso innerlich leben wie eine Karmeliterin in ihrer Zelle. Die Arbeiten und Sorgen gelten ja auch alle der Ehre Gottes und dem Heil der Seelen, und wenn man das bei allem im Auge behält, so wird unser ganzes Leben in ein übernatürliches verwandelt."

[Max Bierbaum, Maria vom Göttlichen Herzen Droste zu Vischering. Ein Lebensbild. Herder, Freiburg-Basel-Wien 1966, S. 98f.]

Albert Peyriguère († 1959): "Es kommt wenig darauf an, ob man ein aktives oder kontemplatives Leben führt. Es genügt, das zu sein, was Gott wollte, dass wir seien. Dann wird Christus in uns mehr geliebt, und weil er in uns mehr geliebt wird, wird er auch außer uns mehr geliebt; denn der Vater wird verherrlicht."

4. Nach dem Mönchsvater Antonius († 356 ?) ist christliches Leben geprägt vom Wechsel zwischen Arbeit und Gebet: Als der Altvater Antonios einmal in verdrießlicher und mit düsteren Gedanken in der Wüste saß, sprach er zu Gott: Herr, ich will gerettet werden, aber meine Gedanken lassen es nicht zu. Was soll ich in dieser meiner Bedrängnis tun? Wie kann ich das Heil erlangen? Bald darauf erhob er sich, ging ins Freie und sah einen, der ihm glich. Er saß da und arbeitete, stand dann von der Arbeit auf und betete, setzte sich wieder und flocht an einem Seil, erhob sich dann abermals zum Beten; und siehe, es war ein Engel des Herrn, der gesandt war, Antonios Belehrung und Sicherheit zu geben. Und er hörte den Engel sprechen: Mach es so und du wirst das Heil erlangen. Als er das hörte, wurde er von großer Freude und mit Mut erfüllt und durch solches Tun fand er Rettung.

[Weisung der Väter, übersetzt von Bonifaz Miller, Freiburg i. B. 1965, Nr. 1]

Der Benedikt von Nursia zugeschriebene Grundsatz "ora et labora" geht im Kern schon auf Basilius „der Große” († 379) zurück, der gegenüber dem antiken Denken die körperliche Arbeit stark aufwertete. So antwortet er auf die Frage, ob unter dem Vorwand des persönlichen und gemeinschaftlichen Gebets die Arbeit vernachlässigt werden darf, Folgendes:

Der Apostel befiehlt uns zu arbeiten und mit den eigenen Händen Gutes zu schaffen, um den Bedürftigen geben zu können. Daraus geht klar hervor, dass man fleißig arbeiten muss. Wir dürfen nicht glauben, dass der Vorrang der Frömmigkeit ein Vorwand für Faulheit oder Arbeitsscheu ist, vielmehr bietet sie gerade die Gelegenheit zum Kampf, zu größter Anstrengung und zu Geduld in der Bedrängnis.

Dabei müssen sich Arbeit und Gebet nicht gegenseitig ausschließen

Denn während die Hände bei der Arbeit sind, kann man mit der Zunge, wenn das möglich und zur Auferbauung der Gläubigen auch passend ist, oder wenigstens mit dem Herzen Gott durch Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder preisen, wie geschrieben steht (vgl. Kol 3, 16). So kann man während der Arbeit die Pflicht des Gebetes erfüllen. Auf diese Weise können wir dem Dank sagen, der unseren Händen die Kraft zur Arbeit gegeben hat, dazu die Weisheit des Verstandes, um Kenntnis zu erwerben, der uns auch das Material geschenkt hat für die Werkzeuge und für die Handwerkserzeugnisse, die wir anfertigen. Dabei wollen wir beten, dass das Werk unserer Hände zu seinem Ziele kommt, nämlich Gott zu gefallen. Wir werden aber auch dann unsere Seele gesammelt halten, wenn wir bei jeder Arbeit Gott um ihren guten Fortgang bitten, ihm dafür danken, dass er uns zu arbeiten gegeben hat, und den Zweck, nämlich ihm zu gefallen, … nicht aus dem Auge lassen. [Basilius von Cäsarea, Die Mönchsregeln / Hinführung und übersetzung von K. S. Frank, St. Ottilien 1981, S. 161-66, Fr. 37]

Johann Michael Sailer († 1832):"Der gute Seelsorger. Ein Gemälde:

Weil er nur Sinn für das Himmlische hat, so ist er nicht etwa bloß ein Freund des Gebetes: Gebet, Erhebung des Geistes und des Gemütes zu Gott und Umgang mit Gott ist sein ganzes inneres Leben …

Der Sinn für das Himmlische und die Liebe zum Gebete, machen ihn zum Freund der Einsamkeit. Er ist gern allein, um eins mit sich und mit Gott zu werden; er ist gern allein, um unter Menschen, eins mit sich und mit seinem Gott bleiben zu können …

Um zum Gebet stets Nahrung, und in der Einsamkeit stets die edelste Unterhaltung vorzufinden, lässt er sich die Meditation, und wenn ihm die Wahrheit mit enthülltem Angesicht begegnet, die Kontemplation - das stille Schauen der ewigen Wahrheit - als eines seiner liebsten Geschäfte, recht angelegen sein …

Mit Gebet und Meditation, die zunächst sein Inneres erhellen und bilden, weiß er die Tätigkeit für andere in schwesterliche Verbindung zu bringen, und gerade das, was ihn selbst hebt und trägt, Gebet und Betrachtung, dient auch dazu, dass sein Eifer, anderen wohl zu tun, vollkräftig und lichthell werde." [aus: Ideal des guten Seelsorgers WW 16,14-25]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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