Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Glück

Rein irdisches Glück ist in der christlichen Tradition kein erstrebenswertes Gut. So wird schon im Neuen Testament das griechische Wort für Glück: eudaimonía, das in der antiken Philosophie eine sehr große Rolle spielt, völlig vermieden. Das wahre Glück richtet sich auf Gott und die Verbindung mit ihm.

1. Irdisches Glück
2. Unbegreiflichkeit der Vorsehung
3. wahres Glück auf Erden
4. Glückseligkeit bei Gott

1. Irdisches Glück

Nichtigkeit des irdischen Glücks: Apologeten (BKV II 200f); Augustinus von Hippo (BKV VIII 272 - 275).

Vergänglichkeit des irdischen Glücks: Basilius „der Große” (BKV II 74f).

Das Glück eines Bettlers ist besser als das Scheinglück eines gefeierten Rhetors: Augustinus von Hippo (BKV VII 113 - 115).

Nie hat das Glück eines gottgefälligen Wandels gekostet, wer lieber im Schmutz lebt: Papst Leo „der Große” (BKV II 287).

Auffassungen der Philosophen: Augustinus von Hippo (BKV III 193 - 205).

Kein wahres Glück auf Erden: Augustinus von Hippo (BKV III 205 - 222, 243).

Nikolaus von Kues († 1464):
In jedem Wunsch schlummert die Enttäuschung seiner Erfüllung.

2. Unbegreiflichkeit der Vorsehung

Unbegreifliches Walten der göttlichen Vorsehung bei der Verteilung des Glücks: Augustinus von Hippo (BKV III 263 - 267).

Das Glück des Bösen und das Leiden des Frommen: Augustinus von Hippo (BKV V 24, 62f).

3. wahres Glück auf Erden

Das nichtige Glück der Welt und das wahre Glück des Christen: Cyprian von Karthago (BKV I 50 - 55).

Das wahre Glück besteht nicht in Lust und irdischen Gütern: der Rhetoriklehrer und christliche Apologet Lactantius (BKV 125f).

Glück durch Teilnahme an Gottes Glück: Gregor von Nyssa (BKV 155f).

Wahres Glück in der Tugend: Ambrosius von Mailand (BKV III 139 - 142); vgl. Augustinus von Hippo (BKV X 13).

Kein Glück ohne Weisheit: Augustinus von Hippo (BKV IX 2f).

Johannes-Baptist Vianney († 1859):
In der Seele, die mit Gott vereint ist, ist immer Frühling.

Emilie Schneider († 1859):
Je mehr mein Glück in dem Dienste eines so liebevollen Meisters zunimmt, desto klarer sehe ich ein, wie unglücklich alle diejenigen sind, die diesem guten Herrn nicht dienen. (1845)
Du mein guter Herr und Meister! Wer wollte sich deiner ebenso weisen wie liebevollen Leitung nicht ganz überlassen? Ist doch der allein in vollkommener Sicherheit, selbst auf dem vom Sturm bewegten Meer; denn auf dein Wort legt sich der Sturm und große Stille tritt ein. Wie oft hab ich das nicht erfahren! (22. April 1856)

Der Pianist, Karmeliter und Priester Hermann Cohen († 1871) schreibt im Rückblick auf sein Leben:
Ich habe diese Welt durchquert, die Welt geschaut, die Welt gesehen! Und nur Eines habe ich in der Welt gelernt: Man kann das Glück in ihr nicht finden. Glück! Um es zu finden, habe ich Städte und Königreiche bereist. … Ich suchte im Reichtum, in den Emotionen des Spiels, in den Ideen der romantischen Literatur, in den Abenteuern des Lebens, in der Befriedigung des maßlosen Ehrgeizes. Ich suchte das Glück im Künstlerruhm, in der Gesellschaft berühmter Menschen, in allen nur erdenklichen Sinnes- und Geistesfreuden. Letztendlich suchte ich es in der Treue der Freunde - mein Gott, wo habe ich es nicht überall gesucht? … Und hört! Ich habe das Glück gefunden! Ich habe es in Besitz genommen. Mein Herz strömt über vor Freude. Was bedeutet Glück? Nur Gott allein vermag es, die Sehnsucht des menschlichen Herzens zu stillen.
Wenn ich nicht mehr den Unterhalt einer ganzen Familie auf eine Karte setze und atemlos dem Gold nacheile, so ist es, weil ich Reichtümer und unerschöpfliche Schätze im Ziborium der Liebe gefunden habe. Wenn ich nicht mehr an euren prächtigen Tafeln sitze, so ist es, weil es ein kostbareres Gastmahl gibt, das mich zur Unsterblichkeit nährt. Ich habe das höchste Glück gefunden! Es gehört mir, und niemand kann es mir entreißen! Armselige Reichtümer, traurige Vergnügungen, demütigende Ehren, denen ich nachstrebte! Jetzt, wo ich sehe, beklage ich euch, die ihr so blind noch ihnen nachrennt. Kommt zu diesem himmlischen Festmahle, das die ewige Weisheit bereitet hat! Lasst eure Spielereien, werft von euch die elenden Lumpen, die euch bedecken! Bittet Jesus um das weiße Kleid der Vergebung und mit neuem und reinem Herzen trinket aus der klaren Quelle seiner Liebe! O Jesus, wie möchte ich allen das Glück zeigen, das du mir gewährst!

[Maria Baptista a Spiritu Sancto OCD / Künstler und Karmelit. Credo-Verlag, Wiesbaden 1957]

Maria Katharina Kasper († 1898):
Das Glück in Gott suchen und finden, ist wahres Glück, Friede und Freude an der Erfüllung des heiligen Willens Gottes. (Brief 270)
Benützen wir alle Zeit gut, für unser Heil zu wirken, damit wir glücklich in der Zeit und selig in der Ewigkeit werden. (Brief 228)

Eustachius Kugler († 1946):
Das größte Glück ist es, dem großen Gott dienen zu können, der Himmel und Erde erschaffen hat. Vertraue auf ihn!

Roger Schutz († 2005):
Gott will, dass wir glücklich sind: Wo aber liegt die Quelle dieser Hoffnung? Sie liegt in einer Gemeinschaft mit Gott, der im Grund der Seele jedes Menschen lebt.

4. Glückseligkeit bei Gott

Ewiges Glück nur bei Gott: Augustinus von Hippo (BKV III 221 - 223; vgl. IV 393f; VII 241; X 18 - 23).

Glück nur im Besitz ewigen Lebens (gegen die Philosophen): Augustinus von Hippo (BKV X 105 - 107, 109f).

Johannes Duns Skotus († 1308):
Ich liebe [bedeutet]: Ich will, dass du bist. - Amo: volo ut sis.
Und wie diese liebende Zuwendung, diese Liebe [die im Sakrament der Eucharistie zum Ausdruck kommt] am Anfang von allem steht, so wird auch unsere Glückseligkeit allein in liebender Zuwendung und Liebe bestehen: Das Wollen in Form der Liebe ist das ewige, seligmachende und vollkommene Leben.
[IV Sent., d. 8, q. 1, n. 3]

Heinrich Seuse († 1366):
Gott will uns nicht der Lust berauben, er will Lust geben in Ewigkeit.

Der wegen Wehrkraftzersetzung hingerichtete Offizier Michael Kitzelmann († 1942):
Das Glück ist allein Gott und in Gott, Wenn meine Gedanken so die verflossenen Jahre zurückeilen, verweilen sie am allerliebsten bei jenen Glücksstunden, die ich in der Nähe Gottes verbringen durfte, im Heimatkirchlein, in der prachtvollen Studienkirche im Donautal, im Stephanskirchlein in Augsburg und in manch anderem Gotteshaus. … Mein irdisches Glück ist dahin. Jetzt erfüllt mich nur noch die gläubige, auf festem Gottvertrauen gegründete Hoffnung auf das ewige Glück.


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 27.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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