Johannes Duns Skotus
Gedenktag katholisch: 8. November
gebotener Gedenktag im Orden der Franziskaner-Observanten, bei den Klarissen und den
Konzeptionistinnen
nicht gebotener Gedenktag im Erzbistum Köln und bei den Franziskaner-Minoriten
Name bedeutet: Gott ist gnädig (hebr.)
Johannes besuchte die Schule der Franziskaner in Dumfries und trat dem Orden bei. Er wurde 1291 in Northampton zum Priester geweiht und studierte dann Theologie in Paris und Oxford, möglicherweise auch in Cambridge. Er war dann als Lehrer in Oxford und in Paris tätig und kommentierte 1302 die Sentenzen des Petrus Lombardus. 1304 wurde er aus Frankreich ausgewiesen weil er sich weigerte, einen gegen Papst Bonifatius VIII. gerichteten Aufruf von König Philipp dem Schönen zur Einberufung eines Konzile zu unterzeichnen; 1304 konnte er nach Paris zurückkehren, wurde zum Doktor promoviert und lehrte wieder. 1307 kam er als Lektor an das Generalstudium der Franziskaner an der Kölner Minoritenkirche.
Johannes gehörte zu den Theologen, die sich mit den - Dank arabischer Vermittlung - wieder entdeckten Werken von
Aristoteles beschäftigten. Er erkannte, dass dessen Lehre von Wissenschaft und Metaphysik für die Theologie fruchtbar
gemacht werden müssen, um die göttliche Heilsgeschichte angemessen zu begreifen. Weil dem Menschen absolute Erkenntnis
Gottes in seinem ganzen Wesen verwehrt ist, muss der Mensch durch Vernunft und Offenbarung das ergreifen, was ihm zur
Erkenntnis der Liebe Gottes gegeben ist: Theologie muss insoweit praktische Wissenschaft
sein; hier werden auch
die Intentionen einer Theologie des Franziskus von Assisi deutlich.
Fruchtbar wurde dieser Ansatz in der Lehre von der Dreieinigkeit insofern, als eigenständige Attribute der drei Personen
nicht der Einheit Gottes widersprechen müssen.
Johannes entwickelte wesentlich die Lehre von der unbefleckten Empfängnis
der Maria, die von den großen Theologen seiner Zeit wie Thomas von Aquin,
Albertus Magnus oder Bonaventura
abgelehnt wurde, weil sie darin eine Schmälerung der umfasssenden Erlösungstat Christi
erkannten; Johannes aber rechtfertigte die Lehre mit seinem Begriff der Vor-Erlösung
: durch den Sohn habe die
Mutter schon vorab die Gnade der Freiheit von Erbsünde erfahren, deshalb sei die Erlösung durch Christus damit also nicht
geschmälert, sondern im Gegenteil sogar gesteigert.
Johannes wurde in der Minoritenkirche in Köln
bestattet. 1980 besuchte hier Papst Johannes Paul II. sein Grab. Er gilt als bedeutender
Theologe und trägt den Ehrentitel Doctor subtilis
, scharfsinniger Lehrer
und Doctor Marianus
, Lehrer
über Maria
. Der Philosoph Martin Heidegger nannte ihn im 20. Jahrhundert den
Philosophen der Zukunft
.
Kanonisation: Das Seligsprechungsverfahren wurde am 20. März 1993 mit der Bestätigung der Verehrung durch Papst Johannes Paul II. erfolgreich abgeschlossen.
Worte des Seligen
In seiner Abhandlung Über die Erkennbarkeit Gottes
geht Johannes, wie es in der mittelalterlichen
Philosophie und Theologie üblich ist, zunächst auf die Gegenpositionen ein, die er selbst ablehnt, um dann seine eigene
Meinung darzulegen. So ist nach der Bibel (1. Mose 1, 26 f.) der Mensch mehr als eine Spur Gottes, nämlich ein Abbild Gottes.
Johannes argumentiert:
Hier ist zu fragen, was der Begriff des Bildes ist und worin en Bild besteht. Bezüglich des ersten wiederhole ich,
… dass ein Bild fähig ist, ein Ganzes zu vergegenwärtigen, und darin unterscheidet es sich von der Spur, dass diese
nur einen Teil vergegenwärtigen kann. Wenn nämlich ein Körper als ganzer dem Sand so eingeprägt wäre wie etwa ein Fuß
eingeprägt ist, wäre der Abdruck des Körpers ein Bild des Ganzen, wie jener Fußabdruck ein Bild des Teiles ist und die Spur
des Ganzen. Aber die Gleichförmigkeit, die das Ganze zum Ausdruck bringt, ist nicht ausreichend, sondern es ist eine
Nachahmung erforderlich. Denn nach Augustinus … gilt: Wie sehr auch
immer zwei Eier einander ähnlich sind, ist das eine doch nicht ein Bild des anderen, weil es nicht fähig ist, ein Ei
nachzuahmen. Und deswegen ist erforderlich, dass ein Bild fähig ist, dasjenige nachzuahmen, wovon es ein Bild ist, und
dieses zum Ausdruck zu bringen.
Da Gott dreifaltig ist, muss der Mensch auch diese Dreiheit in sich abbilden. Dies ist der Fall in der menschlichen
Seele, die drei Vollkommenheiten besitzt:
Die Seele hat eine Vollkommenheit in sich, der gemäß sie der erste Akt in Hinsicht auf die hervorgebrachte Erkenntnis
ist; und sie hat eine andere Vollkommenheit in sich, der gemäß sie die hervorgebrachte Erkenntnis formal in sich aufnimmt;
und sie hat eine Vollkommenheit in sich, der gemäß sie den Willensakt formal in sich aufnimmt. Diese drei Vollkommenheiten
heißen Gedächtnis, Einsicht und Wille, oder sie heißen Seele, insofern diese jene Vollkommenheiten besitzt.
Um aber in der menschlichen Seele ein Abbild des Dreifaltigen Gottes zu erkennen, bedarf es des vorausgehenden
Glaubens. Ein Ungläubiger erkennt das nicht:
Wenn man einwendet, dass die Dreifaltigkeit, wenn es ein Bild von ihr gäbe, durch die
Selbsterkenntnis des Geistes erkannt werden könnte, antworte ich: Was im Geist zusammenwirkt, vermag den Gläubigen davon zu
überzeugen, wie die Dreifaltigkeit sein kann, dem Ungläubigen aber erschließt das nicht, dass die Dreifaltigkeit ist, weil
die ganze Ansammlung mehrerer Teile im Geist, aus denen das Bild besteht, auch von einer Person sein könnte und ist. Und
deswegen kann aus dem Bild nicht im strengen Sinn eines Beweises gezeigt werden, dass es ein Bild der Dreifaltigkeit ist.
Darüber sagt Augustinus von Hippo im 15. Buch Über die Dreifaltigkeit, Kapitel
24: Wer seinen Geist betrachtet und in ihm die Dreifaltigkeit, jedoch nicht glaubt, dass dieser ein Bild Gottes ist, sieht
zwar den Spiegel, sieht aber nicht im Spiegel, weil er nicht einmal weiß, dass das, was er sieht, ein Spiegel ist.
Quelle: Johannes Duns Scotus: Über die Erkennbarkeit Gottes. Texte zur Philosophie und Theologie lateinisch-deutsch, hrsg. und übersetzt von Hans Kraml. Hamburg 2000, S. 105ff. 135ff
Zitate von Johannes Duns Scotus:
Das erste Prinzip der Dinge gewähre mir, das zu glauben, zu verstehen und vorzutragen, was seiner Majestät
gefällt und unseren Geist zu seiner Beschauung erhebt. … Du bist der erste Wirkende, du das letzte Ziel, du der
Höchste an Vollkommenheit, der alles übersteigt. Du bist ganz ohne Ursache, darum unerzeugbar und unvernichtbar, du kannst
unmöglich nicht sein, da notwendig aus dir alles kommt. Darum bist du ewig, ohne Ende, alles zugleich und ohne
Aufeinanderfolge besitzend. … Gott, du bist einer der Natur, einer der Zahl nach. Mit Recht hast du gesagt, dass außer
dir kein Gott ist. Denn mag es viele Götter dem Namen und der Meinung nach geben, so gibt es doch nur einen der Zahl nach,
den wahren Gott, aus dem, in dem und durch den alles ist. Du bist gepriesen in alle Ewigkeit. Amen.
Quelle: Johannes Duns Scotus: Über die Erkennbarkeit Gottes. Texte zur Philosophie und Theologie lateinisch-deutsch, hrsg. und übersetzt von Hans Kraml. Hamburg 2000, Abhandlung über das Erste Prinzip
Zu glauben, dass Gott auf dieses Werk [der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus] verzichtet hätte, wenn Adam nicht
gesündigt hätte, wäre völlig unvernünftig! Ich sage daher, dass der Sündenfall nicht die Ursache für die Vorherbestimmung
Christi war und dass Christus auch unter dieser Annahme – wenn also niemand, weder Mensch noch Engel, zu Fall gekommen wäre
– noch immer in gleicher Weise vorherbestimmt gewesen wäre.
Quelle: Johannes Duns Scotus: Über die Erkennbarkeit Gottes. Texte zur Philosophie und Theologie lateinisch-deutsch, hrsg. und übersetzt von Hans Kraml. Hamburg 2000, III Sent., d. 7,4
Ich liebe bedeutet: Ich will, dass du bist. )Amo: volo ut sis.) … Und wie diese liebende Zuwendung, diese
Liebe [die im Sakrament der Eucharistie zum Ausdruck kommt] am Anfang von allem steht, so wird auch unsere Glückseligkeit
allein in liebender Zuwendung und Liebe bestehen:
Das Wollen in Form der Liebe ist das ewige, seligmachende und vollkommene
Leben
.
Quelle: Johannes Duns Scotus: Über die Erkennbarkeit Gottes. Texte zur Philosophie und Theologie lateinisch-deutsch, hrsg. und übersetzt von Hans Kraml. Hamburg 2000, IV Sent., d. 8, q. 1, n. 3
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 08.05.2023
Quellen:
•
• C. S., Brief vom 22. Juni 2008
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 5. Herder, Freiburg im Breisgau 1996
• Ferdinand Holböck: Die neuen Heiligen der katholischen Kirche, Band 4. Christiana, Stein am Rhein 2000
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.